Freitag, 4. November 2011

Draghi übernimmt das Ruder

Das Geschehen um die Finanzmärkte war gestern von zwei Ereignissen geprägt. Die Absage der Volksabstimmung in Griechenland und die Zinssenkung durch die EZB.

Das erstere wurde von der Börse bejubelt. Die Finanzoligarchie feiert lieber den durch die Autokratie gelenkten Aufschwung der Wirtschaft in China. Aber auch die Politiker scheinen „marktkonforme Demokratie“ vorzuziehen. Der griechische Ministerpräsident George Papendreau wurde vor diesem Hintergrund regelrecht gemobbt, das Referendum fallen zu lassen.

Der neue EZB-Präsident Mario Draghi hat gestern den Leitzins von 1,50% auf 1,25% gesenkt.

Das war angesichts der schlechten Entwicklung der Wirtschaft zu erwarten.

Der Nachfolger von Jean-Claude Trichet hat (1) auf der Pressekonferenz mitgeteilt, dass er milde Rezession erwartet.

Dies war ja bislang ein offenes Geheimnis, dass die Eurozone in eine Rezession gerät.

Ferner (2) werde die Inflation laut Draghi im Verlauf des nächsten Jahres unter 2% (d.h. unter dem Zielwert) fallen.


Euro-Anleihen (10 Jahre) Rendite, Graph: Roland Leven and Yilin Nie, Morgan Stanley

Das Programm zum Ankauf von Staatsanleihen wird zudem (3) vorübergehend fortgesetzt. Die mehrfache Betonung darauf, dass die Käufe „vorübergehend“ und „beschränkt“ seien, macht es kontraproduktiv, weil ihre Politik dadurch an Glaubwürdigkeit verliert. Nur wenn die EZB sich verpflichtet, ohne Limite und mit aller Feuerkraft Anleihen zu kaufen, kann sie die Ansteckung verhindern.

Will Draghi die Krise entschärfen, muss er dafür sorgen, dass die EZB als Kreditgeberin letzter Instanz (lender of last resort) agiert. Die EFSF ist bloss ein finanzielles Gimmick.

Die Geldschöpfung führt in einer depressiven Wirtschaft nicht zu Inflation. Die Eurozone braucht eine höhere Inflation, da die zu niedrige Inflation die Länder an der Peripherie der EU in eine deflationäre Abwärtsspirale schickt, was anhaltend hohe Arbeitslosigkeit bedeutet, während die reale Last der Schulden kräftig weiter steigt.

Fazit: Es ist schwer, wie Paul Krugman in seinem Blog zusammenfasst, eine Art Wendepunkt zu erblicken. Die Situation sieht immer noch unmöglich aus, ohne dramatische politische Veränderungen, die jedoch nicht geschehen.

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