Montag, 30. Juni 2008

Rohstoffpreise: CRB Index’ beste Performance seit 35 Jahren

Während viele Aktien-Indizes Ende Juni auf neue Tiefstände zurückfielen, kostete ein Barrel Öl erstmals mehr als 142 Dollar. Während Marktakteure über die Rolle der Spekulation debattieren, erklimmt der Preis für Rohöl neue Rekordstände. Der Ölpreis ist allein in diesem Jahr um mehr als 40% gestiegen. Die anhaltende Schwäche des US-Dollars und die steigende Inflation treiben immer mehr Investoren in den Rohstoffmarkt. Der Reuters/Jeffries CRB Index, der die Preise von 29 Rohstoffen erfasst, legte im ersten Halbjahr 29% zu. Das entspricht dem stärksten Anstieg seit 1973.

Für amerikanische Autofahrer ist die Schmerzgrenze bereits erreicht. Im Durchschnitt aller Bundesstaaten kostet die Gallone Benzin (3,8 Liter) jetzt etwas mehr als 4 Dollar. Die zunehmenden Energiekosten lasten auf Konsumenten. Der Privatverbrauch macht in den USA ein Drittel der Wirtschaftsleistung aus. Die Preisexplosion bei Benzin und Rohöl ruft jetzt Politiker auf den Plan.

Samstag, 28. Juni 2008

EU-Zinssteuer

Natürliche Personen mit Steuerwohnsitz in einem EU-Land und einem Konto in der Schweiz zahlen seit 1. Juli 2005 eine Quellensteuer auf Zinserträge. Der Quellensteuersatz wird nun am 1. Juli von 15 auf 20% erhöht. Das wurde im Zinsbesteuerungsabkommen, das im Juli 2005 in Kraft trat, zwischen der Schweiz und der EU 2004 vereinbart. Gemäss diesem Staatsvertrag müssen Schweizer Zahlstellen, d.h. die Banken auf Zinserträge an betroffene Personen einen Steuerrückbehalt erheben. Bei diesem Vorgehen wird das Bankkundengeheimnis nicht berührt. 2007 hat die Steuer 653 Mio. CHF eingebracht.

Betroffen sind folgende Zinserträge:

Periodische Coupon-Zahlungen bei Anleihen,
Zinsen auf Treuhandanlagen,
Zinsen auf Geldmarktanlagen,
Aufgelaufene Zinsen bei Verkauf oder Rückzahlung von Zero-Bonds,
Ausschüttungen von Investmentfonds, sofern in der Ausschüttung quellensteuerpflichtige Zinserträge enthalten sind,
Verkaufserlöse von Investmentsfonds, sofern im Verkaufserlös quellensteuerpflichtige Zinserträge enthalten sind.

Nicht betroffen sind folgende Zinserträge:

Zinsen auf Anleihen von Schweizer Emittenten, da diese Zinsen bereits der Schweizer Verrechnungssteuer von 35% unterliegen,
Zinseinkünfte auf Anleihen, die vor dem 1. März 2001 emittiert worden sind und bei denen ab dem 1. März 2002 keine Aufstockungen vorgenommen wurden (sog. „grandfathered“ Anleihen),
Ausschüttungen und Kursgewinne von strukturierten Anlagen (wie z.B. Indexzertifikate usw.)
Kursgewinne und Dividenden aus Aktien und Aktienfondsanlagen,
Zinserträge, die im Zusammenhang mit Versicherungen anfallen.

Disclosure: Diese Informationen können nicht alle Fragen und Problemstellungen im Zusammenhang mit der EU-Zinsbesteuerung behandeln.

Freitag, 27. Juni 2008

Eisenerz vs. Erdöl: Wo ist die Spekulation?

Alle reden vom unaufhaltsamen Preisanstieg des Erdöls. Gleichzeitig findet aber auch eine Preisexplosion für Eisenerz statt. Der Preis für Erz ist heute dreimal so teuer wie 2003. Ohne Erz gäbe es keinen Stahl, bemerkte neulich Financial Times Deutschland. Auf der Angebotsseite: die grossen Bergbaukonzerne. Auf der Nachfrageseite: die grossen Stahlunternehmen. Der exobitante Preisanstieg für Eisenerz ist aber nicht allein auf die zunehmende Nachfrage zurückzuführen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Preismacht der Erzförderer, die ihre Marktstellung in den vergangenen Jahren durch Fusionen hemmungslos ausgebaut haben. Fast 40% der weltweiten Eisenerz-Förderung liegt in der Hand der Australier. Rio Tinto und BHP Billiton, die beiden global dominierenden Bergbaukonzerne haben diese Woche bei ihren Hauptabnehmern in China und Japan eine Preissteigerung um rund 100% durchgesetzt. Das ist eine sagenhafte Entwicklung. Davon betroffen sind v.a Stahlverarbeiter, Autobauer und Baubranche. Die Stahlpreise sind in Europa inzwischen im Vergleich zum Vorjahr um 40% gestiegen.

Nun ist es bekannt, dass der Preis für Eisenerz nicht an der Börse gehandelt wird. Der Preis kommt in einem direkten Handel zwischen den Produzenten und Verbrauchern zustande. Das heisst, es ist kaum möglich, auf den Eisenerz-Preis zu spekulieren. Will man jetzt die Preisentwicklung des Eisenerz für das Erdöl in Parallele setzen, stellt man fest, dass es keine Spekulation sein muss, sondern die steigende Nachfrage, die für den anhaltenden Preisanstieg für Rohstoffen verantwortlich ist. Nachdem der Erdölpreis heute mit 141,30 Dollar je Barrel ein neues Rekordhoch erklommen hat, scheiden sich immer mehr Geister an der Frage, ob die Spekulation für den starken Preisanstieg für Öl verantwortlich ist. Der spekulative Kauf von Futurekontrakten hat eigentlich keinen Einfluss auf das Ölangebot für die Konsumenten. Die Spekulation mit Futurepositionen kann jedoch indirekt für steigende Preise sorgen, indem sie Produzenten veranlasst, Öl physisch zu horten. Dafür gibt es aber derzeit kein Anzeichen. Diese These wird v.a. von Paul Krugman, dem viel beachteten Kolumnisten von New York Times vertreten. Dass aber auch die Preise von nicht börsenkotierten Rohstoffe wie z.B. Eisenerz seit geraumer Zeit kräftig zulegen, kann nur mit der massiv steigenden Nachfrage aus den sog. Schwellenländern wie China und Indien erklärt werden. Bleibt die Debatte auf den Aspekt der Spekulation fokussiert, bietet sich kein Anreiz zum Energiesparen. Das ist die Kehrseite der Medaille.


Die weltweit grössten Erzlieferanten:
Rio Tinto (australisch), BHP Billiton (britisch-australisch) und Vale (brasilianisch).
Diese Konzerne kontrollieren 70% des weltweiten Erzhandels und sind daher in der Lage, die Preise zu diktieren.

Inflationsrhetorik und Aktienmärkte

Die verschärfte Inflations-Rhetorik des Fed-Chefs Ben Bernanke hat im Markt zunächst den Eindruck entstehen lassen, dass er auf einen restriktiven geldpolitischen Kurs umschwenken will. Der Anlass war die schleichende Dollar-Abwertung. Es ist daher klar, dass Bernanke die mittelfristigen Inflationserwartungen verankern möchte. Aber es ist bisher nichts passiert. Auf ihrer Sitzung vom 25. Juni hat die US-Notenbank keine Zinserhöhung angekündigt. Die Folgen: der US-Dollar hat angefangen, erneut spürbar an Wert zu verlieren. Der Ölpreis schoss in die Höhe und erreichte heute morgen mit 141,37$ je Barrel ein neues Rekordhoch. Die Angst vor steigender Inflation und nachlassendem Wirtschaftswachstum nimmt wieder zu.

An der Börse drohen weitere Rückschläge. Der Dow Jones Index schloss gestern auf dem niedrigsten Stand seit dem September 2006. Analysten senken ihre Gewinnprognosen für amerikanische und europäische Unternehmen. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat diese Woche zwar betont, dass er nie davon gesprochen habe, es stünde eine Serie von Zinserhöhungen bevor. Aber er hat die Bereitschaft der Notenbank mit Nachdruck bekräftigt, Zinsen im Juli um einen Viertelpunkt anzuheben. Marktteilnehmer sind beunruhigt, da solche Zinssschritte negativ auf die konjukturelle Entwicklung auswirken würden. Zinsanstiege würden die gesamtwirtschaftliche Nachfrage dämpfen und auf diese Weise über steigende Investitionskosten Gewinn von Unternehmen beeinträchtigen. Die ungeschickte Diktion der Notenbanken schickt die Börsen auf Talfahrt.

Donnerstag, 26. Juni 2008

LIBOR-OIS Spread: Nach Fed-Zinsentscheid ausgeweitet

Die Zins-Futures an CBT bewerten jetzt die Chancen für eine Zinsanhebung als weniger wahrscheinlich als noch vor dem Fed-Entscheid. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed die Zinsen im September unverändert belässt, beträgt nun 66% (vorher 10%).

