Montag, 30. Juni 2014

Scharlatane, Sonderlinge und Magie der Steuersenkungen

Kansas hat sich vor zwei Jahren fiskalpolitisch auf ein bemerkenswertes Experiment eingelassen, beschreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Charlatans, Cranks and Kansas“) am Montag in NYTimes: Ertragsteuer wurden stark gekürzt, ohne klare Vorstellung davon, wie die entgangenen Einnahmen ersetzt würden.

Sam Brownback, der Gouverneur hat das Gesetz (prozentual die grösste Steuersenkung in einem Jahr, die ein Bundesstaat jemals in Kraft gesetzt hat) in enger Absprache mit dem Ökonomen Arthur Laffer verabschiedet. Und Brownback hat vorausgesagt, dass die Kürzungen dem konjunkturellen Aufschwung der Wirtschaft Starthilfe geben würden.

Kansas‘ Wirtschaft boomt aber nicht. In der Tat hinkt seine Wirtschaft den benachbarten Bundesstaaten und Amerika als Ganzes nach. In der Zwischenzeit ist der Haushalt von Kansas tief ins Defizit gestürzt, was wegen der Verschuldung eine Herabstufung durch Moody’s provoziert, argumentiert Krugman.

Es gibt hier eine wichtige Lektion, so der am Graduierten Zentrum der City University of New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofessor. Nicht, was Sie denken. Ja, Kansas‘ Debakel zeigt, dass Steuersenkungen keine magischen Kräfte entfalten. Aber das wussten wir ja bereits. Die wirkliche Lektion von Kansas ist die unsterbliche Kraft von schlechten Ideen, solange diese Ideen die Interessen von richtigen Leuten vertreten.

Sonntag, 29. Juni 2014

Europas wahnsinniges Projekt: Austerität

Die EU-Bürokraten, die die Unterschrift unter dem Stabilitäts- und Wachstumspakt tragen, behaupten bekanntlich, dass die Staatsausgaben (austerity) gekürzt werden müssen, um die EU aus der Krise zu führen, weil es keine andere Möglichkeit gibt.

Begründung: Die Krise ist durch unverantwortliche Haushaltsführung (*) zustande gekommen. Die Antwort darauf sei Haushaltskonsolidierung (fiscal consolidation)

Steve Keen hält entgegen. Der an der University of Western, Sydney lehrende Wirtschaftsprofessor vertritt in einem lesenswerten Artikel („Why Europe’s austerity experiment is doomed to fail“) die Ansicht, dass es v.a. auf die private Verschuldung ankommt.

Es sei die Dynamik der Verschuldung des Privatsektors, die die Volkswirtschaft treibt. Die öffentliche Austeritätspolitik hingegen sei zum Scheitern verurteilt, weil die harschen Sparmassnahmen den Privatsektor zum anhaltenden Schuldenabbau (deleveraging) zwingen.

Das von der EU auferlegte Sparprogramm sei dafür verantwortlich, warum Griechenland und Spanien heute eine Great Depression erleben. Es sei ein klassisches Eigentor der von der Mainstream-Ökonomie besessenen Bürokraten in Brüssel, so der australische Experte für die Debt-Deflation-Problematik.

Fazit: Sparen die privaten Haushalte, steigt die Schuldenquote. Die Wirtschaft schrumpft mehr das Haushaltsdefizit.


Staatsverschuldung (im Verhältnis zum Volkseinkommen) der USA und Griechenland im Vergleich, Graph: Prof. Steve Keen

Extreme Vermögen und Einkommen im Kapitalismus

Eine heimtückische Tendenz hat sich im diesem letzten Drittel eines Jahrhunderts entwickelt, schreibt Joseph Stiglitz in einem lesenswerten Artikel („inequality is not inevitable“) in NYTimes.

Ein Land, das nach dem Zweiten Weltkrieg ein gemeinsam errungenes Wachstum zustande brachte, begann, auseinanderzufallen, sodass man, als die Great Recession Ende 2007 ausbrach, die Risse um die amerikanischen Wirtschaftslandschaft nicht mehr hat ignorieren können.

Wie konnte die „leuchtende Stadt auf einem Hügel“ („shining city on a hill“) zum fortgeschrittenen Land mit dem grössten Niveau an Ungleichheit werden?

Ungestüme Extreme von Vermögen und Einkommen sind dem Kapitalismus angeboren wie die ausserordentliche Diskussion um das wichtige Buch („Capital“) von Thomas Piketty in Gang gesetzt hat, legt Stiglitz dar.

In diesem System sollten wir die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg (der Zeitraum rapide fallender Ungleichheit) als einmaligen Ausrutscher sehen, unterstreicht der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor weiter.

Fed’s neues Rätsel? Gibt es Inflation ohne Lohnwachstum?

Ben Bernanke hatte 2005 in einem viel zitierten Vortrag die globale Ersparnisschwemme (global saving glut) als Ursache der weltweiten Handelsungleichgewichte bezeichnet.

Fazit: Die Niedrigzinsen gelten als Krisensymtom, nicht als Ausschlag der Finanzkrise.

Auch Janet Yellen scheint ihr „Rätsel“ (conundrum) zu haben: „Schwaches Lohnwachstum und steigende Preise“, schreibt Vincent Reinhart von Morgan Stanley in einer kürzlich vorgelegten Studie.

Das reale Lohnwachstum in den USA war bisher in der Tat enttäuschend. Die Löhne sind in der Rezession und während der Finanzkrise durchgehend gefallen. Das durchschnittliche Einkommen der privaten Arbeitnehmer verläuft seit Anfang 2012 zwischen 1,5% und 2,25%, bemerkt Reinhart weiter. Aufgrund der stagnierenden Entwicklung der Inflation mögen reale Verdienste im Laufe der Zeit dennoch „selbstverbessert“ erscheinen.



Der durchschnittliche Wochenverdienst in den USA, Graph: Vincent Reinhart, Morgan Stanley

Freitag, 27. Juni 2014

Euro Ertragskurve

Was die Ertragskurve von allen anderen Wirtschaftsindikatoren unterscheidet, ist, dass sie nicht von einer (staatlichen) Behörde erstellt wird.

