Donnerstag, 21. April 2022

Wachstumsrisiken versus Inflationsrisiken

Ziel einer strafferen Geldpolitik (tighter monetary policy) ist es, die Nachfrage, insbesondere nach kreditsensiblen Gütern wie Häusern und Autos, zu bremsen und damit den Preisdruck zu verringern.

Der Anstieg der realen Renditen zeigt auch, wie sehr die Fed in der Lage war, die finanziellen Bedingungen im Laufe der Zeit zu straffen.

Lael Brainard, eine Fed Gouverneurin, hat letzte Woche festgehalten, dass die «Ankündigung unserer geldpolitischen Pläne in den letzten vier bis fünf Monaten bereits zu einer Straffung der allgemeinen finanziellen Bedingungen geführt hat, und zwar wesentlich mehr, als man allein anhand des Leitzinses erkennen kann».



Die Realrenditen der US-Staatsanleihen (UST) mit 5, 10 und 30 Jahren Laufzeit, Graph: FT, April 19, 2022 

Freitag, 15. April 2022

Wie sollten wir auf die Inflation reagieren?

Dividenden sind nicht nur eine nette Dreingabe, sondern ein wesentlicher Bestandteil der Aktienmarktrendite, die seit 1930 etwa 40% der gesamten Aktienmarktrendite ausmacht.

Das folgende Schaubild zeigt, dass zum allerersten Mal seit sechs Jahrzehnten die kombinierten Vermögensrenditen (weiße Linie: Aktien + 10-jährige UST-Rendite) unter der Inflationsrate (blaue Linie) liegen.

Das ist äusserst ungewöhnlich und v.a. für viele Investoren ein Schock. 

Denn seit 1957 sind die Dividenden um durchschnittlich 5,7% pro Jahr gestiegen - mehr als 2% über der Inflationsrate, wie von WisdomTree Investments in der nachstehenden Grafik dargestellt wird.



S&P 500 Index Dividenden-Rendite + 10y UST Rendite < US Inflation, Graph: Bloomberg TV, Apr 13, 2022

Donnerstag, 14. April 2022

The Resilient Society

Buchbesprechung

Markus K. Brunnermeier: The Resilient Society, Endeavor Literary Press, September 2021, Colorado.


Die COVID19-Rezession war die schwerste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg. Im März 2020 befürchteten einige Beobachter, dass wir eine mit der Großen Depression von 1920 vergleichbare Krise erleben würden.

Die Pandemie ging in der Tat mit unvorhersehbaren Schocks und Verwerfungen einher. Auch die Finanzkrise von 2008 (GFC) hatte enorme gesamtwirtschaftliche Auswirkungen.

Die angedeuteten Reformen zur Förderung von Stabilität, sozialer Eingliederung und Nachhaltigkeit wurden nicht umgesetzt. Die globale Wirtschaftslage, die von Ungleichheit, Volatilität und Klimazusammenbruch geprägt ist, ist nach wie vor dysfunktional. 

Jetzt bieten uns die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie eine zweite Chance.

Es ist zwar ein offenes Geheimnis, dass moderne Gesellschaften in Folge des technischen Fortschritts zunehmend Risiken erzeugen, wie z.B. Umweltverschmutzung, Erderwärmung, industrielle Gefahren usw. 

Aber die wirtschaftliche Fragilität war im Zuge der Corona-Pandemie so gravierend, dass unser gedankliches Bewusstsein in Sachen Risikobewältigung einschneidend wachgerüttelt wurde.

Samstag, 9. April 2022

Inflation ist nicht die Hauptsorge der EZB

Ökonomen von Goldman Sachs gehen davon aus, dass die Reallöhne in der Eurozone im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 6% fallen.

Die Schätzung basiert auf einer Inflationsprognose von 7%.

Doch das Nominallohn-Wachstum von 2,5% ist auch nicht das Gelbe vom Ei.

Dass die starke Konsumzurückhaltung in der Eurozone mit den stagnierenden Löhnen, die ja im Wesentlichen aus der merkantilistischen (*) Wirtschaftspolitik der EU herrührt, zu tun hat, pfeifen die Spatzen von den Dächern.



