Freitag, 4. Mai 2018

Das symmetrische Inflationsziel und flachere Ertragskurve


Die US-Notenbank hat am Mittwoch den Leitzins (Fed Funds Rate) unverändert gelassen. Damit liegt der Zinssatz (Tagesgeldsatz), der für Interbankenkredite bezahlt wird, in der Spanne zwischen 1,50% und 1,75%.

Die Fed hat zugleich darauf hingewiesen, dass sich die Inflation der Marke von 2% annähere und das Inflationsziel symmetrisch sei.

Das ist so zu interpretieren, dass die Fed (mit der zweifachen Erwähnung des Wortes „symmetrisch“) ein Überschiessen über die 2% Zielmarke für zulässig hält.

Die US-Währungshüter unterstreichen im selben Statement, dass die Wirtschaft weiter graduelle, d.h. schrittweise Zinserhöhungen braucht.

Schliesslich wächst die US-Wirtschaft seit achteinhalb Jahren. Die Frage ist daher, wie lange diese Expansion noch andauert?


US Inflation gemessen an PCE Index, der von der Fed bevorzugt angesehen wird, Graph: Bloomberg, May 3, 2018


Die Evidenz der “positive Dauerabhängigkeit” (positive duration dependence) besagt, dass je länger eine wirtschaftliche Expansion dauert, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie bald endet.

Daher besteht die Sorge, dass, auch wenn die Wirtschaft im Moment „gut“ aussieht, die nächste Rezession in der Nähe lauert.


Die abflachende UST Ertragskurve (2y10y), Graph: BloombergTV


Die Arbeitslosenquote spiegelt den aktuellen Stand des Konjunkturzyklus wider, sagt David Andolfatto. Die Wirtschaft laufe, oberflächlich gesehen, gut, mit wenigen Anzeichen einer Verlangsamung. Die Arbeitslosigkeit beträgt inzwischen nur 4,1%, so niedrig wie in fast zwei Jahrzehnten.


Die abflachende UST Ertragskurve (5y30y), Graph: BloombergTV



Bedeutet aber die derzeit niedrige Arbeitslosenquote, dass eine Rezession bevorsteht?

In der Vergangenheit hat die Arbeitslosenquote kurz vor einer Rezession immer einen Tiefpunkt erreicht, erinnert Andolfatto, Vize-Präsident der Fed St. Louis.


US Arbeitslosenquote, Graph: David Andolfatto, Fed St. Louis


Zwei Beispiele:

Im Jahre 1953 erreichte die Arbeitslosenquote 2,5%, bevor die Wirtschaft zu schrumpfen begann. 

Vor der „Great Recession“ 2007-2009 fiel die Arbeitslosenquote auf 4,4%.

Der Ansatz von „positive duration dependence“ ist allerdings einer von vielen Faktoren, die den Konjunkturzyklus beeinflussen.

Laut Vitor Castro gibt es Hinweise darauf, dass „positive duration dependence“ nach 10 Jahren Expansion verschwindet.

Die Beispiele dafür sind: 

Australien hat seit den frühen 1990er Jahren keine Rezession erlebt.
Japan hatte von 1975 bis 1992 keine.
Kanada hat von 1992 bis 2007 keine Rezession erlebt.

Das Konzept der „positiven Abhängigkeit von der Dauer“ deutet darauf hin, dass die US-Wirtschaft in naher Zukunft eher schrumpfen wird. Aber es ist keine Garantie, hält Andolfatto als Fazit fest. 


Die US-Wirtschaftsexpansion, das zweit-längste, aber das schwächste Wachstum, Graph: Bloomberg, May 4, 2018


Es ist durchaus möglich, dass die US-Wirtschaft in absehbarer Zeit weiter expandieren wird.

Wenn die Investoren erwarten, dass die Wirtschaft wächst, rechnen sie damit, dass die Fed die Zinsen erhöht, was die Steigung der Zinsstruktur-Kurve (yield curve) positiv macht.

Die Ertragskurve setzt aber heute die Abflachung fort. 

Zur Erinnerung: Die Renditekurve ist die Mutter aller Indikatoren. Kein anderes Instrument zeigt die Wendepunkte der konjunkturellen Entwicklung so verlässlich an wie die Ertragskurve: sie wird weder von einer staatlichen Behörde noch von einem privaten Institut ermittelt.

Sie lässt sich aus kollektiven Erwartungen und Einschätzungen der Investoren erstellen, und zwar zu jedem beliebigen Zeitpunkt und immer aktuell verfügbar.







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