Montag, 18. Juli 2011

Italien versus Japan (Teil II)

Es war eine Frage, die Paul Krugman unlängst in seinem Blog aufgeworfen hat, ohne allerdings nach eigenen Angaben die ganze Antwort darauf zu liefern: Warum sind die Renditen der Staatsanleihen in Japan trotz hoher Verschuldung wesentlich tiefer als die der italienischen Staatsanleihen?

Noah hebt in seinem Blog dazu die folgenden drei Punkte hervor: (1) finanzielle Repression, (2) home bias*, und (3) dysfunktionale Aktienmärkte.

Das japanische Finanzsystem ist wie viele Finanzsysteme in Asien von grossen Banken dominiert. Das japanische Finanzministerium (MOF) setzt die Banken unter Druck, viele viele Staatspapiere (JGB) zu kaufen, um das hohe Defizit zu decken, erklärt Noah.

Das ist die gleiche Art von finanzieller Repression, wovon Michael Pettis in Bezug auf China spricht. Ultra-niedrige Zinsen auf Ersparnisse wirken wie „Stealth-Steuer“ ("heimliche Steuern") auf private Haushalte. In China helfen diese Stealth-Steuern offenbar zur Tilgung der faulen Kredite (non-performing loans) bei grossen Banken. In Japan tragen sie dazu bei, die Staatsausaben zu finanzieren.

Natürlich kann die chinesische Regierung die Erträge auf die Ersparnisse bestimmen, weil es in China Kapitalverkehrskontrollen gibt, in Japan hingegen nicht. Warum werden aber die privaten Haushalte (Pensionsfonds, und andere grosse Abnehmer der JGB) in Japan nicht abtrünnig und kaufen ausländische Vermögenswerte? Anscheinend hat es mit home bias zu tun. Japanische Investoren befürchten Wechselkursrisiko.

Wie sieht es mit dem japanischen Aktienmarkt aus? Die Erfahrung seit der Blase und dem Crash in den 1980er Jahren haben viele japanische Investoren davon überzeugt, dass die Aktien auf lange Sicht nach unten gehen, nicht nach oben. Die Vorherrschaft der Überkreuz-Beteiligungen (cross-shareholdings)  und der Insider Firmenvorstände lassen die japanischen Aktienmärkte in den Augen von Noah institutionell dysfunktional erscheinen.

Peter Dorman begründet in seinem Blog EconoSpeak den Unterschied zwischen den Renditen in Japan und Italien mit dem Hinweis auf die Leistungsbilanz.

Italien hat ein Defizit, Japan hingegen einen Überschuss. Um die makroökonomische Gleichung zu zitieren: Die Leistungsbilanz ist die Summe der privaten und öffentlichen Netto- Ersparnissen.


Leistungsbilanz im Vergleich: Italien (die blaue Kurve) und Japan (die rote Kurve), Graph: Peter Dorman in EconoSpeak

Japan ist ein Land, indem netto gespart wird. Die Ersparnisse der privaten Haushalte und der Unternehmen übersteigen die Kreditaufnahme der öffentlichen Hand. Solange die japanischen Sparer und Finanzinstitute gewillt sind, JGB aufzustocken, werden die Zinsen niedrig verlaufen. Diese Bereitschaft resultiert nicht nur aus der Stimmung am Finanzmarkt, sondern auch aus institutionellen Verbindungen zwischen den privaten und öffentlich-rechtlichen Institutionen, welche auf einer tiefen Ebene vermischt sind, erklärt Dorman.

Exkurs *:

Home Bias bezeichnet die Tendenz der Anleger, trotz der angeblichen Vorteile der Diversifikation in ausländische Wertpapiere grosse Mengen in inländische Wertpapiere zu investieren. Die Voreingenommenheit (bias) gilt als Folge von zusätzlichen Schwierigkeiten, die mit Investitionen in ausländische Wertpapiere verbunden sind, wie beispielsweise gesetzliche Einschränkungen und zusätzliche Transaktionskosten.

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