Die Differenz zwischen dem 3-Monats-Libor (aktuell: 2,809%) und dem OIS-Satz (Overnight-Index-Swaprate) hat sich indes auf 0,73% ausgeweitet. Ende Mai lag der Spread noch bei 0,68%. Eine höhere Differenz ist ein Indikator für fehlende Liquditität im Interbankenmarkt. Alan Greenspan, der ehemalige US-Notenbankpräsident sagte neulich für eine Konferenz in Mexiko, dass die Lücke zwischen dem Libor und dem OIS-Satz ein Mittel sei, um das Ausmass der Finanzmarktkrise zu messen. Ein Rückgang der Differenz auf 25 Basispunkte würde seiner Meinung nach auf das Ende der Krise hindeuten. Unter gewöhnlichen Bedingungen beträgt dieser Spread ein Dutzend Basispunkte.

Fed-Sitzung von 24./25. Juni: Inflationsängste überwiegen Konjunktursorgen

Die US-Notenbank (Fed) hat den Leitzins erstmals seit neun Monaten nicht verändert und bei 2,0% belassen. Die Entscheidung war im Markt erwartet worden. Die Fed geht davon aus, dass sich die Inflation dieses und nächstes Jahr abschwächt. Angesichts des anhaltenden Anstiegs der Energie- und Rohstoffpreise sowie höherer Inflationserwartungen bleibe die Unsicherheit aber hoch. Die Währungshüter betonen, es bleiben Abwärtsrisiken für das Wachstum, aber sie haben ein wenig nachgelassen. Seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise im vergangenen August hat die US-Notenbank die Zinsen bei sieben aufeinanderfolgenden Treffen insgesamt von 5,25% auf 2,0% gesenkt. Die Fed deutet nun an, dass die Inflationsängste die Konjunktursorgen überwiegen.

Weltweit steigt die Inflation. Und die Notenbanken verschärfen ihre Warnungen deutlich. Im Mai ist die Inflation in den USA auf 4,2% geklettert. Im Euroraum lag sie bei 3,7%. In den USA steht nun eine geldpolitische Kehrtwende bevor. Allerdings scheint die Fed sich noch Zeit zu lassen. Denn die US-Wirtschaft ist noch nicht robust genug, um einen Anstieg der Zinsen zu verkraften. Fed-Chef Ben Bernanke bemüht sich daher mit verschärfter Rhetorik die mittelfristigen Inflationserwartungen zu verankern. Die konjunkturelle Lage ist und bleibt schwierig.

Die Zins-Futures an CBT bewerten jetzt die Chancen für eine Zinsanhebung als weniger wahrscheinlich als noch vor dem Fed-Entscheid. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed die Zinsen im September unverändert belässt, beträgt nun 66% (vorher 10%). Die Differenz zwischen dem 3-Monats-Libor und dem OIS-Satz (Overnight-Index-Swaprate) hat sich indes auf 0,73% ausgeweitet. Ende Mai lag der Spread noch bei 0,68%. Eine höhere Differenz ist ein Indikator für fehlende Liquditität im Interbankenmarkt. Alan Greenspan, der ehemalige US-Notenbankpräsident sagte neulich für eine Konferenz in Mexiko, dass die Lücke zwischen dem Libor und dem OIS-Satz ein Weg sei, um das Ausmass der Finanzmarktkrise zu messen. Ein Rückgang der Differenz auf 25 Basispunkte würde seiner Meinung nach auf das Ende der Krise hindeuten.

Mittwoch, 25. Juni 2008

Ratingagenturen: Nun ist ihre Bewertung heruntergesetzt

Ratingagenturen sind Privatfirmen, welche Wertpapiere bewerten. Die drei bekanntesten internationalen Ratingagenturen: Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch. Im Zuge der Kreditmarktkrise stieg die Kritik an die Ratingagenturen. Der Vorwurf: gönnerhafte Notenverteilung. Fachleute weisen darauf hin, dass die Ratingagenturen Finanzanlagen mit Top-Ratings bewertet haben, die wenig später als wertlos ausgefallen sind. Der Boom am Kreditmarkt wäre ohne die herausragende Rolle der Ratingagenturen in diesem Ausmass nie möglich gewesen.

Das Geschäftsmodell der Ratingagenturen ist mittlerweile höchst umstritten, da sie nicht nur die Güte von Wertpapieren bewerten, sondern auch die Kreditwürdigkeit der Banken und Unternehmen, die diese Wertpapiere ausgeben. Die Emittenten bezahlen nämlich für die Ratings ihrer Produkte (das sog. „Issuer-Pays-Modell“). Potenzielle Interessenkonflikte sind daher völlig offensichtlich. Die Unabhängigkeit und Transparenz des Ratingprozesses wird zur Zeit im Markt im allgemeinen in Frage gestellt. Nun reagiert die US-Börsenaufsicht (SEC) und will die umstrittene Macht der Ratingagenturen deutlich kürzen. Die Details werden heute bekanntgegeben. Laut Wall Street Journal sollen dabei u.a. erstens Geldmarktfonds nicht mehr nur in Papiere mit höchsten Ratings investieren dürfen. Gemäss Financial Times Deutschland sollen die Fondsmanager mehr Verantwortung übernehmen und nicht nur den Ratings der Agenturen blind vertrauen. Zweitens sollen Kreditratings für Investmentbanken an Bedeutung verlieren.

Dienstag, 24. Juni 2008

SIV - Special Investment Vehicle

Das allgemeine Marktumfeld bleibt verletzlich. Die Finanzmarktturbulenzen haben in den Büchern der Grossbanken erhebliche Spuren hinterlassen. Gewinnwarnungen belasten die Finanzbranche weiterhin. Analysten der Bank of America schätzen nun, dass UBS und Merrill Lynch für das zweite Quartal Verluste bekannt geben dürften. Heute hat Societe Generale, die zweitgrösste französische Bank laut FAZ mitgeteilt, ihr strukturiertes Investmentvehikel (SIV) „Pace“ zu schliessen. Dem SIV fehlen die Mittel, um die nachrangigen Gläubiger zu bedienen. Mit anderen Worten ist Pace pleite.

Die SIVs sind Zweckgesellschaften, die als Investitionsgesellschaft ausserhalb der Bilanz einer Bank agieren. Viele Banken gewähren aber Kreditlimiten. Die Schwierigkeiten der Zweckgesellschaften, wenn sie sich z.B. über den Kapitalmarkt nicht finanzieren können (über Geldmarktpapiere), führen daher unmittelbar zu Verlusten bei den betroffenen Banken und zu Verschlechterung von Kreditratings. Für die anderen Banken entsteht daraus das erhöhte Gegenparteirisiko.

Wegen der Obergrenzen der Kreditvergabe (Eigenkapitalregeln und Bestimmungen von „Basel I“) versuchen Banken existierende Kredite im Kapitalmarkt unterzubringen, um sich auf diese Weise mehr Spielraum für weitere Kreditvergabe zu schaffen. Die zu diesem Zweck gegründeten SIVs kaufen der Bank die Kredite, welche die Bank aus ihrer Bilanz entfernt (d.h. verkauft), ab. Ein gewichter Teil der verbrieften Subprime Hypotheken und der strukturierten Produkte wurde von SIVs und sog. Conduits (Investment-Vehikeln) gekauft. Die Zweckgesellschaften finanzieren sich mit der Ausgabe von kurzfristigen Asset Backed Commercial Paper (ABCP). Die Refinanzierung ist gegenwärtig aufgrund der Kreditmarktkrise kaum mehr möglich. Die Aufschläge gegenüber Libor sind in die Höhe geschossen. Die Preise von langfristigen Anleihen, die von SIVs gekauft wurden, sind inzwischen wie ein Kartenhaus zusammengestürzt.

Vorgehensweise: Die Zweckgesellschaften kaufen entweder Kredite oder Wertpapiere und strukturieren sie in andere Wertpapiere um. Es handelt sich dabei um Zinspapiere oder Bonds etwa ähnlich wie die Staatsanleihen. Der entscheidende Unterschied ist aber sehr gross: es gibt keine Börse für die Papiere, wo sie gehandelt werden können. Der Handel findet direkt von Bank zu Bank (Over-the-Counter-Markt) statt. Zum Beispiel per Telefon. Es gibt also keinen Preismechanismus. Die Preise werden nach dem Prinzip „Marked-to-Model“ berechnet, nach einem mathematisch ausgeprägten, theoretischen Modell.



ABCP (Asset Backed Commercial Paper): besicherte Geldmarktpapiere
Libor ( London Interbank Offered Rate): Der wichtigste Zinssatz für den Geldmarkt.
Subprime: Kredit an Kunden mit geringerer Kreditwürdigkeit.
Geldmarkt: Markt für kurzfristige Finanzmittel (Laufzeiten bis zu 2 Jahren).

Ölnachfrage: Krisengipfel in Saudi-Arabien

Die Vertreter der grössten Öl produzierenden und Öl verbrauchenden Länder haben sich am Wochenende in Jiddah getroffen. Der Anlass war der extreme Ölpreisanstieg. Die aussergewöhnliche Anregung zum Krisengipfel ging vom saudischen König Abdullah aus. Ziel des Treffens war, die Möglichkeiten eines gemeinsamen Vorgehens zwischen Verbraucher und Förderländern auszuloten. Saudi Arabien hatte bereits am 14. Juni eine Produktionserhöhung von 200'000 Barrel (159 Liter) am Tag (auf 9,7 Mio. Barrel am Tag) angekündigt.

Wie wirkt sich die chinesische Subventionskürzung auf die Ölnachfrage aus?

