Mittwoch, 29. Dezember 2021

Inflationsjäger und Panikmache

Plötzlich spricht jeder/jede über Inflation. Meinungsartikel warnen, dass die Hyperinflation vor der Tür steht.

Macht aber die grosse Inflationsangst überhaupt Sinn?

Bis vor kurzem war Deflation, nicht Inflation, die klare und gegenwärtige Gefahr.

Wenn die Fed und/oder die EZB die Preisstabilität in den vergangenen zehn Jahren nicht gewährleisten konnten, dann nicht, weil sie das eigene Inflationsziel übertroffen hätten, sondern weil sie es unterboten.

Es ist vor diesem Hintergrund bemerkenswert, zu lesen, dass Nicolai Tangen, der Chef des weltgrössten Staatsfonds (SWF: Sovereign Wealth Fund) im Gespräch mit der FAZ sagt, dass er überall Inflation erkenne.

Wow?

Da fällt mir ein: Wenn man nur einen Hammer hat, sieht alles wie ein Nagel aus.



S&P 500 Index performance: +28% y-t-d, Graph: BloombergTV Dec 28, 2021

Donnerstag, 23. Dezember 2021

Inflation und keine Bond Vigilantes

Die folgende Abbildung signalisiert, dass die Händler auf dem Anleihemarkt nicht einer anhaltenden Inflation rechnen.

Stellen Sie sich vor, dass sich die Inflationsrate auf ein Vier-Jahrzehnt-Hoch von 6,8% beschleunigt und die festverzinslichen Wertpapiere aus dem Portfolio nicht abgestossen werden.

Die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit dümpelt bei 1,4% und liegt damit nur einen halben Prozentpunkt höher als zu Jahresbeginn, wie die FT aus London unterstreicht.

Selbst die Rendite von 30-jähriger US-Staatsanleihen, die auf jeden Hauch von Inflation überempfindlich reagieren sollte, ist nur von 1,6% auf 1,8% gestiegen.



US-Treasuries (UST: amerikanische Staatsanleihen) sind trotz der steigenden Inflation ruhig geblieben, Graph: FT, Dec 21, 2021 

Montag, 20. Dezember 2021

Fed Funds Rate und Erwartungen im Markt

Die Finanzmärkte liebäugeln bereits mit der Möglichkeit, dass die Fed Mitte März 2022 mit ihren Zinserhöhungen beginnt. 

Der endgültige Zinssatz («terminal rate»), der von den Finanzmärkten eingepreist wird, liegt unter 1,5% gegenüber 2,5% aus Sicht der Fed.


Fed Funds Rate und Markterwartungen, Graph: Nordea, Dec 17, 2021

Sonntag, 19. Dezember 2021

US-Notenbank, Inflation und Wirtschaft der Beschäftigung

Die britische Notenbank (BoE) hat am Donnerstag beschlossen, den Leitzins von 0,10% auf 0,25% zu erhöhen. Die Entscheidung wurde mit dem Hinweis auf die Inflation, die im November auf 5,1% gestiegen ist, begründet.

Am Mittwochabend hat die US-Notenbank (Fed) mitgeteilt, die geldpolitische Straffung demnächst zu beschleunigen und die Anleihekäufe rascher als geplant herunterzufahren.

Die EZB hingegen hat bekräftigt, am expansiven Kurs der Geldpolitik festzuhalten, um die Inflation mittelfristig beim Zielwert von 2% abzustützen. 

Die US-Anleger reagierten auf die Absicht der US-Notenbank, die Inflation zu bekämpfen, mit einer eindeutigen Risikobereitschaft: Die Aktien stiegen und die US-Staatsanleihen stabilisierten sich.



Divergenz der Zentralbanken: Die Anzahl der eingepreisten Zinserhöhungen bis Mitte 2022, BoE (gelb), Fed (lila) und EZB (rot), Graph: Bloomberg TV, Dec 17, 2021

Mittwoch, 15. Dezember 2021

Fed Funds Rate und Terminal Rate

Die Renditekurve (yield curve), die die Renditen von US-Staatsanleihen über verschiedene Laufzeiten hinweg abbildet, gilt als Indikator für die Wetten der Anleger auf künftige Wachstumsaussichten. 

Im Allgemeinen korrespondieren höhere längerfristige Anleiherenditen (und eine steilere Kurve) mit Optimismus über die längerfristigen Bedingungen.

Heute sehen wir einer flacheren Renditekurve gegenüber. So ist beispielsweise die Differenz zwischen den 2-jährigen und den 10-jährigen USTs im Dezember auf nur noch 75 Basispunkte gefallen. Heute beläuft sich der Wert auf 78 Basispunkte.

Wenn diese Differenz unter 0 fällt, stellen sich die Märkte i.d.R. auf eine Rezession ein.

Klar ist, dass aus Sicht der Fed eine flache oder umgekehrte ("invers") Renditekurve unerwünscht ist.



Fed Funds Rate, terminal rate, Graph: Morgan Stanley, Dec 13, 2021


Sonntag, 12. Dezember 2021

Einblicke in den Kampf der Fed gegen die Inflation

Die Inflation in den USA ist im November auf 6,8% im Vorjahresvergleich gestiegen. Die Teuerung hatte im Oktober 6,2% erreicht. 

Das ist die höchste Inflationsrate seit rund dreissig Jahren. Der Anstieg der Inflation wurde v.a. durch die Preise für Energie (+33,3%), Heizöl (+59,3%) und Benzin (+58,1%) getrieben.

Dass die ungewöhnlich hohe Inflation die Menschen verunsichert, ist verständlich. Dies gilt v.a. dann, wenn die Kosten für das Tanken stark ansteigen. Die psychologische Bedeutung der Anstieg der Kosten ist sicherlich weitaus grösser als die 4%, die sie im Verbraucherpreis-Index (CPI) ausmachen.

Bemerkenswert ist aber, dass die Inflationserwartungen (gemessen von UST Breakeven rates) unmittelbar nach der Mitteilung der aktuellen Inflationsrate durch das amerikanische Bureau of Labor Statistic (BLS) zurückgefallen sind. 



Die Abflachung der UST Ertragskurve (yield curve), Graph: Bloomberg, Dec 10, 2021

Cogs and Monsters

Buchbesprechung

Diana Coyle: Cogs and Monsters – What Economics is, and What it Should be, Princeton University Press, Oct 12, 2021, London.


Das Wirtschaftssystem hat einen enormen Einfluss auf das Leben der Menschen und damit der Tiere und der Natur.

Die Kritik an den Wirtschaftswissenschaften, die insbesondere seit der GFC (2008) im Allgemeinen deutlich geworden ist, nimmt inzwischen zu und fordert und fördert das Umdenken über die herkömmlichen Modelle.

Auch die Frage, die sich v.a. im Kontext mit der digitalisierten Wirtschaft stellt, ist berechtigt. Wie realistisch ist Homo Economicus? Mit anderen Worten: Sind die fragwürdigen Prämissen der Mainstream-Wirtschaftsmodelle noch gültig bzw. zeitgemäss?

Vor diesem Hintergrund befasst sich Diana Coyle in ihrem neuen Buch mit den augenfälligen Parametern der vorherrschenden Lehre, die die Umsetzung der Wirtschaftspolitik auf beiden Seiten des Atlantiks prägt. Und sie erspart sich dabei keine Selbstkritik, was die Stimmung und Stimmen im eigenen Berufsstand angeht. 

