Mittwoch, 7. Juni 2017

Hartnäckige Folgen des Politikversagens

Die wirtschaftliche Erholung in den USA ist offensichtlich die längste in der Geschichte. Die Expansion hat im Jahr 2009 begonnen und dürfte mittlerweile insgesamt 10 Jahre auf die Waage bringen.

Je länger sie dauert, desto wahrscheinlicher wird das Wachstum lau und uneben enden, schreibt Tim Duy in seiner Kolumne bei Bloomberg View. Und damit steigt die Angst über die Nachhaltigkeit der Erholung.

Denn Spekulationen schiessen inzwischen ins Kraut, dass die Pro-Wachstum-Politik und das Konjunkturprogramm der Trump Administration in der Klemme stecken.

Der an der Oregon University lehrende Wirtschaftsprofessor erwartet daher eine Rezession im Jahr 2018 oder 2019. 

Seine Begründung: Die übermässigen geldpolitischen Massnahmen haben sich für die Wirtschaft nicht als nützlich erwiesen. Mit dem Verlauf der Ertragskurve (yield curve) erklärt Duy den komplexen Zusammenhang weiter ausführlich. 

Angesichts der unsteten Beschäftigung und der schwachen Lohn-Daten sowie der anhaltenden Niedriginflation wachsen die Zweifel, dass die Fed nicht einmal ihre aktuellen Prognosen erfüllen kann.


Real Median Einkommen in Grossbritannien, Graph: Simon Wren-Lewis


Vor diesem Hintergrund bemerkt Simon Wren-Lewis in seinem Blog mit Nachdruck (in Bezug auf die europäische Wirtschaft), dass „wir dringend mehr öffentliche Investitionen und mehr Ausgaben brauchen, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzuregen“.

Damit würden wir dazu beitragen, dass die Zinsen wieder zu steigen beginnen. Die Nullzins-Grenze (ZLB: zero lower bound) hält der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor in diesem Kontext für ein wirtschaftspolitisches Versagen.

Denn die unkonventionelle Geldpolitik ist ein sehr unzuverlässiger Ersatz für die Gestaltung der Zinspolitik, während ein temporärer Fiscal Stimulus helfen könnte, die nominalen Zinsen von der ZLB-Friktion zu befreien.

Es war laut Wren-Lewis ein grosser Fehler in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften, auf den Einsatz von Fiskalpolitik zu verzichten und sich ausschliesslich auf die unkonventionelle Geldpolitik zu verlassen.

In den Modellen, die die makroökonomischen Lehrbücher liefern, kann ein wirtschaftspolitischer Fehler grosse, aber „nur“ vorübergehende Kosten in Bezug auf die Produktion (output) auslösen und damit den Lebensstandard beeinträchtigen.

In den Modellvorstellungen wird angenommen, dass eine kurzfristige Nachfrageschwäche keinen Einfluss auf das Angebot ausübt und die Produktion (output) durch die Anzahl der bereitwilligen Arbeitnehmer, den Kapital-Stock und die Technologie bestimmt wird. 

Wichtig ist, sich zu vergegenwärtigen, dass alle drei Annahmen von kurzfristigen Nachfrage-Engpässen unabhängig sind. Soweit die Theorie. In der Praxis sieht es anders aus. 

Mit anderen Worten: Die Lehrbuch-Modelle können fehlschlagen. Eine der wichtigsten faktischen Gegebenheiten aus dem bisherigen Verlauf der Krise ist nämlich die empirische Beobachtung, dass die Lohnmoderation die Arbeitslosigkeit nicht senkt und schwache Löhne eine schwache Erholung nach sich ziehen.

Möglich ist daher, dass Hysterese-Effekte, die die herrschende Volkswirtschaftslehre in den Modellen nicht mit berücksichtigt, nach und nach auftreten. 

Wenn die Kräfte, die das Wachstum antreiben, während der anhaltenden Krise nachlassen, können durch Mangel an Nachfrage dauerhafte Effekte entstehen, wie Antonio Fatas und Larry Summers in einem Artikel (Hysteresis and fiscal policy during the Global Crisis) in voxeu (12. Oktober 2016) warnen.





















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