Die Frage, warum die aussergewöhnliche
Niedrigzins-Politik die Investitionen nicht ankurbelt, beschäftigt die Ökonomen
wie ein Rätsel.
Der Fehlbetrag in Unternehmensinvestitionen im
globalen Norden ist auf die Nachfrageschwäche und den Accelerator-Effect zurückzuführen, schreibt Brad
DeLong in seinem Blog.
Nichts soll uns aber von der Tatsache ablenken,
dass die träge volkswirtschaftliche Entwicklung, die schwachen Investitionen,
niedrige Kapitalbildung (vermögenswirksame Leistungen) und das verlangsamte
Produktivitätswachstum einen sich selbst verstärkenden Teufelskreis bilden, argumentiert
der an der University of California,
Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor weiter.
DeLong macht uns dann darauf aufmerksam, dass
auch David Lipton die schwache
wirtschaftliche Entwicklung als die Ursache für die schwachen Investitionen
betrachtet. Das Entscheidende sei demnach Sicherstellung von Absatzchancen.
Eine von IWF
veröffentlichte Studie im April 2015 (World
Economic Outlook) lege nahe, dass die Schwäche der
Unternehmensinvestitionen seit der Finanzkrise von 2008 mit der Schwäche des
wirtschaftlichen Umfelds erklärt werden kann, und zwar im Einklang mit dem „Akzeleratoreffekt“
(accelerator effect), der zeigt, wie
die Investitionen auf die Veränderung von Produktion und Umsatz reagieren.
Lipton befürwortet daher vermehrte Investitionen
in die Infrastruktur, um den Teufelskreis zu brechen.
Ausblick Unternehmensinvestitionen, Graph: David Lipton, IMF in: „The Key to Raising Business Investment: Keep Pushing the Accelerator“
Vor diesem Hintergrund verweist Credit Suisse in einer
Forschungsarbeit darauf, wie T-Financialist
berichtet, dass die Unternehmensausgaben sowohl mit Bezug auf die Investitionen
als auch auf F&E als Anteil am Umsatz seit Anfang der 1990er rückgängig
sind.
Was noch rätselhafter ist, dass die Ausgaben in
keiner Korrelation mit Veränderungen der Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen
(die ja als Proxy für den Verlauf der Zinsen gilt) in Europa und oder in den
USA stehen.
Die Ertragskurve wird flacher; die Differenz
zwischen den kurz- und langfristigen Renditen verschwindet, Graph: FTvideo
Heute werden 60% der weltweiten
Wirtschaftsleistung (gemessen am BIP) in Ländern erzeugt, die negative oder
nahe null liegende Zinsen haben, unterstreichen die Analysten von The Financialist mit Nachdruck.
In Deutschland und der Schweiz wurden bereits
langfristigen Staatsanleihen mit Negativ-Rendite ausgegeben. Und die
Rendite-Kurve (yield curve) hat sich
in Europa inzwischen so verflacht, dass sich langfristige Kreditaufnahme lohnt.
Es gibt mehrere mögliche Erklärungen für den
Mangel an Investitionen von Unternehmen in einer Welt der Negativ-Renditen: Erstens ist zu erwähnen, dass der
Dienstleistungssektor und Internet-Unternehmen (capital-light industries) in den Industrieländern heute eine viel
grössere Rolle spielen als vor einem Jahrzehnt, was tendenziell den
Gesamtbedarf an Investitionskosten verringert.
Zweitens sitzen viele
Unternehmen auf einem Cash-Berg. Rekordhohe Barguthaben ermöglichen
Investitionen ohne Kreditaufnahme.
Drittens nennt Credit Suisse
die von Unternehmen nicht angepasste kalkulatorische Grundrendite (die sog.
erwartete Mindestrendite: hurdle rates),
die angesichts des anhaltend niedrigen Zinsumfelds neu ermittelt werden müsste,
um Investitionen, die benötigt werden, zu rechtfertigen.
Die zusätzliche Prämie auf US-Treasury Bonds ist
für Investoren, die das Währungsrisiko absichern (hedging) müssen, dahingeschmolzen, Graph: FTvideo
Credit Suisse sagt, dass niedrige Bruttoerträge
auf das eingesetzte Kapital nicht unbedingt zu niedrigeren Gewinnen führen
müssen. Es ist wichtig für Unternehmen, mögliche Investitionen in Bezug auf den
Spread zwischen den erwarteten Renditen und den Kosten der Kreditaufnahme zu
beurteilen, anstatt nur auf ROIC Zahlen zu setzen.
Abschliessend lässt sich festhalten, dass
Investieren immer ein Risiko ist. Aber Unternehmen, die nicht investieren oder für
F&E kein Geld ausgeben, gehen auch ein Risiko ein. Heute bietet sich für
Unternehmen eine einzigartige Gelegenheit, zu ultra-niedrige Zinsen langfristig
Kapital aufzunehmen.
Es ist unbestreitbar, dass wir in unsicheren Zeiten
leben. Aber nichts zu tun, ist auch nicht eine bessere Wette.
2 Kommentare:
"Die Frage, warum die aussergewöhnliche Niedrigzins-Politik die Investitionen nicht ankurbelt, beschäftigt die Ökonomen wie ein Rätsel."
Die Antwort ist einfach und wissenschaftlich belegt: es ist empirisch nachgewisen, daß "die Zinsen dem Wachstum folgen" d.h. DIE ZINSEN SIND MIT WACHSTUM IN POSITIVER KORRELATION - man kann die Geldpolitik NICHT mit Zinsen machen - und wenn Sie die Lehrbuchmeinung noch 1000-mal wiederholen wird es nich richtig.
wenn die Zinsen positiv mit Wachstum korreliert sind, dann können sie folglich nicht deren Uhrsache sein!
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