Die Fed hat am Mittwoch die Geldpolitik gelockert.
Die amerikanische Zentralbank hat den Leitzins (Fed Funds Rate) um 25 Basispunkte (0,25%) auf 2 bis 2,25% gesenkt. Das ist die erste Zinssenkung seit der GFC 2008.
Fed-Präsident Jerome Powell hat auf der Medienkonferenz erklärt, dass es sich dabei um eine Anpassung der Geldpolitik zur Mitte des Wirtschaftszyklus („mid-cycle adjustment“) handele.
Begründung: die durch die Handelspolitik ausgelöste Unsicherheit, Risiken für die globale Konjunktur und der schwache Inflationsdruck in den USA.
Die Aussagen von Powell deuten je nach wirtschaftlicher Entwicklung auf weitere Zinsanpassungen hin. Die Fed hat zugleich auch das Ende des Programms zum Kauf von Anleihen aufgehoben.
Eine Zinssenkung bedeutet dem Lehrbuch nach, dass es der Wirtschaft i.d.R. nicht gut geht. Die Zentralbank versucht mit der Lockerung der Geldpolitik, die Aufnahme von Krediten zu erleichtern bzw. die Kreditkosten zu verbilligen.
Zudem ist es ein offenes Geheimnis, dass die Inflation mit einer starken Wirtschaft zusammengehört.
Auch die erwartete Zinssenkung durch die EZB ist deshalb vor diesem Hintergrund zu verstehen. Die nächste Sitzung der EZB findet am 12. September statt.
Die erste Zinssenkung seit 10 Jahren; Fed Funds Rate, Graph: NYTimes, Aug 01, 2019
Eine bevorstehende EZB-Zinssenkung bedeutet im Grunde genommen nichts anderes als ein Appell an die Marktteilnehmer, Kredit aufzunehmen, d.h. sich zu verschulden.
Denn es gibt zurzeit zu wenig Schuldner im Euroraum. Es wird zu viel gespart. Unternehmen, private Haushalte und der öffentliche Sektor alle sparen.
Der Wert der Anleihen, die derzeit mit einer Negativ-Rendite gehandelt werden: 14‘000 Mrd. USD, Graph: BloombergTV, Aug 01, 2019
Die Inflation ist auf beiden Seiten des Atlantiks hartnäckig niedrig und das Lohnwachstum ist angesichts der niedrigen Arbeitslosigkeit überraschend schwach.
Der Unternehmenssektor in Europa ist netto Sparer, Graph: WSJ, July 2019
Was in Europe zudem verwunderlich ist, dass es Dutzende von Unternehmen gibt, deren Anleihen mit negativen Renditen gehandelt werden. Dennoch haben nur wenige Unternehmen auf Euro lautende Anleihen mit negativer Rendite emittiert.
Europäische Unternehmen weigern sich, Kredit aufzunehmen. Seit die EZB im Juni 2014 negative Zinsen eingeführt hat, ist die Verschuldung der nicht-finanz-Unternehmen nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) um nur 0,5% gestiegen. Und der Wert liegt immer noch weit unter dem Niveau von 2015.
Unternehmen in Europa halten sich trotz der negativen Zinsen zurück, neue Anleihen aufzulegen, die graue Linie: europäische Unternehmen, die blau Linie: amerikanische Unternehmen, Graph: WSJ, July 2019
Sparsame Nordeuropäer wollen sich unabhängig vom Zinssatz kein Geld leihen. Und die Südeuropäer können es sich wegen der anhaltenden Probleme im Banken-System nicht leisten, Kredit aufzunehmen.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Unternehmen in Europa mehr als die in den USA auf Banken angewiesen sind, während die europäischen Banken aber keine Gelegenheit auslassen, sich über die zu niedrigen Zinsen zu beklagen.
In einer Marktwirtschaft ist es in erster Linie die Aufgabe von Unternehmen, sich durch Investitionen weiter zu entwickeln und Innovationen hervorzubringen. Und wenn sie investieren, können sie auch ihre Schulden bedienen.
Wenn aber die Unternehmen es nicht tun, dann ist der Staat gefordert, die Ersparnisse aufzunehmen, und in die Zukunft zu investieren, via Projekte wie z.B. Infrastruktur, Bildung, Umweltschutz usw.
Sonst, wenn alle gleichzeitig sparen, führt es in die Sackgasse. Europa braucht heute mehr Schuldner.
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