Dienstag, 20. Dezember 2016

Negativrenditen und kaum Inflation in Deutschland


Die Rendite der deutschen Staatspapiere mit 2 Jahren Laufzeit ist am Montag auf minus 0.82% gesunken, was einem neuen Tiefstwert entspricht. 

Der bisherige Verlauf zeigt die starke Nachfrage nach ultra-sicheren Wertpapieren, die die kurzfristige Kreditvergabe zwischen Banken und Hedge-Fonds untermauert, wie FT aus London mit der folgenden Abbildung beschreibt.

Bemerkenswert ist, dass das Rekordtief der Ankündigung von Mario Draghi folgt, wonach die EZB im nächsten Jahr beginnen wird, auch die Anleihen zu kaufen, die eine Rendite von weniger als minus 0,4% abwerfen. 

Bisher wollte die EZB Anleihen, die mit einer Rendite von unterhalb von minus 0,4% gehandelt werden, nicht kaufen. Minus 0,4% markiert nämich den offiziellen Einlagenzinssatz der EZB, der seit März 2016 gültig ist. Die EZB schafft damit eine eigene Restriktion ab, um den Kauf von Anleihen am offenen Markt im Rahmen ihrer QE-Politik (im Volumen von 80 Mrd. EUR pro Monat) erleichtert voranzubringen.

Wertpapiere mit zwei Jahren Laufzeit gehören zu den am meisten gehandelten Titeln am kurzen Ende des Anleihemarktes. Deutsche Bundesanleihen gelten als eine der sichersten verfügbaren Wertpapiere und werden v.a. als Sicherheit (collateral) in sog. Repo-Geschäften eingesetzt.


Die Rendite der 2-jährigen deutschen Staatspapiere, Graph: FT

Der Overnight-Repo-Satz für deutsche Sicherheiten (collateral) bleibt inzwischen mit minus 0,69% nach wie vor sehr tief. Ende November noch lag der Satz unterhalb von minus 0,70%.

Eine Verlängerung der monatlichen Anleihekäufe durch die EZB bis zum Ende des nächsten Jahres und die offizielle Prognose der Währungsbehörden, dass die Inflation in der Eurozone bis 2019 unter dem Zielwert der EZB bleibt, dämpft am Markt nun die Erwartungen über einen wesentlichen Anstieg der kurzfristigen Zinsen in absehbarer Zeit.

Es gelingt der EZB m.a.W. noch immer nicht, Preisstabilität zu gewährleisten. Das primäre Ziel seit geraumer Zeit ist, dafür zu sorgen, dass die Inflation ansteigt. Das Problem Disinflation (man kann auch sagen: Deflationsgefahr) hängt aber wie ein Damoklesschwert über der Eurozone.

Der private Sektor ist immer noch mit dem Schuldenabbau (deleveraging) beschäftigt. Die Banken geben weniger Neukredite und verkaufen bestehende Kredite an andere Marktteilnehmer. Das heisst, dass sie ihre Bilanz verkleinern. Die Schrumpfung der Verbindlichkeiten (Passiv-Seite der Bilanz) bedeutet weniger Geldschöpfung (inside money). 

In einer modernen Wirtschaft besteht mehr als 90% des Geldangebots (money supply) aus inside money, wie Markus Brunnermeier in seinem neuen Buch beschreibt. Indem die Banken Darlehen an Kreditnehmer geben, schaffen sie Kredit und gleichzeitig Geld, unterstreicht der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor. Es gibt im Grunde genommen keine Intermediation von loanable funds zwischen Sparern und Kreditnehmern.

Der Vollständigkeit halber: Das Geld, das vom Staat bereitgestellt wird, wird outside money genannt, weil es eben ausserhalb der Wirtschaft kommt. Weil das outside money festgelegt ist, d.h. wenn keine Intervention durch den Staat stattfindet, fällt das Angebot an inside money, während die Bilanz der Banken im Schuldenabbau-Prozess (deleveraging) schrumpft.

Da die Banken weniger Mittel vermitteln (intermediation), steigt die Nachfrage nach Geld. Da Unternehmen und private Haushalte darüber hinaus aus Vorsichtsgründen mehr Geld halten wollen, sinkt das Geldangebot und der Anstieg der Nachfrage führt zu einem disinflationären Druck. Deswegen fallen Inflationserwartungen und die Inflation bleibt hinter dem Zielwert der Notenbank zurück. 

Und sinkt die Inflation, steigt die reale Last der Verbindlichkeiten der Banken. Die Banken sehen sich dann zum Notverkauf (fire sales) gezwungen. So entsteht eine disinflationäre Spirale. Und die Zielinflationsrate der EZB rückt in weite Ferne.


Die deutschen Erzeugerpreise verzeichnen im November zum ersten Mal seit mehr als drei Jahren einen Anstieg, Graph: Bloomberg


PS

Der deutsche PPI-Index hat im November die erste positive Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahr seit Juni 2013 verzeichnet. So sieht der Verlauf der Erzeugerpreise im Balken-Diagramm aus:


Deutschland Produzenten-Preisindex (PPI) im November, Graph: fastFT 

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