Die OPEC-Mitglieder Iran und Libyen sind gegen eine Produktionserhöhung. Da der Ölpreis in US-Dollar abgerechnet wird und die US-Währung sich seit geraumer Zeit abwertet, stellt der höhere Ölpreis für Öl produzierende Nationen eine Art Ausgleich für den Wertverlust dar. Der Markt zeigte sich jedoch von den Beschlüssen der Ölkonferenz unbeeindruckt. Zu Wochenbeginn notiert der Ölpreis etwas höher bei 136 Dollar je Barrel. Im Zuge der zunehmenden Diskussionen über die Auswirkungen der angeblichen Spekulationen an den Finanzmärkten stellt der amerikanische Kongress zur Zeit Überlegungen an, wie mit neuen Gesetzesinitiativen der Handel mit Terminkontrakten auf Öl kontrolliert werden kann. Debattiert wird u.a. auch die Option, institutionellen Investoren das Geschäft mit Rohstoffen an den Terminmärkten insgesamt zu verbieten. Doch wie wichtig ist der Entscheid von China, die staatliche Subventionen für die Nachfrage in der Volksrepublik zu reduzieren? Die chinesische Regierung hat neulich die Einzelhandelspreise für Ölprodukte (bei Benzin 15% und bei Diesel 17%) kräftig angehoben. Ist es nun ein erster Schritt in Richtung Nachfragedämpfung? China fragt nämlich täglich 8 Mio. Barrel nach und ist damit nach den USA der grösste Verbraucher der Welt. Es gibt jedoch keine verlässlichen Prognosen über das Wachstum der Produktnachfrage in China. Sind es 300'000 oder über 500'000 Barrel am Tag? Ungewiss ist auch im allgemeinen, wann höhere Preise Industrie und Privatpersonen zum Energiesparen veranlassen werden.


Die OPEC deckt rund 40% des globalen Erdölangebots ab.
Der Ölpreis erreichte am 16. Juni ein Rekordhoch von 139,89$.

Montag, 23. Juni 2008

Verschuldungsgrad: Schweizer Grossbanken am Pranger der Nationalbank

In ihrem jährlichen Bericht zur Finanzstabilität zeigt sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) über die Lage im Bankensektor besorgt. Die Grossbanken haben ihre Eigenkapitalsituation zwar wieder etwas verbessert und ihre Risikopositionen teilweise abgebaut. Aber die Währungshüter deuten darauf hin, dass es zu früh ist, Entwarnung zu geben. Die SNB sieht in grundsätzlich vier Bereichen Handlungsbedarf: 1) Eigenkapital, 2) Liquidität, 3) Monitoring und 4) Krisenmanagement.

Die SNB vertritt die Meinung, dass die bestehende Eigenkapitalregulierung für die Schweizer Grossbanken durch zwei tiefgreifende Massnahmen angepasst werden sollte. 1) Verschärfung der risikogewichteten Eigenmittelvorschrifen für die Grossbanken. Durch einen angemessenen Multiplikator. 2) Beschränkung des Verschuldungsgrads („Leverage Ratio“). Die Schweizer Grossbanken operieren, wie die SNB darstellt, mit einem sehr hohen Verschuldungsgrad. Seit Mitte der 90er Jahre habe der durchschnittliche Verschuldungsgrad der beiden Grossbanken von 90% auf über 97% zugenommen. Das heisst, auf 3 CHF Eigenkapital kommen über 97 CHF Fremdkapital. Das Verhältnis ist auch im internationalen Vergleich sehr hoch. Im Falle der UBS haben die Verluste wegen des hohen Verschuldungsgrads fast die Hälfte der Eigenmittel der Bank vernichtet.

Samstag, 21. Juni 2008

BIP vs. BSP

Was ist der Unterschied zwischen dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) und dem Bruttosozialprodukt (BSP)?


Bruttoinlandsprodukt(BIP)= Gross Domestic Product (GDP)
Bruttosozialprodukt (BSP)= Gross National Product (GNP)

Freitag, 20. Juni 2008

Der grosse Verfalltag an den Terminmärkten

Jeder dritte Freitag in den Monaten März, Juni, September und Dezember sorgt an den Aktienmärkten für besondere Aufregung. Es handelt sich dabei um den grossen Verfalltag für Derivate. Optionen auf Aktien, Optionen auf Indizes und Futures auf Indizes verfallen. Die Börse spielt verrückt. Hohe Umsätze, heftige Kursschwankungen, viel Unruhe sind die Merkmale des Handels am Terminmarkt. Heute ist es wieder so weit. Da die Terminkontrakte gehebelt sind („Leverage“), kämpft eine Unzahl von spekulativen Investoren darum, auf den Kursverlauf und bzw. Wert ihrer Derivate so Einfluss zu nehmen, dass sie einen Gewinn erzielen. Je nachdem, wie sich der Basiswert einer Assetklasse ändert, bewegt sich der Preis einer Kauf- und Verkaufsoption stürmisch.

Besonders anfällig sind die Schwergewichte („bluecaps“) der jeweiligen Aktienindizes. Kleinanleger sind daher gut beraten, an diesen Tagen Vorsicht walten zu lassen. In Amerika nennt man den grossen Verfalltag „triple witching day“.






Verfalltag von Terminkontakten
Optionen auf Aktienjeden Monat
Optionen auf Indizesjeden Monat
Futures auf Indizesalle 3 Monate

Entspannung auf dem Ölmarkt

Nachdem China die staatlich festgelegten Benzin- und Dieselpreise um bis zu 18 Prozent angehoben hat, rechnen Händler nun mit einem Rückgang der Nachfrage in der aufstrebenden Volkswirtschaft. Auch die Aussage Saudi-Arabiens zu einer stärkeren Ölförderung trug dazu bei, dass ein Barrel (159 Liter) Öl zum Handelsschluss in New York 131,90 Dollar gekostet hat. Das heisst 4,75 Dollar weniger als am Vortag.

Die Entspannung beim Ölpreis hat an der Wall Street Erleichterung ausgelöst. Die chinesische Regierung hat vor dem Preissturz mitgeteilt, dass sie die Subventionen kürzen wird und die Bürger ab Freitag die höheren Preise an den Tankstellen zahlen müssen. Laut Financial Times Deutschland hat China bislang den Benzinpreis zu 50 bis 60% subventioniert. Die Volksrepublik fragt täglich 8 Mio. Barrel Öl nach. Im Vergleich: Saudi-Arabien fördert zur Zeit 9,5 Mio. Barrel am Tag. Vor China hat in den vergangenen Wochen eine Reihe von Staaten wie z.B. Pakistan, Indien, Indonesien und Taiwan die Zuschüsse für Benzin gestrichen.

Donnerstag, 19. Juni 2008

Overnight Index Swap: Indikator für Liquiditätsprämie

Der Overnight Index Swap (OIS) ist im Zusammenhang mit dem US-Dollar 3-Monats-Libor ein geeignetes Risikomass für die Liquiditätslage am Geldmarkt. Der Spread entspricht der Kredit- und Liquiditätsprämie auf ungesicherten Geldmarktgeschäften. Die Differenz zwischen dem US-Dollar 3-Monats-Libor (aktuell 2,809%) und dem OIS hat sich in den letzten Tagen wieder etwas ausgeweitet. Eine höhere Differenz ist ein Indikator für fehlende Liquidität auf dem Geldmarkt. Die Finanzkrise scheint die Bankbranche nach wie vor im Griff zu haben. Die grösste britische Hypothekenbank HBOS hat heute mitgeteilt, dass zu den bisherigen 3,6 Mrd. Euro Abschreibungen im ersten Halbjahr weitere 1,3 Mrd. hinzuzukommen drohen. Der Grund: fallende Hauspreise.

Alan Greenspan, der ehemalige US-Notenbankpräsident sagte vor zwei Tagen für eine Konferenz in Mexiko via Satellit, dass die Lücke zwischen dem Libor und dem OIS-Satz ein Weg sei, um das Ausmass der Finanzmarktkrise zu messen. Eine Differenz von 25 Basispunkten würde seiner Meinung nach auf das Ende der Krise hindeuten. Der Libor-OIS Spread betrug neulich rund 70 Basispunkte, nachdem dieser im Verlaufe dieses Jahres von 90 im April auf 24 Basispunkte zurückgefallen war. Im Dezember war die Differenz im Zuge der Kreditmarktkrise bis auf 106 Basispunkte gestiegen. Im Durchschnitt betrug der Spread in den vergangenen fünf Jahren rund 19 Basispunkte. Der Derivate-Handel signalisiert, dass die Anspannungen am Geldmarkt zuletzt wieder etwas gestiegen sind. OIS sind Derivate, die over-the-counter gehandelt werden. Bei einem Zinsswap werden zwischen zwei Vertragsparteien Zahlungen von festen und variablen Zinsen miteinander ausgetauscht. Der Swap bildet die Grundlage eines Credit Default Swaps (CDS).

Die Schweizerische Nationalbank belässt den Leitzins unverändert

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihren Leitzins das dritte Quartal in Folge bei 2,75% belassen. Das Zielband für den 3-Monats-Libor bleibt unverändert bei 2,25% - 3,25%. Die SNB beabsichtigt, den 3-Monats-Libor bis auf weiteres im mittleren Bereich des Zielbandes zu halten. Eine Änderung des gelpolitischen Kurses erscheint den Schweizer Währungshütern unter den gegebenen Umständen nicht angezeigt, da verschiedene Unsicherheiten bestehen.

