Die alte Leier der Euro-Technokraten rückt heute immer mehr in den Mittelpunkt der mühsamen Debatte über die Euro-Krise: „Wer Schulden hat, ist Schuld“. Sind aber die Griechen allein verantwortlich für die Situation in der Eurozone? Wer hat ihnen Geld geliehen? Die Schulden eines Menschen sind nämlich die Vermögen eines anderen.
In diesem Sinne schreibt Gavyn Davies in einem lesenswerten Artikel („The eurozone decouples from the world“) in FT, dass es normal sei, das Problem der Staatsverschuldung durch die Fokussierung auf die Nachhaltigkeit der öffentlichen Verschuldung in den peripheren Volkswirtschaften zu diskutieren. Aber es kann informativer sein, es als das Problem der Zahlungsbilanz zu betrachten. Zusammengenommen haben die vier angeschlagenen EU-Länder (Griechenland, Italien, Portugal und Spanien) eine kombiniertes Leistungsbilanzdefizit von 183 Mrd. $.
Das meiste dieses Defizits entfällt auf den öffentlichen Sektor in diesen Ländern, da der private Sektor in finanzieller Hinsicht mehr oder weniger ausgeglichen ist. Und Deutschland hat einen Leistungsbilanzüberschuss von 182 Mrd. $, was rund 5% des BIP entspricht.
Leistungsbilanzdefizit von GIPS (Griechenland, Italien, Portugal und Spanien) versus Deutschland, Graph: Prof. Paul Krugman
Das Euro-Problem kann definiert werden, indem man einen Weg findet, (1) um diese Ungleichgewichte in der kurzen Frist zu finanzieren, und (2) die Ungleichgewichte auf mittlere Sicht zu beenden, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog.
Es ist auch erwähnenswert, dass wir hier nicht über Ungleichgewichte reden, die ewig anhalten. Die internen Ungleichgewichte in Europa sind eine neuere Entwicklung, was sicherlich zum grössten Teil mit der Einführung des Euro zusammenfällt, hebt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.
Wie werden diese Ungleichgewichte aufgehoben? Europäische Staats- und Regierungschefs sind nicht bereit, sich dieser Frage zu stellen. Zum Beispiel reagiert Trichet darauf mit wütender Ablehnung, legt Krugman dar. Es war nicht zuletzt Trichets Beharren, dass es bislang zu keinem Default-Fall (Zahlungsunfähigkeit) gekommen ist. Die EZB legt die Doktrin von expansionary austerity (siehe Erläuterung hier) an den Tag, d.h. sie glaubt an die Vertrauen Fee (confidence fairy).
Was Davies zutreffend festhält, ist, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs der Doktrin von immaculate transfer (siehe Erläuterung hier und hier) verfallen sind, beschreibt Krugman. Die Euro-Leaders haben tatsächlich geglaubt, dass die grossen Zahlungsbilanzungleichgewichte ohne grosse Veränderung der relativen Preise verschwinden würden.
Was jetzt geschieht, ist, dass die gezwungenen rigorosen Sparmassnahmen in den Defizit-Ländern (was an anderer Stelle durch eine expansive Politik nicht angeglichen wird, und zwar in einer insgesamt niedrig-Inflation Umgebung) diese Anpassung verunmöglichen. Folglich steuert die EU eine Rezession an, und zwar eine, in der ein Auseinanderbrechen der Gemeinschaftswährung („Eurogeddon“) immer mehr möglich erscheint, beschreibt Krugman als Fazit.
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