In Sachen «schwindelerregende Veränderungen» hebt die Autorin Finanzkrisen, das träge Wirtschaftswachstum, in die Breite gehende Ungleichheit, Klimakrise und zuletzt die aktuelle Pandemie-Bekämpfung hervor.

Donnerstag, 9. Dezember 2021

Notenbanken wollen Beschäftigung unterstützen

Seit 1977 hat die Federal Reserve (Fed) vom Kongress den Auftrag erhalten, "die Ziele der maximalen Beschäftigung, stabiler Preise und moderater langfristiger Zinssätze wirksam zu fördern" - was heute gemeinhin als das "Doppelmandat" der Fed bezeichnet wird. 

Der Gedanke, dass die Fed mehrere Ziele verfolgen sollte, lässt sich jedoch mindestens bis in die 1940er Jahre zurückverfolgen, wobei die Betonung darauf, welches Ziel vorrangig sein sollte, variierte. 

Dass ein solches Mandat zuweilen zu Spannungen in der Geldpolitik führen kann, ist ebenfalls ein offenes Geheimnis.

Heute wird der maximalen Beschäftigung eine grosse Bedeutung beigemessen. 

Jerome Powell, Fed-Vorsitzender legt grossen Wert darauf, dass die sozialen und wirtschaftlichen Kosten der Arbeitslosigkeit in vollem Umfang berücksichtigt werden.



Die Leitzinsen der Fed und der EZB und Prognose der erwarteten Entwicklung in naher Zukunft, Graph: JPMorgan Private Bank, Dec 06, 2021


Sonntag, 5. Dezember 2021

Eurodollar Futures signalisieren eine Zinssenkung im Jahr 2025

Wow! Gita Gopinat, Chefökonomin des IWF schreibt am Freitag, dass es angemessen wäre, wenn die Fed das Auslaufen der Ankäufe von Vermögenswerten beschleunigen und den Pfad für Leitzinserhöhungen vorziehen würde.

Donnerwetter!

Die Tatsache, dass es überall auf der Welt zu Engpässen («shortages») und Inflation kommt, ist eigentlich ein Hinweis darauf, dass die nationale Politik nicht die Hauptursache für die Probleme ist. 

Vielmehr sind sie weitgehend unvermeidlich, da die Volkswirtschaften versuchen, nach den durch COVID19 verursachten epischen Unterbrechungen neu zu starten.

Doch während Inflationistas fast seit Beginn des Jahres die Fed auffordern, die Zinsen zu erhöhen, bevor es zu spät werde, schicken sich Händler in einer Ecke des US-Zinsmarktes an, die Möglichkeit von Zinssenkungen der US-Notenbank im Jahr 2025 in Betracht zu ziehen.

Die Rede ist von dem Eurodollar-Terminmarkt, wo die Händler mit einem wesentlich niedrigeren Höchststand für den Leitzins (Fed Funds Rate) der Fed rechnen als die US-Notenbank selbst erwartet, wie es in den FOMC’s dot-plots zum Ausdruck kommt.



Die Märkte gehen von einem wesentlich niedrigeren US-Leitzins (Fed Funds Rate) als der FOMC der Fed anhand von «dot-plots» vorausgesagt hat, Graph: BloombergQuint , Dec 03, 2021 


Samstag, 4. Dezember 2021

Pandemie, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung

Die Arbeitslosenquote im Euroraum lag im Oktober 2021 bei 7,3%, ein Rückgang gegenüber 7,4% im September 2021 und gegenüber im Oktober 2020.

Good news, dass die Anzahl der arbeitslosen Menschen abnimmt. Gemäss Schätzungen von Eurostat waren im Oktober 2021 in der EU 14,3 Millionen Männer und Frauen arbeitslos, davon 12 Millionen im Euroraum.

Obwohl die Arbeitslosenquote in vielen Ländern stark gesunken ist, ist das Lohnwachstum aber nach wie vor gering, bereinigt um die Inflation sogar negativ.

Dies scheint auf die Unterbeschäftigung zurückzuführen zu sein, die in den fortgeschrittenen Ländern die Arbeitslosigkeit als wichtigstes Maß für die Flaute auf dem Arbeitsmarkt abgelöst hat, wie Danny Blanchflower tiefgründig in seinem aktuellen BuchNot Working») ausführlich erläutert.





Arbeitslosigkeit (7,3%) und Unterbeschäftigung (13,8%) in der Eurozone, Graph: EU Eurostat, Dec 02, 2021 


Mittwoch, 1. Dezember 2021

Inflationspanik und monetäre Falken

Die Rückkehr der monetären Falken:

El-Erian sagt, die Fed sollte erkennen, dass die Inflation nicht vorübergehend ist.

Allianz Chef-Wirtschaftsberater entpuppt sich damit als einer der wahnhaften Inflationistas, die nicht zugeben können, dass sie im letzten Jahrzehnt zum Beispiel auf den Anleihemärkten völlig falsch lagen.

Abgesehen davon ist der Hintergrund eindeutig politisch. 

Die Inflationistas bringen die lockere Geldpolitik der Notenbank fast immer mit Beschwerden über die Staatsausgaben in Verbindung.

Weil sie Anhänger von Fiscal Austerity sind. Wenn es aber um Einzelheiten geht, liegen sie völlig falsch. Denn die Fed druckt kein Geld, um das Haushaltsdefizit zu decken.



US-Inflation and COVID19 empfindliche und nicht-empfindliche Komponenten, Graph: San Francisco Fed, Economic Research, Nov 29, 2021


Samstag, 27. November 2021

Der kritische Punkt: Lohn-Preis-Spirale

Eine hohe Schwankungsanfälligkeit der Rohstoffpreise bedeutet nicht unbedingt, dass daraus ein inflationärer Trend entsteht.

Und wenn die Löhne sich nicht «schrauben», d.h. sich in einer Spirale höher bewegen, gibt es keine Lohn-Preis-Spirale.

Der reale durchschnittliche Stundenverdienst in den USA ging von Oktober 2020 bis Oktober 2021 saisonbereinigt um 1,2% zurück. 

Die Veränderung des realen durchschnittlichen Stundenverdienstes in Verbindung mit einem Rückgang der durchschnittlichen Arbeitswoche um 0,3% führte zu einem Rückgang des realen durchschnittlichen Wochenverdienstes um 1,6% in diesem Zeitraum.



Es gibt keinen Hinweis auf eine Lohn-Preis-Spirale im Euroraum und in Deutschland, Graph: Isabel Schnabel, ECB, Nov 25, 2021 

Montag, 22. November 2021

Ist die europäische Volkswirtschaft bereits inflationär überhitzt?

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat davor gewarnt, dass höhere Inflationserwartungen und ein höheres Lohnwachstum den Preisdruck mittelfristig verstärken.

Es sei von entscheidender Bedeutung, dass alle Mitgliedstaaten nach der Krise einen Weg zu soliden öffentlichen Finanzen einschlagen. Das heisst im Grunde genommen zurück zum rigorosen Sparkurs: fiscal austerity.

Hans Werner Sinn sagt in einem aktuellen Gespräch mit dem Handelsblatt, dass er eine Hyperinflation, wie Deutschland sie vor hundert Jahren erlebte, heute für nur bedingt wahrscheinlich halte.  