Trotz der Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität bleibe die Weltkonjunktur robust, teilte die SNB mit. Der Erdölpreis sei weiter angestiegen, was zu einer allgemein höheren Inflation geführt habe. Die Lage an den Finanzmärkten sei zwar weiterhin unsicher, aber weniger turbulent als noch vor einigen Monaten, erklärte die SNB heute in Genf. Die Nationalbank rechnet für 2008 aber unverändert mit einem realen BIP-Wachstum von 1,5% bis 2%. Sie hat dagegen ihre Inflationsprognose (von März: 2,0%) nach oben korrigiert und geht jetzt für das laufende Jahr von einer durchschnittlichen Inflation von 2,7% aus.

Auswirkungen: Unmittelbar nach der Bekanntgabe des SNB-Zinsentscheids gab der Schweizer Franken gegen den US-Dollar und den Euro leicht nach. Der Aktienmarkt reagierte dagegen kaum.

Fazit: Die SNB bleibt vorsichtig und behält ihren gelpolitischen Kurs unverändert bei. Alles deute ihrer Einschätzung nach darauf hin, dass die aktuelle Inflation eine vorübergehende Erscheinung ist. Die Schweizer Währungshüter rechnen damit, dass die Inflationsrate bereits 2009 wieder unter die 2%-Marke zu liegen kommt.

$/CHF 1,0465
€/CHF 1,6194.

Die südafrikanische Zentralbank erhöht Leitzins

Die südafrikanische Zentralbank (SARB) hat ihren Leitzins um 50 Basispunkte auf 12,0% erhöht. „Solange die Inflation hoch tendiert, soll niemand einen Rückgang der Zinsen erwarten“, sagte Tito Mboweni, der SARB-Gouverneur. Damit lassen die südafrikanischen Währungshüter die Tür für weitere Zinsanhebungen weit offen. Die nächste SARB-Sitzung findet im August statt. Die Zentralbank hat die Zinsen seit Juni 2006 um insgesamt 5,0% erhöht. Der Grund: die steigende Inflation. Die Teuerungsrate hat indes mit 10,4% auf den höchsten Stand seit 5 Jahren geklettert.

Die Hauptreiber der Inflation sind Lebensmittel- und Energiepreise. Der Hauptgrund für den Inflationsanstieg liegt nach Meinung des SARB-Gouverneurs in externen Schocks. Die Geldpolitik kann die Erstrundeneffekte dieser Schocks laut Mboweni nicht verhindern. Ihre Wirksamkeit müsse daran gemessen werden, ob sie Zweitrundeneffekte eindämmt, erläutert Mboweni seinen geldpoltischen Kurs. Eine Rückkehr der Inflation in den Zielkorridor von 3 bis 6% erwartet die SARB erst im letzten Quartal 2010. Das bedeutet, dass eine lockere Geldpolitik in Südafrika nicht vor Mitte 2010 zu erwarten ist. Das Leistungsbilanzdefizit hat sich im I. Quartal verschlechtert und 9% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) erreicht. Verantwortlich dafür waren höhere Ölimportpreise, steigende Kapitaleinfuhren im Zusammenhang mit Investitionen in Infrastrukturprojekte und ein signifikanter Rückgang von Minenexporten und weniger Privatkonsum.

Repo-Satz: 12,00%

Rendite der Staatsanleihe (Laufzeit 2011) R 153:
12,391%, Kupon: 13%, Kurs: 102,395%.

Wechselkurs: $/ZAR: 8,0418, €/ZAR: 12,4953,
CHF/ZAR 7,7447.

Mittwoch, 18. Juni 2008

US-Anleihenmarkt: negative Realrenditen

Ein Ende der Kursverluste am amerikanischen Anleihenmarkt ist noch nicht abzusehen. Seit rund drei Monaten fallen die Kurse der US-Staatsanleihen. Die Inflationsrate liegt mittlerweile über der Rendite 10-jähriger Treasuries. Das bedeutet, dass die Realzinsen in den USA negativ sind. Nun mehren sich Anzeichen, dass die Renditen weiter klettern und die Kurse weiter fallen werden. Die Differenz zwischen den Renditen von 2- und 10-jährigen Treasuries hat sich seit zwei Wochen nicht mehr so stark ausgeweitet. Die Vertiefung der Rendite-Gap auf 1,32% deutet darauf hin, dass die Anleihenhändler kurzfristige Papiere vorziehen.

Der Grund: Inflationserwartungen steigen. Die Rendite zwischen der 10-jährigen Treasuries und der inflationsgeschützten Staatsanleihen (TIPS) beträgt zur Zeit 2,52%. Im Vergleich: der Spread betrug Ende April 2,28%. Die Differenz, genannt Breakeven-Rate, gilt als Indikator für die Inflationserwartungen der Händler am Anleihenmarkt. Die Renditekurve wurde indes steiler. Die US-Staatsanleihen bieten Anlegern i.d.R. Qualität, Liquidität und Schutz vor Kaufkraftverlust. Aufgrund negativer Renditen sind die Treasuries jedoch zur Zeit unattraktiv. Sollte es der US-Notenbank (Fed) nicht gelingen, die mittelfristigen Inflationserwartungen zu verankern, dürften die Bonds weiter an Wert verlieren. Das heisst, dass die Renditen steigen würden. Zur Erinnerung: im vergangenen Juli, bevor die Kreditmarktkrise entflammte, notierten die Renditen 10-jähriger Treasuries 5,25%. Die Fed hat ihren Leitzins von 5,25% in September bis auf 2,0% gesenkt, um zu verhindern, dass die US-Wirtschaft im Zuge der Krise am Häusermarkt und der Verluste am Kreditmarkt in eine Rezession gleitet.




US-InflationsdatenMaiy-t-y
Verbraucherpreise (CPI)0,6%4,2%
Kernrate0,2%2,3%





US-InflationsdatenMaiy-t-y
Erzeugerpreise (PPI)1,4%7,2%
Kernrate0,2%3,0%

Dienstag, 17. Juni 2008

Stagflation der 1970er Jahre

Die Inflation bleibt das beherrschende Thema an den internationalen Finanzmärkten. Eine Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) um 25 Basispunkte im Juli gilt im Markt derzeit als eingepreist. Die Futures an den Terminmärkten zeigen ferner, dass die Händler bis zum Ende des II. Quartal eine Erhöhung der Zinsen in den USA um 100 Basispunkte erwarten.

Geldpolitische Wende - Strategiewechsel der Fed

Die US-Notenbank (Fed) konzentriert sich nun stärker auf die Bekämpfung der Inflation als das Wachstum, da die Notenbanker befürchten, dass die hohe Teuerung auf die Inflationserwartungen durchschlägt. Die amerikanischen Währungshüter wollen mittelfristige Inflationserwartungen fest verankert wissen. Das Ziel: Die Inflationserwartungen dürfen nicht weiter steigen. In den 1970er Jahren hat die Ölkrise vom Herbst 1973 die Erwartungshaltung im Markt so geprägt, dass sämtliche Preise dauerhaft steigen würden. Marktteilnehmer verhielten sich dementsprechend und die Inflation stieg tatsächlich an. Zu der Hochinflation der 70er Jahre gibt es heute zwar viele Unterschiede, aber auch gewisse Paralelle. Die Löhne sind heute nicht mehr an die Inflation indexiert. Der geldpolitische Kurs war aber damals locker wie heute. Die Realzinsen waren auch damals negativ wie heute. Der Wechselkurs der DM war im Wechselkurs von Bretton Woods fest an den Dollar gekoppelt. Heute schwankt der Wechselkurs des Euro frei. Aber die Landeswährung von vielen sog. Schwellenländern (z.B. in China und mehreren asiatischen Ländern) sind heute an den Dollar gekoppelt. Der Verbraucher-Preisindex ist in den Entwicklungsländern Asiens im April auf 7,5% gestiegen. Die Inflationsrate hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr (3,6%) beinahe verdoppelt. Sicherlich sind die Energie- und Nahrungsmittelpreise für einen bestimmten Teil des Teuerungsschubs verantwortlich. Dennoch ist auch die sog. Kernrate von 1,8% im Vorjahr auf 3,8% gestiegen. Der globalisierte Handel ist heute der neue Transmissionsmechanismus für die weltweite Inflation, schreibt Stephen Roach, Chairman, Morgan Stanley Asia, in seinem aktuellen Researchpapier. Das war in den 1970er Jahren nicht augenscheinlich. Heute hat der Export-Anteil am globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut Internationaler Währungsfonds (IWF) einen Rekordwert von 32,5% erreicht. Das entspricht einem Zuwachs von mehr als 50% über der Quote von 21% in den 1980er Jahren, als die Inflation an ihre Spitze zusteuerte, analysiert Roach. Heute entstehen Inflationsdruck und Preisbestimmung viel mehr auf der globalen Fläche als im Binnenmarkt zu Zeiten der Stagflation in der Vergangenheit. Die kurzfristigen Zinsen sind in China negativ und die Inflationserwartungen steigen. In den Entwicklungsländern Asiens beläuft sich der Leitzins im Durchschnitt auf rund 6,75%, deutlich über dem Wert der durchschnittlichen Inflationsrate von 7,50%. Eine Situation wie in den 1970er Jahren wird sich heute nicht wiederholen, aber die Stagflationsgefahr steigt. Roach ist der Ansicht, dass solche geldpolitische Akkommodation die Beständigkeit eines gestiegenen Preisdrucks buchstabiere.