Wenn sich keine "Lohn-Preis-Spirale" abzeichnet, sollte die EZB über Wachstumsschwäche und die Unterbeschäftigung (underemployment) besorgt sein, Graph: FuW, Apr 07, 2022 

Donnerstag, 7. April 2022

QT Auswirkungen: mengenmässige Straffung der Geldpolitik

Vor einigen Jahren war der Begriff QE (quantitative easing; "mengenmässige Lockerung") in Diskussionen über die US-Notenbank (Fed) und die Geldpolitik alltäglich. 

In jüngerer Zeit ist QT (quantitative tightening, mengenmässige Straffung) in aller Munde.

Was bedeuten quantitative Lockerung (QE) und Straffung (QT)?

Mengenmässige Lockerung der Geldpolitik oder QE bezieht sich auf Maßnahmen, die den Umfang der Fed-Bilanz erheblich erweitern. 

Mengenmässige Straffung, oder QT, bezieht sich auf das Gegenteil - Maßnahmen, die den Umfang der Fed-Bilanz verringern.

Wenn QE dazu dienen sollte, die finanziellen Bedingungen zu erleichtern und die Wirtschaft anzukurbeln, bewirkt QT dann das Gegenteil?



US-Inflationserwartungen gemessen von US-Breakeven Sätzen, Graph: Bloomberg TV, Apr 05, 2022

Montag, 4. April 2022

COVID-19 Schock als Angebotsschock

Die US-Notenbank (Fed) hat vor rund zwei Wochen ihren Leitzins (Fed Funds Rate) um 0,25% erhöht. Es ist die erste Zinserhöhung seit Ende 2018. 

Der geldpolitische Schlüsselsatz liegt damit in einer Spanne von 0,25% bis 0,50%.

Doch die Frage ist erlaubt: Ist nach der Zinserhöhung vor der Zinserhöhung?

Die Koryphäen scheinen irgendwie auf den Wiederholungs-Effekt zu setzen.

Sie brüllen via Business TVs und Social Media weiter laut:


Die Zinssätze sind zu niedrig. 


Die Fed liegt hinter der Kurve zurück. 


Wir werden alle ins Gras beissen. 


Hoppla, wenn wir einen Blick auf die Gewinnspannen (profit margins) von Unternehmen werfen, halten wir fest:

2021 war das beste Jahr für Unternehmensgewinne seit 1950: +35%. Und die Gesamtgewinnspanne (profit margin) bleibt über 13%.

Alles halb so schlimm?



S&P 500 profit margins, Graph: JPMorgan, Apr 01, 2022

Sonntag, 3. April 2022

Aktienmärkte und Wirtschaft

Angesichts der Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Konflikt, der hohen Inflation und der Frage, ob die Wirtschaft in der Lage ist, die Straffung der Geldpolitik der Fed zu bewerkstelligen, sind die wirtschaftlichen Aussichten kurzfristig trüb.

Die Performance der US-Aktien gemessen am S&P 500 Index beträgt im ersten Quartal 2022 minus 4,9%. Und der Technologie-geprägte Nasdaq Index hat im selben Zeitraum 9,1% an Wert verloren.

Wir wissen aus Erfahrung, dass der Aktienmarkt nicht die Wirtschaft ist. Das war sie nie. Eine neue Studie (h/t to Paul Krugman) besagt, 


Die börsennotierten Unternehmen tragen heute insgesamt weniger zur Gesamtbeschäftigung außerhalb der Landwirtschaft und zum BIP bei als in den 1970er Jahren. 

Ein Hauptgrund für diese Entwicklung ist der Rückgang des verarbeitenden Gewerbes und das Wachstum der Dienstleistungswirtschaft, da Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten, seltener an der Börse notiert sind. 

Die Börsenkapitalisierung eines Unternehmens ist heute viel weniger aufschlussreich für die Beschäftigung als in früheren Jahren. Auf börsennotierte Börsen-Superstars entfällt weniger Beschäftigung als noch in den 1970er Jahren. 

Die Börsenkapitalisierung hat nicht systematisch an Aussagekraft über den Beitrag der Unternehmen zum BIP verloren.


Es ist vor diesem Hintergrund kein Wunder, dass die Anleger nervös auf nach einem Schlüsselindikator für einen möglichen Abschwung des Marktes Ausschau halten: Zinsstruktur-Kurve (yield curve).



2021 war das beste Jahr für US-Unternehmensgewinne (+35%) seit 1950 - Die Gesamtgewinnspanne (profit margin) blieb über 13%, Graph: Bloomberg, Apr 01, 2022