Es ist schon atemberaubend, sich zu vergegenwärtigen, dass öffentliche Netto-Investitionen in Deutschland seit mehreren Jahren negativ sind, zu einer Zeit, in der die öffentliche Hand zu negativen Nominalzinsen Kredit aufnehmen kann.
Aber auch in Grossbritannien deuten die niedrig verlaufenden Renditen der Staatsanleihen darauf hin, dass es Spielraum für höhere öffentliche Ausgaben gibt.
Die invertierte Kurve der britischen Staatspapiere (GILT) veranschaulicht die Nachfrage von Pensionskassen und Versicherungsgesellschaften nach langfristigen Obligationen, wie Kate Allen in FT berichtet.
Die Rendite der britischen Staatsanleihen (GILT) mit 10 Jahren Laufzeit schwankt seit Herbst 2016 zwischen 1% und 1,5%.
Die Rendite der US Treasury Bonds mit vergleichbarer Laufzeit ist im selben Zeitraum von 1,6% auf fast 3% geklettert.
Der Rendite-Abstand zwischen den GILT und UST weist damit den höchsten Wert seit mehr als drei Jahrzehnten auf, was die unterschiedlichen wirtschaftlichen Geschicke der beiden Länder widerspiegelt.
US vs UK: Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: Kate Allen, FT, June 20, 2018
Die niedrigen Renditen Grossbritanniens halten im Grunde genommen den Schuldendienst des Landes unter Kontrolle. Und das gibt, in Verbindung mit der anhaltenden Nachfrage der Anleger nach GILTs, der nationalen Debatte über öffentliche Ausgaben neue Nahrung.
Die Nachfrage der Pensionsfonds und anderen institutionellen Investoren nach ultra-langfristigen Papieren hat in der Tat zu einer inversen Renditekurve (inverted yield curve) geführt.
UK Renditekurve, Graph: Kate Allen, FT, June 20, 2018
Vor diesem Hintergrund gibt es keinen Zweifel daran, dass es an Angebot fehlt. M.a.W. scheint der Rentenmarkt, mit Anstieg der öffentlichen Ausgaben umgehen zu können.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die anhaltend niedrigen Renditen aus der schwachen Wirtschaftsleistung Grossbritanniens herrühren, womit die Wahrscheinlichkeit eines kurzfristigen Zinsanstiegs gedämpft wird.
Die Erwartungen für einen Anstieg der britischen Zinsen sind tatsächlich seit der Mai-Sitzung der Bank of England (BoE) deutlich gesunken.
Grossbritannien: Overnight Index Swaps, Graph: Kate Allen, FT, June 20, 2018
Die OIS-Sätze signalisieren nur noch eine Wahrscheinlichkeit von 3,5% für eine Zinserhöhung durch die britische Zentralbank (BoE) in dieser Woche.
Wenn ich jung wäre, hätte ich lieber ein Land mit Schulden (zu einem festen Null-Zinssatz) und einer modernen Infrastruktur als ein Land mit veralteter Infrastruktur und ohne Schulden, bemerkt Eric Fossing Nielsen via Twitter.
Und der Chefökonom von UniCredit trifft damit (im makroökonomischen Sinne) den Nagel auf den Kopf: wir erleben in Europa eine der kurzsichtigsten Finanzpolitiken der Geschichte. Man wundert sich, welche radikale Ideologie dahinter steckt, die dafür die Verantwortung trägt, dass Millionen von Menschen auf der Strecke bleiben.
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