Montag, 16. Juni 2008

Die türkische Zentralbank erhöht Leitzinsen

Das türkische Schatzamt hat vergangene Woche nach 13monatigem Unterbruch erneut eine zweistellige Inflationsrate gemeldet. Im Mai ist der Konsumenten-Preisindex (CPI) um 1,50% gestiegen. Annualisiert bedeutet das eine Teuerungsrate von 10,74%. Besonders stark legten die Preise für Kleider und Schuhe: im Monat 12%, auf Jahresbasis 4,62%. Aber auch die Preise von Haushaltsgeräten stiegen im vergangenen Monat um 2,10%. Nun hat die türkische Zentralbank (CBT) auf ihrer regulären Sitzung von heute reagiert und die Leitzinsen erhöht. Der Tagesgeldeinlagensatz (overnight borrowing rate) wurde um 50 Basispunkte von 15,75% auf 16,25% angehoben. Auch der Tagesgeldausleihsatz (lending rate) ist von 19,75% auf 20,25% erhöht worden.

Was treibt aber die Inflation an? Es ist zur Zeit nicht auszumachen, ob die zunehmende Teuerung mit der Abwertung der türkischen Neuen Lira (TRY), die zu Beginn des Jahres in Folge der globalen Finanzmarktkrise erfolgte, zu tun hat. Oder ob andere Gründe (z.B. die ungedämpfte aggregierte Nachfrage) dahinter stecken. Marktteilnehmer rechnen jetzt mit einer weiteren Zinserhöhung beim nächsten CBT-Treffen im Juni, da die türkischen Währungshüter inzwischen ihr Inflationsziel für 2009 auf 7,5% (2010: 6,5%) revidiert haben.

Die türkische Wirtschaft (660 Mrd. Dollar) ist in den vergangenen fünf Jahren mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 7% gewachsen. Allein in den letzten zwei Jahren sind rund 40 Mrd. Dollar an Direktinvestitionen (Foreign Direct Investments) zugeflossen.

Aktuelle Inflationsdaten:

CPI: 1,49% (Mai 2008) ; PPI: 2,12% (Mai 2008)
CPI: 10,74% (von Mai 2007 bis Mai 2008) ; PPI: 16,53% (von Mai 2007 bis Mai 2008).

Freitag, 13. Juni 2008

Der Terrorist als Gesetzgeber. Wie man mit Angst Politik macht.

Buchbesprechung:

Heribert Prantl: Der Terrorist als Gesetzgeber. Wie man mit Angst Politik macht. Droemer Verlag, München 2008.

Seit geraumer Zeit berichtet Human Rights Watch (HRW) eindringlich von einer weltweit bedrohlichen Verwässerung des Demokratiekonzeptes. Die Menschenrechtsorganisation klagt, dass die Menschenrechte im Kampf gegen den Terrorismus vernachlässigt werden. Die Rede ist von einem schleichenden Verfall des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit. Heribert Prantl knüpft in seinem aktuellen Buch gerade daran und zeigt mit intellektuellem Engagement auf, wie man heute mit dem Axiom „wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten“ Politik macht und wie der Rechtsstaat dabei zusehends in einen Präventionsstaat umgebaut wird.

Im Kampf gegen Terrorismus und vermeintliche Terroristen verwandelt sich der freiheitliche Rechtsstaat zu einem „fürsorglichen“ Vorbeuge- und Präventionsstaat, der seine Bürger „nicht mehr als unverdächtig, sondern als potentiell verdächtig“ betrachtet. Nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland schreitet der Erosionsprozess des Rechts weit fort. „Die Fundamentalgewissheiten sind nicht mehr gewiss: die Achtung der Würde jedes Menschen, der Schutz der Privatheit, die Gleichheit vor dem Gesetz, das Prinzip der Verhältnismässigkeit“ usw, schreibt Prantl faktenkundig. Seine Formulierung „das deutsche Sicherheitsrecht verwandelt sich in ein Ausländerrecht“ belegt der Autor mit zahlreichen Zitaten aus aktuellen Schriften von Rechtsgelehrten und Jura-Professorren aus Deutschland schwarz auf weiss. „Der Mensch wird zum Beobachtungsprojekt. Beobachtungsprojekte sind oder werden unfrei“ ist ein prägnanter Satz aus diesem hervorragenden Buch, das die Problematik auf den Punkt bringt. „Rettungsfolter“ ist z.B. das Stichwort der modernen Debatte unter Juristen und Kriminalbeamten. Rechtsphilosophen setzen sich in juristischen Zeitschriften energisch für die Aufhebung des Folterverbots ein, indem sie u.a. die Meinung vertreten, dass der Lebensschutz des potentiellen Opfers mehr wiegen soll als die Menschenwürde des potentiellen Täters“. Haarsträubende Argumente einer neuen Schule der Staatsrechtslehre werden hier dem Leser in aller Deutlichkeit vor Augen geführt. Eigentlich ist es ein Rückfall in ein mittelalterliches Recht. Der finale Rettungsschuss, der grosse Lauschangriff, das Flugzeugabschussgesetz, die Vorratsdatenspeicherung sind weitere Schlagwörter, die der Autor als Beispiele dafür ausführlich präsentiert, wie absurd, grotesk und rechtsstaatwidrig „neue Normen“ im Gebiet der Inneren Sicherheit sind. „Je unbestimmter die Gefahr, desto bedrohlicher kann sie geschildert werden“. Prantl nennt es „präventive Logik“, die expansiv sei. „Der Staat will immer weiter in die Intimsphäre eindringen, um am Tatort zu sein, bevor der Täter da ist, um einzugreifen, bevor aus dem Gedanken die Tat geworden ist.“. Repressive Prävention, die im sehenswerten Film „Minority Report“ (2002), von Steven Spielberger mit Tom Cruise in der Hauptrolle, thematisiert wird, ist also nicht nur eine Vorlage für eine science-fiction Hollywood-Produktion. Das Drehbuch basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte des amerikanischen Autors Philip K. Dick aus dem Jahr 1956. Heribert Prantl studierte Rechtswissenschaft und Geschichte und war zunächst Richter und Staatsanwalt, bevor er Redakteur zur Süddeutschen Zeitung ging, wo er heute Leiter des Ressorts Innenpolitik ist. Ein grossartiges Buch. Ein Plädoyer für eine zivilisatorische und humanitäre Rechtsordnung. Eine nachdrückliche Aufforderung zur Durchsetzung und Erhaltung von Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Nur Recht sichert Freiheit. Unbedingt lesen.

Cezmi Dispinar

* erschienen in der Ausgabe 198 von 13. Juni 2008.

Donnerstag, 12. Juni 2008

Politik des billigen Geldes am Wendepunkt - Fed verlagert Fokus

Nachdem Ben Bernanke, Chef der amerikanischen Notenbank (Fed) in den vergangenen acht Tagen drei mal vor steigenden Inflationsrisiken gewarnt hat, finden sich nun im gestern vorgelegten Konjunktur-Bericht (Beige Book) der Fed deutliche Worte vor den wirtschaftlichen Folgen des hohen Preisschubs. Die Verbraucher leiden unter den stark steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen. Folglich habe der private Konsum nachgelassen, stellt die Fed im Beige Book fest. Die schwachen Einzelhandelsumsätze lassen sich beispielsweise am Rückgang des inneramerikanischen Tourismus ablesen, berichten die Notenbanker. Die Fed zeichnet damit ein düsteres Bild der US-Konjunktur. Insbesondere der Immobilienmark stehe weiter unter erheblichem Druck.

Die Verschärfung der Warnung vor der hohen Inflation deutet darauf hin, dass die Fed sich nun eindringlich auf die Inflationsbekämpfung festlegt. Die Rezessionsgefahr scheint in den Augen des Fed-Chefs gebannt. Die Tage des billigen Geldes sind also gezählt. An den Future-Märkten wird damit gerechnet, dass die Notenbanker den Leitzins im September erhöhen könnten. Die Kehrtwende im geldpolitischen Kurs bedeutet, dass 1) die Dollar-Abwertung zu einem Ende kommt. Der Greenback hat sich in den letzten Tagen gegen den Euro deutlich erholt, 2) die Rendite der 2-jährigen Staatsanleihen im Steigen begriffen sind. In zwei Tagen legte die Rendite um 50 Basispunkte zu. Das gab es zuletzt vor mehr als 20 Jahren, 3) der Ölpreis endlich sinken müsste.

Mittwoch, 11. Juni 2008

Die chinesische Börse: Leitindex CSI 300

Der chinesiche Leitindex CSI 300 ist gestern um 8% auf 3’207 Punkte eingebrochen. Das marktiert den tiefsten Stand seit Februar 2007. Die Ursache war die Ankündigung der chinesischen Zentralbank, den Mindestreservesatz der Banken (zum 5. Mal dieses Jahr) in zwei Schritten im Juni auf 17,5% zu erhöhen. Auf diese Weise dürfte die chinesische Zentralbank dem Markt rund 40 Mrd. Euro Liquidität entziehen. Begründung für diese Massnahme: die steigende Inflation.

Im April war die Inflationsrate in China auf einen Rekordwert von 8,5% (12-Jahreshoch) gestiegen. Im Mai ist die Teuerungsrate zwar auf 7,7% zurückgefallen, die Erzeugerpreise (PPI-Index) aber legten 8,2% zu. Der Yuan wurde gegen den Dollar mit 6,9255 je Dollar nach 6,9228 leicht verändert gehandelt. Bei einem Zinssatz von 4,14% für Einlagen ergibt sich für Anleger ein negativer Realzins. Für chinenische Anleger lohnt es sich in diesem Marktumfeld nicht, das Geld auf die hohe Kante zu legen. Für Aktien- und Immobilienpreis-Boom sind daher die negativen Kapitalkosten verantwortlich.

Der CSI 300 Index hat seit Jahresbeginn 41% an Wert verloren.

Dienstag, 10. Juni 2008

Inflationserwartungen

Die Inflation zieht bedingt durch die zunehmenden Energie- und Nahrungsmittelpreise an. Das ominöse Thema ist nun in aller Munde. Für Marketingabteilungen von Banken ist es ein gefundenes Fressen, um für ihre neue Produkte die Werbetrommel zu rühren. Zugleich wird das Gespenst Stagflation wieder heraufbeschworen. Schliesslich gesellt sich derzeit zu Inflation auch ein nachlassendes Wirtschaftswachstum. Der Vergleich mit den 1970er Jahren rückt daher immer näher in den Mittelpunkt der Anlagestrategien. Wie bedrohlich ist aber der aktuelle Teuerungsschub?

Immerhin hat Ben Bernanke, der Chef der amerikanischen Notenbank (Fed) dreimal in den vergangenen sieben Tagen vor einer steigenden Inflationsgefahr gewarnt. Die Fed werde sich gegen eine Erosion der langfristigen Inflationserwartungen mit Kraft zur Wehr setzen. Der Ölschock in den 1970er Jahren hatte fatale Auswirkungen v.a. auf die Inflationserwartungen. Im Zuge des Ölpreisanstiegs rechnete man damals damit, dass das allgemeine Preisniveau für alle Güter und Dienstleistungen steigen würde. Die Marktteilnehmer verhielten sich dementsprechend. Die Inflation stieg dann tatsächlich. Die Teuerungsrate ernährte sich so, dass sie sich in die Wirtschaft einbettete (embedded inflation). Heute droht sich eine Lohn-Preis-Spirale wie damals nicht. Aber Bernanke ist allem Anschein nach redlich bemüht darum, zu verhindern, dass sich die Inflationserwartungen in den Preissetzungsprozess der restlichen Wirtschaft einbetten. Fed’s erklärtes Ziel richtet sich derzeit darauf, dass die mittelfristigen Inflationserwartungen verankert bleiben.

Wie misst man Inflationserwartungen?

Indem man die Differenz zwischen den Renditen der 10-jährigen Treasuries und den inflationsgeschützten Staatsanleihen berechnet. Aktuell ergibt sich daraus ein Wert von 2,52% (d.h. 4,07-1,55%). Seit Ende April ist die Differenz um 50 Basispunkte (0,50%) gewachsen.

Risikoabwägung der US-Notenbank (Fed)

US-Notenbankchef Ben Bernanke hat nun zum dritten Mal innert einer Woche vor Inflationsgefahren durch steigende Energiepreise gewarnt. Die Fed werde sich mit aller Kraft dagegen zur Wehr setzen, sagte Bernanke. Das deutet darauf hin, dass die Fed keine weitere Zinssenkung mehr plant. Bemerkenswert ist, dass Bernanke die Gefahr eines deutlichen Konjunkturabschwungs in den USA mittlerweile geringer einschätzt. Bei der Bekämpfung der Probleme auf den Finanzmärkten gebe es Fortschritte, betonte Fed-Chef.

Die Futures an Chicago Board of Trade (CBT) signalisieren jetzt eine Wahrscheinlichkeit von 88% für eine Zinserhöhung durch die Fed im Dezember. Zwei Tage davor hatten die Händler für eine Zinsanhebung eine Wahrscheinlichkeit von 62% veranschlagt.
Der Schwerpunkt lag bisher auf der Lösung der Probleme auf den Finanzmärkten. Nun scheint der Fed-Chef der Inflation eine wichtigere Rolle bei ihrer Geldpolitik einzuräumen. Hier scheiden sich die Geister: Soll sich die Fed derzeit lieber mit der Inflationsgefahr befassen oder mehr Wert auf die Bekämpfung der Spannungen auf dem Finanzmarkt legen? Gefragt ist also ein pragmatischer und zugleich kluger Ansatz durch die Notenbank. Eins steht aber fest: Die Aktienmärkte leiden.

Montag, 9. Juni 2008

Inverse Zinsstrukturkurve am Euro-Anleihenmarkt

Die Renditen der Euro Anleihen am kurzen Ende liegen derzeit über denen der Langläufer. Während die 10-jährige Bundesanleihe mit 4,47% rentiert, notierte die Rendite der 5-jährigen Anleihen bei 4,54% und der 2-jährigen sogar bei 4,67%. Die Zinsstrukturkurve weist damit erstmals seit zwei Jahren eine inverse Neigung auf. Das bedeutet, dass die Anleihenhändler mit höheren kurzfristigen Zinsen rechnen und langfristig auf etwas niedrigere Zinsen spekulieren. Daraus lässt sich schliessen, dass Marktteilnehmer eine weitere Konjunkturabschwächung erwarten.

Grund war der unmissverständlich deutliche Hinweis des EZB-Chefs Jean-Claude Trichet, dass man im Juli mit höheren Leitzins rechnen müsse. Das hat den US-Dollar erneut unter Druck gesetzt und eine weitere Öl-Preisspirale nach oben ausgelöst. Die EZB befürchtet angesichts des starken InflationsanstiegsZweitrundeneffekte“. Das heisst, dass Arbeitnehmer höhere Löhne erfordern und Unternehmen höhere Verkaufspreise durchsetzen könnten. Die Kreditmarktkrise mündete zwar in einer expansiven Geldpolitik, was zu einem eratischen Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise führte. Der konjunkturelle Abschwung dürfte aber im Zuge der Finanzkrise den Inflationsdruck dämpfen. Der aggregierte Effekt der gegenwärtigen Krise ist daher alles andere als offenkundig. Eine voreilige Straffung des geldpolitischen Kurses durch die EZB dürfte deswegen die Unsicherheit im Markt erhöhen und den schleichenden Abschwung beschleunigen. Zumal das Ausmass der Kreditkrise nicht absehbar ist. Siehe den aktuellen Fall von Lehman Brothers. Die amerikanischen Investmentbank hat im II. Quartal einen Verlust von 2,8 Mrd. Dollar angekündigt, nach dem Gewinn von 1,3 Mrd. Dollar im I. Quartal. Das Kreditinstitut meldete heute wegen der hohen, verlustreichen Derivatepositionen aus dem Hypothekenmarkt einen Kapitalbedarf von 6 Mrd. Dollar.

PS: Ölpreis ist dieses Jahr um 112% gestiegen.
In den vergangenen sechs Monaten legte der Preis für das schwarze Gold 56% zu.

Preisexplosion am Ölmarkt: 139,12 Dollar je Barrel

Nachdem der Ölpreis am Freitag zwischenzeitlich um mehr als 10 Dollar auf 193,12 Dollar je Fass geklettert ist, fragen sich Marktteilnehmer, wie hoch der Preis noch gehen kann. Der japanische Wirtschaftsminister vertritt die Ansicht, dass der Ölpreis grosse Risikofaktoren für eine Rezession der Weltwirtschaft berge. Der exorbitante Ölpreisanstieg und schwache amerikanische Arbeitsmarktdaten bescherten dem Dow Jones Index am Freitag den bisher höchsten Tagesverlust in diesem Jahr. Am Aktienmarkt sind die Titel von Autoproduzenten, Reifenherstellern und Fluggesellschaften am stärksten betroffen.

Top-Manager von grossen Energiekonzern wie Exxon-Mobil, Chevron, Conoco-Phillips usw. zeigten sich bei einem Treffen in St. Petersburg trotz der Preissprünge gelassen. Von einem weltweiten Ölschock könne keine Rede sein. Die gewünschten Mengen können weiterhin geliefert werden, verkündeten Öl-Bosse in Russland. Das sei keine Ölkrise wie 1973, sondern vielmehr eine Herausforderung. Auch Ben Bernanke, der Chef der amerikanischen Notenbank (Fed) hat das Thema „Ölmarkt“ in einem Vortrag an der Harvard Universtiy aufgegriffen. Er hob die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität der US-Wirtschaft hervor und deutete darauf hin, dass die Energieintensität der Wirtschaft seit den 1970er Jahren entschieden zurückgegangen sei. Seit 1975 sei der Bedarf an Energie, um eine bestimmte Menge Output herzustellen, rund um die Hälfte reduziert worden. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet hat hingegen ungewöhnlich deutlich eine Zinserhöhung am 3. Juli angekündigt. Erstmals seit zwei Jahren hat sich die Euro-Renditekurve in eine inverse Struktur gedreht. Die Erwartung eines Zinsanstiegs im Euroland hat darauf hin den Euro-Wechselkurs beflügelt und den Dollar erneut unter Druck gesetzt. Eine weitere Abschwächung des Greensbacks führt dann zu einer erhöhten Nachfrage nach Öl. Ölpreisspirale schürt schliesslich Ängste vor einer Stagflation.

Fazit: Aktienmärkte schlagen erneut Alarm.

