Samstag, 6. März 2010

TBTF: Gibt es eine Staatsgarantie oder nicht?

Simon Johnson (via Felix Salmon) befasst sich in einem lesenswerten Essay in The Baseline Scenario erneut mit der TBTF-Problematik. Seine Frage ist: Gibt es eine Staatsgarantie für die Grossbanken? „Es gibt keine Staatsgarantie für die grössten Finanzunternehmen“, erklärte Herbert Allison neulich. Allison, ein Kongress-Watchdog überwacht den 700 Mrd. Dollar schweren Rettungsplan des US-Finanzministeriums. Während einer Anhörung im „Congressional Oversight Panel“ sagte er, dass er mit der im Kongress vorherrschenden Annahme nicht einverstanden sei, dass der Staat einigen Finanzinstituten unter die Arme greifen muss, um sie vor dem Scheitern zu retten. „Es gibt keine TBTF-Garantie seitens US-Regierung“, hält er fest. Johnson ist erzürnt: „Wenn es keine TBTF-Garantie gibt, warum brauchen wir neue Gesetze, um das Problem anzugehen (wie z.B. die Volcker-Regel, die diese Woche an den Kongress geschickt wurde)? „Wenn Allison an seiner Aussage festhält, was wahrscheinlich ist, dann lass uns herausfinden, wer für den Unsinn verantwortlich ist“, so Johnson. Es gibt offenbar sogar ein Initialwort (des Schatzamtes) für systemrelevante Banken: Tier 1 FHC (FHC: Financial Holding Companies).

Es ist bemerkenswert, dass sich Bill Black, Professor für Wirtschaft- und Rechtswissenschaften an der University of Missouri, Kansas City mit der Problematik bereits im September in einem lesenswerten Gast-Beitrag in naked capitalism auseinandergesetzt hatte. Black klagt dort, dass die Obama-Regierung die Politik der Bush-Regierung fortsetzt, indem sie sich weigert, das Gesetz („Prompt Corrective Action“: PCA) anzuwenden. Die beiden Administrationen seien laut Black in eine äusserst mangelhafte Doktrin („Too Big To Fail“: TBTF) verwickelt, welche die Vetternwirtschaft verankere. Historisch sei die Bezeichnung „TBTF“ irreführend, erklärt Prof. Black zu Recht. Während der S&L-Krise wurden nämlich insolvente Banken und Sparkassen unter die staatliche Zwangverwaltung gestellt und die Aktionäre und die nachrangigen Kapitalgeber bekamen nichts. Diese Behandlung ist fair, betont Black. Denn sie vermindert sowohl die Kosten für die Steuerzahler und als auch für den „Moral Hazard“-Fall. In dieser Finanzkrise hingegen haben die Behörden den Begriff in Immunität verdreht, erläutert Black. Massiv insolvente Banken wurden nicht unter Zwangverwaltung gestellt. Ihre leitenden Führungskräfte wurden an Ort und Stelle belassen. Und der Steuerzahler subventioniert heimlich ihr Risikokapital. Diese Politik ist unveantwortlich und auch rechtswidrig, weil sie gegen das PCA-Gesetz verstösst. Wenn sie weiter geführt werde, wird sie künftig weitere Krisen und Skandale auslösen, so Black. Das amerikanische Finanzministerium hat die Art der Finanzinstitute vollkommen falsch eingeschätzt, indem es sie für „TBTF“ hielt. Diese Einrichtungen sind nicht massiv, weil ihre Grösse Effizienz bringt, sondern sie sind massiv, weil ihre Grösse Markt- und politische Macht bringt. Die Grösse macht sie ineffizient und gefährlich, argumentiert Black völlig zu Recht.

In diesem Zusammenhang darf eins nicht vergessen werden, dass der Mensch im Mittelpunkt der Verfassung eines jeden demokratischen Rechtsstaates steht. In der Präambel der Schweizer Bundesverfassung steht nicht von ungefähr, dass „die Stärke des Volkes sich am Wohl der Schwachen misst“, nicht am Wohl der Grossbanken.

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