Die Lohnstagnation und die wachsende Ungleichheit stellen heute aus Sicht einer Mehrzahl von Ökonomen für die gesamte Wirtschaft beträchtliche Probleme dar. Ohne Zweifel.
Paul McCulley unterstreicht vor diesem Hintergrund in einer von NYTimes organisierten Gesprächsrunde mit Stephanie Kelton, dass die Arbeit nur dann einen angemessenen Anteil am Produktivitätswachstum hätte, wenn die Fed eine Überhitzung der Wirtschaft zuliesse.
Dass die Fed sich derzeit gerade anschickt, den lockeren Kurs der Geldpolitik allmählich zurückzufahren und sich ein Wechsel an der Spitze der US-Notenbank anbahnt, macht den Anreiz der lesenswerten Unterhaltung des ehemaligen Chefvolkswirtes der PIMCO mit der ehemaligen Chefökonomin für den Senat Budget Committee aus.
McCulley ist heute als Professor an der Cornell University Law School tätig und Frau Kelton unterrichtet als Professor für öffentliche Politik und Wirtschaft an der Stony Brook University in den USA.
Janet Yellen, die Präsident Trump als Fed-Chefin ablösen will, glaubt nicht, dass das Inflationsziel der Fed Vorrang vor dem Beschäftigungsziel hat, erklärt McCulley.
Wechselbeziehung zwischen Ungleichheit, Umverteilung und Wachstum, Graph: IMF in: Redistribution, Inequality and Growth
Sie sorge sich eher um die immer grössere werdende Vermögens- und Einkommensungleichheit in der amerikanischen Gesellschaft.
Yellen, die einen guten Rückhalt der Demokratischen Partei hat, will, dass die Arbeitnehmer nicht nur einen Job haben, sondern auch steigende Reallöhne geniessen.
McCulley betont in diesem Zusammenhang, dass die US-Wirtschaft sich zur Zeit trotz der fallenden Arbeitslosenquote nicht in Vollbeschäftigung befindet.
Seiner Ansicht nach soll das gesamte Konzept der Vollbeschäftigung neu definiert werden. Es handele sich dabei nicht um eine genaue Arbeitslosenrate oder sogar um einen numerischen Anstieg der Löhne als Reaktion auf die niedrigere Arbeitslosigkeit.
Die Vollbeschäftigung sei nur dann gegeben, wenn der Faktor Arbeit eine Preissetzungsmacht im Verhältnis zum Faktor Kapital hat, in dem Sinne, den Chef um Gehaltserhöhung zu bitten und sie auch zu bekommen.
Das mag sich radikal anhören, bemerkt McCulley weiter, weil die Fed sich bisher immer davon zurückgehalten hat, über die Einkommensverteilung zu reden, weil es sich dabei angeblich um eine politische Frage handele.
Doch wie die jüngsten Studien z.B. durch die Fed San Francisco und den IWF zeigen, lasten wachsende Einkommens- und Vermögensungleichheit auf dem Wirtschaftswachstum.
Die Fed soll sich daher natürlich darum kümmern, so McCulley. Je schiefes Volkseinkommen den Reichen gegenübersteht, desto schwieriger wird es, ein robustes gesamtwirtschaftliches Nachfragewachstum aufrechtzuerhalten.
Reiche Leute geben viel aus, absolut, aber sie haben eine geringere marginale Neigung, Geld auszugeben als die weniger wohlhabenden Bürger. Schenkt man einem reichen Mann einen Dollar, gibt dieser wenig davon aus. Gibt man hingegen das Geld jemandem, der von einem festen Gehaltscheck lebt, wird er alles ausgeben.
Im Übrigen sei auch die 2%-Zielinflationsrate der Fed eine willkürlich gewählte Grössenordnung, die nicht in der Verfassung verankert ist.
Das ganze Gespräch ist empfehlenswert, zu lesen.
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