Acht Jahre nach GFC (Global Financial Crisis) sinkt die Arbeitslosigkeit nun endlich auf beiden Seiten des Atlantiks. Was erstaunt, ist aber, dass das Lohnwachstum kaum vom Fleck kommt.
Der durchschnittliche Stundenlohn ist in den USA im May gegenüber dem Vorjahr gesunken, wenn man die Inflation .
Für Arbeitnehmer in „Produktion und non-supervisory“ Stellen ist der durchschnittliche Reallohn von 22,62$ im Mai 2017 auf 22,59$ im Mai 2018 gesunken, wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) vergangene Woche mitgeteilt hat.
Diese Ansammlung von Arbeitern umfasst diejenigen, die in der Produktion und im Baugewerbe beschäftigt sind, sowie alle „non-supervisory“ Arbeiter in den Dienstleistungsbereichen, wie etwa Gesundheitsfürsorge oder Fastfood, wie Jeff Stein und Andrew Van Dam in einem lesenswerten Bericht bei Washington Post beschreiben.
Laut BLS entfallen auf diese Gruppe rund vier Fünftel der privat Beschäftigten in Amerika.
Der Rückgang der Löhne ist seltsam und bemerkenswert. Einige Ökonomen, die alarmiert sind, sagen, dass die Gehaltszahlungen in einer Zeit, in der die Arbeitslosigkeit niedrig ist, steigen müssten. Es sei denn, es gibt eine Art „external shock“ wie z.B. eine schlechte Hurrikan-Saison. Das ist aber nicht der Fall.
Anteil der Arbeitnehmer am Gewinn von Unternehmen, Graph: Jeff Stein und Andrew Van Dam in: Washington Post June 15, 2018
Tatsache ist, dass die sinkenden Löhne die Ungleichheit in der Gesellschaft verschärfen. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer, die bereits weniger verdienen, weiter zurückfallen.
Die Abflachung der Einkünfte der Arbeitskräfte im Privatsektor bedeutet, während die Wirtschaft insgesamt um mehr als 2% wächst, dass die Gewinne fast ausschliesslich an die Menschen gehen, die an der Spitze der wirtschaftlichen Leiter stehen.
Ein Argument lautet, dass der Rückgang der Reallöhne ein Spiegelbild der Wirtschaft sein könnte, die seit geraumer Zeit vorwiegend Niedriglohn-Jobs schafft, was als ein Zeichen der Vitalität der wirtschaftlichen Entwicklung anzusehen sei, weil arbeitslose Menschen wieder beschäftigt werden.
Das ist aber zweifelhaft. Denn damit das stimmt, müssten wir sehen, dass die zurückbekommenen Jobs im Niedriglohn-Bereich liegen. Es gibt aber keinen Hinweis darauf.
Veränderung des realen durchschnittlichen Stundenlohns für Arbeitnehmer in „Produktion und non-supervisory“ Stellen, saisonbereinigt, Mai 2017-Mai 2018, Graph: BLS, June 12, 2018
Warum ist aber das Lohnwachstum so schwach?
Die Ökonomen sind sich über die Ursachen für das anhaltend schwache Lohnwachstum weitgehend uneins und sie bieten eine Vielzahl von möglichen Erklärungen.
Es ist durchaus möglich, dass die Arbeitslosenquote einen irreführend positiven Eindruck von der Erholung auf dem Arbeitsmarkt hinterlässt, da viele Arbeitnehmer während der GFC aus dem erwerbstätigen Leben ausgestiegen sind.
Ein weiterer Aspekt ist, dass die Fähigkeit der Arbeitnehmer, Lohnerhöhungen zu fordern, wegen der geschwächten Gewerkschaften eingeschränkt ist.
Aber auch die jüngsten Steuersenkungen der Trump-Administration für Unternehmen entpuppt sich als Schwindel. Die Verabschiedung des Steuerpakets war in der Tat so vermarktet worden, dass es Investitionen ankurbeln und damit Lohnwachstum auslösen würde.
Der unmittelbare Effekt der Senkung des Körperschaftssteuersatzes war aber ein grosser Rückgang der von Unternehmen eingezogenen Steuereinnahmen durch die öffentliche Hand, in Grössenordnung von 110 Mrd. USD. Das ist reales Geld.
Multinationale Konzerne stellen nun, basierend auf steuerliche Überlegungen, Gewinne kräftig um, das Kapital (und damit die tatsächliche Wirtschaftsaktivität) hingegen bleibt davon unberührt, wie Paul Krugman in seinem Blog bei NYTimes am Freitag darlegt.
Die Idee, dass Unternehmenssteuersenkungen zur Förderung von Investitionen beitragen und zugleich zu höheren Löhnen führen, ist Humbug.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass multinationale Konzerne Niedrigsteuerländer wie Irland besonders schätzen, weil sie einen grossen Teil ihrer Gewinne in solchen Ländern verbuchen.
Spiegelt dies aber wirklich die grossen Kapitalbewegungen in die Niedrigsteuerländer wider? Nein sagen, Gabriel Zucman und Co-Autoren.
Das Meiste, was wir sehen, ist im Grunde genommen eine statistische Täuschung: Konzerne verwenden Verrechnungspreise und Zuteilung von Leihgebühren auf immaterielle Vermögenswerte, um Gewinne in Niedrigsteuerländern zu verbuchen. Das heisst, dass die Gewinne nicht dort aufgewiesen werden, wo sie erwirtschaftet wurden.
Und die Löhne? Die Reallöhne der einfachen Arbeitnehmer liegen heute niedriger als vor einem Jahr, während die Gewinne nach Steuern einen deutlichen Anstieg aufweisen.
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