Samstag, 24. Mai 2014

Lockere Geldpolitik durch die EZB und Schweizer Franken

Was passiert, wenn die EZB am 6. Juni den geldpolitischen Kurs im Euro-Raum weiter lockert?

Als die „magische“ Marke von 1,40 USD pro EUR in den vergangenen Wochen näher rückte, intervenierte die EZB verbal. Einige Mitglieder des EZB-Rates haben sogar öffentlich vor einer allzu raschen EUR-Aufwertung gewarnt.

Mario Draghi hat dann im Anschluss der Diskussionen andeuten lassen, dass die EZB auf der kommenden Sitzung des Zentralbankrats im Juni geldpolitische Lockerung beschliessen könnte.

Frankreich hat bereits offiziell eine aktive Steuerung des Wechselkurses von EUR gefordert. Die Kombination „geringe Inflation-starke Währung“ scheint im Euro-Raum angesichts der anhaltenden trägen Erholung der Wirtschaft Sorge zu bereiten.

Die EZB ist m.a.W. alarmiert. Draghi könnte den Satz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte (refi rate) von derzeit 0,25% auf null senken.

Die Frage, die in den Devisen-Märkten die Runde macht, ist, ob die Schweizerische Nationalbank (SNB) reagieren muss, wenn der EUR sich abschwächt? Könnte also der Mindestkurs von 1,20 CHF per EUR, der von der SNB im September 2011 festgelegt wurde, unter Druck geraten?


EUR CHF Wechselkurs und EZB-Aktionen, Graph: Morgan Stanley

Welche Massnahmen könnte die SNB ergreifen, um den Mindestkurs zu verteidigen? Schliesslich hat die SNB auf der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung vom 20. März 2014 bekräftigt, am Mindestkurs von 1,20 CHF pro EUR festzuhalten. Der CHF ist nach wie vor hoch bewertet, unterstrich Thomas Jordan.

Die SNB stehe bereit, den Mindestkurs wenn nötig durch den Kauf von Devisen in unbeschränkter Höhe durchzusetzen und bei Bedarf weitere Massnahmen zu ergreifen.

Bei Zinsen nahe null bleibe der Mindestkurs (EUR CHF floor) das angemessene Instrument, so die SNB, um ein unerwünschte Verschärfung der monetären Rahmenbedingungen zu verhindern, falls der Aufwertungsdruck auf den CHF wieder zunehmen sollte.

Zunächst gilt es festzuhalten, dass ein Tail Risk für die SNB ist, tief in eine Deflation zu fallen, als eine geldpolitische Lockerung durch die EZB. Die Inflationsrate im Euro-Raum ist nach wie vor zu niedrig und die deflationären Kräfte sind unübersehbar.

Die EZB hat seit September 2011 die Geldpolitik einige Male gelockert, wie z.B. mit LTRO. Der Wechselkurs hat auf die verschiedenen Massnahmen der EZB unterschiedlich reagiert. Es kam nicht immer zu einem Aufwertungsdruck des CHF, wie in der obigen Abbildung zu sehen ist.

Die SNB könnte grundsätzlich zunächst verbal intervenieren. Aber sie verfügt darüber hinaus über Devisenanlagen, die zur Zeit rund 70% des BIP ausmachen, wobei der EUR den Löwenanteil darstellt.


SNB Devisenreserven, Graph: Morgan Stanley

Es ist also nicht zu erwarten, dass der Mindestkurs in erster Linie unter Druck geriete, falls die EZB eine Zinssenkung ankündigen sollte. Die SNB würde eher reagieren, wenn die Inflation in der Schweiz weiter fiele.

Abgesehen davon hat die SNB im Allgemeinen drei Optionen, zu reagieren: 

(1) Kapitalverkehrskontrollen (capital controlls), was aber politisch unpopulär ist und auch relativ unwirksam, wenn es um die Verteidigung eines bestimmten Wechselkursniveaus geht.  

(2) Negative Zinsen (negative rates): Negative Anlagezinsen hätten im aktuellen Marktumfeld wahrscheinlich wenig Auswirkungen, da die Nachfrage nach einem sicheren Hafen inzwischen deutlich abgenommen hat. Die SNB dürfte ferner im Angesichts der angespannten Lage im schweizerischen Immobilienmarkt weniger geneigt sein, die Zinsen weiter nach unten zu drucken, weil dadurch die reale Last der Schulden der privaten Haushalte steigen würde. 

(3) Die SNB könnte den Mindestkurs anpassen, von 1,20 auf 1,30 CHF pro EUR, falls die Deflationsgefahr sich verstärken sollte.

Fazit: Die SNB braucht im Grunde genommen nicht darauf zu reagieren, wenn die EZB im Juni die Geldpolitik weiter lockern würde.



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