Die Form der Ertragskurve stammt direkt aus den Finanzmärkten, die die Wahrnehmung und Erwartungen der Investoren über die mögliche Entwicklung der Zinsen im Euro-Raum widerspiegeln.

Die Ertragskurve für den Euro deutet heute aufgrund der gegenwärtigen Politik der EZB auf negative Realrenditen für die Gemeinschaftswährung in den nächsten sechs Jahren hin.

Noch im Januar betrug der entsprechende Wert drei Jahre.
 


Euro Ertragskurve, Graph: Morgan Stanley

Donnerstag, 26. Juni 2014

Bitte sprechen Sie nach: Banken leihen keine Reserven aus

Die Notenbankgeldmenge (monetary base) in den USA ist seit 2008 im Sog der mengenmässigen Geldpolitik (QE: quantitative easing) der Fed massiv gestiegen. Es mag überraschen, dass die Inflation im gleichen Zeitraum deutlich unter dem Zielwert (2%) der US-Notenbank verlaufen ist wie in der Abbildung auf Seite 2 zu sehen ist.

Warum? Die Notenbankgeldmenge (Geldbasis) besteht aus Giroguthaben der Banken bei der Fed und dem Notenumlauf. Vereinfacht ausgedrückt betreffen die Noten im Umlauf den privaten Sektor. Und die Reserven gehören Banken, die bei der Fed geparkt werden.

Vor diesem Hintergrund deutet David Andolfatto in seinem Blog auf eine aktuelle Studie über die Bankreserven hin. Die Grundaussage der Analyse lautet: Die Banken verleihen keine Reserven.

Warum die Inflation nicht angestiegen ist, hat damit zu tun, dass die Banken die von der Fed in den Markt gepumpte Liquidität als Reserven halten. Das heisst, dass sie die Überschussreserven statt als Kredit zu vergeben, bei der Fed zu einem Zinssatz von 0,25% hinterlassen.

Der Notenumlauf ist zwar auch gestiegen, aber nur bescheiden und mit einem stetigen Tempo. Für den Anstieg der Notenbankgeldmenge ist also im Wesentlichen die Reserven der Banken bei der Fed verantwortlich.



Notenbankgeldmenge (monetary base, Geldbasis), Graph: FRED Fed St. Louis

Dienstag, 24. Juni 2014

Einkommen aus Vermögen und Vermögenskonzentration

Greg Mankiw kann Thomas Pikettys Schlüsse über die Entwicklung der Vermögens- und Einkommensverteilung in den USA nicht nachvollziehen.

Der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor verteidigt stattdessen in einem umstrittenen Artikel („How inherited wealth helps the economy“)  in NYTimes das geerbte Vermögen.

Mankiw vertritt die Meinung, dass die Akkumulation von dynastischem Reichtum für alle gut sei, weil der Kapitalstock dadurch erhöht werde und über trickle-down Effekt auch Arbeitnehmer in Form von hohen Löhnen davon profitieren.

Ist das ein gutes Argument? Nein, schreibt Paul Krugman in seinem Blog dazu.

Worum es geht, ist die Besteuerung von Vermögen. Und die Frage ist laut Krugman, was mit diesen Steuereinnahmen passiert, im Vergleich dazu, wenn die Reichen das Geld behalten würden?

Wenn der Staat die zusätzlichen Einnahmen dazu verwendet, um Haushaltsdefizite zu reduzieren, dann wird alles davon gespart, im Gegensatz zu nur einem Teil davon, wenn das Geld an die Erben weiter gegeben würde.

Wenn der Staat die Steuereinnahmen daraus für die Finanzierung der Sozialversicherung oder die Bereitstellung von öffentlichen Gütern verwenden würde, würden die Arbeitnehmer viel mehr davon profitieren als im Fall von trickle-down Effekt, hebt Krugman hervor.

Montag, 23. Juni 2014

Inflation-Hysterie grassiert wieder

Lauert die Inflation um die Ecke? Nachdem jüngsten moderaten Anstieg der Kerninflation in den USA sind einige Inflationsfalken wieder völlig aus dem Häuschen.

Tim Duy nennt es in seinem Blog Inflationshysterie, die in Wall Street herum greift. Die üblichen Verdäctigen malen sofort den Teufel an die Wand. Die Forderung lautet: Die Fed soll den geldpolitischen Kurs straffen. Die Zinsen müssen hoch.

Yanet Yellen blickt auf die Löhne, die sich nicht rühren und einfach festsitzen, ergänzt Paul Krugman in seinem Blog.

Krugman erinnert an Grossbritannien: Als die Inflation 2011eine stärker ausgeprägte Ausbuchtung als heute in den USA zeigte, verzichtete die britische Notenbank (BoE: Bank of England) darauf, die Zinsen zu erhöhen. Begründung: Die Löhne sind nicht gestiegen.



Allgemeine Inflation und Kerninflation in Grossbritannien, Graph: Prof. Paul Krugman

Der historische Tiefpunkt des Monetarismus

Die Anhänger des Monetarismus sind im Sog der Finanzkrise von 2008 zum Teil so verzweifelt, dass sie nicht nur die Ansicht vertreten, dass die Euro-Zone nicht in einer Deflation ist, sondern darüber hinaus behaupten, dass Deflation in Teilen Europas nicht schädlich sei.

Es war die Geldmenge M3, die die Verfechter der klassischen Lehre bei jeder Gelegenheit heranzogen, Inflation und Deflation zu erklären.

Mittlerweile nähert sich die Wachstumsrate der Geldmenge M3 (Geldmenge M2 + Termineinlagen) einem historischen Tiefpunkt.

Genau so ist auch der Monetarismus auf dem Tiefpunkt angelangt. Es gibt kaum eine Korrelation zwischen M3-Wachstum  und Inflation. Die Inflation wird in einer Volkswirtschaft nicht durch die Geldmenge, sondern durch die Nachfrage angetrieben.




Geldmenge M3 im Euro-Raum, Graph: ECB, Monthly Report, June 2014

Sonntag, 22. Juni 2014

Will Janet Yellen eine höhere Inflationserwartung begünstigen?

