Donnerstag, 31. Oktober 2019

Sparparadoxon (Paradox of Thrift) in Europa


Das ist eine der gruseligsten Charts an diesem Halloween, meldet Sid Verma von Bloomberg am Mittwoch.

In der Tat:

Europäische Privathaushalte sparen mehr. Das ist eine schlechte Nachricht für die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Euroraum, zumal die Inflationserwartungen auf dem historisch tiefsten Stand verharren und die Geldpolitik an der Nullzins-Grenze (zero lower bound) eindeutig an Zugkraft verliert. Ganz zu schweigen davon, dass die globalen Handelsaussichten weiterhin schwach sind.

Die Ökonomen von Citi Group weisen darauf hin, dass die abbremsenden Ausgaben der privaten Haushalte im Euroraum rund 40% des BIP-Rückgangs seit 2017 ausmachen.

Das zeigt im Grunde genommen, dass Sparen das falsche Rezept für den Euroraum ist, besonders in einer Stagnation. Denn wenn alle Sektoren gleichzeitig sparen, kann die Wirtschaft nicht wachsen. 

Wer etwas anderes erwartet, unterliegt dem "Trugschluss der Verallgemeinerung" („fallacy of composition“).


Private Haushalte im Euroraum sparen mehr, Graph: Sid Verma, Bloomberg, Oct 30, 2019


Wenn private Haushalte und Unternehmen in schlechten Zeiten sparen, sinkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Das nennt man in der Volkswirtschaftslehre „Sparparadoxon“ ("paradox of thrift").

Zur Erinnerung: Staaten funktionieren nicht wie private Haushalte oder Unternehmen

Keine Regierung finanziert Ausgaben aus Steuern. Durch die Ausgabe von Anleihen kommen Staaten immer an das benötigte Geld.

Wenn die Kreditaufnahme (was ja heute im Euroraum zu Null-Zinsen möglich ist) Beschäftigung schafft und das Einkommen erhöht, fallen dabei Steuereinnahmen an, die zur Begleichung der Kreditaufnahme verwendet werden können.

In der Zeit, wo die privaten Haushalte und Unternehmen sparen, ist es für den Staat von entscheidender Bedeutung, Kredite aufzunehmen, und Ausgaben zu tätigen. Daran führt kein Weg vorbei, um die öffentlichen Finanzen im Gleichgewicht zu halten.

Das Haushaltsdefizit war damals kein Grund für den Ausbruch der Euro-Krise. Und es ist auch heute kein Grund für eine Krise.

Diejenigen, die sich von Anfang an gegen den von Berlin und Brüssel angeordneten Sparkurs (fiscal austerity) im Euroraum aussprachen, hatten vollkommen recht.

Wenn der normale geldpolitische Transmissionsmechanismus unterbrochen ist, sind ausserordentliche Massnahmen erforderlich. Eine „Defizit-Hysterie“ darf Staaten und Notenbank nicht daran hindern, die notwendigen Schritte zu tun, um die Vollbeschäftigung wiederherzustellen und die Wirtschaft anzukurbeln.










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