Die Real-Rendite der deutschen Bundesanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: Yardeni Research, Nov 2021


Sonntag, 21. November 2021

Interview: Diane Coyle, University of Cambridge

Diane Coyle is the Bennett Professor of Public Policy at the University of Cambridge


Since GFC 2008, the issue of economic progress has been at the center of academic discourse and social media. What do we mean when we talk about economic progress making life better? 

In general terms, we mean the innovations driving better health, longer lives and more day to day comfort and enjoyment. The standard metric of progress for 80 years has been GDP, despite its well-known shortcomings. 

Those shortcomings – failing to account for environmental costs, ignoring unpaid work, and increasingly not measuring the digital economy – are becoming ever more prominent but there is no consensus about what should dethrone GDP.


Both inflation and unemployment are undesirable. Yet unemployment makes people five times as miserable. Why do the majority of economists still focus on inflation, which the Fed says is transitory because of supply chain disruptions, base-effect etc.?

There’s a huge debate about how transitory the inflation will be – so we don’t know either way. The importance of higher inflation is the longer-term misery it causes if not halted, even at the expense of some (short-term) rise in unemployment. 

People on low incomes that don’t keep pace and people with modest savings suffer greatly when inflation gets embedded. And many countries could do a lot of other things to bring down high unemployment rates.

Freitag, 19. November 2021

Lieferketten werden deflationär: Baltic Dry Index

Der jüngste Verlauf von Baltic Dry Index und Welt-Container-Index (WCI) liefert weitere Belege für die Annahme, dass die Inflation vorübergehendtransitory») ist.

Die Ermässigung der beiden Indexe von den Spitzenwerten bedeutet sicherlich eine Entspannung. 

Eine mögliche Schlussfolgerung daraus ist, der niedrige Stand von Baltic Dry Index auf eine bevorstehende Abkühlung des Inflationsdrucks in den kommenden Wochen hindeutet.



Die Lieferketten («Supply Chain») werden deflationär: Baltic Dry Index (weiße Linie) und WCI Container Rate (blaue Linie), Graph: Bloomberg TV, Nov 16, 2021 


Sonntag, 14. November 2021

Dynamik einer Angebotsstörung und Vergleich mit den 1970er Jahren

Die Menschen sind über den Anstieg der Inflation auf beiden Seiten des Atlantiks bedingt durch die unterbrochenen Lieferkettensupply-chains») verärgert. Das ist verständlich. Geprägt wird die Wahrnehmung sicherlich durch die Nachrichtenberichte und Social Media.

Die führenden Notenbanken, sowohl die Fed als auch die EZB lassen keine Gelegenheit aus, zu betonen, warum die Inflation derzeit ein vorübergehendestransitory») Phänomen ist.

Was geschieht aber in den Märkten?

Der US-Verbraucherindex (CPI) ist zwar im Oktober auf 6,2% gestiegen. Aber es herrscht an den Märkten keine Panik. Der S&P 500 Index liegt nur knapp unter seinem Allzeithoch. Und die Fed und die EZB machen keine Anstalten, die seit der GFC anhaltende extrem lockere Geldpolitik anzupassen.



US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit; nom Rendite und real Rendite, Graph: Finanz und Wirtschaft, Nov 12, 2021. 


Samstag, 13. November 2021

Pandemie und Lohnkosteninflation

Der Verbraucherpreisindex (CPI) in den USA stieg im Oktober um 0,9% (Sept: 0,4%), wie das U.S. Bureau of Labor Statistics (BLS) am Mittwoch mitgeteilt hat. 

Über die letzten 12 Monate, stieg der Gesamtindex vor Saisonbereinigung um 6,2%.

Der monatliche saisonbereinigte Anstieg des Gesamtindex war breit gefächert. Auffällig ist der Anstieg der Indizes für Energie, Unterkunft, Lebensmittel, gebrauchte Autos und Lastwagen sowie Neufahrzeuge.



Es gibt aber keine Anzeichen für eine Lohnpreisspirale (wage-price spiral). Das um die Inflation bereinigte Lohnwachstum in den USA ist negativ: minus 0.8%, Graph: Bloomberg TV, Nov 11, 2021 


Donnerstag, 11. November 2021

Infrastrukturprojekte mit Tastenanschlag

Der US-Kongress hat das Infrastruktur-Programm der Biden-Administration gebilligt. Das Weisse Haus darf nun 550 Mrd. USD für neue Infrastrukturprojekte in den USA über einen Zeitraum von 10 Jahren investieren.

Das Infrastruktur-Gesetz hat jetzt mit einem vorher beschlossenen Paket von 650 Mrd. USD für Strassen, Brücken und Wasserwege einen Umfang von 1,2 Billionen USD.

In der Regel werden nach einer schweren Rezessionen Rufe nach einer grossen Portion Infrastrukturausgaben laut. Und das ist intuitiv sinnvoll, weil ein heftiger und lang-anhaltender Abschwung zu Arbeitslosigkeit führt und ungenutzte Ressourcen hinterlässt. 



Höhere Staatsverschuldung, aber geringere Kosten für den Schuldendienst, Graph: David Andolfatto, St. Louis Fed, FRED, Nov 08, 2021

Sonntag, 7. November 2021

Kein Lohnwachstum bedeutet keinen Arbeitskräftemangel.

Das US-Büro für Arbeitsstatistik (BLS) hat am Freitag mitgeteilt, dass in den USA im Oktober 531'000 Arbeitsplätze geschaffen wurden. Das sind 219'000 Jobs mehr als im Vormonat. Die Erwartungen (450'000) wurden übertroffen.

Bemerkenswert ist, dass die Produktivität ausserhalb der Landwirtschaft im dritten Quartal 2021 (nach vorläufiger Rechnung) um annualisiert 5% gegenüber dem Vorquartal gesunken ist. 

Das ist der stärkste Rückgang seit dem zweiten Quartal 1982.



Das Verhältnis der Beschäftigten zur Bevölkerung (employment-population ratio), Beschäftigungsquote, Graph: BLS, Nov 05, 2021 

Samstag, 6. November 2021

Fed «tapering» und kein Ausraster

Die US-Notenbank hat am Mittwoch, wie lange erwartet, angekündigt, ihr Anleihekaufprogramm zurückzufahren («tapering»).

Der geldpolitische Ausschuss (FOMC) der Fed hat beschlossen, beginnend später im November den monatlichen Rhythmus seiner Nettokäufe von Vermögenswerten um 10 Mrd. $ für Schatzpapiere (US-Treasury Bonds) und 5 Mrd. $ für hypothekarisch gesicherte Wertpapiere (MBS) zu verringern.

Fed-Präsident Jerome Powell will damit das Kaufprogramm in Juni 2022 komplett auslaufen lassen. Die Fed ist aber bereitwillig, das Tempo anzupassen, wenn es aufgrund von Veränderungen der wirtschaftlichen Aussichten gerechtfertigt erscheint.



US-Inflationserwartungen, gemessen von US-Breakeven Rates, Graph: Bloomberg TV, Nov 03, 2021 


Dienstag, 2. November 2021

Inflationserwartungen in Deutschland fallen

Wenn wir einen Blick auf die Rendite der US-Staatsanleihen werfen, sehen wir eine (technische) Inversion am langen Ende (20y: 1.98% vs. 30y: 1.93%) der Ertragskurve (yield curve).