Das Gebot der Stunde in letzter Zeit lautet für viele Experten, ob die Fed sechs Jahre nach dem Ausbruch der Krise mittlerweile bereit ist, die Ära der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) allmählich zu beenden.

Kann die Wirtschaft ohne Stimulus durch die US-Notenbank weiter wachsen oder nicht? Oder soll die Fed die Märkte weiter mit Liquidität (cheap money) versorgen?

Es kommt daher sehr darauf an, was Janet Yellen, die vor rund einem halben Jahr das Amt übernommen hat, als Fed-Chefin sagt, oder vielleicht nicht sagt. Yellen hat zwar seither viel gesagt, aber nichts Neues an Informationen geliefert. Die neue Vorsitzende der US-Notenbank macht aber auch keine Anstalten, in absehbarer Zeit auf die lockere Geldpolitik zu verzichten.

Auf der Pressekonferenz nach der FOMC-Sitzung am Mittwoch wurde die Frage gestellt, ob sie besorgt sei, dass die Inflation sich nun in Richtung Zielwert bewege. Yellen hat daraufhin den Anstieg der US-Verbraucherpreis als „noise“ bezeichnet.

Die Fed erwartet für 2014 eine Inflationsrate zwischen 1,5% und 1,7%, was nahe legt, dass die jüngsten Inflationssignale als „Ausrutscher“ oder „einmalige Angelegenheit“ (eben „noise“) angesehen werden und die Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses ihre Inflationserwartungen deshalb nicht revidieren.

Yellen hat ausserdem hinzugefügt, dass sie kein trade-off zwischen den Zielsetzungen „Preisstabilität“ und „Vollbeschäftigung“ sehe. Beide erfordern dieselbe Massnahme: nämlich eine höchst akkommodierende Geldpolitik.



Kern PCE Preisindex, Graph: Morgan Stanley

Samstag, 21. Juni 2014

Austeritätspolitik und Hysterese-Effekt

Larry Ball befasst sich in einer Studie („Long-term damage from the Great Recession in OECD countries“) mit dem Hysterese-Effekt der Finanzkrise.

Der an der Johns Hopkins University, Baltimore lehrende Wirtschaftsprofessor untersucht m.a.W. die langfristigen Schäden der globalen Rezession von 2008-2009 auf die Produktionskapazität (potential output) in 23 ausgewählten OECD-Ländern.

Seine Berechnungen beruhen auf dem Vergleich der Schätzung des Trendwachstums (durch die OECD und den IMF) und dem Wachstumsfad der Produktion nach 2007.

Die Verluste des Potenzialwachstums zeigen Werte von wie nichts für die Schweiz und Österreich und mehr als 30% für Griechenland, Ungarn und Irland. Der Verlust der Produktionskapazität im Jahr 2015 liegt im Durchschnitt um 8,2% niedriger als in der Vorkrisenzeit.

Viele Länder erleiden nun einen starken Hysterese-Effekt, unterstreicht Ball: Die Abweichungen der gegenwärtigen Produktionskapazität von der vor der Krise haben die Produktionskapazität fast eins-zu-eins reduziert. 

In den von der Krise am stärksten betroffenen Volkswirtschaften ist die Wachstumsrate möglicherweise völlig niedergeschlagen, was darauf hindeutet, dass der Verlust der Produktionskapazität im Laufe der Zeit zunimmt.




Verluste der Produktionskapazität im Jahr 2015, Graph: Prof. Laurence M. Ball, in: „Long-term damage from the Great Recession in OECD countries“, NBER Working Paper 20185

FDIC schliesst zwei kleine Banken in Florida

Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag zwei kleine Banken in Illinois und Florida geschlossen.

Damit sind in diesem Jahr 11 Banken verstaatlicht worden, nachdem im Vorjahr insgesamt 24 Banken gescheitert waren.

Die Zahl der Bankschliessungen markiert 2013 einen deutlichen Rückgang aus den beiden Vorjahren. Dennoch ist die Zahl ungewöhnlich hoch, da in einer wachsenden Wirtschaft jährlich i.d.R. nur vier oder fünf Banken im Durchschnitt geschlossen werden.

Die gestern verstaatlichten Banken verfügen über ein Anlagevermögen (assets) von insgesamt 538,2 Mio. $ und Einlagen (deposits) von 426,5 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen Banken betragen für die öffentliche Hand  schätzungsweise 59,1 Mio. $.

Bankpleiten:

2014: 11
2013: 24
2012: 51
2011: 92
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Freitag, 20. Juni 2014

Schweizer Franken und strukturelle Veränderungen an den Devisenmärkten

Der Schweizer Franken (CHF) hat sich gegenüber dem EUR und dem USD seit Jahresbeginn seitwärts bewegt. Handelsgewichtet ist der CHF im Vergleich zu Januar derzeit nahezu unverändert, unterstrich Fritz Zurbrügg im Mediengespräch am 19. Juni in Bern.

Da die Schweizer Nationalbank (SNB) die Geld- und Währungspolitik an den Geld- und Devisenmärkten umsetzt, sind strukturelle Veränderungen an den Märkten von besonderer Bedeutung für sie.

Die SNB deutet vor diesem Hintergrund auf einen deutlichen Umsatzrückgang am primären Interbankenmarkt hin. Der Umsatz ist laut SNB zwischen 2010 und 2013 insgesamt um fast 40% gefallen.


Rückgang der Umsätze für die EUR/CHF und USD/CHF-Währungspaare, Graph: Fritz Zurbrügg, SNB, June 19, 2014

Donnerstag, 19. Juni 2014

Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttungen auf Rekordhoch

In den USA sind die Aktienrückkäufe und die Dividendenauszahlungen im ersten Quartal 2014 auf einen Rekordwert geklettert.

Die vom S&P 500 Index erfassten Unternehmen, angeführt von Apple, IBM, ExxonMobile und FedEx haben von Januar bis Ende März dieses Jahres 241 Mrd. USD für den Rückkauf von eigenen Aktien und Dividenden gezahlt, wie die FT aus London in der heutigen Ausgabe mitteilt.

