Die Aussage der Bundesbank, dass die von der herrschenden Lehre verbreitete Vorstellung, dass eine Bank „auch altes, schon früher geschöpftes Buchgeld, z.B. Spareinlagen, weiterreichen“ (könne), wodurch die volkswirtschaftliche Geldmenge nicht erhöht wird, nicht zutrifft, erinnert mich an die Liquiditätspräferenztheorie von Keynes.
Warum? Gleich kommt die Erklärung.
Was damit gemeint ist, dass diejenigen mit einem Überschuss an Kapital nicht mehr die einzigen Anbieter von Fremdfinanzierung an den Rest der Wirtschaft sind.
Das heisst, dass die Besitzer von Kapital (man könnte auch sagen: Ersparnissen) nicht immer bereit sind, durch die Kreditvergabe ihren Reichtum mit dem Rest der Wirtschaft zu teilen.
Keynes hat die These vertreten, dass der Zinssatz nicht von der Nachfrage nach Ersparnissen beeinflusst wird, sondern von der Nachfrage nach sicheren Anlagen (safe assets), aus unterschiedlichen Motiven und über unterschiedliche Terminen hinaus verteilt.
Hier kommt die Liquiditätspräferenztheorie ins Spiel. Es ist die Theorie über die Geldhaltung bzw. –nachfrage. Die Wirtschaftssubjekte haben demnach drei Motive:
Transaktion (cash): Geld wird gehalten, um über gewisse Liquidität zu verfügen, um damit Ausgaben zu tätigen.
Spekulation (gains): Geld wird gehalten, als Alternative zur Anlage in Wertpapieren.
Vorsicht (security): Geld wird gehalten, um für unvorhersehbare Ausgaben (Stichwort: Unsicherheit) gewappnet zu sein.
Buchungsbeispiel: Bank A gewährt einen Kredit an Kunden X, Graph: Bundesbank April 2017
Wenn der private Sektor nicht mehr bereit und gewillt (zur Erinnerung: Unternehmen sind heute in Europa Netto-Sparer) ist, Investitionen zu tätigen, dann müsste die Zentralbank in Zusammenarbeit mit dem Schatzamt (als ultimo ratio) in die Bresche springen, um eine ganze Palette von Vermögenswerten zur Verfügung stellen, die Investoren benötigen, um die Motive für Transaktion, Spekulation und Vorsicht zu decken.
Doch was ist geschehen?
Das Schatzamt hat die Ausgaben von Staatspapieren gekürzt.
Der Staat hat verordnet, die Gürtel enger zu schnallen (fiscal austerity), anstatt dem hoch verschuldeten Privatsektor unter die Arme zu greifen, anstatt mit erhöhten öffentlichen Investitionen die Beschäftigung zu fördern und die Löhne zu stützen.
Und die Zentralbank ist dazu übergegangen, via QE (quantitative easing) Staatspapiere im offenen Markt zu kaufen. Das bedeutet, dass sie das Angebot an safe assets gerade in dem Moment, wo die Nachfrage danach so gross ist wie heute (im Sog der globalen Finanzkrise), gesenkt hat.
Kein Wunder, dass es zu einer Knappheit an sicheren Anlagen gekommen ist. Aufgrund der Unterversorgung mit sicheren Staatspapieren suchen die Investoren andere Anlagen: sie wenden sich z.B. an den Immobilienmarkt. Die Grundstückpreise schiessen durch die Decke. Und es entsteht im Endeffekt eine asset price Inflation.
Daraus folgt, dass die Notwendigkeit, in einer Krise über den Einsatz von Fiskalpolitik zu diskutieren, ohne Zweifel ein Zeichen dafür ist, dass die Geldpolitik an Zugkraft verloren hat. Zumal die nominalen Zinsen nahe null liegen (zero lower bound) und nicht weiter gesenkt werden können.
Auch die aktuelle Debatte darüber, ob die Zielinflationsrate (inflation targeting) erhöht werden soll, legt nahe, zu erkennen, dass die Geldpolitik an Wirksamkeit verloren hat (konventionell oder unkonventionell) und es höchste Zeit ist, öffentliche Ausgaben für dauerhafte Wirtschaftsgüter voranzutreiben.
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