Der IWF hat am 10. Juli den Länderbericht Deutschland vorgelegt.
Ein Detail, das in den deutschen Mainstream-Medien bisher kaum beachtet wurde, ist IWFs Hinweis darauf, dass das verfügbare Haushaltseinkommen in Deutschland im Zeitraum 2005-2017 im Verhältnis zum BIP um rund 6% zurückgegangen ist.
Mit anderen Worten: Das Spiegelbild der steigenden Ersparnisse der deutschen Unternehmen (nicht-Finanz) und des gigantischen Leistungsbilanz-Überschusses ist der Rückgang des verfügbaren Haushaltseinkommens und des Verbrauchs als Anteil am BIP.
Die Bruttoeinsparungen der deutschen Unternehmen (d.h. einbehaltene Gewinne als Anteil der Bruttoleistung (gross output) oder der Wertschöpfung) ist seit Anfang der 2000er Jahre gestiegen.
Der Anstieg ist laut IWF auf die steigenden Gewinne deutscher Unternehmen und in jüngerer Zeit auf sinkende Dividenden-Ausschüttungs-Quoten zurückzuführen.
Das Spiegelbild der steigenden Ersparnisse der deutschen Unternehmen ist der Rückgang des verfügbaren Einkommens der deutschen Haushalte, Graph: IMF Country Report Germany, No. 19/214, July 2019
Die hohe Ertragskraft deutscher Unternehmen wurde wiederum durch Lohnkürzungen/niedrige Arbeitseinkommensanteile und sinkende Zinszahlungen für Schulden gestützt, was die Ausfuhren und Gewinne deutscher Unternehmen ankurbelte, aber das verfügbare Haushaltseinkommen verringerte (in Prozent des BIP), unterstreicht der IWF weiter.
Die Korrelation zwischen langfristiger Veränderung der Spitzeneinkommens-Ungleichheit und der Unternehmensersparnis, Graph: IMF Country Report Germany, No. 19/214, July 10, 2019
Die starke Arbeitsmarktentwicklung nach der Jahresmitte 2000 trug durch höhere Beschäftigung und in jüngerer Zeit durch ein höheres Lohnwachstum dazu bei, dass sich der Anteil des Arbeitseinkommens an 2008 erholte.
Doch gleichzeitig hat der Abbau des Wohlfahrtsstaates nach den Hartz-IV-Reformen dazu geführt, das verfügbare Einkommen durch niedrigere Netto-Leistungen seit 2005 zu verringern, und damit die bescheidenen Zuwächse beim Arbeitseinkommen insgesamt auszugleichen.
Fazit: Der deutsche Unternehmenssektor spart, während auch der Staat die Gürtel enger schnallt. Und die Leitungsbilanz (LB) weist einen gigantischen Überschuss aus.
Die Politiker und die Mainstream-Medien lassen keine Gelegenheit aus, mit Stolz zu verkünden, dass Deutschland „Export-Weltmeister“ ist.
Doch Deutschland verstösst damit gegen eine EU-Regel. Die Regel besagt, dass kein Land dauerhaft einen Überschuss von über 6% erzielen soll.
Wie der IWF festhält, geht der LB-Überschuss zu Lasten des Volkes:
Der Wohlfahrtsstaat wird allmählich abgebaut und das verfügbare Einkommen nimmt ab.
Was gibt es hier zu feiern?
Es mag sich etwas harsch anhören. Aber die offensichtliche Bereitschaft der deutschen Bürger, aufgrund des niedrigen Lohnniveaus ins benachbarte Ausland z.B. in die Schweiz zu wandern, um sich dort einen Job zu suchen, ist im Grunde genommen ein Stück Zeichen dafür, dass Deutschland damit auch Arbeitslosigkeit exportiert.
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