Die Erwartung einer früher als erwarteten Zinserhöhung hat die kurzfristigen Renditen in den letzten Tagen nach oben getrieben. 

Die längerfristigen Renditen sind zum Teil deshalb gesunken, weil Traders darauf setzen, dass eine möglicherweise restriktivere Zinspolitik die Inflation erfolgreich eindämmen, aber das Wirtschaftswachstum bremsen dürfte.



Der Anstieg der Energiepreise und die anhaltenden Versorgungsengpässe in der Weltwirtschaft haben zu einer Zunahme der Wetten auf eine frühere Erhöhung der Kreditkosten geführt, Graph: FT, Nov 01, 2021 


Sonntag, 31. Oktober 2021

Deutschland mit Inflation im Kopf

Die Amtszeit von Angela Merkel geht zu Ende. Frau Merkel kandidiert nicht mehr. Und Jens Weidmann tritt zurück. Das ist sicherlich kein Zufall. Weidmann hat Kanzlerin Merkel fünf Jahre lang beraten, bevor er Bundesbankpräsident wurde.

Das Ende einer Ära bedeutet aber nicht das Ende der Welt. Dennoch wird dieser Tage in Mainstream-Medien der Teufel an die Wand gemalt.

Wie auch immer, Statistisches Bundesamt (Destatis) hat am Donnerstag mitgeteilt, dass die Inflationsrate im Oktober 2021 voraussichtlich 4,5% beträgt. Die Verbraucherpreise sind in Deutschland gegenüber September 2021 nach bisher vorliegenden Daten um 0,5% gestiegen.

Eine Reihe von Gründen hat dazu beigetragen, wie z.B. Basiseffekte durch niedrige Preise im Jahr 2020. Dazu zählen der Preisverfall bei Mineralölprodukten und die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuersätze, die sich heute erhöhend auf die Gesamtteuerung auswirken.



Produktionslücke (output gap) im Euro Raum: 2Q2020: -15%, 1Q2021: -6%, mit großen Unterschieden zwischen den einzelnen Ländern. Aus dieser Perspektive ist derzeit kein Inflationsdruck zu erwarten, Graph: DIW, Oct 20, 2021 


Donnerstag, 28. Oktober 2021

Unternehmen in Cash und «Arbeitskräftemangel»

Die Beveridge-Kurve ist ein einfaches ökonomisches Modell, welches dazu beiträgt, den Arbeitsmarkt zu analysieren, indem es die umgekehrte Beziehung zwischen der Arbeitslosenquote und der Zahl der offenen Stellen erfasst.

Während sich die Daten in den letzten zwei Jahrzehnten in Abhängigkeit von wirtschaftlichen Bedingungen leicht verschoben haben, hat die COVID-19 Pandemie das bestehende Muster drastisch verändert, berichtet Richmond Fed in einer aktuellen Studie.

Wenn sich die Wirtschaft verbessert, neigt sich die Kurve steil nach oben. Und zuletzt hat der starke Anstieg der offenen Stellen den Rückgang der Arbeitslosenquote übertroffen.

Das Ausmass dieser Veränderungen ist historisch beispiellos.

Verschiebungen, veränderte Qualifikationsanforderungen und geografische Streuung können eine Rolle spielen. Es ist jedoch noch vieles unbekannt, was die Verschiebung ausgelöst hat, lautet das Fazit der Ökonomen im Dienst der Richmond Fed.



Beveridge Kurve hat sich deutlich nach aussen verschoben, Graph: Richmond Fed, Oct 2021, Economic Brief No. 21-36 


Dienstag, 26. Oktober 2021

Larry Summers und der Mythos von «inflationsneutraler Arbeitslosenquote»

"Die Ansicht, dass es eine große Flaute («slack») auf dem Arbeitsmarkt gibt, erscheint im Moment absurd", sagte Larry Summers am Freitag in einem Interview mit David Westin von Bloomberg TV

Die Erwerbsquote lag im September bei 61,6 %, gegenüber einem Durchschnitt von 62,9 % in den fünf Jahren bis 2019.

Der ehemalige US-Finanzminister, ein bezahlter Mitarbeiter von Bloomberg, fügte hinzu, dass der sich verengende Arbeitsmarkt einer der Gründe sei, warum er sich Sorgen um die Inflation mache, und dass die Investoren diese Ansicht nun zunehmend teilten.



US-Haushalt: Defizit und Überschuss im Verhältnis zum BIP, Graph: WSJ, Oct 23, 2021 


Dienstag, 19. Oktober 2021

Stagflation und «First-do-no-harm» Ansatz

Inflation ist in aller Munde. 

Nach zwei enttäuschenden monatlichen Arbeitsmarktberichten in Folge wächst in Social Media die Sorge, dass die US-Wirtschaft in eine Phase der «Stagflation» eintreten könnte.

Zur Erinnerung: Der Begriff wird verwendet, um die 1970er Jahre zu beschreiben, als die wirtschaftlichen Bedingungen durch hohe Arbeitslosigkeit und hohe Inflation gekennzeichnet waren. 

Der Inflationsschub wurde damals v.a. durch das Erdölembargo der OPEC-Länder getrieben.

Doch der Vergleich mit den 1970er Jahren hinkt, notiert St. Galler Kantonalbank im Daily Focus.

«Damit der Anstieg der Energiepreise so stark auf die Inflationsrate durchschlägt wie damals, müssen sie über mehrere Jahre konstant stark steigen. Dass dies wieder geschehen wird, ist unwahrscheinlich», so die kurze Analyse aus St. Gallen.



Misery Index - Die Ängste von Stagflation werden durch die Erfahrungen der 1970er Jahre in den Schatten gestellt, Graph: JPMorgan AM, Oct 18, 2021


Sonntag, 17. Oktober 2021

A Job Guarantee

Buchbesprechung

Pavlina R. Tcherneva: The Case for A Job Guarantee”, Polity Books, June 2020.


Bevor das Coronavirus zuschlug, debattierte die Demokratische Partei über zwei ehrgeizige politische Pläne: die Arbeitsplatzgarantie (Job Guarantee) und ein universelles Grundeinkommen (universal basic income).

Ein universelles Grundeinkommen (UBI) wäre eine Art Scheck, der regelmässig an jede Person im Land gesendet würde. Die Idee ist, einen Boden für den Lebensstandard aller zu schaffen.

Eine Arbeitsplatzgarantie (JG) ist im Wesentlichen eine öffentliche Beschäftigungsmöglichkeit: Wer Arbeit will, bekommt einen Job in seiner Gemeinde, finanziert vom Bund mit Sozialleistungen zu einem angemessenen Existenzminimum.

Pavlina Tscherneva beschreibt in ihrem Buch, dass die Aufgabe von JG darin besteht, sowohl Arbeitslosigkeit als auch Hungerlohn zu beseitigen. Die Jobgarantie ist quasi das Gegenmittel zur NAIRU (non accelerating inflation rate of unemployment).

Im Universum der makroökonomischen Stabilisierungspolitik gibt es laut Tscherneva nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir setzen weiter auf den bestehenden Stabilisator der Arbeitslosigkeit oder wir ersetzen ihn durch einen Beschäftigungsstabilisator.

JG ist das letztere, ein Beschäftigungsprogramm mit existenzsichernden Löhnen, das sich mit den Veränderungen der wirtschaftlichen Bedingungen ausdehnt und schrumpft.