Samstag, 7. Juni 2008

EZB-Sitzung vom 5. Juni

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf ihrer Sitzung vom 5. Juni ihren Leitzins unverändert bei 4,0% belassen. EZB-Chef Jean-Claude Trichet sagte aber, dass er eine Zinserhöhung bei der nächsten Sitzung nicht ausschliesse. Es habe unter Ratsmitgliedern Forderungen nach einer sofortigen Zinserhöhungen gegeben, teilte Trichet mit. Der Euro legte nach dem EZB-Statement zu und notierte rund 1,55 Dollar. Europäische Staatsanleihen verloren an Wert. Der Bund-Future fiel auf 111,19 Punkten, den tiefsten Stand seit Jahresbeginn. Die EZB hat wegen der gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreise ihre Inflationsprognose für das laufende Jahr von 2,9% auf 3,4% angehoben.

Fazit: Die EZB unterschätzt das Ausmass des konjunkturellen Abschwungs im Euroland. Die Falken im EZB-Rat scheinen sich wieder durchgesetzt zu haben. Eine Abwägung zwischen Wachstums- und Inflationsrisiko gab es bei der EZB scheinbar nicht. Es gilt offensichtlich, die harte Linie fortzufahren. Der „Feind“ sei die Zweitrundeneffekte, so Trichet. Das ist sicherlich ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Gewerkschaften und Politiker. An den Finanzmärkten ist nun mit weiter steigenden Rohstoffpreisen zu rechnen. Da EZB-Chef mit seinen Äusserungen Ben Bernankes jüngstes Statement durchkreuzt hat, dürfte auch der Dollar unter Druck bleiben. Kurzum. Die EZB hat Öl ins Feuer gegossen und sorgt damit für einen ernsthaften Stimmungsdämpfer für die kommenden Wochen.

Freitag, 6. Juni 2008

Zinsderivate: Overnight Index Swap

Der Spread zwischen dem US-Dollar 3-Monats-Libor (aktuell 2,673%) und der Overnight-Index-Swap (OIS) hat in den letzten Tagen wieder zugenommen. Eine höhere Differenz ist ein Indikator für fehlende Liquidität auf dem Geldmarkt. Der Libor-OIS Spread betrug gestern 67 Basispunkte, nachdem dieser im Verlaufe dieses Jahres von 90 auf 24 Basispunkte zurückgefallen war. Im Dezember war die Differenz im Zuge der Kreditmarktkrise bis auf 106 Basispunkte gestiegen. Der Derivate-Handel signalisiert, dass die Anspannungen am Geldmarkt zuletzt erneut etwas gestiegen sind.

OIS sind Derivate, die over-the-counter gehandelt werden. Der Swap bildet die Grundlage eines Credit Default Swaps (CDS). Bei einem Zinsswap werden Zahlungen von festen und variablen Zinsen miteinander ausgetauscht. Die Vertragspartei A zahlt der Vertragspartei B Libor und bekommt dafür einen festen Zinssatz. Die Vertragspartei B zahlt also einen festen Zinssatz und erhält Libor.

Donnerstag, 5. Juni 2008

Embedded Inflation

Es geht im Prinzip um die Frage, ob die US-Notenbank (Fed) derzeit einen Fehler begangen hat, indem sie sich vordergründig auf die Überwindung der Finanzmarktkrise konzentriert und zugleich den Inflationsanstieg mehr oder weniger ignoriert. Die Inflation sei so hoch wie lange nicht mehr, lautet die Analyse von vielen Marktbeobachtern. Pessimisten beschwören dabei ein Schreckensszenario herauf. Angetrieben von steigenden Rohstoffpreisen und Nahrungsmittelkosten nehme der Teuerungsdruck sowohl in den USA als auch in Europa zusehends zu. Die Inflationserwartungen steigen dauerhaft und es drohe eine Lohn-Preis-Spirale wie in den 1970er Jahren, klagen manche Experten jenseits des Atlantiks. Paul Krugman ist damit nicht einverstanden.

Embedded Inflation

Wann ist es angemessen, über Inflation sehr besorgt zu sein, und wann ist es OK, dass ein Anstieg der Inflation nur ein vorübergehendes Phänomen ist, fragt sich der New York Times Kolumnist in seinem Weblog. Die Antwort gibt Krugman postwendend: Inflation wird zu einem grossen Problem, wenn sie sich in die Wirtschaft „einbettet“ (embedded in the economy), weil sie es erschwert, mehr oder weniger stabile Preise wiederherzustellen. Die Fed soll es nicht zulassen, dass das Thema Inflation ihre Bemühungen zur Stabilisierung des Finanzssystems und der Wirtschaft behindert, ratschlägt Wirtschaftsprofessor an der Princeton University. Wie aber passiert es, dass die Inflation sich einbettet? Das ist ein Prozess, wo sich Inflation selbst ernährt. Die eingebettete Inflation der 1970er Jahre war beispielsweise verantwortlich für die zweistellige Arbeitslosigkeitsrate in den 1980er Jahren. Das Problem der „eingebetteten“ Inflation betrifft nach Krugmans Einschätzung „nur“ den Teil der Ökonomie mit starren Preisen, wie z.B. mit Löhnen, die bekanntlich lediglich einmal im Jahr festgelegt werden. Mit Rohstoffen wie Öl oder Getreide habe das Problem nichts Gemeinsames. Denn die Preise von Rohstoffen schwanken minütlich. Sie steigen und fallen mehrmals am Tag. Deshalb fokussiere die Fed zu Recht auf die Kernrate der Inflation. Um zu begreifen, ob „eingebettete“ Inflation ein Problem wird, muss man die höchst schwankungsanfälligen Preise von der statistisch ausgewiesenen Inflationsrate (Headline Inflation) abziehen. In den 1970er Jahren sei die Kernrate der Inflation schnell hochgeschossen, nachdem die Energie- und Nahrungsmittelpreise gestiegen waren. Das sei heute nicht der Fall, erläutert Krugman. Es gebe gegenwärtig keine Anzeichen dafür, dass Inflationserwartungen sich in den Preissetzungsprozess der restlichen Wirtschaft „einbetten“.

Mittwoch, 4. Juni 2008

Was ist iTraxx Financial Index?

Die wieder aufflammende Kreditkrise lastet seit zwei Tagen auf Finanzaktien an der Börse. Die aktuell kritischen Stellungnahmen von Analysten zur prekären Lage in der Finanzbranche setzt auch Bank-Anleihen unter Stress. Die Preise für Kreditversicherungen für diese Anleihen sind erneut im Steigen begriffen. Laut iTraxx Financial Index legten die Preise zuletzt auf 75 Basispunkte zu. Nach einem Rekordhoch von 160 Punkten waren sie neulich bis auf 50 Basispunkte gesunken. Was heisst es aber „der iTraxx Europe Financial Index ist auf 75 Basispunkte gestiegen“? Das bedeutet, dass die Versicherungsprämie für einen Ausfall von Anleihen im Wert von 10 Mio. Euro im iTraxx Index (5y, Series 9) 75'000 Euro kostet, nachdem sie vorher 50'000 Euro betragen hat.

Das Thema: Kreditderivate.
Das Instrument: Credit Default Swaps (CDS).

CDS ist ein Finanzinstrument im Kreditmarkt, mit dem der Käufer sich gegen einen Zahlungsausfall versichern kann. Der Käufer zahlt dafür eine vierteljährliche Prämie an den Verkäufer. Ein CDS beruht i.d.R. auf einen Kredit von einer Bank an eine Firma. Wenn die Bank sich gegen einen eventuellen Zahlungsausfall versichern will, gestaltet sie dafür einen CDS auf einen Index. Der Referenzwert ist eine Anleihe in der Grössenordnung von 10 Mio. Dollar oder Euro. Die Notierung erfolgt in Basispunkten. Eine Notierung von 120 Basispunkten (d.h. 1,2%) bedeutet, dass jährlich 120'000 Dollar oder Euro als Prämie bezahlt werden muss. Erfolgt keine Kreditrückzahlung, erhält die Bank eine im voraus vereinbarte Summe vom Versicherer. CDS werden nicht an der Börse, sondern „Over-the-Counter“ gehandelt. Das heisst, es sind private Verträge zwischen zwei Vertragspartnern. Der globale Kreditderivatemarkt hat indes einen Wert von mehr als 25'000 Mrd. Dollar erreicht.

Exkurs:
„Over-the-Counter“-(OTC)-Markt bedeutet, dass es keine Börse gibt. Käufer und Verkäufer müssen sich selber finden. Die Transaktion erfolgt direkt von Bank zu Bank. Der Preis eines Wertpapiers wird durch die „Marked-to-Model“-Bewertung ermittelt. Das heisst, dass der Preis durch ein mathematisches Modell produziert wird. Der Kreditmarkt ist ein OTC-Markt.

Trendwechsel am Devisenmarkt?

Ben Bernanke, der Chef der US-Notenbank (Fed) ist besorgt. Der Grund: die steigende Inflation. Schuld daran ist der schwache Dollar, so Bernanke auf einer geldpolitischen Konferenz in Spanien. Der Fed-Präsident hat erstmals seit dem Ausbruch der Kreditmarktkrise vor den negativen Folgen der anhaltenden Dollar-Abwertung gewarnt. Die Importpreise sind in den USA auf Jahresbasis um 11,3% (im I. Quartal) gestiegen. In der Vergangenheit gab es selten so deutliche Äusserungen durch die Fed zur amerikanischen Währung.

