Simon Johnson und Peter Boone befassen sich heute in einem lesenswerten Essay in FT mit der Moral-Hazard-Problematik aller Zeiten, die die EU-Zone in den vergangenen 10 Jahren ausgelöst hat. Es gab zwei Operationsebenen: (1) Länder: (a) Spanien und Irland haben jeweils ein grosses Bankensystem geschaffen, welches in eine Immobilienblase gezogen wurde, so Johnson und Boone. Die Geschäftsbanken agierten ohne angemessene Aufsicht. (b) Portugal und Griechenland hingegen hatten jeweils ein Haushaltsdefizit, welches ausser Kontrolle geraten ist, finanziert durch Kreditvergabe der Banken, die alle Schuldverschreibungen als Sicherheit für Repo-Geschäfte mit der EZB hinterlegen konnten, gezeichnet durch die implizierte „TBTF“-Garantie, erklären die beiden Ökonomen. (c) Italien lässt sich in eine weniger extreme Kategorie zuordnen. Aber auch dieses Land ist in der Schusslinie wegen eines Mix aus unvorsichtigen Banken und Wunschdenken an Haushaltslage, argumentieren die Autoren weiter. (2) Europäische Banken waren an dieser wahnsinnigen Politik gern beteiligt. Denn die Papiere, die sie ausgeben, unterliegen fast keiner Kapitalanforderung und sind für Repo-Geschäfte mit der EZB immer frei zugänglich.
Staaten haben dann den grössten Anreiz, Zahlungsunfähigkeit (default) zu erklären, wenn sie einen ausgewogenen Primär-Haushalt aufweisen (d.h. nach erheblichen Budgetkürzungen) und immer noch hohe ausstehende Schulden haben, wie Willem Buiter vergangene Woche hervorgehoben hat. Die Anreizstruktur bedeutet, dass sie (die Staaten) eine Entscheidung über „default“ verschieben würden, was jetzt ansonsten vernünftig wäre. Es ist angesichts der Anreiz-Probleme kein Wunder, dass immer mehr Nationen dem System beitreten wollen, unterstreichen Johnson und Boone. Denn die Forderung ist, ein paar Jahre umsichtig zu wirtschaften. Das ist für Länder mit verschwenderischen Regierungen oder schwachen Finanzsystemen eine Goldgrube, erklären die Autoren. Das System fördere insgesamt ein „race to the bottom“, d.h. ein Wettlauf, der abwärts gerichtet ist. Gemeint ist der Abbau von Standards.
Weitere finanzielle Unterstützung ist aber nur sinnvoll, wenn die Reformen mit Anreizen für die Euro-Zone kombiniert werden, erläutern Johnson und Boone. Die EZB hat aber mit der Öffnung des Kreditfensters eine klare Botschaft an die Gläubiger versandt: „Sie können wieder verschwenderisch Kredit gewähren, ohne Risiko“. Solche Dringlichkeitsmassnahmen untergraben die Bereitschaft einer jeden Regierung, die Problematik Zahlungsunfähigkeit anzugehen, halten Johnson (ehm. Chefökonom des IWF) und Boone (London School of Economics and Principal) fest. Es gebe zwei Wege: Entweder die Länder der Euro-Zone treten erhebliche Souveränität über die Fiskalpolitik ab und schaffen eine starke Regulierung über Banken. Oder sie lassen das System weiter existieren, indem sie eine andere globale „doomsday machine“ schaffen und „boom-bust“-Zyklen verewigen, schlussfolgern Johnson und Boone.
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