Damit ist der vorherige Rekord von 233 Mrd. USD im dritten Quartal 2007 übertroffen worden.

Die Unternehmen schwimmen in Cash. Die Zinsen sind ausserordentlich niedrig. Aber die sog. Activist Investoren verlangen, dass die Unternehmen den "Shareholder Value" erhöhen.

Durch den Rückkauf der Aktien reduziert sich die Anzahl der ausstehenden Aktien im Umlauf, sodass das Unternehmen pro Aktie einen höheren Gewinn (EPS) aufweisen können.




Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttungen sind in den USA im ersten Quartal 2014 auf einen Rekordwert gestiegen, Graph: Financial Times

Wie die BoJ-Bilanz sich ausdehnt

Die japanische Notenbank (BoJ: Bank of Japan) hat über die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) so viel Staatsanleihen (JGB: Japanese Government Bonds) gekauft, dass sie mittlerweile zum ersten Mal zum grössten Besitzer der Staatspapiere aufgestiegen ist.

Die BoJ verfügt nun über 20,1% aller ausstehenden Staatsanleihen Japans, wie die ZKB heute unterstreicht. Die Bestände der Notenbank belaufen sich auf 201 Billionen Yen, d.h. rund 1,45 Billionen Euro.




Bank of Japan (BoJ) - Bilanz der japanischen Notenbank, Graph: ZKB in DMO, June 19, 2014

Mittwoch, 18. Juni 2014

Steht der Euro-Raum vor einer triple-dip Rezession?

Unter Rezession versteht man im Allgemeinen ein Minus-Wachstum von zwei Quartalen in Folge.

Dem einfachsten Konjunkturzyklus-Algorithmus nach ist die Rezession daher nach zwei aufeinander folgenden Quartalen mit positivem BIP-Wachstum technisch beendet. Daran gemessen ist die Rezession in der Eurozone seit dem ersten Quartal 2013 vorüber.

In Amerika ist es das NBER, das National Bureau of Economic Research, das den Beginn und das Ende von Rezession offiziell erklärt und aufgrund der im voraus bestimmten Kriterien begründet.

In Europa ist es die Aufgabe von CEPR, Centre for Economic Policy Research, die Rezession zu definieren. Der CEPR-Ausschuss hat sich am 11. Juni 2014 zusammengetroffen, um darüber zu befinden, ob die Eurozone aus der Rezession ist oder nicht, die im dritten Quartal 2011 begonnen hat.

Die Ausschuss-Mitglieder, die sich mit den Hochs und Tiefs des europäischen Konjunkturzykluses befassen, teilen nun in einem Artikel mit, dass es angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums und der nachteiligen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt noch zu früh ist, das Ende der Rezession in Europa zu erklären.



BIP Eurozone vom ersten Quartal 1995 bis zum ersten Quartal 2014, Graph: CEPR

Dienstag, 17. Juni 2014

Euro-Raum steckt in Bilanz-Rezession fest

Der europäische Privatsektor ist immer noch damit beschäftigt, seine Schulden abzubauen  (deleveraging). Die Anzeichen dafür sind (1) die schwache Kreditnachfrage (kaum Sachinvestitionen), (2) die schleppende Konjunktur und (3) das aussergewöhnlich niedrige Inflationsniveau.

Der Euro-Raum steckt m.a.W. in einer Bilanz-Rezession wie Richard Koo die Situation in Japan in den 1990er Jahren beschrieben hat.

In einer Bilanz-Rezession sind staatliche Ausgaben nötig, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Ironie ist, dass expansive Geldpolitik nur dann als notwendig angesehen wird, wenn die Wirtschaft in Rezession ist. 

Der Anstieg der Geldmenge wird aber in einer Liquiditätsfalle von der Überschussnachfrage nach Geld (d.h. liquidity) absorbiert. Menschen horten das Geld, weil die Opportunitätskosten, während die nominalen Zinsen nahe null liegen (zero lower bound), null sind. Wenn die Inflation negativ ist und die Zinsen auf null Prozent verharren, bringt Kassenhaltung einen positiven Zinssatz.

Die Geldnachfrage steigt im Vergleich zum Anstieg der Geldmenge überproportional, sodass das Preisniveau weiter fällt, wenn die EZB die Liquidität erhöht.

Montag, 16. Juni 2014

EZB, Deflationszyklus und Euro

Die nominalen Zinsen liegen bei fast null Prozent. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ist schwach. Die Vergrösserung der Geldmenge führt zu nichts. Weder Fisch noch Vogel. Die expansive Geldpolitik der EZB funktioniert nicht.

Die EU-Peripherie ist dazu verdammt, Kosten und Preise nach unten zu korrigieren, um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Das heisst deflationieren. Was die Situation aber verschlimmert, ist die Niedriginflation. Die Inflation fällt im gesamten Euro-Raum, von 0,7% im April nun auf 0,5% im Mai, wie eurostat heute gemeldet hat.

Selbst wenn kein ausgewachsene Deflation vorliegt, sorgen die fallenden Preise dafür, dass die reale Last der Schulden steigt (debt deflation). Das ist wie ein Knüppel am Bein für den überschuldeten Privatsektor.

Wie lässt sich aber der Deflationszyklus durchbrechen? Nach dem Lehrbuch brauchen Staaten in einer solchen Situation eine Mischung aus Inflation und Wirtschaftswachstum.

Wie soll die Wirtschaft aber im Euro-Raum wachsen, wenn die öffentliche Hand die Ausgaben kürzt, die privaten Haushalte sparen und die Unternehmen nicht investieren? Die Wirtschaft schrumpft und die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand sinken. Europa scheinen daher Jahre der Deflation und Stagnation bevor zu stehen.

Die EZB unterbietet die Inflationsrate seit mehreren Monaten. Wenn Mario Draghi es ernst meint, die Inflation wieder an den Zielwert näher zu bringen, müsste er höhere Inflationserwartungen begünstigen.


Der EUR-Wechselkurs hat sich in den letzten zwei Monaten etwas abgeschwächt. Dennoch notiert er höher als in den beiden Vorjahren, Graph: ZKB in DMO, June 16, 2014

Sonntag, 15. Juni 2014

Swap-Markt als Ort zur Vermeidung des Negativzinssatzes

Die Prämie, die die europäischen Banken zahlen, um sich in USD finanzieren zu können, ist nach der jüngsten Zinssenkung der EZB auf ein Jahres-Hoch gestiegen, wie Bloomberg berichtet.

Der negative Wert von 13,8 Basispunkten für cross-currency swaps mit 3 Monaten Laufzeit bedeutet, dass die europäischen Banken bereit sind, für Finanzierungen in USD eine Prämie zu zahlen.



EUR/USD Cross-Currency Swaps (1 Jahr und 3 Monate), Graph: Morgan Stanley

Samstag, 14. Juni 2014

EZB-Zinssenkung und Euro-Ertragskurve

Die Zinssenkung der EZB am 5. Juni 2014 hat mittlerweile zu einer Verflachung der Ertragskurve am kurzen Ende (2 bis 5 Jahre) geführt.

Die Zinssenkung und die flankierenden unkonventionellen Massnahmen legen nahe, dass die EZB die Zinsen bis zu einiger Zeit nach 2016 nicht erhöhen wird.

Das neue Massnahmenpaket hat auch die mittleren Inflationserwartungen gemessen an Inflationsswaps (2y2y) verstärkt, auch wenn die Breakeven-Sätze (inflation spreads) am kurzen Ende angesichts der anhaltenden downside risks unter Druck bleiben.



EZB ringt mit Deflation und einer schleppenden Konjunktur, Graph: Morgan Stanley

Donnerstag, 12. Juni 2014

EZB, Banken und Negativzinsen

Die EZB hat am 5. Juni 2014 die Zinsen gesenkt, um Wirtschaftswachstum zu fördern und die Kreditvergabe durch die Banken an die Realwirtschaft anzukurbeln.

Neu gelten:
Satz für Spitzenrefinanzierung (lending rate): 0,40%
Satz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte (refi rate): 0,15%
Satz für Einlagefazilität (deposit rate): -0,10%

Vor allem der Negativzinssatz für die Einlagefazilität hat für viel Aufregung (*) gesorgt.

Die Banken, die bei der EZB zu 0,15% zeitlich befristet Gelder aufnehmen können, zahlen 0,10% darauf, wenn sie die Gelder wieder bei der EZB deponieren.

Das heisst: -0,15% Kreditzins plus 0,10% „Strafzins“ = -0,25%

Bisher galten:
Satz für Spitzenrefinanzierung (lending rate): 0,75%
Satz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte (refi rate): 0,25%
Satz für Einlagefazilität (deposit rate): 0%

Das heisst: -0,25% Kreditzins“ plus 0,0% für die Einlagen = -0,25%

Was hat sich für die Banken geändert? In beiden Fällen sehen die Banken Zinskosten in Höhe von 0,25% gegenüber.


Zinssätze der EZB, Graph: ECB in Monthly Bulletin, June 2014

Mittwoch, 11. Juni 2014

Einkommensumverteilung und Wirtschaftswachstum

Thomas Pikettys BuchCapital in the Twenty First Century” ist in aller Munde.

Der französische Ökonom, der in seinem Werk die wachsende Ungleichheit in den letzten Jahrzehnten dokumentiert, hat zugleich eine alte Debatte über die Einkommensumverteilung auf das Wirtschaftswachstum wieder entfacht.

Bis vor kurzem glaubten die meisten Ökonomen, dass es einen Kompromiss (trade off) zwischen Gleichheit und Effizienz gibt, und dass die Einkommensumverteilung das Wirtschaftswachstum senken würde.

Mark Thoma deutet in einem lesenswerten Artikel („Why income redistribution doesn’t hurt growth“) in CBS money watch auf eine neue Studie (“Redistribution, Inequality and Growth”) via IWF hin, wo die Autoren erklären, dass es Gründe gibt, zu glauben, dass die Einkommensumverteilung das Wirtschaftswachstum in einigen Fällen verbessert.

Man denke an Cash-Transfers mit dem Ziel, die Menschen in den Entwicklungsländern zu ermutigen, die Grundschulen zu besuchen. Die Einkommensumverteilung kann in Theorie sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum entfalten. Es sei letztlich eine empirische Frage.

Die Umverteilung scheine i.d.R. gutartig in Bezug auf die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum zu sein. Nur in extremen Fällen gebe es Hinweise, dass es direkt negativ auf das Wachstum wirken kann, unterstreichen die Autoren weiter.

Offene Fremdwährungspositionen der Türkei

Die türkische Wirtschaft bleibt anfällig für plötzliche Veränderungen in der globalen Risikobereitschaft und wohin die Kapitalströme fliessen.

Die auf Fremdwährungen basierenden Kredite repräsentieren mittlerweile fast 60% der Bilanzschulden der Unternehmen in der Türkei.

Die in Fremdwährungen denominierten Einnahmen der Unternehmen belaufen sich hingegen auf weniger als 20 Prozent der Bilanz.



Offene Devisenpositionen der Türkei, Graph: Morgan Stanley

Dienstag, 10. Juni 2014

Reserven der Geschäftsbanken bei der EZB

Antonio Fatas bemerkt in seinem Blog, dass es einige Missverständnisse über die Reserven, die die Banken bei der EZB halten, gibt.

Einige scheinen demnach anzunehmen, dass die Höhe der Bankreserven bei der EZB darauf hindeute, dass die Banken nicht gewillt seien, Kredit zu vergeben. Das ist eine falsche Sicht, unterstreicht der an der INSEAD lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die Reserven sind Verbindlichkeiten in der Bilanz der Zentralbank, die geschaffen werden, (a) wenn die Zentralbank an die Geschäftsbanken Kredit vergibt und (b) wenn die Zentralbank Geschäftsbanken Wertschriften abkauft.

Wenn die Bank A an eine Privatperson oder Unternehmen einen Kredit gibt, verschwinden die Reserven bei der Zentralbank nicht. Wenn der Kreditnehmer das Geld zum Ankauf von Dingen verwendet, werden die Reserven dementsprechend von der Bank A an die Bank B transferiert. In der gesamten Summe der Reserven bei der Zentralbank ändert sich nichts. Das heisst, dass das Niveau der Reserven „trotz“ der Kreditvergabe unverändert bleibt.

Wie könnten aber die Reserven abnehmen? Die Antwort ist einfach: Wenn die Geschäftsbanken die Kredite, die sie bei der EZB aufgenommen haben, an die EZB zurückzahlen. Wenn die EZB also Kredit vergibt, steigen die Reserven der Geschäftsbanken bei der EZB.

Dazu liefert Fatas zwei bemerkenswerte Abbildungen, die den Zusammenhang optisch deutlich vor Augen führen.



Kredite der EZB an Finanzinstitutionen, Graph: Prof. Antonio Fatas

Fed-Bilanzsumme beläuft sich bei Null-Zinsen auf 4,5 Billionen USD

Da die Inflationsrate unter dem Zielwert verharrt und die Arbeitslosigkeit hoch ist, will Janet Yellen, Fed-Chefin die Zinsen auch im kommenden Jahr nahe null Prozent halten. Das Ziel ist also, die Preisstabilität wiederherzustellen und für Vollbeschäftigung zu sorgen.

Die Bilanzsumme der US-Notenbank ist im Zuge der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik aussergewöhnlich stark gestiegen. Zur Zeit beträgt sich rund 4‘500 Mrd. USD, was einem Viertel der nominalen US-Wirtschaftsleistung im Jahr entspricht.

Wenn die Wirtschaft aus der Liquiditätsfalle kommt und die Erholung sich einsetzt, wird die Fed die Zinsen wieder anheben. Bis dahin dürfte sie aber die fällig werdenden Erträge aus Anlagen wieder investieren.

Wenn der Zeitpunkt kommt, die Zinsen zu erhöhen, dürfte die Fed laut einer aktuellen Analyse von Vincent Reinhart, Morgan Stanley zunächst die Verzinsung der Überschussreserven der Banken erhöhen und ein massives Programm für Repo-Geschäfte (reverse repo) und Terminseinlagen (term deposits) in die Wege leiten.




Fed Bilanzsumme, Graph: Morgan Stanley

Montag, 9. Juni 2014

Negativzinsen im Euro-Raum und Banken

Die EZB hat am 5. Juni 2014 einen Negativzinssatz (-0,10%) für die Einlagefazilität eingeführt. Der Negativzinssatz gilt auch für die das Mindestreserve-Soll übersteigenden durchschnittlichen Reserveguthaben sowie für sonstige Einlagen im Eurosystem.

Das Ziel ist, durch die Zinssenkung, ja sogar mit Hilfe von negativen Zinsen die Wirtschaft im Euro-Raum anzukurbeln, sodass die Inflationsrate wieder dem Zielwert der EZB von 2% näher kommt.

Jeffrey Frankel bemerkt in seinem Blog dazu, dass EZB’s neuartige Geldpolitik in Sachen Interventionen im Devisenmarkt weitaus knapp bleibe, was Kauf von USD gegen den EUR angeht.

Selbst wenn die EZB später eine QE-Politik lancieren würde, mache sie keine Anstalten, US-Staatsanleihen gegen den EUR zu erwerben, so der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Auch James Hamilton vertritt in seinem Blog die Meinung, dass die Banken sich aufgrund der negativen Verzinsung der Einlagen in Zukunft an kurzfristige Staatspapiere wenden werden. Anstatt Strafzinsen zu entrichten, würden die Banken Papiere mit 3 Monaten Laufzeit kaufen, wie Dänemarks jüngste Erfahrung mit Negativzinsen nahelege.

Das „wahre Hindernis“ zum Handeln in Sachen Klimaschutz

Es gibt drei Dinge, die wir über die von Menschen verursachte globale Erwärmung wissen sollten, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Interest, Ideology and Climate“) am Montag in NYTimes.

(1Die Folgen werden schrecklich sein, wenn wir nicht schnell Massnahmen zur Begrenzung von CO2-Emissionen treffen. (2In rein wirtschaftlicher Hinsicht sollten die erforderlichen Massnahmen nicht so schwer zu ergreifen sein: Emissionskontrollen, wenn sie richtig gemacht werden, würden vielleicht das Wirtschaftswachstum etwas verlangsamen, aber nicht viel. (3die politische Aktion ist dennoch sehr schwierig, erklärt Krugman.

Warum ist es aber so schwer, zu handeln? Hat es mit der Macht der eigennützigen Interessen zu tun? Krugman sagt, dass er sich mit der Frage seit langem beschäftige und zu einem überraschenden Schluss gekommen sei: Es geht im Wesentlichen nicht um eigennützige Interessen. Was rationale Massnahmen in Sachen Klimaschutz erschwere, sei etwas anderes: Eine giftige Mischung aus Ideologie und Anti-Intellektualismus.

Bevor Krugman diesen Aspekt weiter erläutert, erinnert er in Bezug auf die ökonomischen Aspekte, dass selbst halbwegs seriöse Studien über die wirtschaftlichen Auswirkungen der CO2-Reduzierung auf mässige Kosten hindeuten.

Würde aber der Umweltschutz nicht Kosten unter Umständen für andere Sektoren und Regionen verursachen? Ja, aber nicht so viel, wie man denke, legt Krugman dar. Warum gibt es aber einen solch intensiven Widerstand gegen die Klimapolitik?



Beschäftigung im Kohlebergbau (USA), Graph: Prof. Paul Krugman

Wie kann eine höhere Inflationserwartung erzeugt werden?

Die korrekte Geldpolitik in einer Liquiditätsfalle ist, die Inflationserwartungen zu begünstigen. Eine moderne Zentralbank soll daher „glaubwürdig unverantwortlich“ handeln, um die Wirtschaft anzukurbeln, erklärte Paul Krugman bereits 1998 in einem lesenswerten Artikel („Japan’s Trap“). 

Japans Erfahrungen in den 1990er Jahren legen nahe, dass eine expansive Geldpolitik nicht funktioniert, wenn die Zinsen nahe an der Nullgrenze liegen und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage so schwach ist, dass die Menschen nicht bereit sind, Kredit aufzunehmen. Eine Ausweitung der Geldmenge führt daher nicht dazu, dass die Verbraucher mehr Geld ausgeben und die Inflation in die Höhe treiben. Jede Vergrösserung der Geldbasis endet in den Banktresoren - ohne Ausgabeneffekt.

Es gibt keinen Knopf zur Schaffung von Inflation. Deflation zu verhindern, ist eine Sache. Inflation zu generieren, ist aber wesentlich schwieriger, vor allem wenn die Wirtschaft unter einer übermässigen Schuldenlast leidet und die Zinsen nahe null liegen (zero lower bound).

Denn wenn die Wirtschaft an die Nullzinsgrenze gerät, greift die Geldpolitik zu kurz. Die Produktion liegt unter dem potenziellen Outputniveau und die Arbeitslosigkeit steigt über die natürliche Arbeitslosenquote. Deflation führt zu einer erhöhten Geldnachfrage. Wenn niemand Kapital aufnehmen will, fallen die Zinsen. Und die Niedriginflation bleibt bestehen.

Der unmittelbare Weg, Inflation zu erzeugen, geht daher über die Erhöhung der Noten im Umlauf (currency in circulation). Da mehr Geld hinter der selben Menge an Waren und Dienstleistungen wäre, müssten die Preise und Löhne steigen.

Sonntag, 8. Juni 2014

EZB zaubert aus dem Hut – Euro bleibt unbeeindruckt

Die EZB will Banken künftig langfristige und günstige Kredite geben. Die neue Form („funding for lending“) der unkonventionellen Geldpolitik der EZB heisst Targeted LTRO.

Das günstige Geld soll via Banken an die Realwirtschaft gelangen. Ausgeschlossen sind Hypotheken an private Haushalte und Kredite an den Finanzsektor. Die Summe beläuft sich auf 400 Mrd. Euro. Die Laufzeit beträgt vier Jahre. Der Zinssatz orientiert sich am Satz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte (refi satz) plus ein Aufschlag von 0,1%.

Die Banken dürfen das neue Instrument bis auf 7% ihres gesamten Lohnbuches (loan book) in Anspruch nehmen. Wie die Kontrolle erfolgen soll, dass die Banken die neue Liquidität nicht für z.B. carry trades verwenden, ist derzeit nicht bekannt.

Da die EZB zugleich ihre Inflationsprognosen nach unten korrigiert hat, ist anzunehmen, dass die EZB einen anhaltenden Rückgang der Inflation als ernsthafte Gefahr ansieht. Die EZB hat jedoch keine Bereitschaft signalisiert, gegebenenfalls auch eine QE-Politik (mengenmässige Lockerung) wie die Fed oder die SNB in Gebrauch zu nehmen.

Das ist wahrscheinlich der Grund, warum der Wechselkurs auf die neuen Massnahmen der EZB nicht reagiert hat. Zumal die EZB ihre Bilanzsumme seit geraumer Zeit verkleinert, nicht vergrössert.



Aufschlüsselung von TLTRO im Euro-Raum, Graph: Morgan Stanley

Samstag, 7. Juni 2014

EZB und Verwendung der Liquidität im Euro-Raum

Die Entscheidung der EZB, die Zinsen weiter zu senken, war sicherlich richtig. Es bleibt jedoch ein grosses Fragezeichen, ob die Euro-Krise dadurch überwunden werden kann.

Die EZB hat auf der Pressekonferenz nach der aktuellen Zinsentscheidung u.a. auch eine weitere Runde langfristiger Refinanzierungsprogramme (LTRO) angekündigt: Targeted LTRO (kurz T-LTRO). Die Laufzeit beträgt vier Jahre und der Zinssatz ist tiefer gesetzt als bei vorhergehenden LTROs. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass die Banken im Euro-Raum seit fast zwei Jahren die früheren LTROs zurückzahlen.

Es sieht demnach so aus, als ob der Euro-Raum heute nicht mehr unter Liquiditätsknappheit leiden würde. Die Tatsache ist andererseits, dass die EZB das Ziel der Preisstabilität verfehlt hat. Die EZB unterläuft das in der EWU gemeinsam festgelegte Inflationsziel von nahe 2% auf mittlere Sicht seit geraumer Zeit. Nun ist sie bemüht, das Wachstum zu fördern und Jobs zu beschaffen, um deflationäre Tendenzen, die sie ja selbst verschuldet hat, zu bekämpfen.

Deflation führt zu niedrigeren Zinsen und zu einer erhöhten Geldnachfrage. Während die Banken ihre Überschussliquidität abbauen, will die EZB über die neu T-LTRO die Banken zur Kreditvergabe an Unternehmen ausserhalb des Finanzsektors veranlassen. Die Banken geben aber keine Kredite an die Realwirtschaft, weil es an Güternachfrage fehlt. Niemand will in Europa Sachinvestitionen tätigen.

Warum? Weil die EU-Peripherie in einer schweren Depression steckt und im Kern des Euro-Raums eine tiefe Rezession vorherrscht. Warum? Weil die EU-Kommission, während die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, mit einer harschen Austeritätspolitik die Euro-Krise unnötig weiter vertieft hat: Der Staat darf seine Ausgaben nicht erhöhen. Und der hoch verschuldete Privatsektor muss die Gürter enger schnallen.



Verwendung der EZB-Liquidität, Graph: Finanz und Wirtschaft

Freitag, 6. Juni 2014

Negativzinsen im Euro-Raum und Folgen

Was bedeutet die Entscheidung der EZB, den Satz für Einlagefazilität (deposit rate) unter Null zu senken?

Das ist der Zinssatz, den die Banken erhalten, wenn sie überschüssiges Geld bei der EZB parken.

Welche Konsequenzen hat der negative Zinssatz (-0,10%) nun aber für die normalen Sparer?

Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass kein Sparer gezwungen ist, sein Geld zu negativen Zinsen zu einer Bank zu bringen. Der Negativzins deutet aber darauf hin, dass im Euro-Raum etwas grundlegend nicht stimmt.



Verwendung von Liquidität im Euro-System, Graph: Morgan Stanley

Donnerstag, 5. Juni 2014

EZB will mit Negativzinsen Preisstabilität wiederherstellen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat heute die Zinsen gesenkt und weitere unkonventionelle Massnahmen bekanntgegeben.

Die geldpolitischen Beschlüsse sehen wie folgt aus:

Satz für Spitzenrefinanzierung (lending rate): 0,40%

Satz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte (refi satz): 0,15%

Satz für Einlagefazilität (deposit rate): -0,10%


Die EZB hat ferner ihre Inflationsprognosen weiter gesenkt:

Inflation
2014: 0,7%
2015: 1,1%
2016: 1,4%

Auch die Wachstumsprognosen wurden heute nach unten korrigiert:

BIP
2014: 1,0%
2015: 1,7%
2016: 1,8%



EUR USD Wechselkurs (intraday), Graph: finance yahoo

Mittwoch, 4. Juni 2014

Euro-Raum rutscht in Richtung Deflation

Die jährliche Inflation im Euro-Raum ist im Mai von 0,7% auf 0,5% gesunken, wie eurostat gesten gemeldet hat. Auch die Kerninflation (ohne die Preise von Energie, Nahrungsmitteln, Alkohol und Tabak) hat sich von 1,0% im Vormonat auf 0,7% abgeschwächt.

Der anhaltende Inflationsrückgang zwingt die EZB zum Handeln. Wesentliche Gründe für den sinkenden Inflationstrend sind unterausgelastete Kapazitäten (output gap) und mangelhafte gesamtwirtschaftliche Nachfrage.

Weitere Gründe sind dogmatische Geldpolitik, Austerität in Verbindung mit Lohnmoderation (internal devaluation), angebotsorientierte Wirtschaftspolitik statt Nachfragepolitik, ein Bundesfinanzminister, der eine Inflationsrate nahe an 2% als Zeichen für Instabilität und Inflation betrachtet.



Der disinflationäre Trend im Euro-Raum, Graph: ZKB in DMO, June 3, 2014

Dienstag, 3. Juni 2014

Schuldenabbau des Banken-Sektors im Euro-Raum

Der schmerzhafte Schuldenabbau der Banken im Euro-Raum hält an. 

Die Bilanz der europäischen Banken in Bezug auf die Tätigkeiten im Ausland ist in den vergangenen vier Jahren um sage und schreibe 40% geschrumpft, wie Morgan Stanley meldet.

Seit dem Spitzenwert im ersten Quartal 2008 hat sich das globale Exposure der europäischen Banken damit fast halbiert. Das heisst, dass die Forderungen der europäischen Banken gegenüber Staaten ausserhalb des Euro-Raums weiter zurückgehen.



Das globale Exposure der europäischen Banken ist in den letzten vier Jahren um 40% geschrumpft, Graph: Morgan Stanley
Die Werte in 1‘000 Mrd. USD

Montag, 2. Juni 2014

Niedriginflation und Liquiditätsfalle

Die Bilanz der US-Notenbank ist von Januar 2009 bis Dezember 2013 um 3‘500 Mrd. USD gewachsen. Die Fed hat LSAP-Politik umgesetzt, um die US-Wirtschaft anzukurbeln.

Es handelt sich dabei um eine unkonventionelle Geldpolitik, genannt QE (quantitative easing): mengenmässige Lockerung. Die Fed verfolgt damit das Ziel, die Zinsen am langen Ende der Ertragskurve zu senken, da die Zinsen am kurzen Ende bereits nahe null liegen.

In der Regel führt ein Anstieg der Geldmenge um 1% zu einer Anstieg der Inflation um 0,54%, beruhend auf einer linearen Regressionsanalyse, schreiben Maria A. Arias und Yi Wen in einem lesenswerten Artikel.

Die Geldmenge M0 (in der Schweiz heisst sie Notenbankgeldmenge), die aus dem Notenumlauf und den Giroguthaben der Banken bei der Fed besteht, von Dezember 2008 bis Dezember 2012 um 40,29% gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von rund 8% im Jahr.

Die Inflation müsste normalerweise um mindestens 40% steigen. Das ist nicht passiert. Eine Liquiditätsspritze von 3‘500 Mrd. USD hat nicht zu einem wesentlichen Anstieg der Inflation geführt. Warum?

Es gibt verschiedene Ansätze zur Erklärung:



Allgemeine Inflation in den USA, Graph: Maria A. Arias und Yi Wen in: Liquidity Trap, April 2014

Wie Ungleichheit geleugnet wird

Paul Krugman hatte vor einer Weile einen Artikel mit dem Titel “Die Reichen, die Rechten und die Fakten” veröffentlicht, um politisch motivierte Bemühungen um die offensichtliche Verleugnung des starken Anstiegs der Ungleichheit in den USA v.a. an der Spitze der Einkommensskala darzulegen.

Es überrascht nicht, dass sich seither nicht viel verändert hat. Was aber eine Überraschung ist das Erscheinungsjahr des Artikels: 1992.

Das bringt uns auf den neuesten Stand der intellektuellen Zwistigkeiten, die durch einen Artikel („Piketty findings undercut by errors“) von Chris Gille in Financial Times ausgelöst wurden: Die Offensive gegen die Glaubwürdigkeit des meist-verkauften Buches „Capital“ von Thomas Piketty.

Giles behauptet, dass Pikettys Werk „eine Reihe von Fehlern beinhaltet, die seine Ergebnisse verzerren“ und dass es keine klaren Beweise für die wachsende Konzentration von Vermögen gibt.

Geht es wieder von vorn los, fragt sich Krugman und nimmt in seiner lesenswerten Kolumne („On Inequality Denial“) am Montag in NYTimes dazu Stellung.

Die anschliessende Diskussion hat sich für Gilles nicht gut entwickelt. Kurz gesagt wurden Gilles Angriffe gegen die Vorstellung, dass die US-Gesellschaft eine weitaus ungleiche Gesellschaft geworden ist, selbst verworfen. Es gibt viele unabhängige Indikatoren, die auf eine stark steigende Ungleichheit hindeuten.



Konzentration von Kapitaleinkommen in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman via CBO