Dienstag, 20. Mai 2014

Zeit des Frühlings für die Banken, aber nicht für die Familien

Die Wirtschaftspolitik in den USA seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 hält Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Springtime for Bankers“) am Montag in NYTimes für einen kläglichen Misserfolg.

Es ist wahr, dass eine vollständige Wiederholung der Great Depression vermieden wurde. Aber die Beschäftigung beginnt sich, erst sechs Jahre danach wieder auf das Vorkrisen-Niveau hoch zu krallen, beschreibt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises weiter.

Tim Geithner, der in den vier von diesen sechs Jahren Finanzminister war, hat neulich ein Buch über seine Erfahrungen veröffentlicht. Und er denkt, dass er eine verdammt gute Arbeit geleistet hat.

Das Buch widmet sich zum grössten Teil der Verteidigung der Rettung des US-Finanzmarktes, was Geithner als eine grosse Erfolgsgeschichte ansieht.

Es mag sein, wenn man die Wiederherstellung des Vertrauens im Finanzmarkt als Selbstzweck betrachtet, fügt Krugman hinzu. Aber wo ist die Erholung der Wirtschaft geblieben? Wo sind die Arbeitsplätze?

Ein Grund für die schleppende Erholung der Wirtschaft ist, dass die US-Wirtschaftspolitik die Fokussierung zu früh von Jobs auf Haushaltsdefizite geschwenkt hat.

Geithner weist zwar die Verantwortung zurück. Seine Aussage stimmt aber mit der unabhängigen Berichterstattung nicht überein, argumentiert Krugman: Geithner hat sich über „fiscal stimulus“ lustig gemacht. Ein Konjunkturpaket sei ein Zucker, der keinen langfristigen Nutzen bringe.

Die Austeritätspolitik war jedoch nicht der einzige Grund, warum die Erholung der Wirtschaft so enttäuschend ausgefallen ist. Die Last der hohen Schulden der privaten Haushalte als ein Vermächtnis der Housing Bubble war ein grosser Klotz am Bein der Wirtschaft.

Die Obama Regierung hätte hierbei viel tun können, um die Schuldenlast zu verringern, und zwar ohne Zustimmung des Kongresses zu brauchen. Aber sie tat es nicht. Warum? Vielen Berichten zufolge war es Geithner, der einen konsistenten Widerstand geleistet hat. Der ehemalige Finanzminister war im Grunde genommen für die Rettung der Banken, aber nicht für die Rettung der Familien.

In seinem Buch behauptet Geithner, dass keine denkbare Höhe des Schuldenerlasses die Wirtschaft hätte ankurbeln können. Doch Atif Mian und Amir Sufi, die führenden Experten zu diesem Thema schreiben in ihrem neuen Buch gerade das Gegenteil.

Am Ende entpuppt sich die US-Wirtschaftspolitik seit 2008 als eine bemerkenswerte Doppelmoral, so Krugman. Faule Kredite betreffen Fehler auf beiden Seiten: Wenn Kreditnehmer unverantwortlich waren, so waren es auch diejenigen, die ihnen das Geld gaben. Aber wenn es zu Krise kommt, werden Bankers Fehler als harmlos angesehen, während die Familien den vollen Preis zahlen müssen.

Und die Weigerung, Familien mit Schulden zu helfen, war nicht nur unfair, wie es sich herausstellt, sondern auch schlecht für die gesamte Wirtschaft, hält Krugman als Fazit fest: Wall Street ist wieder zurück im Spiel, Amerika aber nicht. Und der Doppelstandardl ist der Hauptgrund.

Keine Kommentare: