Die wahrscheinlich umstrittenste Form unkonventioneller geldpolitischen Mittel in den letzten Jahren war die „mengenmässige Lockerung der Geldpolitik, genannt QE, d.h. quantitative easing.
Die QE, die von der Fed, BoE, ECB, der Riksbank und der BoJ in Folge der GFC eingesetzt wurde, wird von der US-Notenbank offiziell LSAP (large-scale asset purchases) genannt.
Die QE arbeitet über zwei Hauptkanäle: 1) Signalisierungskanal und 2) Portfolio-Balance-Kanal, wie Ben Bernanke im neulich von Olivier Blanchard und Larry Summers herausgegebenen Buch („Evolution or Revolution“) ausführlich erklärt.
Der Signalisierungskanal entsteht in dem Masse, wie der Kauf von Vermögenswerten durch die Zentralbank dazu beiträgt, das Bekenntnis der Zentralbank zur geldpolitischen Lockerung zu demonstrieren und insbesondere die kurzfristigen Zinssätze länger niedrig zu halten („lower for longer“).
10y GER Bund yield: -0.38%, Graph: FT, July 24, 2019
Der Portfolio-Balance-Kanal hingegen hängt von der Prämisse ab, dass Wertpapiere unvollständige Substitute in den Portfolios der Anleger sind, was v.a. die Unterschiede in Bezug auf Liquidität, Transaktionskosten, Informationen, aufsichtsrechtliche Beschränkungen und dergleichen widerspiegelt.
Eine unvollständige Substituierbarkeit impliziert, dass sich Änderungen im Netto-Angebot eines Wertpapiers auf die Asset-Preise und -Renditen auswirken, sodass die Investoren sich veranlasst sehen, ihre Portfolios neu auszugleichen (rebalance portfolio).
Kurzum: Der Signalkanal wirkt sich auf die Erwartungen zukünftiger Leitzinsen aus, während der Portfolio-Balance-Kanal auf die Änderungen der Laufzeitprämien (term premium) abstellt.
Lesenswert ist vor diesem Hintergrund der neue Blog-Beitrag von Simon Wren-Lewis vom Dienstag.
Der an der Oxford University, Grossbritannien lehrende Wirtschaftsprofessor ruft in Erinnerung, dass die Zentralbanken in den meisten grossen Volkswirtschaften während der Rezession zwar gern bereitwillig waren, Geld zu schaffen, aber sie haben das neu geschaffene Geld („lediglich“) für den Kauf von Vermögenswerten verwendet.
Der Punkt ist, dass die Auswirkungen auf die Wirtschaft schwer vorhersehbar gewesen sei, da niemandes Einkommen gestiegen ist. Und auch der Zinssatz für die Kreditaufnahme sei nicht wesentlich gesunken.
Deshalb wäre „Helicopter Money“ der bessere Ansatz gewesen.
Das Geld direkt an die Menschen zu geben, anstatt Vermögenswerte zu kaufen, hätte laut Wren-Lewis einen direkten und besser vorhersehbaren Einfluss (stimulus) auf die Belebung der Wirtschaft gehabt.
Back to QE? Die EZB und BoJ schicken sich an, die QE-Politik wiederaufzunehmen. Die Fed hat im Jahr 2014 die Anleihekäufe beendet, Graph: BloombergTV, July 24, 2019
Es lässt in diesem Zusammenhang als Fazit festhalten, dass die Idee, der Einsatz der Austeritätspolitik zum Abbau der Haushaltsdefizite in der Eurozone unerlässlich war, einfach falsch ist.
Die Politik der Haushaltskonsolidierung inmitten einer schwer angeschlagenen Wirtschaft war zweifellos ein entscheidender Faktor für die schwache Erholung der Konjunktur in Europa.
Die restriktive Fiskalpolitik, die sich im Grunde genommen bis heute fortsetzt, trägt dazu bei, dass die Zinsen auf einem ungewöhnlich niedrigen Niveau verharren, sozusagen zum Ausgleich der fiskalischen Austeritätspolitik.
Das wiederum bedeutet, dass die konventionelle Geldpolitik heute fast keinen Spielraum hat, um einem neuen wirtschaftlichen Abschwung in der Eurozone entgegenzuwirken. Mit anderen Worten: Die EZB kämpft gegen die Windmühlen.
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