Dienstag, 14. Februar 2017

EU-Fiskalpakt und Arbeitslosigkeit in Europa


Gemäss Schätzungen von Eurostat waren im Dezember 2016 in der EU28 insgesamt 20 Millionen Männer und Frauen arbeitslos, davon 15,5 Millionen im Euroraum.

Die Arbeitslosenquote im Euroraum ist mit 9,6% immer noch sehr hoch. Das deutet darauf hin, dass Investitionen und Ausgaben nicht ausreichen, um die Arbeitslosen zu beschäftigen. 

Es ist offensichtlich, dass Haushaltskonsolidierung dabei nicht helfen kann. Die Situation würde durch die Kürzung der Staatsausgaben einfach nur noch verschlimmert.

Der Privatsektor ist pessimistisch eingestimmt. Während private Haushalte auf den Konsum verzichten, weil sie kein reales Lohnwachstum erleben, halten sich Unternehmen angesichts der anhaltenden Nachfrageschwäche mit Investitionen zurück. Die zusätzliche Nachfrage nach Arbeitskräften ist daher beinahe null.

Doch die EU-Kommission legt im am Montag präsentierten „Winter 2017 Economic ForecastFrankreich nahe, sofortige Sparmassnahmen (fiscal austerity) zu ergreifen, weil das Haushaltsdefizit im Jahr 2018 auf 3,1% des BIP zu steigen drohe, falls inzwischen nichts unternommen werde, wie FT aus London berichtet. 



Frankreich muss aufpassen, dass das Haushaltsdefizit nicht auf 3,1% des BIP steigt, warnt die EU-Kommission, Graph: FT


Der europäische Wachstums- und Stabilitätspakt schreibt vor, dass die Höhe des jährlichen Haushaltsdefizits 3% des BIP nicht übersteigen darf.

Wie NYTimes berichtet, entfallen mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze, die seit 2010 in der EU geschaffen wurden, auf temporäre Stellen.

Die EZB hat im vergangenen Sommer (Econ Bulletin Issue 6/2016) berichtet, dass fast alle 3,2 Millionen Jobs, die im Euroraum „seit der Erholung der Wirtschaft“ geschaffen wurden, den Service-Sektor betreffen.

Woher kommt aber die Angst vor dem Anstieg des Haushaltsdefizits? 

Die Staatsausgaben können heute in der schwer angeschlagenen Wirtschaft Europas die privaten Investitionen nicht verdrängen (crowding-out). Die nominalen Zinsen liegen aussergewöhnlich niedrig und die Unternehmen sind schon seit langer Zeit Netto-Sparer.

Zu einer vorgegebenen Zeit muss sich der Geldbetrag, der von den drei Sektoren (Staat, Privatsektor und Ausland) ausgegeben und erhalten wird, zu Null addieren. Das heisst, dass ein Überschuss in einem Sektor dem Defizit im anderen Sektor entsprechen muss. Es geht nicht anderes.

Wenn der Staat mehr ausgibt als sie einnimmt, bedeutet es, dass der private Sektor mehr bekommt als ausgegeben. Daher reflektiert das Defizit des Staatshaushaltes den Überschuss im Privatsektor.


Finanzierungssalden der Sektoren der US-Wirtschaft, Graph: The Minksys


Aus der Grafik geht deutlich hervor, dass das Staatsdefizit den Überschuss im Privatsektor widerspiegelt. Wenn die Regierung mehr ausgibt als sie an Steuern einnimmt, kurbelt sie die Wirtschaft an; sie nimmt dem Privatsektor das Geld nicht weg.

Ein Rückgang des Haushaltsdefizits bedeutet deshalb (sectoral financial balance approach) eine Verschlechterung des Überschusses im Privatsektor.

Der Privatsektor kann dann einen „Überschuss erwirtschaften“, wenn der andere Sektor, d.h. der Staat ein Haushaltsdefizit führt. Es ist unmöglich, dass beide Sektoren gleichzeitig einen Überschuss ausführen.

Aufgrund einer einfachen Makro-Buchhaltung müssen, für eine bestimmte Menge an Output, Ausgaben und Einnahmen überstimmen.

Wenn der Staat zu wenig deficit spending betreibt, um den geplanten Ersparnissen des Privatsektors Rechnung zu tragen, kommt es angesichts der vorgegebenen Konsumentscheidungen der privaten Haushalte und der Investitionspläne der Unternehmen zu einer unfreiwilligen Arbeitslosigkeit.

Wer heute die öffentliche Hand zu Ausgabenkürzungen zwingt, während die europäische Wirtschaft in Depression steckt, trägt die Verantwortung für die Arbeitslosigkeit. 

Die EZB agiert zwar seit der Amtsübernahme von Mario Draghi als Präsident als „lender of last resort“. Aber es fehlt an einen „employer of last resort“. Das ist der Einsatz von Fiskalpolitik.

Keine Kommentare: