Alexandria Ocasio-Cortez (D-New York) ist die jüngste Frau im amerikanischen Abgeordnetenhaus.
AOC, das Aushängeschild für die neuen Demokraten hat neulich den Vorschlag unterbreitet, die wohlhabendsten Amerikaner mit einem Grenzsteuersatz (marginal tax rate) von 70% zu belegen.
Das mag sich politisch verrückt anhören, v.a. nachdem die Republikaner nur die Steuersätze für die reichsten Amerikaner gesenkt haben.
Es ist aber nicht beispiellos: in den 1950er und 1960er Jahren gab es in den USA unter republikanischen und demokratischen Regierungen ähnliche Sätze.
Dass ein Grenzsteuersatz von 70% nicht aus der Reihe tanzt, belegen diverse Research-Papiere von namhaften, seriösen Ökonomen in jüngster Zeit, wie Paul Krugman in seinem Blog bei NYTimes unterstreicht.
Es ist zudem bekannt, dass AOC mit der Modern Monetary Theory (MMT) liebäugelt.
Die „moderne Geldtheorie“ (MMT) sollte absolut ein Teil unseres Gesprächs über die Wirtschaft sein, sagt sie in einem kürzlich erfolgten Interview.
Seither ist die MMT schnell wieder in die Schlagzeilen zurückgekehrt.
Die Finanzierungssalden der US-Wirtschaft, private Haushalte, Unternehmen und Staat, und Ausland (capital account; inverse of current account), Graph: Stephanie Kelton
Stephanie Kelton erläutert im Gespräch mit CNN Politics, dass nur wenige Menschen die Staatsverschuldung verstehen und die meisten Menschen dazu neigen, das Staatsdefizit mit der Staatsverschuldung zu vereinbaren.
Die Staatsverschuldung ist nichts weiter als eine historische Aufzeichnung aller Dollars, die vom Staat ausgegeben, aber nicht zurückgesteuert wurden.
Und wenn die Regierung mehr ausgibt, als sie in Form von Steuern (und anderen Zahlungen) erhebt, bezeichnen wir es als „deficit spending“, erklärt Kelton.
Das ist aber nur ein Teil der Geschichte. Um das Bild zu vervollständigen, nehmen wir an, dass die Regierung 100 USD ausgibt, aber nur 90 USD in Steuern zurückbekommt. Das Ergebnis von 10 USD taucht irgendwo im nicht-staatlichen Teil der Wirtschaft auf, d.h. nicht im öffentlichen, sondern im privaten Sektor.
Was passiert, wenn die Regierung die Gürtel enger schnallt, Graph: Stephanie Kelton, June 03, 2011
Das heisst, dass die roten Zahlen der Regierung zu schwarzen Zahlen werden: Die Verbindlichkeit des Staates ist also der Vermögenswert des Privatsektors.
Wo kommen die Schulden ins Spiel?
Wenn die Regierung ein Defizit aufweist, verkauft sie Staatsanleihen, nämlich US-Treasury Bonds. Das wird normalerweise als „Kreditaufnahme“, (borrowing) genannt. Aber es ist irreführend. Was wirklich passiert, ist, dass die Regierung Menschen erlaubt, ihre Dollars gegen eine Anleihe, die Zinsen zahlt, einzutauschen, so die an der Stony Brooke University lehrende Wirtschaftsprofessorin.
Die Inflation ist das relevante Risiko, nicht die Höhe des jährlichen Defizits. Nach der GFC ist das Haushaltsdefizit auf über 10% des BIP angestiegen. Nach historischen Massstäben war es gross. Aber es gab keinen Grund zur Sorge. In der Tat scheinen sich die meisten Ökonomen einig zu sein, dass ein grösseres (und ein gezieltes) Defizit zu einer schnelleren Erholung der Wirtschaft beigetragen hätte.
Fazit: MMT ist keine sozialistische Idee, sondern ein beschreibendes Projekt; es liefert eine Linse, mit der man besser verstehen kann, wie eine moderne, kapitalistische Wirtschaft funktioniert, bekräftigt Kelton weiter:
Basierend auf dieser Einsicht hat die MMT auch eine verordnende Seite, die zeigt, wie fiskalpolitische, geldpolitische und regulatorische Massnahmen eingesetzt werden können, um die Inflation einzuschränken und die Vollbeschäftigung aufrechtzuerhalten.
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