Donnerstag, 14. Oktober 2021

Korrelation zwischen Aktien und Bonds

Die 40-Tage-Korrelation zwischen US-Treasuries und dem S&P 500 Index nähert sich aufgrund der Inflationsrisiken wieder dem positiven Bereich. 

Was damit einhergeht, ist ein Performance-Rückgang bei einem Risikoparitäts-Benchmark Portfolio.

Wenn die beiden Vermögenswerte nicht mehr diversifizieren, wird das Portfolio volatiler, was wiederum die Portfolio-Manager zum Abbau von Risiko zwingt. 

Bislang war es so, dass sowohl Anleihen als auch Aktien im Laufe der Jahre angestiegen sind.



Aktien & Bonds Korrelation wird wieder positiv, Graph: Justine Lee, Bloomberg, Oct 11, 2021 


Mittwoch, 13. Oktober 2021

Schulden und Zinsen

Vergangene Woche machte die Nachricht die Runde, dass die weltweite Verschuldung bis zum Jahresende auf etwa 260% in Relation zum BIP steigen könnte.

S&P Global Ratings hat im gleichen Atemzug hinzugefügt, dass die Fähigkeit, die Schulden zu bedienen, aufgrund der niedrigen Zinssätze überschaubar sein würde.

Es gab eine Zeit, in der uns allen gesagt wurde, dass die Höhe der Verschuldung wichtig sei, und dass alles, was über 90 % des BIP liege, in der Tat sehr schlecht sei.

Heute sind die Kosten für die Bedienung der Schulden in vielen Ländern der Welt praktisch gleich Null und tragen in einigen Fällen sogar netto zum Staatshaushalt bei.

Um herauszufinden, wie groß der Unterschied bei den Tilgungskosten (servicing cost) sein kann, deutet Lorcan Roche Kelly in seiner Bloomberg-Kolumne auf Irland hin.



Irlands Staatsanleihe (2025), Graph: Lorcan Roche Kelly, Oct 11, 2021, Bloomberg 


Montag, 11. Oktober 2021

Mehr offene Stellen als Arbeitssuchende - Was nun?

Seit Mai ist die Zahl der verfügbaren Arbeitsplätze höher als die Zahl der arbeitssuchenden Amerikaner. 

Ein Faktor ist die Diskrepanz zwischen dem Ort, an dem die Menschen arbeiten wollen, und den Branchen, die Stellen anbieten.

Darüber hinaus ist es wichtig, zu beobachten, dass die Unternehmen im Allgemeinen nicht gerne Arbeitslose einstellen, vor allem keine Langzeitarbeitslosen.

Sie stellen lieber Leute ein, die bereits arbeiten oder kleinere Lücken in ihrer Berufserfahrung haben.

Unternehmen zögern, Langzeitarbeitslose einzustellen, weil sie 9 Monate Arbeitslosigkeit mit 4 Jahren verlorener Berufserfahrung gleichsetzen.



In der US-Wirtschaft gibt es seit Mai 2021 mehr offene Stellen als Arbeitssuchende, Graph: WSJ, Aug 10, 2021 


Freitag, 8. Oktober 2021

Inflation und Schulden: Umfang versus Kosten

Die Debatte darüber, ob der jüngste Anstieg der Inflation gemessen am Verbraucherpreis-Index vorübergehend ist oder nicht, setzt sich lebhaft fort.

Und die Zentralbanken bleiben auf beiden Seiten des Atlantiks am Ball. 

Während das Wirtschaftswachstum sich weiterentwickelt, wird sich die Fed wahrscheinlich langsamer bewegen, als ihre Prognosen vermuten lassen, den Kurs der unkonventionellen Geldpolitik nach und nach zurückzufahren.

Die Inflation könnte zwar etwas stärker ausfallen als erwartet, aber es scheint unwahrscheinlich, dass wir in eine ähnliche Phase wie in den 1970er Jahren eintreten, wie David Lebovitz von JPMorgan AM notiert.

Die Fed hat das Mandat, für stabile Preise und maximale Beschäftigung zu sorgen. Die Verschuldung wird dabei nicht erwähnt. Dennoch gibt es keinen Zweifel daran, dass die Fed nach Kräften dazu beitragen will, die öffentliche Verschuldung nicht entgleiten zu lassen.

Die Fed schickt sich ja gerade an, die Anleihekäufe demnächst zu reduzieren und schließlich die Zinssätze zu erhöhen. Doch wenn sie zu schnell handelt, könnte sie die Wirtschaft ersticken, indem sie die Schuldenlast verteuert.



Das Dilemma der US-Schuldenobergrenze («debt-ceiling»): Aus Anlagesicht dürfte die erhöhte Unsicherheit wahrscheinlich für zusätzliche Volatilität an den Aktien- und Kreditmärkten sorgen, Graph: David Lebovitz, JPMorgan AM, Sept 30, 2021

Freitag, 1. Oktober 2021

Competition is killing us

Buchbesprechung

Michelle Meagher: Competition is killing us – How Big Businesses is harming our society and Planet and what to do about it, Penguin Business, Sept 2021.


Michelle Meagher will in diesem Buch den gegenwärtig vorherrschenden Ansatz, wie wir mit der Wirtschaft interagieren, herausfordern. Und sie setzt sich direkt mit Themen wie Macht, Ungleichheit und sozialem Schaden auseinander. 

Ihrer Ansicht nach sind Märkte nicht wirklich frei; sondern das Ergebnis einer Reihe komplexer politischer und regulatorischer Entscheidungen.

Sie unterstreicht mit Nachdruck, dass es ein Mythos ist, dass Unternehmen konkurrieren, indem sie versuchen, den Bedürfnissen der Gesellschaft am besten zu entsprechen. 

In Wirklichkeit konkurrieren die Unternehmen um Macht, um die Vorteile ihrer Aktionäre, und zwar in einer Weise, die der Gesellschaft schadet («spillover» Effekte).

Das Wettbewerbsrecht (in Europa) heisst in den USA das «Antitrust» Gesetz. Das Kartellrecht war eine Antwort auf die Macht der Trusts. 

Das Wort "Kartellrecht" («anti-trust») stammt aus der ursprünglichen Motivation der Gesetzgebung, die Industriekonsolidierung aufzubrechen, die die rechtliche "Trust"-Struktur genutzt hatte, um sich der Regulierung zu entziehen.

Sonntag, 26. September 2021

Bonität der US-Staatsanleihen und Streit um Schuldenobergrenze

Bloomberg erinnert uns: Vor 10 Jahren (im August 2011) unternahm Standard & Poor’s (S&P) den beispiellosen Schritt, die makellose AAA-Bewertung (rating) der US-Schulden (gemessen an US-Staatsanleihen) herabzusetzen.

Die Ratingagentur erklärte damals, sie sei durch die "politischen Querelen" im Kongress zum Handeln gezwungen worden, wo die zyklischen Dramen um die Anhebung der Schuldenobergrenze (debt ceiling) zur Vermeidung eines Zahlungsausfalls die größte Volkswirtschaft der Welt "weniger stabil, weniger effektiv und weniger vorhersehbar" machten. 

Ein Jahrzehnt später zeigt die S&P keine Anzeichen dafür, die Entscheidung rückgängig zu machen. Doch die politische Brinkmanship um die Schuldenobergrenze (debt ceiling) blüht heute wieder auf. Der Leader der Minderheit im Senat, Mitch McConnell weigert sich, mit Demokraten zusammenzuarbeiten, da im Oktober ein weiterer Termin für die Schuldenobergrenze ansteht.



