Samstag, 17. Mai 2014

Japanisierung der Eurozone ist keine Fiktion

Mario Draghi vertritt die Ansicht, dass es keine Japanisierung des Euro-Raums gibt.

Heiner Flassbeck hat schon vor Jahren darauf hingedeutet, dass das, was entscheidend ist, warum Japan deflationäre Kräfte nicht los werden kann, die niedrigen Einkommen für die Masse der Menschen sind: In Japan sind die Löhne 20 Jahre lang gesunken.

Im Euro-Raum versuchen alle Länder ihre wirtschaftlichen Probleme seit fünf Jahren über Lohnsenkungen zu lösen, während die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in Folge der Finanzkrise 2008 bereits besonders mangelhaft ist. Das Ergebnis kann also nichts anderes als Deflation sein.

In einer am Freitag vorgelegten Analyse vergleichen die Analysten von Credit Suisse anhand von zahlreichen Abbildungen die inflationären Trends zwischen dem Euro-Raum und Japan. Es gibt verblüffende Ähnlichkeiten.

Nur mit einem leistungsfähigen Fiscal Stimulus (Konjunkturbelebungsmassnahmen) ist es Japan gelungen, dem Nachfrageausfall entgegenzuwirken. Der private Verbrauch begann dann zu steigen. Und folglich haben auch Unternehmen angefangen, zu investieren.



25% der Preise im Warenkorb in der Eurozone fallen. Und 50% der Preise im Warenkorb steigen weniger als 1% im Jahr, Graph: Credit Suisse

Im Euro-Raum ist aber eine expansive Fiskalpolitik aus dogmatischen Gründen keine Option. Die Geldpolitik ist andererseits längst an ihre Grenzen gestossen: Die nominalen Zinsen liegen nahe Null (zero lower bound).

Die geldpolitische Transmission im Euro-Raum ist seit 2008 gestört. Die schwerwiegende Fragmentierung des Finanzmarktes innerhalb Europas ist nicht übersehbar. Die EZB ist nicht in der Lage, das Auseinanderlaufen der Refinanzierungskosten zu korrigieren.

Das Ergebnis der Analyse legt nahe, dass die These von secular stagnation (langanhaltende Stagnation) eher auf die Euro-Zone zutrifft als auf die US-Wirtschaft. Das bedeutet eine beunruhigenden Zukunft für Europa mit viel Leid: schwache Nachfrage, ein schleppendes Wirtschaftswachstum und hohe Arbeitslosigkeit.

Europa dürfte daher in den kommenden Jahren mit einer grossen Wahrscheinlichkeit mit wesentlich niedrigen Realzinsen (natural real rate of interest) konfrontiert sein. Aber es muss nicht unbedingt zu einer kompletten Deflation kommen. Dass die Inflationsrate sinkt, ist schlimm genug (debt-deflation). Das gemeinsame Inflationsziel der EZB wird im Euro-Raum mittlerweile von allen Mitgliedsländern unterboten.




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