Für den Aussenwert des Greenback ist an sich das Finanzmininsterium verantwortlich. Nach Bernankes Einschätzung werden aber die Geldpolitik der Fed und die grundlegende Stärke der US-Wirtschaft dafür sorgen, dass der Dollar stark und stabil bleibt. Das bestärkt nun die Erwartungshaltung, dass die Fed ihren Leitzins nicht mehr senken wird. Interessant ist der Tatbestand, dass US-Finanzminister Hank Paulson zur Zeit im Nahost weilt, um Investitionsmöglichkeiten von Staatsfonds (Sovereign Wealth Fonds) in den USA zu erörtern. Ein weiterer Verfall würde der traditionellen Rolle des Dollars als Reserve- und Anlagewährung zuwiderlaufen. Die Frage ist daher berechtigt, ob hinter der Verbalintervention des Fed-Chefs zugunsten von Dollar mehr als Inflationsangst steckt?

Kreditmarkt: Ende der Krise nicht in Sicht

Nach einer kurzen Entspannungsphase auf den Kreditmärkten scheint sich die Stimmung inzwischen wieder einzutrüben. Der Grund: Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat mitgeteilt, die Kreditbewertung für drei amerikanische Investmentbanken gesenkt zu haben. Die Branche hat nach Einschätzung von S&P noch mehr Kreditausfälle und Ertragseinbusse zu verbuchen als bisher eingeschätzt.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein Pressebericht, wonach die Europäische Zentralbank (EZB) über Änderungen ihrer Refinanzierungsregeln nachdenkt. Wie das Handelsblatt aus Düsseldorf berichtet, zeichne sich in der EZB eine Diskussion über die Akzeptanz von strukturierten Wertpapieren ab. Es geht dabei darum, welche Wertschriften die Geschäftsbanken zu welchen Bedingungen bei der EZB als Sicherheit für Kredite (von der Zentralbank) hinterlegen dürfen. Im Mittelpunkt stehen v.a. mit Forderungen besicherten Anleihen (Asset Backed Securities, ABS). Die ABS sind bekanntlich im Zuge der Subprime-Krise in Verruf geraten. Würde die EZB neue ABS als Sicherheit nicht akzeptieren, müssten die Banken diese am Markt unterbringen. Der Markt ist aber wegen der fehlenden Nachfrage lahmgelegt. Eigentlich kann man ruhig davon sprechen, dass das grundlegende Problem ein fehlender Markt ist. Denn es gibt keinen Preismechanismus. Das führt zu der Frage:

Wie funktioniert der Kreditmarkt?

Auf dem Kreditmarkt werden Kredite, die in Wertpapiere umgewandelt sind, gehandelt. Im Gegensatz zum Aktienmarkt handelt es sich dabei um einen Markt, in dem nur Profis tätig sind. Die Wertpapiere haben öfters ein höheres Rating (Bonität) als die Kredite, die den Ersteren zugrunde liegen. Das Risiko ist also versteckt. Der Kreditmarkt funktioniert aufgrund des „Marked-to-Model“ Prinzips. Das heisst, dass der theoretische Preis des Wertpapiers durch ein mathematisches Modell ermittelt wird. Die Preise passen sich also nicht durch Angebot und Nachfrage an. Auf dem Kreditmarkt herrschen m.a.W. keine marktwirtschaftliche Regeln. Es gibt keine Börse. Wertpapiere werden direkt von Bank zu Bank gehandelt. Das nennt man „Over-the Counter“-Market. Der Preis wird durch ein mathematisches, komplexes Modell produziert. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Ratingagenturen, welche die verschiedenen Tranchen eines Wertpapiers bewerten. Eine CDO (Collateralized Debt Obligation) ist ein typisches Wertpapier, um die es hier geht. Eine ABS umfasst ein Pool an Krediten. Einer CDO hingegen liegt ein Pool von ABS zugrunde. Eine CDO funktioniert im Prinzip wie eine ABS. Der Unterschied liegt nur in der Grössenordnung. Dreh- und Angelpunkt ist die Kreditbewertung durch die Ratingagenturen. Wenn die Ratingagenturen eines Tages dazu übergehen, die Tranchen einer CDO herunterzustufen, dann ist Sense. Genau das passierte am amerikanischen Hypothekenmarkt im vergangenen Jahr. Die Herabsetzung der oberen Tranchen der Subprime-CDOs durch die Ratingagenturen hat plötzlich zum Zusammenbruch des ganzen Marktes geführt. Die Subprime-Krise hat also den ABS-Markt insgesamt zum Erliegen gebracht.

Dienstag, 3. Juni 2008

Subprime-Krise: Weitere desolate Verluste im Bankensektor

Schlechte Nachrichten aus der Finanzbranche reissen nicht ab. Auch die Angst vor einem anhaltenden Abschwung schwindet nicht. Die Gewinnwarnung und Berichte über steigende Kreditausfälle des grössten britischen Immobilienfinanzierers Bradford & Bingley haben die Londoner Börse gestern in Alarmstimmung versetzt. Das Pfund verlor daraufhin gegenüber dem japanischen Yen 1,7% und gegenüber dem Dollar 1,0% an Wert. Die Ratingagentur Moody’s veröffentlichte zum Wochenende einen negativen Ausblick für den britischen Bankensektor.

Andere britische Geldinstitute wie HBOS und Royal Bank of Scotland, die vor Kapitalerhöhungen stehen, bangen nun um ihre Investoren. Die neulich erfolgten Entlassungen im Management von amerikanischen Finanzinstituten Wachovia und Washington Mutual haben inzwischen negative Analystenkommentare auch zur Lage im US-Bankensektor verstärkt. Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat die Kreditbewertung für drei amerikanische Investmentbanken gesenkt. Eine vierte US-Investmentbank bemüht sich um eine Kapitalerhöhung in Höhe von 3 bis 4 Mrd. Dollar. Die Branche hat nach Einschätzung von S&P noch mehr Kreditausfälle und Ertragseinbusse zu verbuchen als bisher angenommen.

Unser zurückhaltender Blick auf Bankaktien hat sich bislang als goldrichtig herausgestellt. Im Dezember 2006 hatten wir im „Ausblick für 2007“ vor Aktien im Finanzsektor ausdrücklich gewarnt. Unseren Standpunkt, die Finanztitel zu meiden, haben wir zu Beginn des Jahres 2007 mehrmals wiederholt. Nach wie vor raten wir zu keinem Engagement in Finanzaktien.

Montag, 2. Juni 2008

Wechselbad der Gefühle: Stagflation vs. Depression

Der TED-Spread, der als Indikator für das Risikomass am Interbankenmarkt gilt, liegt zur Zeit nach wie vor über dem langfristigen Durchschnitt. Das heisst, dass die Rückkehr zur Normalität am Geldmarkt noch auf sich warten lässt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Stimmungswechsel. Bis vor drei Monaten wurde die epische Kreditmarktkrise noch in aller Intensität mit der Depression der 1930er Jahre verglichen. Nun weisen Marktanalysten auf die Parallelen in den 1970er Jahren hin. Es braue sich erneut eine fatale Konstellation wie damals während des Ölpreisschocks zusammen: nachlassendes Wirtschaftswachstum, steigende Inflationszahlen. Kurzum: Stagflation.

Damals war die Inflation in den USA und in Deutschland zweistellig gewachsen. Das Europäische Statistikamt meldete vergangene Woche eine Inflationsrate von 3,6% im Jahresvergleich. Paul Krugman, der Star-Ökonom an der Princeton University, gibt in seiner Kolumne in The New York Times Entwarnung. Es gebe heute keine Anzeichen für eine „Lohn-Preis-Spirale“. Verbraucher seien zwar wegen der hohen Preise besorgt, aber heute seien weit und breit keine Arbeitnehmer in Sicht, die dafür höhere Löhne fordern. Falsche Schlüsse würden die Inflationssituation eher verschlimmern. Da es keine Lohn-Preis-Spirale gibt, gibt es auch keinen Grund für höhere Zinsen, argumentiert Krugman. Steigende Zinsen würden den konjunkturellen Abschwung verschärfen. Allerdings hat Krugman nichts dagegen, wenn der Leitzins als Zeichen einer „extra Sicherung“ gegen die Inflation „ein wenig“ erhöht werden würde. Die angemessene Einschätzung der Lage am Markt ist insofern wichtig, als Anleger ihr Portfolio dementsprechend umschichten müssten. In naher Zukunft dürfte sich die Spreu vom Weizen trennen. Investoren sind also derzeit gut beraten, sich von riskanten Anlagen fernzuhalten.



TED-Spread: Differenz zwischen dem 3-Monats-Libor und der Rendite der 3-Monats-US-Schatzwechsel.

Brasilien will Staatsfonds gründen

Die brasilianische Regierung stellt angeblich seit geraumer Zeit Überlegungen an, einen souvärenen Staatsfonds zu gründen. Damit würde sich Brasilien unter Staaten wie Norwegen und Singapur einreihen. Diese Länder zahlen die überschüssigen Deviseneinnahmen in einen Fonds („Sovereign Wealth Fund“, SWF) ein, welcher das Vermögen ertragsbringend verwaltet. Investiert wird ausserhalb des eigenen Landes in den globalen Aktien- und Anleihenmärkten. Die brasilanische Regierung will dem Kongress einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen.

Der Plan sehe vor, die Dollareinlagen über die staatliche Entwicklungsbank (BNDES) für die Subventionierung von brasilanischen Ausfuhren und Unternehmen zu verwenden. Wie die anhaltede heftige Debatte in Brasilia zeigt, liegt es jedoch bislang kein konkretes Ergebnis vor. Experten setzen inzwischen ein Fragezeichen hinter dem Vorhaben der Regierung, da Brasilien ihrer Einschätzung nach primär die Staatsschulden senken solle, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen.