Samstag, 8. April 2017

Warum mehr Eigenkapital für Banken notwendig ist


Im jährlichen Aktionärsbrief richtet Jamie Dimon sein Augenmerk auf die öffentliche Politik und Finanzmarkt-Regulierung.

CEO von JPMorgan Chase schreibt u.a., dass das TBTF-Problem gelöst sei und die Steuerzahler nicht die Zeche zahlen müssten. Darüber hinaus vertritt der Vorstandsvorsitzende der US-Investmentbank den Standpunkt, dass die Banken eindeutig zu viel Eigenkapital hätten.

Neel Kashkari ist anderer Meinung. Der Minneapolis Fed-Präsident antwortet darauf in seinem Blog postwendend, dass Dimons Behauptungen nachweislich falsch sind.

Nichts ist Verlust absorbierendes als das Eigenkapital, wie wir aus früheren Finanzkrisen (einschliesslich GFC von 2008) gelernt haben, hält Kashkari fest.

Es sind die Anteilseigner (equity holder), die die Verluste in den USA tragen, nicht die Anleihe-Inhaber (debt holder), wie Dimon behauptet, so Kashkari.

Ganz in Gegenteil: Die Anleihe-Investoren der systemisch-relevanten Banken wurden bisher sowohl in den USA als auch auf der ganzen Welt immer wieder mit diversen bailouts gerettet.

Warum? Weil während einer Krise Regierungen zögern, wegen der Ansteckungsgefahr im Finanzsektor, die Verluste einer TBTF-Bank allein auf die Schultern der Gläubiger zu legen. 


Das Diagramm veranschaulicht das minimale Niveau an Verlust absorbierende Kapazität, die eine GSIB US Bank hätte, wenn die geplante Regulierung (Eigenkapitalanforderungen + Kapitalpuffer) gelten würde, Graph: Fed Analyse (2015)

GSIB: Global Systematically Important Bank

Sonst würden die Gläubiger anderer TBTF-Banken fürchten, mit ähnlichen Verlusten konfrontiert zu werden. Und sie würden eher dazu neigen, die Finanzierung, die sie beitragen, in welcher Art auch immer, zurückzuziehen oder es zumindest abzulehnen, die Erlöse wieder zu investieren, wenn die Schuldtitel fällig werden.

Aus diesem Grund wollen die Regierungen, unabhängig davon, was sie in guten Zeiten versprechen, Anleihegläubigern während einer Krise keine Verluste auferlegen.

Dimon argumentiert weiter, dass die gegenwärtigen Eigenkapitalanforderungen die Kreditvergabe einschränken und damit auf dem Wirtschaftswachstum lasten. 

Doch im gleichen Atemzug erwähnt der US-Banker, dass JPMorgan Chase in den vergangenen fünf Jahren im Wert von 26 Mrd. USD eigene Aktien am Markt zurückgekauft (buy back) hat. Wenn die Bank kreditwürdigen Kreditnehmern gegenüberstünde, warum würde sie solche Kunden zurückweisen und stattdessen eigene Aktien am Markt kaufen?

Die Wahrheit ist, dass die Kreditkosten für Hausbesitzer und Unternehmen in der Nähe von Rekordtiefs sind, erläutert Kashkari weiter.

Wenn Kredit knapp wäre, würden die Kreditnehmer miteinander rivalisieren und die Kosten in die Höhe treiben. Das ist nicht der Fall. Und es gibt keine Indikatoren, die auf einen Mangel an Kreditvergabe (Darlehen) hinweisen.

Das Eigenkapital bietet den besten Schutz gegen Rettungspakete (bailouts). Obwohl die Eigenkapitalanforderungen heute höher sind als vor der letzten Krise, sind sie nicht hoch genug. Die Chance eines Rettungspakets im nächsten Jahrhundert ist immer noch rund 70%, unterstreicht der Minneapolis Fed-Präsident mit Nachdruck.

Grosse Banken müssen in der Lage sein, einen 20%-igen Verlust auf ihren Vermögenswerten abzufangen, um die Steuerzahler in einem schweren Abschwung wie der Great Recession zu schützen.


Die Zusammensetzung der Verbindlichkeiten der Banken im Durchschnitt für 17 Länder, Graph: Oscar Jorda, Björn Richter, Moritz Schularick, Alan Taylor, in voxeu: „What has bank capital ever done for us?“, Apr 7, 2017, in: voxeu.


Ganz in diesem Sinne bemerken die Autoren einer jüngsten Forschungsarbeit („What has bank capital ever done for us?“) in voxeu, dass höhere Eigenkapitalanforderungen für mehr Stabilität im Finanzsystem sorgen können, wenn nicht für die Banken per se, doch für die Gesamtwirtschaft (macroeconomy). 

Die Hauptrolle des Eigenkapitals für die Banken ist nicht so sehr, die Chancen einer systematischen Finanzkrise zu verhindern, sondern vielmehr dazu beizutragen, dass die sozialen und die wirtschaftlichen Kosten einer Krise abgeschwächt werden, was ein deutlicher und wichtiger Nutzen bedeutet.






Keine Kommentare: