Samstag, 27. November 2021

Der kritische Punkt: Lohn-Preis-Spirale

Eine hohe Schwankungsanfälligkeit der Rohstoffpreise bedeutet nicht unbedingt, dass daraus ein inflationärer Trend entsteht.

Und wenn die Löhne sich nicht «schrauben», d.h. sich in einer Spirale höher bewegen, gibt es keine Lohn-Preis-Spirale.

Der reale durchschnittliche Stundenverdienst in den USA ging von Oktober 2020 bis Oktober 2021 saisonbereinigt um 1,2% zurück. 

Die Veränderung des realen durchschnittlichen Stundenverdienstes in Verbindung mit einem Rückgang der durchschnittlichen Arbeitswoche um 0,3% führte zu einem Rückgang des realen durchschnittlichen Wochenverdienstes um 1,6% in diesem Zeitraum.



Es gibt keinen Hinweis auf eine Lohn-Preis-Spirale im Euroraum und in Deutschland, Graph: Isabel Schnabel, ECB, Nov 25, 2021 

Montag, 22. November 2021

Ist die europäische Volkswirtschaft bereits inflationär überhitzt?

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat davor gewarnt, dass höhere Inflationserwartungen und ein höheres Lohnwachstum den Preisdruck mittelfristig verstärken.

Es sei von entscheidender Bedeutung, dass alle Mitgliedstaaten nach der Krise einen Weg zu soliden öffentlichen Finanzen einschlagen. Das heisst im Grunde genommen zurück zum rigorosen Sparkurs: fiscal austerity.

Hans Werner Sinn sagt in einem aktuellen Gespräch mit dem Handelsblatt, dass er eine Hyperinflation, wie Deutschland sie vor hundert Jahren erlebte, heute für nur bedingt wahrscheinlich halte.  


Die Real-Rendite der deutschen Bundesanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: Yardeni Research, Nov 2021


Sonntag, 21. November 2021

Interview: Diane Coyle, University of Cambridge

Diane Coyle is the Bennett Professor of Public Policy at the University of Cambridge


Since GFC 2008, the issue of economic progress has been at the center of academic discourse and social media. What do we mean when we talk about economic progress making life better? 

In general terms, we mean the innovations driving better health, longer lives and more day to day comfort and enjoyment. The standard metric of progress for 80 years has been GDP, despite its well-known shortcomings. 

Those shortcomings – failing to account for environmental costs, ignoring unpaid work, and increasingly not measuring the digital economy – are becoming ever more prominent but there is no consensus about what should dethrone GDP.


Both inflation and unemployment are undesirable. Yet unemployment makes people five times as miserable. Why do the majority of economists still focus on inflation, which the Fed says is transitory because of supply chain disruptions, base-effect etc.?

There’s a huge debate about how transitory the inflation will be – so we don’t know either way. The importance of higher inflation is the longer-term misery it causes if not halted, even at the expense of some (short-term) rise in unemployment. 

People on low incomes that don’t keep pace and people with modest savings suffer greatly when inflation gets embedded. And many countries could do a lot of other things to bring down high unemployment rates.

Freitag, 19. November 2021

Lieferketten werden deflationär: Baltic Dry Index

Der jüngste Verlauf von Baltic Dry Index und Welt-Container-Index (WCI) liefert weitere Belege für die Annahme, dass die Inflation vorübergehendtransitory») ist.

Die Ermässigung der beiden Indexe von den Spitzenwerten bedeutet sicherlich eine Entspannung. 

Eine mögliche Schlussfolgerung daraus ist, der niedrige Stand von Baltic Dry Index auf eine bevorstehende Abkühlung des Inflationsdrucks in den kommenden Wochen hindeutet.



Die Lieferketten («Supply Chain») werden deflationär: Baltic Dry Index (weiße Linie) und WCI Container Rate (blaue Linie), Graph: Bloomberg TV, Nov 16, 2021 


Sonntag, 14. November 2021

Dynamik einer Angebotsstörung und Vergleich mit den 1970er Jahren

Die Menschen sind über den Anstieg der Inflation auf beiden Seiten des Atlantiks bedingt durch die unterbrochenen Lieferkettensupply-chains») verärgert. Das ist verständlich. Geprägt wird die Wahrnehmung sicherlich durch die Nachrichtenberichte und Social Media.

Die führenden Notenbanken, sowohl die Fed als auch die EZB lassen keine Gelegenheit aus, zu betonen, warum die Inflation derzeit ein vorübergehendestransitory») Phänomen ist.

Was geschieht aber in den Märkten?

Der US-Verbraucherindex (CPI) ist zwar im Oktober auf 6,2% gestiegen. Aber es herrscht an den Märkten keine Panik. Der S&P 500 Index liegt nur knapp unter seinem Allzeithoch. Und die Fed und die EZB machen keine Anstalten, die seit der GFC anhaltende extrem lockere Geldpolitik anzupassen.



