Mittwoch, 13. Juli 2011

Wie optimal ist die EWU?

Die Eurozone-Krise stellt eine beispiellose Herausforderung für die politischen Entscheidungsträger in Europa dar. Eine sehr eigenartige Situation ist entstanden, schreibt Carlo Favero in einem lesenswerten Artikel („Is Europe an optimal currency area?“) in voxeu.

Eine gemeinsame, flächendeckende Geldpolitik ist mit länderspezifischen, sehr heterogenen, nominalen und realen langfristigen Renditen verbunden, bemerkt der Direkto der PhD Programme an der Bocconi University und CEPR Research Fellow.

Der Ökonom liefert drei anschauliche Abbildungen und unterscheidet dabei zwischen drei verschiedenen Phasen von Rendite-Spreads und Inflationsunterschieden in Europa.


Panel 1) Deutsche Staatsanleihen (10 Jahre) Rendite und Inflation in Deutschland, Panel 2) Spreads gegenüber German Bunds, und Panel 3) Inflationsunterschiede gegenüber Inflation in Deutschland, Graph: Carlo Favero

(1) In der Vor-EMU-Phase gab es beträchtliche nominale Rendite-Differenzen mit vergleichbaren Inflationsunterschieden, welche sich aus relativen Wechselkursbewegungen ergeben haben.

(2) Nach nur einem Jahr der Einführung der EMU (EWU: Europäische Währungsunion) hat der Markt für festverzinsliche Staatspapiere die Form eines nahezu vollkommen integrierten Marktes angenommen. Die Spreads zwischen High-Yield-Mitgliedstaaten (Portugal, Italien, Spanien) sind von einem Spitzenwert von 300 Basispunkten in der Vor-EWU-Phase auf weniger als 30 Basispunkte nach der Euro-Einführung gefallen.

Die realen Renditen haben sich aneinander angenähert (Konvergenz), während das Inflationsgefälle schnell verschwunden ist. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Länderanleihen blieb fast zehn Jahr niedrig.

(3) Nach dem Platzen der Subprime-Blase und der Euro-Krise sind die Unterschiede zwischen nominalen Renditen in verschiedenen Ländern sehr heterogen geworden. Das Inflationsgefälle blieb jedoch während dieses Zeitraums niedrig. Die hohen nominalen Spreads haben aber hohe reale Spreads generiert.

Die EZB kontrolliert die kurzfristigen Zinsen mit der Geldpolitik. Aber die Investitions- und Konsumentscheidungen und damit das Wachstum hängen von der realen Rendite der langfristigen Staatsanleihen ab, welche in den verschiedenen EWU-Ländern sehr heterogen sind.

Da die langfristigen Renditen von den nationalen Fundamentaldaten und der Stimmung im Markt beeinflusst werden, erreichen die gleichen monetären Impulse die unterschiedlichen Volkswirtschaften in sehr unterschiedlicher Weise, hält Favero fest.

Hohe langfristige Renditen beeinflussen den Konsum und die Investitionen negativ.

Die Existenz einer gemeinsamen Währung hat laut Favero die Wachstumsdifferenzen davor abgehalten, durch Wechselkursbewegungen ausgeglichen zu werden. Deswegen sehen sich heute die Länder mit Problemen im Hinblick auf die fiskalische Nachhaltigkeit mit hohen Lohnstückkosten und dem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit konfrontiert. Und das macht die Aussichten für die Stabilisierung der Haushaltsdefizite und der Verschuldung noch düsterer.

Fazit: Es ist sehr dringend, dass die Mitgliedstaaten mutige fiskalische Massnahmen ergreifen, um die Konvergenz der langfristigen Renditen in Europa wiederherzustellen.

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