Donnerstag, 7. Juli 2011

Community Reinvestment Act ist für die Finanzkrise nicht verantwortlich

„Wenn wir die Chance einer weiteren Finanzkrise minimieren wollen, ist es wichtig, zu verstehen, wie sie passiert ist. Wenn wir die Ursachen missverstehen, werden unsere Versuche, die Probleme im Finanzsektor zu beheben, kaum erfolgreich sein“, bemerkt Mark Thoma in einem lesenswerten Beitrag in CBS MoneyWatch.

Deshalb ist Thoma enttäuscht, dass das neue Buch („Reckless Endangerment“) von Gretschen Morgenson und Josh Rosner Fannie, Freddie und Demokraten für die Finanzkrise verantwortlich zeichnet. Das Buch, das kürzlich von George Will und David Brooks besprochen worden ist, stimmt der konservativen Idee zu, dass die staatlichen Massnahmen, um Wohneigentum für Haushalte mit mittlerem und niedrigem Einkommen zu fördern, das Herzstück der Finanzkrise darstellen.

Der Streit über die Ursache der Finanzkrise stellt sich nach Standard ideologischen Linien. Demokraten argumentieren i.d.R., dass die Krise auf das fehlgeleitete Vertrauen in die Fähigkeit der Märkte, sich selbst zu regulieren, zurückzuführen ist. Nach dieser Auffassung glaubten Ökonomen, Regulierungsbehörden und Politiker auf beiden Seiten des Spektrums, dass grosse Finanzkrise ein Ding der Vergangenheit sind, erklärt Thoma. Dieser falsche Glauben in den Märkten führte zu einer Deregulierung des Finanzsektors.

Die zweite Erklärung ist, die von Befürwortern der freien Märkte präsentiert wird, dass die Beteilung des Staates an den Immobilienmärkten, das Wohneigentum zu fördern, die Probleme am Finanzmarkt verursacht hat. In dieser Geschichte der Krise sind die Community Reinvestment Act (CRA), Fannie, Freddie und die Demoktraten die Schurken, die Wohneigentum für Haushalte mit mittlerem und niedrigem Einkommen gefördert haben, die sie sich nicht leisten könnten. Hätte der Staat sich zurückgezogen und eine laissez-faire Politik betrieben, wäre die Krise nicht geschehen.

In der Realität findet jedoch die zweite Erklärung keine Unterstützung.

(1) Mit Bezug auf die CRA sind die Hauptschuldigen in der Krise die Finanzinstitute des privaten Sektors, die mit CRA nichts zu tun haben. In der Geschichte, die durch die Befürworter des freien Marktes dargestellt werden, hat die CRA die Banken gezwungen, Darlehen an nicht qualifizierte Haushalte mit niedrigem Einkommen zu vergeben.

Aber die grössten Spieler am Subprime-Markt waren Unternehmen des privaten Sektors, die nicht der CRA-Regeln und Regulierung unterliegen. Zum Beispiel fiel nur einer von 25 Top-Subprime-Kreditgebern im Jahre 2006 unter die Vorschriften des Gesetzes für das Wohnungswesen, welches von Konservativen kritisiert wird. Die grössten Verluste hatten mit Banken, die von der CRA erfasst werden, nichts zu tun, erläutert der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor.

(2) Selbst wenn die Banken der CRA unterliegen würden, wären nicht alle Kredite, die sie verliehen haben, von den Bestimmungen betroffen. Auch bei den Banken, die von der CRA erfasst wurden, bildeten die meisten Probleme im Hinblick auf die Kredite nicht den Gegenstand der CRA-Zuständigkeit.

(3) Die CRA besteht seit 1997. Wenn die CRA verantwortlich wäre, warum ist die Krise nicht früher aufgetreten? Das Timing passt einfach nicht zusammen.

(4) Die CRA gilt nur für inländische Unternehmen. Aber es kam in vielen Ländern zur Krise. Wenn die CRA das Problem ist, warum haben Länder, die so was wie CRA nicht haben, ähnliche Probleme erlebt.

(5) Auch wenn die Geschichte keine Gültigkeit hätte, haben beide Parteien eine Gesellschaft der Eigentümer („ownership society“) gefördert, sodass es nicht der Wirklichkeit entspricht, nur die Demokraten dafür zu beschuldigen.
Die Beweise gegen die Behauptung, dass die CRA eine wichtige Rolle in der Finanzkrise gespielt hat, sind ziemlich stark und zwingend.

(a) In den wichtigsten Jahren vor dem Ausbruch der Krise, von 2002 bis Ende 2006, hatten Fannie und Freddie Anteile am Subprime Market verloren, an Unternehmen aus dem privaten Sektor. Wie beispielsweise McClatchy bemerkte, sind mehr als 84% der Subprime-Hypotheken im Jahre 2006 von privaten Kreditinstituten vergeben. Und die privaten Unternehmen haben nahezu 83% des Subprime-Darlehens an Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen ausgemacht. Der Verlust an Marktanteilen kam im Herbst 2006 zum Ende. Dann war die Krise aber bereits in Gang gesetzt.

(b) Einer der Gründe, warum Fannie und Freddie Marktanteile verloren haben, ist, dass die beiden Agenturen mehr Einschränkungen gegenübersahen in ihren Aktivitäten als die Unternehmen im nicht regulierten Privatsektor. Fannie und Freddie haben vielleicht Wege gefunden, um die Einschränkungen zu umgehen, um weitere Verluste an Marktanteilen im Herbst 2006 zu verhindern. Aber die Restriktionen waren vor dieser Zeit wirksam. Hätte die Regulierung für die Unternehmen im Schatten Bankensystem Gültigkeit gehabt, wären die Dinge ganz alles verlaufen.

(c) Die Zielvorgaben für das Wohneigentum, die angeblich Fannie und Freddie aggressiv zum Einstieg in den Subprime-Markt veranlasst haben, waren im Jahr 1992 eingestellt worden, erklärt Thoma. Wären diese Zielvorgaben das Problem, warum ist die Krise nicht früher aufgetreten?

(d) Hätte es Fannie und Freddie nie gegeben, wäre die Verbriefung sehr wahrscheinlich ohnehin passiert. Wie Barry Ritholtz bemerkt, wäre die Verbriefung von Kreditkartenforderungen, Autokrediten, Kleinunternehmen, Darlehen usw. auch ohne GSEs erfolgt.

Fazit: Die Behauptung, dass die CRA, Fannie und Freddie die Haupakteure in der Finanzkrise darstellen, steht im Widerspruch zu den Beweisen.

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