US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit; nom Rendite und real Rendite, Graph: Finanz und Wirtschaft, Nov 12, 2021. 


Samstag, 13. November 2021

Pandemie und Lohnkosteninflation

Der Verbraucherpreisindex (CPI) in den USA stieg im Oktober um 0,9% (Sept: 0,4%), wie das U.S. Bureau of Labor Statistics (BLS) am Mittwoch mitgeteilt hat. 

Über die letzten 12 Monate, stieg der Gesamtindex vor Saisonbereinigung um 6,2%.

Der monatliche saisonbereinigte Anstieg des Gesamtindex war breit gefächert. Auffällig ist der Anstieg der Indizes für Energie, Unterkunft, Lebensmittel, gebrauchte Autos und Lastwagen sowie Neufahrzeuge.



Es gibt aber keine Anzeichen für eine Lohnpreisspirale (wage-price spiral). Das um die Inflation bereinigte Lohnwachstum in den USA ist negativ: minus 0.8%, Graph: Bloomberg TV, Nov 11, 2021 


Donnerstag, 11. November 2021

Infrastrukturprojekte mit Tastenanschlag

Der US-Kongress hat das Infrastruktur-Programm der Biden-Administration gebilligt. Das Weisse Haus darf nun 550 Mrd. USD für neue Infrastrukturprojekte in den USA über einen Zeitraum von 10 Jahren investieren.

Das Infrastruktur-Gesetz hat jetzt mit einem vorher beschlossenen Paket von 650 Mrd. USD für Strassen, Brücken und Wasserwege einen Umfang von 1,2 Billionen USD.

In der Regel werden nach einer schweren Rezessionen Rufe nach einer grossen Portion Infrastrukturausgaben laut. Und das ist intuitiv sinnvoll, weil ein heftiger und lang-anhaltender Abschwung zu Arbeitslosigkeit führt und ungenutzte Ressourcen hinterlässt. 



Höhere Staatsverschuldung, aber geringere Kosten für den Schuldendienst, Graph: David Andolfatto, St. Louis Fed, FRED, Nov 08, 2021

Sonntag, 7. November 2021

Kein Lohnwachstum bedeutet keinen Arbeitskräftemangel.

Das US-Büro für Arbeitsstatistik (BLS) hat am Freitag mitgeteilt, dass in den USA im Oktober 531'000 Arbeitsplätze geschaffen wurden. Das sind 219'000 Jobs mehr als im Vormonat. Die Erwartungen (450'000) wurden übertroffen.

Bemerkenswert ist, dass die Produktivität ausserhalb der Landwirtschaft im dritten Quartal 2021 (nach vorläufiger Rechnung) um annualisiert 5% gegenüber dem Vorquartal gesunken ist. 

Das ist der stärkste Rückgang seit dem zweiten Quartal 1982.



Das Verhältnis der Beschäftigten zur Bevölkerung (employment-population ratio), Beschäftigungsquote, Graph: BLS, Nov 05, 2021 

Samstag, 6. November 2021

Fed «tapering» und kein Ausraster

Die US-Notenbank hat am Mittwoch, wie lange erwartet, angekündigt, ihr Anleihekaufprogramm zurückzufahren («tapering»).

Der geldpolitische Ausschuss (FOMC) der Fed hat beschlossen, beginnend später im November den monatlichen Rhythmus seiner Nettokäufe von Vermögenswerten um 10 Mrd. $ für Schatzpapiere (US-Treasury Bonds) und 5 Mrd. $ für hypothekarisch gesicherte Wertpapiere (MBS) zu verringern.

Fed-Präsident Jerome Powell will damit das Kaufprogramm in Juni 2022 komplett auslaufen lassen. Die Fed ist aber bereitwillig, das Tempo anzupassen, wenn es aufgrund von Veränderungen der wirtschaftlichen Aussichten gerechtfertigt erscheint.



US-Inflationserwartungen, gemessen von US-Breakeven Rates, Graph: Bloomberg TV, Nov 03, 2021 


Dienstag, 2. November 2021

Inflationserwartungen in Deutschland fallen

Wenn wir einen Blick auf die Rendite der US-Staatsanleihen werfen, sehen wir eine (technische) Inversion am langen Ende (20y: 1.98% vs. 30y: 1.93%) der Ertragskurve (yield curve).

Die Erwartung einer früher als erwarteten Zinserhöhung hat die kurzfristigen Renditen in den letzten Tagen nach oben getrieben. 

Die längerfristigen Renditen sind zum Teil deshalb gesunken, weil Traders darauf setzen, dass eine möglicherweise restriktivere Zinspolitik die Inflation erfolgreich eindämmen, aber das Wirtschaftswachstum bremsen dürfte.



Der Anstieg der Energiepreise und die anhaltenden Versorgungsengpässe in der Weltwirtschaft haben zu einer Zunahme der Wetten auf eine frühere Erhöhung der Kreditkosten geführt, Graph: FT, Nov 01, 2021