Dienstag, 30. November 2010

EU-Finanzhilfe: Wer hat noch nicht, wer will noch mal?

Die Spreads für die Versicherung gegen Kreditausfälle legen wieder deutlich zu. Die Frage, die daher am meisten gestellt wird, ist, ob Spanien der nächste Dominostein ist, der umfällt. Spanien geht es nicht gut, aber was ist mit Belgien? Während Spekulanten sich fest auf Madrid konzentrieren, ist die Rendite für belgische Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit auf 3,99%, den höchsten Wert seit 1993 geklettert. Der Spread zu deutschen Staatsanleihen hat sich von 112 Basispunkten auf 139 Basispunkte ausgeweitet. Bei der Emission von Schatzwechseln mit 168 Tagen Laufzeit sind die Kreditkosten für Belgien heute auf 1% gestiegen. Im Mai hatte Brüssel für die Schatzwechsel mit vergleichbarer Laufzeit nur 0,63% zahlen müssen. Die CDS-Prämien sind inzwischen um 10 Basispunkte auf einen Rekordwert von 193 Basispunkten geklettert. Wie Simon Johnson betont, müsste man sich vorerst Belgien ansehen, bevor man sich fragt, ob Irland oder Spanien in Zahlungsverzug gerät. Die Eventualverbindlichkeiten, die aus der Finanzhilfe für die Banken stammen, beträgt in Belgien 18,3% des BIP.


Belgien, Rendite Staatsanleihen (10 Jahre), Graph: Bloomberg.com

Der progressive Defizit-Plan

Der Mythos, dass es keine Alternative zum regressiven Bowles-Simpson-Plan gäbe, ist geplatzt. Paul Krugman macht in  seinem Blog auf einen Plan („Investing in America’s Economy“), der von einer Koalition von progressiven Think-Tanks für den Umgang mit dem Haushaltsdefizit vorgelegt wurde, aufmerksam. Es handelt sich dabei um einen mindestens genauso verantwortlichen Plan wie alle anderen vorangetriebenen Plänen, mit einem sehr unterschiedlichen Schwerpunkt, bemerkt Krugman dazu: Mehr Verlass auf die Einnahmen, kein Angriff auf die Social Security. Ein Teil der Einnahmen kommt von indirekten Steuern, „green taxes“ und Mineralölsteuern, erklärt der Nobelpreisträger. Aber der Rest stammt aus Massnahmen, welche die Steuern für Amerikaner mit höherem Einkommen erhöhen würden.

Durchschnittliche Einkommen nach Steuern gemäss Quintile („Fünftelwerte“), Graph: Investing in America’s Economy, Our Fiscal Security

Montag, 29. November 2010

Merkel-Crash

Die Nothilfe für Irland scheint die Finanzmärkte nicht zu beruhigen. Die Angst um eine Ausweitung der europäischen Schuldenproblematik hat heute Aktien europaweit deutlich ins Minus gedrückt. Die Frage, ob die Inhaber von Staatspapieren in Finanznot in Zukunft zur Kasse gebeten werden, hängt wie das Damoklesschwert über den Märkten. Der spanische Ministerpräsident Zapatero wirbt zwar um Vertrauen, aber die Rendite für spanische Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist heute auf 5,48%, den höchsten Stand seit 2002 geklettert. Auch die CDS-Prämien auf die Staatsanleihen (Spanien und Portugal) legten heute kräftig zu. CDS-Spreads für Spanien: 354 (+29 Basispunkte) und für Portugal: 543 (+41 Basispunkte). Das sind Rekordwerte. Spanien (46 Mio. Einwohner) ist die viertgrösste Volkswirtschaft in der Euro-Zone. Während das spanische  Finanzministerium zwei Bond-Emissionen für Dezember plant, wird im Markt darüber spekuliert, welches EU-Land als nächstes um Hilfe bitten wird.


Spanien, Rendite von Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: Bloomberg.com

Credit Default Swaps (CDS): Volumen nimmt weltweit drastisch ab

Seit die Banken begonnen haben, sich auf die neue Regulierung mit Derivaten vorzubereiten, ist der Handel mit CDS, dem vor der Krise am schnellsten wachsenden Geschäft der Wall Street laut Bloomberg im Vergleich vor drei Jahren um 40 bis 60% gesunken. Der von vier der grössten CDS-Händlern geschätzte Rückgang der Swaps bedeutet geringere Gewinne für Finanzunternehmen, welche es gewohnt waren, zwei Drittel ihrer Einnahmen aus dem Derivate-Geschäft zu generieren. Moody’s Investor Service geht davon aus, dass die neue Regulierung für Unternehmen, die mit CDS handeln, einen Stellenabbau von bis zu 50% kosten werde. Die Investoren vermeiden offenbar Strategien, die inmitten der schlimmsten Finanzkrise seit der Grossen Depression zu Abschreibungen in Höhe von 1'820 Mrd. $ geführt  haben. Der Netto-Betrag von CDS ist seit Oktober 2008 weltweit um 20% gefallen, berichtet Bloomberg weiter. Die fünf grössten Händler (JP Morgan, Goldman, Morgan Stanley, Citi Group und Bank of America) haben laut Federal Reserve Bank of New York per 30. September von 698,9 Mrd. $ im März 2009 um 38% weniger CDS-Geschäfte verbucht.

Rettungspaket für Irland: Aufschlüsselung von Darlehen

Das von dem IWF und der EU geschnürte Rettungspaket für Irland in Höhe von 85 Mrd. € besteht aus zwei Teilen: 35 Mrd. € werden für die Refinanzierung der Banken und 50 Mrd. € für die Sanierung des Haushalts verwendet. Überraschenderweise wird Irland selbst 17,5 Mrd. € dazu beitragen. Die Verzinsung von EFSF-Darlehen dürfte 5 bis 6,25% betragen, während die Verzinsung des IWF- und EFSM-Darlehens etwas weniger zu Buche schlagen dürfte. Inhaber von erstrangigen (vorrangig) Anleihen (senior debt holders) müssen allem Anschein nach nicht mit einem Haircut rechnen. Das gilt auch für die Inhaber von nachrangigen Anleihen (subordinated debt holders). Darüber hinaus dürfte der neue Crisis Resolution Mechanismis (CRM) erst ab 2013 in Kraft treten. In welcher Form es geschehen soll, ist noch offen.





EU-Krise: Tapas versus Hauptgericht

Der IWF und die EU haben gestern ein Rettungspaket in Höhe von 85 Mrd. € für Irland geschnürt. Irland ist damit das erste Land, das den EU-Rettungsschirm in Anspruch nimmt. Werden sich die Finanzmärkte jetzt beruhigen? Irland selbst kann nicht viel Schaden in Europa anrichten. Das gilt auch für Griechenland und Portugal, welche als die nächsten Domino-Steine betrachtet werden. Dann gibt es aber Spanien. „Während die anderen Tapas sind, ist Spanien das Hauptgericht“, beschreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne in NYT. Was über Spanien auffällt, ist, aus amerikanischer Sicht, wie seine wirtschaftliche Geschichte der der amerikanischen ähnelt, hebt Krugman hervor. Wie Amerika hat auch Spanien eine riesige Immobilienblase erlebt, begleitet von einem enormen Anstieg der privaten Verschuldung. Wie Amerika ist Spanien nach dem Platzen der Blase in eine Rezession gefallen. Nun erlebt das Land einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Und wie Amerika steht Spanien aufgrund der einbrechenden Einnahmen und der steigenden Kosten, die aus der Rezession herrühren, einer Ausweitung des Haushaltsdefizits gegenüber.

MBS-Markt: Warum die Lieferunfähigkeit derzeit zunimmt

Die Lieferunfähigkeit, was den MBS-Markt betrifft, hat am vergangenen Monat ein Allzeithoch erreicht, wie Tracy Alloway von FT Alphaville berichtet. Der Wert der Wertpapiere, welche Händler nicht liefern konnten, belief sich zuletzt auf 1'000 Mrd. $. Zu Lieferausfällen (failure to deliver) kommt es, wenn ein MBS-Verkäufer das versprochene Wertpapier zum versprochenen Zeitpunkt nicht liefern kann. Es scheint, dass der Grund, warum die Lieferunfähigkeit in der letzten Zeit zugenommen hat, auf eine Kombination von extrem niedrigen Zinsen und auf die Tatsache, dass die Fed mit der QE-Politik am Markt für Agency-Debt (Hypotheken-Bonds von staatlichen Finanzierungsgesellschaften) eine marktbeherrschende Position eingenommen hat, zurückzuführen ist, schätzt FT Alphaville.


Lieferunfähigkeit steigt, wenn overnight Sätze niedrig sind, Graph: via FT Alphaville

Sonntag, 28. November 2010

Stresstests für Spitzenverdiener

Es sind nicht nur Tea-Party-Aktivisten, die sich über Steuern erzürnen. Eine viel grössere und vielfältigere Gruppe scheint empört, dass der Kongress derzeit erwägt, die Bush-Steuersenkungen am Jahresende (für Familien, die mehr als 250'000 $ verdienen und Einzelpersonen, die mehr als 200'000 $ verdienen) auslaufen zu lassen, schreibt Robert Frank in einem lesenswerten Essay („Taxing the Rich: It’s All Relative“)  in NYT. Die andere Frage, die in diesem Zusammenhang aufgeworfen wird, ist, ob die Steuern im allgemeinen steigen werden. Vorerst möchte Frank darauf aufmerksam machen, dass es, wenn Baby-Boomer in den Ruhestand gehen, keine Möglichkeit gibt, allein mit Ausgabenkürzungen zu verhindern, dass die Staatsverschuldung ausser Kontrolle gerät. Es sind also auch zusätzliche Einnahmen nötig. Natürlich gibt es viele komplexe Probleme bei der Abwägung der Auswirkungen eines bescheidenen Anstiegs der oberen Steuersätze. Wird es zum Beispiel das Wirtschaftswachstum bremsen? Es gibt aber keine glaubwürdigen Beweise dafür, dass es so ist. Das markanteste Problem in den Köpfen der Steuerzahler ist, wie die Veränderungen auf ihren Lebensstandard auswirken werden. Wahr ist, dass wirklich vermögende Familien ihre Ausgaben überhaupt nicht ändern müssten, bemerkt der an der Cornell University (Johnson Graduate School of Management) lehrende Wirtschaftsprofessor.

Der Schwarze Schwan

Buchbesprechung:

Nassim Nicholas Taleb: Der Schwarze Schwan. Konsequenzen aus der Krise. Hanser Verlag, München, 2010.


Das vorliegende Buch wurde in den USA Nassim Talebs Bestseller „The Black Swan“ als „postscript essay“ angefügt. Der Carl Hanser Verlag hat es vorgezogen, die kurze Abhandlung diesseits des Atlantiks als eigenständiges Buch herauszubringen, was eine gute Idee ist. Dieses „Buch verdankt seine Existenz Danny Kahneman, dem meine Ideen und ich mehr schulden als sonst irgendjemandem auf diesem Planeten“, hebt der Autor bereits im ersten Kapitel hervor. Auch Nouriel Roubini schneidet hier gut ab, den Taleb als „vielleicht den einzigen unabhängigen Denker in diesem Geschäft“ bezeichnet. Ansonsten scheint Taleb von der Wirtschaftswissenschaft aufgrund der „sehr schädlichen Modelle“ nicht viel zu halten, weil sie sich „für keine Form des Risikomanagements nutzen lassen“. Für die Ökonometrie hat er überhaupt nichts übrig: Ein „Gebiet, welches überhaupt nicht existieren würde, wenn man es mit wissenschaftlicher Genauigkeit betrachten würde“.

Samstag, 27. November 2010

Instabilität der Moderation

Nachdem Brad DeLong in einem lesenswerten Essay bemerkt hat, wie unsere Wahrnehmung der Geschichte in Folge der „Great Recession“ sich verändert hat, nimmt auch Paul Krugman in seinem Blog dieses interessanten Themas an. „Wir hatten Mitleid mit unseren Grossvätern, denen das Wissen und das Mitgefühl für die wirksame Bekämpfung der „Great Depression“ fehlten. Jetzt sehen wir uns aber alten Fehlern gegenüber“, bemerkt Krugman dazu. Der Nobelpreisträger denkt jedoch, dass das Versagen der Politik, wie die Erfahrung der vergangenen drei Jahre zeigt, tiefe Wurzeln hat, sodass wir verdammt sind, das durchzumachen. Konkret vermutet Krugman nun, dass die Art der moderaten Wirtschaftspolitik, die er und Brad DeLong unterstützen, ein Regime ist, welches im Grossen und Ganzen die Märkte frei funktionieren lässt, aber wo der Staat bereit steht, Exzesse und Abschwünge wirksam zu bekämpfen. Dieses Regime ist aber inhärent instabil, was eine Generation anhalten kann, aber nicht viel länger. Mit der Instabilität meint Krugman allerdings nicht eine finanzielle Instabilität à la Minsky, obwohl auch etwas davon vorhanden ist. Ebenso wichtig sind die intellektuelle und politische Instabilität.

Freitag, 26. November 2010

Arbeitslosigkeit und die fehlende stabilisierende Makroökonomie

Wie können sich Regierungen zurückhalten und zusehen, wie der Abschwung in einer reichen Welt Verheerungen anrichtet? Wie können Regierungen es über längere Zeit hinnehmen, dass die Arbeitslosigkeit die 10% Marke berührt? Warum übernehmen Regierungen keine Verantwortung für den Zustand der Wirtschaft? In der Zwischenkriegszeit betrachteten die Regierungen es nicht als ihre Aufgabe, während eines Abschwungs die Arbeitslosigkeit möglichst gering zu halten, schreibt Brad DeLong in einem lesenswerten Essay („The Retreat of Macroeconomic Policy“) in Project Syndicate. Dafür gab es drei Gründe, die am Ende des Zweiten Weltkriegs hinfällig geworden sind, bemerkt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor: (1) Die Lobby des harten Geldes („hard-money lobby“). Das Vermögen einer beträchtlichen Zahl reicher, gesellschaftlich einflussreicher und politisch mächtiger Personen war überwiegend in Anleihen angelegt. Für sie persönlich waren hohe Kapazitätsauslastung und niedrige Arbeitslosigkeit nicht besonders wichtig. (2) Die Arbeiter, die von einer hohen Arbeitslosigkeit am schwersten betroffen waren, waren nicht wahlberechtigt. Und dort, wo sie es waren, hatten sie und ihre Vertreter kaum Möglichkeiten, darüber nachzudenken, wie sie von einer staatlichen Konjunkturpolitik profitieren könnten. (3) Die wirtschaftliche Erkenntnis steckte noch in den Kinderschuhen.

US-Kerninflation gleich Null

Die Kerninflation beträgt in den USA nun auf Monat-zu-Monat Basis Null Prozent. Sowohl PCE als auch CPI sind unter 0,5% gerutscht. Menzie Chinn liefert dazu die zwei folgenden anschaulichen Abbildungen.


PCE (Personal Consumption Expenditure) Deflator (annualisiert auf Monat-zu-Monat Basis) und die Kerninflation (rot), saisonal-bereinigt, Graph: Prof. Menzie Chinn, Econbrowser

Irland: Volk wird für die Sünden der Banker bestraft

Irlands Sparmassnahmen funktionieren nicht. Sie bestrafen die Öffentlichkeit für die Fehler der dummen Banker. „Was wir jetzt brauchen, ist einen anderen Jonathan Swift. Die meisten Menschen kennen Swift als den Autor von „Gulliver’s Travels“, schreibt Paul Krugman in seiner Freitagskolumne („Eating the Irish“) in NYT. Die jüngsten Ereignisse erinnern Krugman an Swifts Essay von 1729 „A Modest Proposal“, indem der Schriftsteller die bittere Armut der Iren beobachtet und eine Lösung bietet: Kinder als Nahrung verkaufen. „Ich garantiere, dass diese Speise etwas teuer sein wird. Aber es wäre angemessen für Hausbesitzer, die bereits die meisten Eltern gefressen haben. Und sie scheinen den besten Titel für die Kinder zu haben“, so Swift. OK, heute sind es nicht die Hausbesitzer, sondern die Banker, die das Volk verarmen und sie essen sie nicht, fügt Krugman hinzu. Nur ein Satirist könnte das, was heute mit Irland passiert, rechtfertigen. Die irische Geschichte begann mit einem echten Wirtschaftswunder. Aber das bereitete den Weg für eine spekulative Raserei, welche mit übermässigem Kredit finanziert wurde, durch die irische. Banken, v.a. aber durch die Banken aus anderen europäischen Ländern. Dann platzte die Blase. Und die Banken stehen jetzt grossen Verlusten gegenüber.

Donnerstag, 25. November 2010

Wird Irland zahlungsunfähig?

Auf den ersten Blick scheint Irland am Rande eines Zahlungsverzugs (default). Seine Schulden sind sehr hoch im Verhältnis der Grösse seiner Wirtschaft. Der grösste Teil des Geldes ist dem Ausland verschuldet. Doch alles deutet darauf hin, dass Irland nicht säumig wird oder irgendwie umschulden muss, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten Essay („Will Ireland Default? Ask Belgium“) in NYT. Warum nicht? Irland schuldet eine riesige Menge Geld an das Ausland. Sein Schuldenstand dürfte im besten Szenario mehr als 100% des BSP, im schlimmsten Fall, mit einem grösseren Verlust an Immobilien und einer tieferen Rezession 150% des BSP erreichen. Mindestens 20% des irischen BSP stammt aus „Gespenst-Unternehmen“ („ghost corporations“), welche wenig oder keine wirkliche Aktivitäten in Irland haben, erklärt Johnson. Körperschaftssteuer ist auf 12,5% festgelegt, aber die weltweit führenden Unternehmen sind in der Lage, komplizierte Systeme mit anderen Offshore-Steueroasen, ihre effektiven Steuersätze auf eine einstellige Zahl zu reduzieren, hält der ehem. Chefökonom des IWF fest.


Eventualverbindlickeiten (Schulden), Graph: Jacob Kirkegaard, Peterson Institute for International Economics

Irland-Rettungsplan: Wer zahlt wie viel Geld?

Die irische Regierung erwartet rund 100 Mrd. Euro (85Mrd. £) von der EU und dem IWF. Guardian zeigt die Einzelheiten der Zusammensetzung aller Gelder, die Irland in Anspruch nehmen würde.

(a) Staatsschulden: Irland dürfte voraussichtlich 53,9 Mrd. £ Kredit bis 2012 aufnehmen.

(b) Banken: Banken, die 31,6 Mrd. £ für die Rekapitalisierung benötigen, haben bereits 110 Mrd. £ von der EZB ausgeliehen.


Irland Staatsanleihen 10 Jahre (Rendite), Graph: Bloomberg.com

Bond Blues: Europäische Staatsanleihen

Obwohl die Risikoaufschläge für irische Staatsanleihen zuletzt kräftig zugelegt haben, verzeichnen die griechischen Staatspapiere immer noch die höchsten Renditen im Euro-Raum. Hier sind die aktuellen Renditen der europäischen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit.

Griechenland: 11,92%
Irland: 8,91%
Portugal: 7,02%
Spanien: 5,07%

Im Vergleich:
Deutschland: 2,72%


CDS-Prämien für europäische Staatsanleihen versus CDX Entwicklungsländer (in Basispunkten), Graph: Rashique Rahman & Rogerio Oliveira, Morgan Stanley

Mittwoch, 24. November 2010

Interview: Prof. James D. Hamilton, University of California, San Diego

James D. Hamilton is Professor of Economics at the University of California, San Diego.


What are the motives behind those who are unscrupulous trying to sabotage Fed’s attempts of “quantitative easing”?

I think the concern of many of the European critics may be related to the depreciation of the dollar itself rather than to the quantitative easing per se.  Within the United States, there is a lot of frustration with the financial crisis and the role that the Federal Reserve and banks are perceived by some to have played in that.  And the fact that the measures that the Fed is adopting are out of the ordinary may be another factor that causes some to have concerns.

Competitive Devaluation: Abwertung zur Verbesserung der Exportfähigkeit

Paul Ryan, Mitglied (Republikanische Partei) des US-Repräsentantenhauses für Wisconsin, der die konservative Kritik gegen die US-Notenbank wegen des QE-Plans führt, behauptet, dass die Fed den US-Dollar absichtlich abwerten will.  „Nenn’ mir ein Land in der Geschichte, welches durch die Abwertung seiner Währung gediehen ist“, sagte er neulich in diesem Zusammenhang. Menzie Chinn antwortet darauf mit einem Hinweis auf Barry Eichengreen’s Essay („Competitive devaluation to the rescues“) in Guardian, um die Leser im Dienst der Öffentlichkeit über einige historische Perspektive angemessen zu informieren. Eichengreen der an der University of California, Berkeley Wirtschaftswissenschaften lehrt, hatte sich im Übrigen mit der Thematik in seinem Buch „The Goldstandard and the Great Depression“ bereits 1996 ausführlich auseinandergesetzt.

Länder, die den Goldstandard früh verlassen haben, haben sich frühestens erholt, Graph: Prof. Barry Eichengreen, Economics History Review 45 (2), 1992.

Warum Konservative gegen QE sind

Obwohl die Konjunktur sich gedreht zu haben scheint, erwarten die meisten Analysten eine sehr langsame und qualvolle Erholung der Wirtschaft, v.a. für die Beschäftigung. Vor diesem Hintergrund hat die Fed eine weitere Runde der mengenmässigen Lockerung (QE) der Geldpolitik angekündigt, um die Aussichten zu verbessern. Doch viele Menschen, insbesondere Konservative liefern eine starke Opposition gegen den Plan der US-Notenbank (Fed). Warum sind aber Konservative gegen den Fed-Plan? Die Hauptsorge der 23 Ökonomen, die den Anti-QE-Brief unterschrieben haben, ist Inflation, bemerkt Mark Thoma in einem lesenswerten Essay („Faith in the Fed. QE2 Will Not Spur Inflation“) in The Fiscal Times.

US-Wirtschaftswachstum im dritten Quartal 2010

Die US-Wirtschaft ist im III. Quartal auf das Jahr hochgerechnet um 2,5% gewachsen. Das amerikanische Handelsministerium war zunächst von 2,0% ausgegangen. Nach revidierten Berechnungen des Bureau of Economic Analysis (BEA) haben höhere Ausgaben der privaten Haushalte (+2,8%) und des Staates (+4%) für eine Beschleunigung des Wachstums gesorgt. Die Bauinvestitionen sind zwischen Juli und September um 5,8% gesunken, während Investitionen in Equipment und Software um 16,8% gestiegen sind. Die Ausfuhren sind um 6,3% geklettert, während die Einfuhren um 16,8% zugelegt haben.

Beiträge zur prozentualen Veränderung in real BIP, Graph: Fed Cleveland, Nov. 2010

FDIC: Der 3. Quartalsbericht 2010

Auch wenn die grössten Banken des Landes sich schnell erholt haben, bleiben hunderte von kleinen Kreditgebern in Gefahr, schreibt die FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation) in ihrem gestern präsentierten Bericht („Quarterly Banking Profile“). Die US-Einlagensicherungsbehörde (FDIC) hat zudem die aktuelle Problem-Liste der Banken vorgelegt. Im III. Quartal kletterte die Zahl von 829 auf 860. Das heisst, dass eine von neun Banken als problematisch betrachtet wird. Die Behörde hat in diesem Jahr 149 Banken geschlossen, davon 41 zwischen Juli und September. Laut FDIC verdienten die Banken (7'760 in der Anzahl) in den USA im III. Quartal insgesamt 14,5 Mrd. $. Das bedeutet ein Plus von 2 Mrd. $ im Vergleich zum Vorjahr, obwohl es sich dabei seit den letzten zwei Quartalen in Folge des 10 Mrd. $ betragenden Verlustes der AIG um einen starken Rückgang handelt. Zwei von drei Banken haben bessere Quartalsergebnisse verbucht. Das war die fünfte Periode in Folge, in der die Banken den Gewinn gegenüber dem Vorjahr gesteigert haben.


Kontostand des Einlagensicherungsfonds (im Minus) und versicherte Einlagen (in Mio. $), Graph: FDIC, Quarterly Banking Profil

Dienstag, 23. November 2010

Ist der Euro in einer ausserordentlich ernsten Lage?

Während der Konflikt zwischen Nord- und Südkorea zu eskalieren droht, gibt der Euro nach. Die Gemeinschaftswährung kostet heute nachmittag mit 1,3445 US-Dollar um 1,3% weniger als zu Handelsbeginn. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat laut  Bloomberg gesagt, dass der Euro in einer aussergewöhnlich ernster Situation ist, seit Irland das zweite europäische Land geworden ist, welches nach Griechenland eine Rettungsaktion benötigt.


USD / EUR Wechselkurs, Graph: finance.yahoo.com

Schweiz: Vermögen der privaten Haushalte wieder auf Vorkrisen-Niveau

Das Reinvermögen der privaten Haushalte hat in der Schweiz 2009 nach Angaben der Schweizer Nationalbank (SNB) um 6,5% auf 2'595 Mrd. Franken zugenommen. Damit erreichte es wieder das Niveau von 2007, nachdem es 2008 wegen der Finanzkrise stark gesunken war. Ausschlaggebend für die Zunahme waren (1) eine Erholung der Aktienkurse und (2) weiter steigende Immobilienpreise. Die finanziellen Forderungen der privaten Haushalte erhöhten sich laut SNB 2009 um 151 Mrd. auf 1'883 Mrd. Franken (+8,7%), das Immobilienvermögen stieg um 31 Mrd. auf 1'364 Mrd. Franken (+2,3%). Die finanziellen Verpflichtungen nahmen um 24 Mrd. auf 652 Mrd. Franken zu (+3,8%). Als Ergebnis dieser Entwicklungen stieg das Reinvermögen auf rund 333'000 Franken (2008: 316'000 Franken) pro Kopf der Bevölkerung.


Struktur der Aktiven der privaten Haushalte (Ende 2009), Graph: SNB, Nov. 2010

Irland und Finanzkrise: Gibt es eine Lösung?

Die globale Finanzkrise ist nicht zu Ende. Warum? Weil die Politik nicht verstanden hat, worum es geht. Noch im April dieses Jahres hatte Jean-Claude Trichet , EZB-Chef gesagt: „Market is always right“. Das schwer verschuldete Irland hat nun Milliardenhilfe beantragt. Die EU und der IWF stellen ein Hilfspaket bereit. Der irische Ministerpräsident hat Neuwahlen angekündigt.  Barry Eichengreen bemerkt, dass Europa stärkere und zentralisierte Regulierung der Finanzmärkte benötigt. Was in Irland und Spanien geschehen ist, war ein vom Finanzmarkt angetriebener Immobilienboom, sagt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor. Der Bankrott hätte durch eine bessere Regulierung gestoppt werden können, so Eichengreen.


Irish 10y Bond Yield (8,29%), Graph: pragmatic capitalism

Israelische Zentralbank lässt Leitzins bei 2,0 Prozent unverändert

Die Bank of Israel (BoI) hat gestern ihren Leitzins bei 2,0% unverändert belassen. Der Zinsentscheid steht laut BoI im Einklang mit dem schrittweise erfolgenden Prozess der Rückkehr der Zinsen auf ein „normales“ Niveau, in der Absicht, die Inflation im Zielbereich fest zu verankern und zur Erholung der Wirtschaft weiter beizutragen, bei gleichzeitiger Unterstüzung der Stabilität des Finanzsystems.

Der Pfad der Zinserhöhungen ist nicht vorgegeben, sondern werde im Einklang mit dem Inflationsumfeld, dem Wirtschaftswachstum in Israel und weltweit, mit der Geldpolitik der führenden Zentralbanken und der Entwicklungen des Wechselkurses von Schekel bestimmt, so die israelischen Währungshüter. Die Geldpolitik bleibt also auf dem gegenwärtigen Niveau der Zinsen weiterhin expansiv.


Israel Inflationserwartungen, Graph: Morgan Stanley

Montag, 22. November 2010

Will die Fed mit QE absichtlich den US-Dollar abschwächen?

Seit der Ankündigung der US-Notenbank am 3. November, für 600 Mrd. $ langlaufende US-Treasury Bonds am offenen Markt zu kaufen, steht ein Thema im Fokus der Kritik: Abwertungswettlauf des US-Dollars (competitive devaulation). Es gibt keine geldpolitische Absicht, einen bestimmten Wert für den US-Dollar zu verfolgen, sagte Dennis Lockhart, der Atlanta Fed-Präsident vergangene Woche. Natürlich ist der Dollar-Wechselkurs in Folge der Bemerkungen, die Fed-Präsident Ben Bernanke im August im Rahmen eines Economic Policy Symposium in Kansas City gemacht hat, gefallen. In diesem Zusammenhang unternimmt Dave Altig im macroblog der Atlanta Fed einen Versuch, zu erklären, wie die Geldpolitik funktioniert, indem er aber vorerst betont, dass es aus seiner Sicht, er ist Senior Vice President und Research Director in der Atlanta Fed, nicht angemessen ist, zum Wechselkurs des US-Dollars Stellung zu nehmen. Seiner Einschätzung nach replizieren  unkonventionelle Instrumente der Geldpolitik die traditionelle Geldpolitik.


US-Dollar Wechselkurs-Entwicklung, Graph: cnnmoney.com

Schweiz: Kerninflation rutscht unter Null

Die Kerninflation ist in der Schweiz im Oktober unter Null gefallen. Die Kernrate, die die Preisentwicklung ohne Nahrung, Getränke, Tabak, Saisonprodukte, Energie und Treibstoffe widerspiegelt, belief sich im vergangenen Monat erstmals auf Minus 0,1%.

Auch die Trimmed Mean Inflation setzt ihren abwärtsgerichteten Trend in der Schweiz fort. Der Wert, der im Oktober um 0,4% (Vormonat: 0,3%) verzeichnet wurde, entspricht dem Durchschnitt der vergangenen vier Monate. Bei der Berechnung der Trimmed Mean Inflation (Methode des getrimmten Mittelwertes) schliesst die SNB die Güter mit den stärksten Preisschwankungen nach oben und unten (je 15%) aus dem Landesindex der Konsumentenpreise aus.

  Schweiz: Konsumentenpreise und Kerninflation, Graph: SNB, Statistisches Monatsheft November 2010

Washingtons Sparplan: Haushaltssanierung auf dem Holzweg

In der aktuellen Debatte um den Sparkurs Washingtons kommen in diesen Tagen bizarre Einzelheiten ins Tageslicht. Brad DeLong erklärt  in seinem Blog, was der Simpson-Bowles-Plan in Sachen Steuern vorschlägt, um den amerikanischen Haushalt zu sanieren: „Eine Steuersenkung im Durchschnitt um 7'000 $ pro Jahr für die Top 1% und eine Steuererhöhung im Durchschnitt um 600 $ pro Jahr für die Mittelschicht und Arbeiterklasse“. Alan Simpson, der stellvertretende Vorsitzende der von Präsident Obama eingesetzten überparteilichen US-Finanzkommission soll am Freitag gesagt haben, dass er für das Blutbad im April nicht warten kann: „Wenn die Zeit für den Schuldenabbau kommt, werden sie sich umsehen und sagen: was zum Teufel machen wir jetzt? Wir haben Leute, die die Erweiterung der Schuldeneingrenzung nicht genehmigen, es sei denn, wir geben ihnen ein Stück Fleisch, wirkliches Fleisch, d.h. Ausgabenkürzungen. Und Junge, das Blutbad wird aussergewöhnlich“. Paul Krugman, der das Zitat in seiner Montagskolumne in NYT bringt, hält „Simpsons Mordlust“ für einen weiteren Beleg dafür, dass „unser Land in einem viel schlimmeren Zustand ist, viel näher an einem politischen Zusammenbruch, als es den meisten Menschen bewusst ist“.

Sonntag, 21. November 2010

Wenn Häschen nach „quantitative easing“ fragen

Ein Zeichentrickfilm macht zur Zeit im Internet die Runde. In dem Cartoon-Film treten Charaktere (die wie Häschen aussehen oder vielleicht eine andere Lebensform) auf, die Fragen über die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE = quantitative easing) stellen. James Hamilton ist über die prätentiösen Antworten nicht glücklich, sodass er im Blog Econbrowser eine dritte Figur in die Geschichte einbaut. Hier ist der didaktische Verlauf der Geschichte nach Hamiltons Drehbuch, wenn nicht besonders lustig, aber dafür der Thematik auf alle Fälle angemessener.



Was heisst „quantitative easing“?

Es heisst, dass die Fed einige längerfristige Staatsanleihen kaufen will. Die  Idee ist, dass der Kauf einer grossen Menge die Preise dieser Anleihen erhöhen wird, was die Renditen dieser und anderer Anleihen senken würde. Niedrigere Zinsen dürften helfen, mehr Kredite für kleine Unternehmen bereitzustellen und bessere Möglichkeiten der Refinanzierung für private Haushalte zu schaffen. Die Abwertung des US-Dollars würde amerikanische Ausfuhren fördern und von Einfuhren abhalten.


Reale langfristige Zinsen und Kreditkosten

In den USA und in Grossbritannien sind die Renditen für inflationsgeschützte Staatsanleihen (TIPS) mit 5 Jahren Laufzeit in diesem Jahr seit langem negativ. Wie kann ein Zinssatz negativ sein? Warum würde jemand eine Anleihe kaufen, d.h. für weniger als nichts Geld verleihen? Das sind Fragen, mit denen sich Robert Shiller in einem lesenswerten Essay („Shorting Fiscal Consolidation“) in Project Syndicate beschäftigt. Fest steht, dass es nie negative nominale Zinssätze geben kann, es sei denn mit kuriosen Bestimmungen, da der Kreditgeber sein Geld lieber behalten würde, als den Kreditnehmer effektiv zu bezahlen. Doch negative reale Zinssätze sind möglich. Wann? Wenn Investoren u.U. kein alternatives risikofreies Instrument finden, welches eine positive reale Rendite bietet. Es gilt dabei zu beachten, dass die US-Staatsanleihen aufgrund ihrer Eigenschaft, sicher, liquide und hochwertig zu sein, auf hohe Nachfrage stossen. Es ist ferner interessant, sich zu vergegenwärtigen, dass es während der Finanzkrise zu einem Anstieg der realen langfristigen Zinsen gekommen ist. Erst in der Erholungsphase nach der Krise sind die Zinsen auf niedriges Niveau gesunken.


Inflationsgeschützte US-Staatsanleihen (reale Renditen), Graph: Bloomberg.com

Samstag, 20. November 2010

Was, wenn Chinas Wirtschaftswachstum einbrechen würde?

Die chinesische Zentralbank (PBoC) hat am Freitag laut Reuters den Satz für Mindesteinlagen um 0,5% auf 18,5% angehoben. Das ist bereits die 5. Zinserhöhung in diesem Jahr. Die PBoC entzieht damit weiteres Geld aus dem Wirtschaftskreislauf, um steigende Verbraucher- und Immobilienpreise zu bekämpfen. Die Regierung hat zudem vor, den Anstieg der Inflation mit Preiskontrollen abzubremsen. Angesichts des rasanten Wirtschaftswachstums ist die Inflation (CPI) im Oktober auf 4,4% geklettert. Was würde aber passieren, wenn Chinas Wirtschaftswachstums sich verlangsamen würde? Die meisten Analysten sind aus zwei Gründen besorgt: (1) Da China die grösste Komponente des globalen Wachstums darstellt, scheint es vernünftig, zu erwarten, dass eine drastische Abschwächung des chinesischen Wachstums eine dramatische Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums bedeuten würde. (2) Wenn das Wachstum sich tatsächlich scharf verlangsamen sollte, würde es mit einem starken Anstieg der sozialen Instabilität einhergehen, was damit zu einem Anstieg der politischen Instabilität führen würde.


China Inflation, Graph: Bloomberg.com

Anzahl Bankschliessungen steigt auf 149

Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag laut Washington Post 3 Banken (in Florida, Pennsylvania und Wisconsin) geschlossen. Damit ist die Anzahl der Banken, die im Jahre 2010 verstaatlicht wurden, auf 149 gestiegen. Die drei verstaatlichten Banken verfügen über ein Anlagevermögen von insgesamt 969,4 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen drei Banken beträgt für die öffentliche Hand 199,5 Mio. $.

Bankpleiten:
2010: 149
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Freitag, 19. November 2010

Schulden, Schuldenabbau und Liquiditätsfalle

Paul Krugman und Gauti Eggertsson stellen ein neues Modell („A Fisher-Minksy-Koo approach“) vor. In einer relativ informellen Zusammenfassung („Debt, deleveraging, and the liquidity trap“)  in Vox EU erklärt Krugman die Kernlogik des neuen Modells, welches Verschuldungsschocks und wirtschaftspolitische Reaktionen darauf untersucht. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften gilt das Hauptaugenmerk derzeit dem Thema Verschuldung. Während einige für eine expansive Fiskalpolitik plädieren, um die Rezession und die Deflation abzuwehren, behaupten andere, dass man die Verschuldung nicht mit mehr Schulden lösen kann. Unter Berufung auf heterogene Agenten fertigt das neue Modell das Sparparadoxon (paradox of thrift), aber es findet neue Paradoxon der Angebotspolitik (supply-side paradoxes) heraus, wie z.B.  paradox of toil” und “paradox of flexibility”. Das Modell regt an, dass die meisten Ökonomen die Probleme falschdenken und die konkrete Politik in den USA und in der EU falsch deuten.

Die Wirtschaft, die Kopf steht, Graph: Prof. Paul Krugman & Prof. Gauti Eggertsson

Ben Bernanke erklärt die gegenwärtige Geldpolitik der Fed

US-Notenbankchef Ben Bernanke hat heute in einer von Bloomberg TV live gestrahlten Rede („Rebalancing the Global Recovery“) auf der 6. Konferenz der EZB in Frankfurt unterstichen, dass die Weltwirtschaft sich nun im zweiten Jahr der Erholung von der tiefen Rezession, die durch die verheerendste Finanzkrise seit der Grossen Depression ausgelöst wurde, befindet. In der intensivsten Phase der Krise, als der finanzielle Flächenbrand die Weltwirtschaft zu verschlingen drohte, standen die Entscheidungsträger in fortgeschrittenen und aufstrebenden Volkswirtschaften gemeinsamen Herausforderungen gegenüber, so Bernanke. Dementsprechend ist die Zusammenarbeit die wesentliche Herausforderung für die Entscheidungsträger weltweit, um ein gegenseitig vorteilhaftes Ergebnis zu erreichen, nämlich eine robuste Expansion der globalen Wirtschaft, welche ausgewogen, nachhaltig und weniger anfällig für Krisen ist, erklärt der Vorsitzende der amerikanischen Notenbank.

US Arbeitsmarkt, Graph: Prof. Ben Bernanke, Fed, Nov. 2010

Warum China, Deutschland und die G.O.P. die Fed schikanieren?

US-Notenbankchef Ben Bernanke hält an der Durchführung von QE II fest. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA  verteidigt er die mengemässige Lockerung (QE: quantitative easing) trotz massiver Kritik. Doch wo kommt die polemische Kritik mit dieser Intensität her? Welche Motive verfolgen die Protagonisten? Paul Krugman befasst sich mit diesem Thema in seiner lesenswerten Freitagskolumne („Axis of Depression“) in NYT. Was haben die chinesische Regierung, die deutsche Regierung und die Republikanische Partei gemeinsam? Sie alle versuchen, die US-Notenbank (Fed) für ihre Bemühungen, Arbeitsplätze zu schaffen, zu schikanieren. Und die Motive aller drei sind höchst suspekt, bemerkt Krugman. Es ist nicht so, dass die Fed etwas Radikales tut. Es ist wahr, dass die Fed i.d.R. die Geldpolitik durch den Kauf von kurzfristigen US-Staatsanleihen steuert, während sie jetzt unter dem Namen QE längerfristige Treasury Bonds kauft. Die Fed versucht, die Zinsen zu senken, wie sie es immer tut, wenn die Arbeitslosigkeit hoch ist und die Inflation niedrig ist. Das ist nur Geldpolitik, protestiert Bernanke zu Recht.

Donnerstag, 18. November 2010

Wall Street als Casinobetrieb: Deutsche Bank pflegt Las Vegas-Mentalität

Einmal Gambler, immer Gambler? Die Deutsche Bank ist nicht nur eine der grössten Zuckerhändlerin der Welt, wenn nicht die grösste, sie wird nun auch Betreiberin eines Casinos der noblen Art in Las Vegas. Der Schauplatz ist ein Netz gegenseitiger Abhängigkeit: Verführung und Intrigen. Die Deutsche Bank hat gerade 4 Mrd. $ eingeschossen, wie das  WSJ („Deutsche Bank Doubles Down With a Casino“) berichtet, ein Casino namens Cosmopolitan am Strip auf die Beine zu stellen. Die Eröffnung findet in der Zockermetropole am Silvester Abend statt. Die Deutsche Bank, die offenbar viel Geld zum Zocken hat, hat sich ursprünglich mit 1 Mrd. $ an einer Projektfinanzierung beteiligt, um zwei Türme aufzubauen. Der ursprüngliche Entwickler des Projektes, Ian Bruce Eichner, ist jedoch in Zahlungsverzug geraten.

US-Haushaltssanierung: Bowles-Simpson Defizit-Plan

Jonathan Chait nimmt sich in einem kurzen Beitrag („The Debt Commission Plan: No Deal“)  in  The New Republic des  Bowles-Simpson Defizit-Plans an, indem er die Daten von Tax Policy Center beizieht. Er ist enttäuscht. Paul Krugman fühlt sich bestätigt. Wie Krugman  neulich bemerkte, geht es dabei um eine Umverteilung nach oben: die unteren 80% der Familien würden höhere Steuern zahlen, als es während der Clinton-Jahre der Fall war, während die oberen 20% (v.a. die Top 5%) weniger Steuern zahlen würden. Das ist keine gemeinsame Opferbringung, argumentiert Krugman. „Die einzige Drehung ist, dass die Superreichen, die Top 0,1%, die einen Grossteil ihrer Einkünfte aus Dividenden und Veräusserungsgewinnen bekommen, nun so betroffen sind, dass sie diese Gewinne als normales Einkommen besteuern müssen. Dennoch würden sie einer geringeren Steuererhöhung gegenübersehen als die unteren 60%“, hält Krugman fest.

Verzinsung der Überschussreserven und Kontrolle über Inflation

Das Thema der Verzinsung der Überschussreserven von Banken, die bei der US-Notenbank gehalten werden, ist wieder in aller Munde. Die Meinung, die die Runde macht, ist, dass die Banken sich wegen der Verzinsung der Überschussreserven mit der Kreditvergabe zurückhalten. Auf diese Weise werde die aggregierte Aktivität am Markt gedrückt. „Die Verzinsung der Reserven ist allerdings eine Art Sicherheitsnetz für die Fed, QEI und QEII durchzuführen“, bemerkt Mark Thoma in seinem Blog. Hätte die Fed die Überschussreserven nicht verzinst, wäre QEI viel geringer gewesen und QEII wäre überhaupt nicht möglich, argumentiert der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor. (1) Ob die Zahlung von Zinsen auf Überschussreserven eine Einschränkung des Kreditwesens darstellt, hängt nicht von der Bereitstellung des Kredits ab, sondern von der Nachfrage, so Thoma. Eine Steigerung des Angebots an Darlehen würde keine grosse Auswirkungen entfalten, wenn Unternehmen nicht interessiert sind, neue Investitionen zu tätigen. Unternehmen sitzen bereits auf Bergen von Bargeld, welches sie für diesen Zweck nutzen könnten, aber sie tun es nicht, und es ist nicht klar, wie die Bereitstellung von mehr Geld die Situation ändern würde.

Überschussreserven der Banken, Graph: Fed St. Louis

Mittwoch, 17. November 2010

Disinflation setzt sich in den USA fort

Der Disinflationstrend hält in den USA auch im Oktober an. Der Median CPI (Median Konsumenten-Preisindex) stieg im Oktober nach heute vorgelegten Angaben der Fed Cleveland nur geringfügig um 0,1% (Jahresrate: 1,1%). Der 16%-Trimmed Mittelwert blieb mit 0,0% (Jahresrate: 0,6%) im vergangenen Monat unverändert.

Bei Median CPI und 16%-Trimmed Mean CPI handelt es sich um Messgrössen der Kerninflation. Die Daten der  Fed Cleveland beruhen auf Inflationswerte, die von Bureau of Labor Statistics (BLS) monatlich veröffentlicht werden. Die Kerninflation ist in den vergangenen 12 Monaten um 0,6% gestiegen. Das entspricht dem geringsten 12-Monats-Anstieg seit 1957.

In den vergangenen 12 Monaten:
Median CPI: 0,5%
Trimmed Mean CPI: 0,8%
CPI : 1,2%
CPI (Kern) : 0,6%

US Kerninflation (annualisiert), Graph: BLS via NYT economix

5 Mythen über die US-Notenbank

Greg Ip erklärt in einem lesenswerten Essay in The Washington Post 5 Mythen über die US-Notenbank:

(I) Die Fed erzeugt durch Gelddruck galoppierende Inflation. „Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen“, sagte Milton Friedman vor rund 50 Jahren. Der Zusammenhang zwischen der Geldmenge und der Inflation ist aber heute schwächer als die meisten Leute denken. Die aktuelle Politik der mengenmässigen Lockerung (QE = quantitative easing) der US-Notenbank bedeutet im Wesentlichen, dass die Fed Geld druckt, um Staatsanleihen zu kaufen, erklärt Ip. Die Fed druckt aber nicht wörtlich Geld, Notenscheine wie z.B. 20 $, die im Portemonnaie der Bürger landen. Die Fed tut es elektronisch. Wenn sie eine Anleihe im Wert von 100 $ von einer Bank kauft, dann zahlt sie auf das Konto der Bank bei der Fed 100 $ ein. Das elektronische Geld wird „Reserven“ genannt. Die die Fed zaubert sie also aus der Luft her. Allerdings kann dieses Geld zu Inflation führen, wenn die Banken es verleihen und die Verbraucher und Unternehmen ausgeben. Banken leihen Geld, wenn sie über starke Bilanzen verfügen und kreditwürdige Kunden Darlehen beantragen.

Kilkenomics Festival und Irlands Schuldenkrise

Finanzexperten und Comic-Künstler trafen sich neulich auf dem ersten  Kilkenomics Festival (11-14. November 2010) in Irland zusammen, um über öffentliche Fragen zu diskutieren, warum die Welt wiederkehrende, intensive Finanzkrisen erleidet und warum Irland so hoch gestiegen und spektakulär abgestürzt ist, und welche Möglichkeiten es gibt, die andere Nationen in der Krise erfolgreich wahrgenommen haben. William K. Black, der als Wirtschaftsprofessor mit Ökonomen und Comic-Künstlern aus Irland am Festival teilgenommen hat, berichtet in einem lesenswerten Essay in benzinga über seine Eindrücke. Irland war als der „keltische Tiger“ bekannt. Das Land hat sich vom armen Mann in Nordeuropa zu einer Nation mit einem BIP pro Kopf vergleichbar mit dem der USA transformiert. Der dabei erlangte wirtschaftliche Ruhm drückte sich im alten, wahren und schmerzhaften Witz: „Was exportiert Irland?“. Die Antwort: „das Irische“. „Leider hat sich der keltische Tiger als eine keltische Chimera offenbart“, beschreibt Black. Die irische Bankenaufsicht war so schwach und Irlands Banken waren so wild und verrückt, dass die NYT Irland das neue „Wild West“ nannte, fügt Black hinzu. Irlands grösste Banken haben eine Doppel-Blase im Immobilienmarkt (gewerblich und als Wohnung) aufgebläht.