Die Rendite der Staatsanleihen in USD seit der Rating-Herabstufung der USTs, Graph: Matthew Winkler, Bloomberg, Sept 23, 2021 

Donnerstag, 23. September 2021

Future Tech - Moonshots

Phantasie beflügelt Innovation.

Es lohnt sich, immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass die Einführung vieler Technologien wie z.B. Smartphones oder erneuerbare Energien die Prognosen von Experten um Jahrzehnte übertroffen hat.

Ein wichtiger Grund ist sicherlich, dass wir linear denken, während der Fortschritt in Wirklichkeit exponentiell verläuft.

Vor diesem Hintergrund spricht Bank of Amerika (BofAM), US-Investmentbank in einer aktuellen Studie über radikale Zukunftstechnologien (auch «moonshots» genannt), wie die High Tech dazu beiträgt, z.B. Medikamente besser, billiger und schneller herzustellen und wie die Zustellung Einzelhändlern hilft, mit Amazon zu konkurrieren.



Das Ausbleiben einer Korrektur auf Indexebene ist auf die anhaltende Outperformance der größten Namen im S&P 500 zurückzuführen, von denen viele im Technologiesektor angesiedelt sind, Graph: JPMorgan, Sept 20, 2021

Sonntag, 19. September 2021

Gespenst von Weimar: Inflation versus Deflation

Es war nicht die Inflation der frühen zwanziger Jahre (1923), die Hitler an die Macht brachte, sondern die Deflation der dreissiger Jahre (1932).

Hyperinflation: 1921-1924

Deflation: 1930-1932 

Bloomberg hat am Freitag dazu eine übersichtliche Abbildung vorgestellt. Andreas Kluth, der Autor des Artikels zitiert dabei eine aktuelle Arbeit von drei Wirtschaftswissenschaftlern:

Lukas Haffert, Nils Redeker und Tobias Rommel, Forscher an der Universität Zürich, der Hertie School of Governance in Berlin bzw. der Technischen Universität München führten im Rahmen einer Forschungsarbeit Umfragen durch, in denen sie die Teilnehmer baten, die Inflation in den Jahren 1923 und 1932 zu schätzen. 

Die meisten waren der Meinung, dass die Preise auch im Jahr 1932 (*) in die Höhe schossen. Fast niemand wusste, dass die Preise in diesem Jahr fielen. 



Hyperinflation: 1921-1924 und Deflation: 1930-1932, Graph: Andreas Kluth, Bloomberg, Sept 18, 2021


Mittwoch, 15. September 2021

Niedrige Zinsen und freie Kapazitäten der Wirtschaft

Gemäss den aktuellen Berechnungen der Atlanta Fed beträgt der Schatten Fed Funds Rate derzeit minus 1,80%

In normalen wirtschaftlichen Zeiten verwenden Wirtschaftswissenschaftler in vielen Wirtschaftsmodellen den Leitzins (Fed Funds Rate), den Zinssatz, zu dem sich Banken über Nacht gegenseitig Geld leihen. 

Im Jahr 2009 erreichte der Leitzins jedoch den Nullpunkt, und die Geldpolitik geriet in den Bereich, der als "untere Nullgrenze" («zero lower bound» bezeichnet wird. 

Wenn dies geschieht, funktioniert der Leitzins in den Modellen nicht mehr. 

Jing Cynthia Wu und Fan Dora Xia von der Chicago Booth University entwickelten vor diesem Hintergrund einen alternativen Schatten-Leitzins, der negativ sein kann und die zusätzliche mengenmässige Lockerung (QE: quantitative easing) der Fed durch unkonventionelle Maßnahmen (z.B. QE-policy und forward guidance) widerspiegelt. 

Das Minus-Zeichen deutet darauf hin, dass der Leitzins nicht niedrig genug ist, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das bedeutet wiederum, dass die Wirtschaft über freie Kapazitäten verfügt, was schliesslich auch durch die nach wie vor extrem hohe Arbeitslosigkeit (offiziell: 8,4mio Menschen) reflektiert wird.



Schatten Fed Funds Rate (Shadow Fed Funds Rate), Fed Funds Rate ist der Zinssatz, zu dem die amerikanischen Finanzinstitute Geld untereinander leihen, um ihre Salden bei der Fed über Nacht auszugleichen, Graph: Atlanta Fed, Sept 13, 2021 

Montag, 13. September 2021

Mission Economy

Buchbesprechung

Mariana Mazzucato: Mission Economy – A Moonshot Guide to Changing Capitalism, Allen Lane, Penguin Books, 2021


Das ist kein VWL-, sondern ein BWL-Buch. Es geht nicht um makro-, sondern um mikro-Ökonomie. Das Anliegen ist eine Art Projektmanagement. Das heisst, der Prozess der Leitung der Arbeit eines Teams. Und das Team besteht aus dem Privat- und dem öffentlichen Sektor. 

Mariana Mazzucato lädt in ihrem neuen Buch die Leserschaft ein, über den Kapitalismus durch ein Überdenken des Staates neu nachzudenken. Denn der Kapitalismus ist in der Krise. Zielsetzung ist, dass der Staat sich als lernende Organisationen versteht. 

Die Professorin in «Economics of Innovation und Public Value» an dem University College London argumentiert, dass Märkte nicht das Ergebnis individueller Entscheidungen sind, sondern davon abhängen, wie jeder wertschöpfende Akteur (einschließlich der Regierung selbst) regiert wird. 

In diesem Sinne sind Märkte in Regeln, Normen und Verträge eingebettet, die das Verhalten von Organisationen, Interaktionen und institutionelle Strukturen beeinflussen. 


Montag, 6. September 2021

Infrastrukturprogramm und Verschuldung: Staat versus private Haushalte

Die US-Investmentbank, Bank of America, BofA liefert eine beachtenswerte Abbildung, was die Finanzschulden von börsenkotierten amerikanischen Unternehmen betrifft.

Wenn man die Finanzverschuldung der US-Unternehmen (Anleihen und Kredite) in absoluten Dollarbeträgen misst, ist sie in den letzten drei Jahrzehnten um das Vierfache auf 11,2 Mrd. $ gestiegen. 

Vergleicht man jedoch die Unternehmensverschuldung mit dem Marktwert des Eigenkapitals, so stellt man fest, dass sie sich derzeit auf einem Rekordtief von 25 % befindet. 

Was auffällt, ist, dass die Aktienkurse börsennotierter Unternehmen schneller gestiegen sind als die Verschuldung von Unternehmen.

Das bedeutet, dass die Anleger in US-Unternehmensanleihen noch nie durch einen höheren Aktienwert abgesichert waren. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass die Messlatte für die Unternehmen sehr hoch liegt, wenn sie ihre Eigenkapitalbewertungen organisch rechtfertigen wollen, ohne sich zu verschulden. 



Unternehmen: Schulden in Relation zum Eigenkapital, Graph: BofA, Aug 29, 2021

Sonntag, 29. August 2021

Fed-Chef Powell erklärt: Inflation und Lohnstückkosten

Fed-Chef Jerome Powell hat am Freitag in seiner Rede auf der Jackson Hole Konferenz signalisiert, dass die US-Notenbank noch in diesem Jahr damit beginnen könnte, die Anleihekäufe (QE-policy) zurückzufahren, wenn sich die Wirtschaft (v.a. der Arbeitsmarkt) wie erwartet entwickelt.

Da die Fed die Erwartungen bekräftigt hat, sind die Aktien gestiegen und die Renditen der Staatsanleihen gesunken.

Powell hat in klaren Worten erklärt, dass die US-Notenbank eine Reihe von Messgrößen heranzieht, die erfassen sollen, ob Preissteigerungen bei bestimmten Gütern auf die allgemeine Inflation übergreifen. 

Dazu gehören getrimmte Mittelwerte und Messwerte ohne Gebrauchsgüter, die kurz vor der Pandemie berechnet wurden. 

Diese Messgrößen zeigen im Allgemeinen, dass die Inflation bei oder nahe am längerfristigen Ziel von 2 % der Fed liegt (siehe die erste Abbildung). 

„Wir wären besorgt, wenn es Anzeichen dafür gäbe, dass sich der Inflationsdruck auf breiterer Basis in der Wirtschaft ausbreitet“, so Powell weiter.



Die Messwerte für die breit angelegte Inflation bleiben im Allgemeinen moderat, Graph: Jerome Powell, Aug 27, 2021, Fed.


Dienstag, 24. August 2021

EZB zwischen Deflation und Inflation

Die EZB hat sich kürzlich ein neues Inflationsziel gesetzt. Das bedeutet eine Änderung ihrer geldpolitischen Strategie. Notenbank Chefin Christine Lagarde strebt künftig eine jährliche Teuerungsrate von 2% für den Euroraum an.

Philip Lane, Mitglied des Direktoriums der EZB hat am vergangenen Donnerstag in einem Vortrag erläutert, was die neue geldpolitische Strategie ist und welche Implikationen sie für die Zinssteuerung hat. 

Die neue geldpolitische Strategie enthält zwei Neuerungen, die eine Aktualisierung der Zinsvorgaben rechtfertigten: 

erstens die Neudefinition des Preisstabilitätsziels als symmetrisches mittelfristiges Inflationsziel von 2 % und 

zweitens die bedingte Verpflichtung, die Auswirkungen der effektiven Untergrenze (effective lower bound) zu berücksichtigen, wenn die EZB die Politik in einem Umfeld strukturell niedriger Nominalzinsen durchführt.

Lane hat weiter unterstrichen, dass das Inflationsziel von zwei Prozent eine ausreichende Sicherheitsmarge bieten soll, um die Wirksamkeit der Geldpolitik bei der Reaktion auf disinflationäre Schocks zu schützen. 



"Angst vor Arbeitslosigkeit" (*), in: “The Economics of Walking About and Predicting Unemployment”, Aug 2021, Graph: David Blanchflower & Alexander Bryson, NBER Paper, Aug 2021.


Samstag, 21. August 2021

Infrastrukturpakete und neue Arbeitsplätze

Aus dem am Mittwoch veröffentlichten Protokoll (minutes) der Sitzung der Fed vom 27./28. Juli geht hervor, dass die meisten Teilnehmer die Ansicht vertreten, dass die Lage am US-Arbeitsmarkt noch nicht zufriedenstellend ist.

Die US-Wirtschaft benötigt weiterhin Unterstützung in Form von lockerer Geldpolitik und expansiver Fiskalpolitik.

Auch wenn manche Teilnehmer eine Reduzierung der monatlichen Käufe von Anleihen durch die Fed für angebracht halten, bedeutet es nicht, dass die Fed demnächst die Zinsen erhöhen muss.

Der US-Senat hat am 11. August einen 3,5 Billionen USD schweren Haushaltsentwurf parteiübergreifend gebilligt und damit der Biden Administration ermöglicht, Massnahmen in den Bereichen Klimawandel, Gesundheitswesen und Bildung zu finanzieren und gleichzeitig die Steuern für wohlhabende Menschen und Unternehmen zu erhöhen.

Biden hat die Erneuerung der amerikanischen Infrastruktur (das Paket umfasst rund 1 Billionen USD) zu zentralen politischen Zielen erklärt. Und Präsident erhofft sich davon Millionen neuer Arbeitsplätze.



Der Multiplikator von Infrastrukturinvestitionen ist im Vergleich zu anderen fiskalischen Ausgabeninitiativen groß; er liegt zwischen 0,5 und 1,2, was bedeutet, dass für jede 100 USD, die für die Infrastruktur ausgegeben werden, das BIP mittelfristig um 50 bis 120 USD erhöht wird, Graph: Ethan Harris, BofA, Aug 13, 2021.


Freitag, 20. August 2021

Money

Buchbesprechung

Geoffrey Ingham: “Money – What is political economy?” Polity Press, Cambridge UK, Jan 2020.


Die anhaltende Debatte, die im Sog der GFC (Global Finance Crisis) 2007-2008, ausgelöst wurde, wie das moderne Geldsystem funktioniert, zeigt, dass es keine Einigung über die Grundsätze und die Verwaltung der Geldversorgung gibt. 

Ein Meilenstein war allerdings die Anerkennung der "endogenen" Geldschöpfung durch das Bankensystem von der Bank of England (BoE) mit ihrer impliziten Akzeptanz (März 2014) der Kredittheorie des Geldes.

Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass diese Auffassung von Geld in der Soziologie und in heterodoxen Wirtschaftsschulen bereits seit dem 19. Jahrhundert existiert. Banker waren sich schon immer bewusst, dass Geld als Kredit-Schulden-Verhältnis entsteht.

Geoffrey Ingham schreibt in seinem neuen Buch, dass die Geldfrage zwei Elemente hat: erstens eine angemessene Theorie des Geldes, was es ist und wie es produziert wird, und zweitens die wesentliche politische Dimension: 

Wer kontrolliert die Geldproduktion, wie viel und zu welchem Zweck? 

Der emeritierte Dozent für Soziologie und politische Ökonomie an der Universität Cambridge und Fellow des Christ's College erklärt weiter, dass es, trotz der hartnäckigen ideologischen Versuche, Geld der natürlichen Welt oder zumindest außerhalb des sozialen Bereichs zuzuordnen, seit der ersten Verwendung von Geld bekannt ist, dass es sich dabei um eine "Sozialtechnologie" handelt, die als "Produktionskraft" die Wirtschaftstätigkeit anregen kann. 

Donnerstag, 12. August 2021

Pandemie und Haushaltsdefizit: Viel Lärm um nichts?

Donald Trump hat gleich zu Beginn seiner Amtszeit eine Steuerreform angepackt. 

Seine Steuersenkungen haben den Spitzenverdienern riesige Gewinne beschert, ohne allerdings Investitionen für den Rest der Bevölkerung auszulösen.

Und das Haushaltsdefizit ist signifikant angestiegen.

Trumps Nachfolger, Joe Biden hat mit der Amtsübernahme aussergewöhnliche Massnahmen getroffen, um die Corona-Pandemie einzudämmen und Bevölkerung sowie Unternehmen finanziell zu unterstützen. 

Geld wurde direkt an die Menschen geschickt, damit sie Lebensmittel kaufen und die Miete bezahlen. Die Gesundheitsversorgung wurde ausgebaut, um mehr Menschen in Not zu helfen.

Das Haushaltsdefizit ist gestiegen. Aber die USA hatten die kürzeste Rezession in der amerikanischen Geschichte.

