Montag, 11. Juli 2011

US-Wirtschaftspolitik im Banne von faulen Ausreden

Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten kommt seit 1 ½ Jahren kaum vom Fleck. Doch hat eine zerstörerische Passivität den politischen Diskurs überholt. Schalten Sie den TV ein. Sie werden einige selbstzufriedene Experte sehen, die erklären, dass über die Probleme der Wirtschaft kurzfristig nichts getan werden kann. Wir sollen uns stattdessen auf die lange Sicht konzentrieren, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne („No, We Can’t? Or Won’t”) in NYT.

Das macht die Dinge genau falsch. Unser Versäumnis, Arbeitsplätze zu schaffen, ist eine Wahl, nicht eine Notwendigkeit: Eine Wahl, die von einem ständig wechselnden Set von Ausreden rationalisiert wird, argumentiert der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Ausrede Nr. 1: Gleich um die Ecke gibt es einen Regenbogen im Himmel.

Erinnern Sie sich an „green shoots“? Denken sie an die „summer of recovery“. Die politische Entscheidungsträger erklären ununterbrochen, dass die Wirtschaft sich auf dem Weg der Besserung befindet. Die Täuschungen über die Erholung dienen dazu, gegen die Jobs-Krise, die eitert, nichts zu unternehmen.

Ausrede Nr. 2: Fürchte den Anleihemarkt.

Vor zwei Jahren hat das Wall Street Journal erklärt, dass die Zinsen in den USA bald durch die Decke schiessen werden, wenn Washington nicht versucht, den Konjuktureinbruch zu bekämpfen. Seitdem werden Warnungen davor, dass die Bond Vigilantes kurz vor einem Angriff stehen, dafür verwendet, alle Ausgaben für die Schaffung von Arbeitsplätzen, abzuwehren.
Aber die Grundlagen der Volkswirtschaftslehre besagen, dass die Zinsen niedrig bleiben würden, solange die Wirtschaft depressiv  ist. Und die Grundlagen der VWL hatten Recht.

Ausrede Nr. 3: Die Arbeitnehmer sind selbst schuld.

Die Arbeitslosigkeit ist in der Finanzkrise und in den Folgen stark angestiegen. So scheint es bizarr, zu argumentieren, dass das eigentliche Problem an den Arbeitnehmern liegt. Dass den Millionen von Amerikanern, die vor 4 Jahren eine Arbeit hatten, nun irgendwie die Fähigkeit fehlt, die die Wirtschaft braucht, und die Arbeitslosigkeit „strukturell“ ist, wie sie behaupten, und langfristige Lösungen verlangen, bedeutet in der Praxis nichts anders als „nichts unternehmen“.

Wenn es aber tatsächlich ein mismatch (Missverhältnis) geben sollte, müssten die Arbeitnehmer, die über die benötigten Fertigkeiten verfügen, höhere Löhne bekommen. Das ist aber nicht der Fall, hält Krugman fest.

Ausrede Nr. 4: Wir haben versucht, die Wirtschaft anzukurbeln. Aber es hat nicht funktioniert.

Jeder weiss, dass Präsident Obama versucht hat, die Wirtschaft zu stimulieren, mit einem enormen Anstieg der Staatsausgaben, und es hat nicht funktioniert. Aber was jeder weiss, ist falsch.

Denken Sie darüber nach. Wo sind die grossen öffentlichen Bauvorhaben? Wo sind die Armeen der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst? Es gibt heute tatsächlich eine halbe Million weniger staatliche Mitarbeiter als Obama sein Amt antrat. Das war nicht die Art von Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen, welches wir hätten haben können und sollen, legt Krugman dar.
Es ist auch erwähnenswert, dass in einem anderen Bereich, wo der Staat einen grossen Unterschied hätte machen können, nichts getan wurde: Hilfe für gebeutelte Hausbesitzer.

Hört man vermeintlich seriösen Menschen zu, die über die Wirtschaft reden, müsste man denken, dass das Problem „Nein, wir können es nicht“ ist. Die Realität ist aber: „Nein, wir werden es nicht“. Und jeder Experte, der die destruktive Passivität verstärkt, ist ein Teil des Problems, fasst Krugman zusammen.

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