Mittwoch, 5. Dezember 2018

Rezession oder andere Risiken am Horizont


Es wurde längst erwartet. Nun ist sie eingetroffen. Die US-Ertragskurve (yield curve) wurde invers, und zwar am kurzen Ende: Der Rendite-Abstand (spread) zwischen drei- und fünfjährigen Anleihen ist unter null gefallen. Das heisst, dass die zweijährige Rendite über der fünfjährigen liegt.

Es ist erstaunlich, dass diese Situation, die Investoren als Vorbote einer Rezession betrachten, wenn sie v.a. den Rendite-Abstand zwischen zwei- und zehnjährigen Anleihen betrifft, zu einem denkbar „günstigen“ Zeitpunkt entstanden ist.

Die US-Administration hat gerade jetzt mit Stolz einen „Waffenstillstand“ im Handelsstreit mit China angekündigt. Die Wirtschaft wächst. Die Inflation gilt per Definition am Ziel angekommen. Und die Arbeitslosigkeit ist niedrig.

Doch die Weltwirtschaft scheint im Moment irgendwie risikobehaftet.

Und die Umkehrung der Rendite-Kurve gehört zu den Gefahren, die von Zentralbanken genau überwacht werden. 

Droht eine Abkühlung der US-Wirtschaft?

Eine inverse Zinsstruktur-Kurve deutet i.d.R. auf eine schwächere Wirtschaft hin. Wenn die Zinsen am kurzen Ende steigen und am langen Ende sinken oder stagnieren, signalisieren die Anleihemärkte, dass die Geldpolitik zu straff ist.


Rendite-Spread für US-Staatsanleihen mit 3 und 5 Jahren Laufzeit, Graph: BloombergTV, Dec 5, 2018 


Wenn wir aus dem Kaffeesatz an den Finanzmärkten lesen, widmen wir auf die Form der Zinsstruktur-Kurve viel Aufmerksamkeit, hat John Williams, New Yorker Fed Präsident auf einer Pressekonferenz am Dienstag gesagt.



Rendite-Spread für US-Staatsanleihen mit 10 und 2 Jahren Laufzeit, Graph: FT, Dec 5, 2018


Auch Dallas Fed-Präsident Robert Kaplan hat den Verlauf der Renditekurve mit anderen globalen Risiken in einen Topf geworfen. Die Ertragskurve sage ihm, dass es klug sei, zu warten und Geduld aufzubringen. Die Märkte erwarten allem Anschein nach ein langsames globales Wachstum, so Kaplan weiter.


Die Real-Rendite (gemessen an TIPS) der US-Treasury Bonds (UST) mit 10 Jahren ist unter null gefallen, Graph: Michael Mackenzie FT, Dec 5, 2018 


Dass die Form der Zinskurve Notenbanken nicht gleichgültig ist, zeigt auch der Fall Japan

Die japanische Zentralbank (BoJ: Bank of Japan) hat (im September 2016) die Zinskurve zur Zielgrösse (YCC: yield curve control) erklärt. Die BoJ kauft Staatsanleihen an, um die Renditen zu drücken. Ein Ziel dabei ist, die Kurve steiler werden zu lassen. 

Ob die inverse Zinsertragskurve Vorbote einer Rezession ist, mag dahingestellt sein. Dass sich irgendwie dunkle Wolken am Himmel der globalen Wirtschaft aufziehen, darf aber nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Die Aktienmärkte reagieren bereits mit Abgaben.


Rendite-Spread für US-Staatsanleihen mit 10 und 2 Jahren sowie mit 30 und 2 Jahren Laufzeit, Graph: Bloomberg, Dec 5, 2018 

Es ist zugleich nicht auszuschliessen, dass die spekulativen Trader, die die UST „leer“ verkauft haben, nun in Eile die „short“ Positionen eindecken.


Die Rendite der US-Staatsanleihen mit 2, 5 und 10 Jahren Laufzeit, Graph: FT, Dec 5, 2018


Und hier ist eine weitere Abbildung, die die Fälle von inversen Renditekurve in den vergangenen Jahren veranschaulicht, und jeweils die Rezessionen, die gefolgt sind:


Eine inverse Zinsstruktur-Kurve bedeutet nicht automatisch Rezession, Graph: BloombergTV, Dec 4, 2018

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