Samstag, 2. Juli 2011

Kann Griechenland gerettet werden?

„Griechenland hat eine drohende Zahlungsunfähigkeit mit einem mutigen Votum für mehr Sparmassnahmen vermieden. Europa und der IWF wollen nun kurzfristige Mittel freigeben, um Griechenland zu ermöglichen, seine Schulden zumindest über den Sommer zu bedienen“, schreibt Jeffrey Sachs in einem Artikel ("Greece can be saved - here's how to do it") in FT.

„Das tapfere griechische Volk verdient unsere Dankbarkeit für die Abstimmung in dieser Woche. Ein Default (Zahlungsunfähigkeit) hätte zu einer dramatischen Entwirrung der europäischen Wirtschaft geführt, und sogar darüber hinaus“, hebt der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Viele seiner Kollegen in der Wissenschaft hätten Griechenland munter aufgefordert, Zahlungsunfähigkeit zu erklären und damit eine unfreiwillige Umstrukturierung der Schulden gezwungen. Sachs finde aber solche Ratschläge naiv, betont er.

Eine ordentliche Abwicklung eines Zahlungsverzugs kann niemand in dem heutigen globalen Finanzsystem garantieren. Bank Runs (Ansturm auf Banken), eine Ansteckung auf andere Länder, die Auslösung von Credit Default Swaps, Vulture Funds, die die griechischen Staatspapiere günstig kaufen und dann die volle Rückzahlung verklagen, hitzige politische Schuldzuweisungen innerhalb Europas sind einige der Konsequenzen, die ein Default schnell nach sich ziehen würde. Eine Auflösung der Währungsunion wäre nicht auszuschliessen, beschreibt der Sonderberater des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für die Millenniumsentwicklungsziele.

Ein Default kann in der Tat irgendwann auftreten. Es sollte aber nicht der erste oder frühe Ausweg sein, so Sachs, der selbst dazu beigetragen habe, über eine Reihe von Umschuldungen von Staaten zu verhandeln, von Bolivien bis Polen, über Nigeria und hinaus. Aber Griechenland ist anders. Es ist eine entwickelte Wirtschaft. Das Land wurde nicht in eine Hyperinflation zusammengebrochen. Es ist nicht aus dem Kommunismus entstanden, wie Polen vor zwei Jahrzehnten, legt Sachs dar: „Griechenland hat sich überschuldet und verausgabt und dann wurde es von buchhalterischen Schwindeln und der globalen Finanzkrise von 2008 erwischt. Jetzt muss Griechenland berichtigen, mit Vernunft und Anstand, damit die Wirtschaft nicht getötet wird“, so Sachs.

Die Schätzungen von IWF und der EU basieren auf der Idee, dass Griechenland hohe markt-basierte Zinsen zahlen muss, einschliesslich einer deutlichen Prämie für das Default-Risiko. Das offensichtliche Problem, mit dem Griechenland konfrontiert ist, ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung von Default, argumentiert der Leiter des Earth Institute an der Columbia University. Der bessere Ansatz ist, dafür zu sorgen, dass Griechenland deutlich niedrige Zinsen zahlt, im Einklang mit einem alternativen Szenario, in dem Griechenland tatsächlich in der Lage wäre, seine Schulden zu verwalten, weil der Schuldendienst mässig, schrittweise gesichert und durch erneutes Wirtschaftswachstum möglich ist.

Wenn Griechenland eine jährliche Wachstumsrate von rund 3% wieder erreichen kann, wird es in der Lage sein, seine Schulden zu bedienen und das Verhältnis seiner öffentlichen ausländischen Schulden zum BIP von rund 120% auf rund 70% in einem Zeitraum von 20 Jahren zu reduzieren, während es netto Transfer von Ressourcen an ausländische Gläubiger auf rund 2% des BIP bringen würde, erklärt Sachs.

Griechenland kann wahrscheinlich die Schulden langfristig bedienen, ohne Default, wenn (1) ein niedriger Zinssatz gesichert ist und (2) die Rückzahlungen über 20 Jahre gestreckt werden.

Niedrige Zinsen sollten laut Sachs für den griechischen Schuldendienst durch europaweite Garantien gewährleistet werden.

Ein effektiver Weg, um die schwere politische Belastung einer europäischen Garantie für griechische Schulden anzugehen, ist, dass die EU neue Steuern im Finanzsektor erhebt, vielleicht auf die Bankbilanzen und für Finanztransaktionen, regt Sachs an.

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