Biden hat all dies getan, ohne Steuern zu erhöhen, während ein Grossteil der Wirtschaft angesichts der Covid-19 Krise vorübergehend lahmgelegt worden («lockdown») war.



Finanzierungssalden: Regierung versus Privatwirtschaft, Graph: Stephanie Kelton, Aug 10, 2021 

Montag, 9. August 2021

Zentralbankkapitalismus

Buchbesprechung

Joscha Wullweber: «Zentralbankkapitalismus» – Transformationen des globalen Finanzsystems in Krisenzeiten, Suhrkamp Verlag, Berlin, 06 Juni 2021.


Die modernen Zentralbanken nehmen eine Reihe von Aufgaben wahr. Das vorrangige Ziel ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten und die Beschäftigung zu fördern.

Die Finanzstabilität sollte aber auch auf dem Radarschirm sein. Tatsächlich wurden die meisten Zentralbanken gegründet, um ein endemisches Problem der Instabilität von Finanzsystem zu lösen.

Dieses von Joscha Wullweber neulich verfasste Buch befasst sich ausführlich mit der Rolle der Zentralbanken in Krisenzeiten. Dass die Aufgabe des Kreditgebers der letzten Instanz (lender of last resort) in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, ist sicherlich ein offenes Geheimnis. 

Bekannt ist zudem auch, dass die zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen Zentralbanken zur Stärkung der Wirksamkeit von nationalen Massnahmen zugenommen hat. 

Wullweber, Heisenberg-Professor für Politische Ökonomie, Transformation und Nachhaltigkeit an der Universität Witten-Herdecke, beschreibt uns die radikale und tiefgreifende Veränderung der Wirtschafts- und Finanzsysteme, die in der globalen Finanzkrise (GFC 2007-2008) offenbar geworden ist.

Seine Schlussfolgerung lautet, dass das heutige globale Finanzsystem ohne die Interventionen der Notenbanken nicht mehr funktionieren kann. 

Sonntag, 8. August 2021

Anleihen mit Negativrendite und das Erbe nach der Pandemie

Die Bank of Japan (BoJ) besitzt fast die Hälfte der Staatsanleihen des Landes (JGB) und wartet immer noch auf Inflation. Diese Anleihen werden kaum gehandelt. An einem Tag in dieser Woche wurde die 10-jährige Benchmark-Anleihe nicht gehandelt.

Japan hat den zweitgrößten Staatsanleihenmarkt der Welt. Die 10-jährige Benchmark-Anleihe des Landes erreichte Anfang dieser Woche zum ersten Mal in diesem Jahr 0 %

Doch nur wenige Traders scheinen sich darum zu kümmern. China ist inzwischen die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt und bietet einen dementsprechend grossen Markt für festverzinsliche Wertpapiere und Zinssätze. Bloomberg bezeichnet China-Anleihen als „JGB für Millennials“.



USD-Terminmärkte preisen derzeit eine reale Fed Funds Rate von etwa minus 40 Basispunkten ein, Graph: J. Safra Sarasin Bank, Aug 06, 2021 


Freitag, 6. August 2021

Wann kommt die erste Zinserhöhung?

Morgan Stanley Research Team erwartet auf der FOMC-Sitzung im September «forward guidance» mit einer formellen Ankündigung von Tapering im März 2022.

Die erste Zinserhöhung dürfe daher im 3Q2023 stattfinden. Der Einschätzung der US-Investmentbank nach wird die Fed es vermeiden, ein weiteres Taper Tantrum entstehen zu lassen. 

Dennoch werden das Tempo von Tapering und die voraussichtliche Geschwindigkeit der Zinserhöhungen als die grössten Risiken betrachtet.

Der vom Markt (Futures) erwartete Zeitpunkt für kurzfristige Zinserhöhungen hat sich seit Anfang Juni geringfügig nach vorne verschoben. 


Die Marktwahrnehmung des Zeitpunkts von Fed Zinserhöhungen, Graph: Morgan Stanley, Aug 03, 2021


Mittwoch, 4. August 2021

EZB und Inflation als Sehnsuchtsziel

Bundesbankpräsident schlägt Alarm. Jens Weidmann warnt vor einer Inflationsrate, die in Richtung 5% geht. 

Begründung: Die EZB hat (nach 18-monatiger Überprüfung ihrer Strategie) die angestrebte jährliche Teuerungsrate im Euro Raum auf 2% erhöht, um sich in Sachen Inflation mehr Spielraum zu verschaffen. 

Die EZB hat damit die Bereitschaft unterstrichen, mittelfristig Preisstabilität im Währungsraum der 19 Staaten sicherzustellen, zumindest zeitweise «moderat über dem Zielwert» liegende Inflationsraten zu akzeptieren.

Ist aber die Warnung vor einem rasanten Anstieg der Inflation gerade jetzt angemessen?

Die Mehrzahl der Ökonomen ist sich einig, dass das höchste Tempo der Inflation vorübergehend ist, wie von der EZB und der Fed inzwischen mehrfach hervorgehoben wurde.

Es gibt im Allgemeinen zwei Ursachen für die Inflation: hohe Nachfrage und stark steigende Kosten. Beide Faktoren sind heute Mangelware. Ohne Lohnwachstum ist es kaum möglich, Inflation anzuheizen. 

Die in der ersten Jahreshälfte 2021 ausgehandelten Lohnverträge in Deutschland beispielsweise werden 2021-2022 nur bescheidene Lohnerhöhungen aufweisen.

Die Zinsen werden nur dann steigen, wenn das Wirtschaftswachstum zurückkehrt.

Wie das Research-Team der Nordea Bank mit der folgenden Abbildung zeigt, befinden sich EUR 5y5y Realzinsen (gelbe Linie) derzeit auf einem neuen Rekordtief.



EUR 5y5y Real-Zinsen (der 5-jährige inflationsindexierte Termin-Satz in 5 Jahren), Graph: Nordea Bank, Aug 01, 2021


Sonntag, 1. August 2021

Fed und Tapering

Fed-Chef Jerome Powell hat am Mittwoch nach der Sitzung des Offenmarkt-Ausschusses (FOMC) erklärt, dass die Wirtschaft wesentliche weitere Fortschritte bei der Erreichung der Ziele Vollbeschäftigung und der Preisstabilität realisieren muss, damit das Tapering eingeläutet werden kann.

Das Tapering ist, wenn die Währungshüter dazu übergehen, das Anleihekaufprogramm ($120Mrd. pro Monat) zu reduzieren. Wichtig ist aber, nicht zu vergessen, dass das Tapering nicht das Ende der lockeren Geldpolitik bedeutet.

Powell hat zudem gesagt, dass die Wirtschaft auf dem Weg dahin Fortschritte gemacht hat. Das kann als Hinweis darauf gedeutet werden, dass die amerikanische Notenbank nach der Sitzung im September oder im Dezember den Zeitpunkt von Tapering konkret in den Raum stellen könnte.

Der Arbeitsmarkt ist jedoch noch ein gutes Stück von der Vollbeschäftigung entfernt. Er möchte ein paar starke Arbeitsmarktberichte sehen, so Powell an der Medienkonferenz im Anschluss der FOMC-Sitzung.



Das BIP der Eurozone wird im Gegensatz zu dem der USA erst im nächsten Jahr wieder das Niveau von vor dem COVID erreichen, Graph: FT, July 29, 2021