Die wachsende Dominanz des
Finanzsektors in der allgemeinen Wirtschaft war eine der Fragen, die im Sog der
Finanzkrise von 2008 nach und nach in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte
gerückt ist.
Dass die einfachen Menschen sich
Sorgen machen, ist verständlich. Denn es liegt auf der Hand, dass die ökonomische
und politische Macht der neuen Finanzoligarchie sowohl für die wirtschaftliche
Prosperität als auch für die Demokratie unvorteilhaft ist.
Das Thema wurde zurecht auch von
Simon Johnson und James Kwak mit dem Stichwort „Financialization“ (Finanzialisierung) in ihrem vor rund vier Jahren gemeinsam
verfassten lesenswerten Buch „13 Bankers“ angesprochen.
Das INET (Institute for New Economic Thinking)
meint nun dazu, dass das Finanzsystem sich mittlerweile in die moderne
Wirtschaft transformiert hat.
Die herrschenden Akteure auf den
Finanzmärkten sind heute die kaum regulierten Schatten-Banken (shadow banks) wie z.B. Pensionsfonds,
Hedgefonds, Staatsfonds (sovereign wealth
funds) und Universitätsstiftungen. Kurzum werden sie als „managed money“ bezeichnet, die gestützt
auf enorme Kapital-Pools auf der Suche nach den höchsten Renditen sind.
Was dabei auffällt, ist, dass im
Gegenzug die von financial engineering
getriebenen Innovationen das Wachstum der privaten Verschuldung im Verhältnis
zum Einkommen immer weiter füttern, was wiederum die Abhängigkeit von der volatilen
kurzfristigen Finanzierung und der massiven Verwendung des Fremdkapitaleinsatzes
(leverage) erhöht.
Unternehmensgewinne; finanzielle und nicht-finanzielle Sektoren im Vergleich, Graph: James Kwak in HuffPost, June 2010
Was sind die Auswirkungen dieser Finanzialisierung auf die moderne globale Wirtschaft?
Laut Adair Lord Turner, dem ehemaligen Leiter der britischen Behörde für
die Finanzmarktaufsicht bedeutet es, dass das Finanzwesen heute im Tagesgeschäft des Wirtschaftssystems eine
zentrale Rolle spielt.
Genauer gesagt werden die privaten
nicht-finanziellen-Sektoren der Wirtschaft immer mehr von einem reibungslosen
Funktionieren des Finanzsektors abhängig, um eigene Liquidität, Zahlungsfähigkeit
und wirtschaftliches Wohlergehen aufrechtzuerhalten. Die privaten Haushalte
verschulden sich heute, um z.B. die Bildung, Gesundheit, Wohnwesen, Transport
und Freizeit zu finanzieren. Und zur gleichen Zeit werden sie zur Erhaltung des
Lebensstandards von Zinsen, Dividenden und Kapitalerträgen abhängiger.
Eine weitere wichtige Folge der
finanzialisierten Volkswirtschaften ist, dass sie Typischerweise wiederholt Finanzblasen
auslösen und grössere Schuldenüberhänge verursachen, die in Nachwirkungen
tendenziell die Ungleichheit in der Gesellschaft verschärfen und das wirtschaftliche Wachstum
beeinträchtigen.
Es ist Zeit, den neuen „Money
Manager Kapitalismus“ robust anzugehen, so Turner als Fazit. Uns dürften damit
mehrere Jahre der wirtschaftlichen Stagnation mit sich verschlechternden
Lebensstandards für viele Menschen bevorstehen.
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