Mittwoch, 30. März 2022

Was sagt die Rendite-Kurve derzeit aus?

Die Zinsstruktur-Kurve (yield curve) hat i.d.R. eine steigende Form, 

da die Anleger eine höhere Rendite für längerfristige Schuldtitel verlangen, die aufgrund der höheren Inflations- oder Ausfallwahrscheinlichkeit mit einem größeren Risiko verbunden sind.

Eine steiler werdende Kurve signalisiert die Erwartung einer stärkeren Wirtschaftstätigkeit, höherer Inflation und höherer Zinssätze. 

Eine sich abflachende Kurve deutet erfahrungsgemäss darauf hin, dass die Anleger das Vertrauen in die Wachstumsaussichten der Wirtschaft verlieren.



Zwei Messgrößen der UST-Renditekurve, die häufig als Rezessionswarnungen angesehen werden, haben sich in entgegengesetzte Richtungen bewegt, Graph: Reuters, March 28, 2022 

Samstag, 26. März 2022

Kampf der Nationen

Buchbesprechung

Patrick Kaczmarczyk: Kampf der Nationen – Wie der wirtschaftliche Wettbewerb unsere Zukunft zerstört, Westend Verlag, Februar 2022, Frankfurt am Main.


Die neoklassische Theorie, die darauf keine Antwort gibt, wie es zur Dynamik der Entwicklung in den Volkswirtschaften kommt, nimmt den technologischen Fortschritt als mehr oder weniger gegeben an.

Dass eine Gleichgewichtsökonomie die Grundlage der vorherrschenden Denkschule bildet, ist ein offenes Geheimnis.

Die EU beispielsweise stellt den Wettbewerb als Allheilmittel zur Steigerung der Wohlfahrt in den Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik. Wohl gemerkt: eine Wirtschaftspolitik, die das Leben von 450 Millionen Menschen in Europa vielfältig berührt.

Der vom Ordoliberalismus angetriebene Ansatz der neoklassischen Theorie geht ferner davon aus, dass wirtschaftliche Entwicklung und der technologische Fortschritt sich von allein einstellen, sofern Wettbewerb auf dem Markt herrscht. 

Und ganz wichtig: In der neoklassischen Wachstumstheorie kommt es aufs Sparen an. 

Wie realistisch sind aber solche Annahmen, ohne dass sie grosse, nachhaltige Schäden verursachen?

Donnerstag, 24. März 2022

Rendite Kurve und Rezession

Wenn es darum geht, woran die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA zu erkennen ist, richtet sich das Augenmerk auf die Rendite-Kurveyield curve»).

Gewöhnlich sehen sich die Trader die schrumpfende Rendite-Differenz («yield spread») zwischen zweijährigen und zehnjährigen US-Staatsanleihen an.

Vor diesem Hintergrund hat sich der Vorsitzende der US-Notenbank (Fed), Jerome Powell am Montag zum Thema am Anleihemarkt geäussert.

Er hat auf Forschungsarbeiten der Mitarbeiter der Fed hingewiesen. wir sollen uns demnach die kurze Zeitspanne der Rendite-Kurve ansehen: Die ersten 18-Monate.

Das sei es, was wirklich 100% der Aussagekraft der Rendite-Kurve repräsentiere. Es macht Sinn, so Powell weiter, weil, wenn sie invertiert ist, bedeutet das, dass die Fed die Zinsen senken wird, was wiederum bedeutet, dass die Wirtschaft schwach sei.



Woran man die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession erkennen kann - Fed-Vorsitzender Powell verwies auf die Spanne zwischen 3-Monats- und 18-Monats-Terminkontrakten, Graph: Bloomberg, March 22, 2022 

Dienstag, 22. März 2022

Zinserhöhung und Verbraucherstimmung: Was nun?

Die Anhebung des Leitzinses (Fed Funds Rate) um 25 Basispunkte (0,25%) durch die Federal Reserve (Fed) am 16. März ging mit einer tatkräftigen Vorgabe («forward guidance») für künftige Erhöhungen und einem unmissverständlichen Bekenntnis zur Inflationsbekämpfung einher.

Dies wird Auswirkungen auf Wachstum und Inflation haben. 

Die Daten in Bezug auf die Beschäftigung und das Lohnwachstum sind zwar gut. Aber die Stimmung der Verbraucher deutet auf ein 11-Jahres-Tief hin.



Der Median der FOMC-Mitglieder signalisiert, dass in diesem Jahr mit sechs weiteren Zinserhöhungen zu rechnen ist, was einen hawkish-en Kurs bedeutet. Dies würde das Zielband der Fed Funds bis Dezember 2022 auf 1,75-2,00% anheben, Graph: JPMorgan, March 21,2022

Samstag, 19. März 2022

Der entzauberte Staat

Buchbesprechung

Moritz Schularick: Der entzauberte Staat – Was Deutschland aus der Pandemie lernen muss, C.H.Beck, Juli 2021, München.

In Krisen zeigt sich, wie Staat und Gesellschaft mit unerwarteten Situationen umgehen, schreibt Moritz Schularick in seinem neuen Buch, welches aus einer Reihe von Vorträgen, Zeitungsbeiträgen und Interviews zur Corona-Pandemie entstanden ist.

In der Tat sah der Staat in der Pandemie operativ nicht gut aus. Es mangelte an Testzentren, Computern und Software. Dem Staat fehlte auch an Wissensinfrastruktur in Form von Daten und Institutionen, die für einen geordneten Austausch zwischen Politik und Wissenschaft notwendig gewesen wären.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Staat sich in der Risikogesellschaft in einer neuen, komplexen Rolle als Risikomanager wiedergefunden hat.

Der Begriff «Risikogesellschaft» wurde vom Soziologen Ulrich Beck geprägt. Beschrieben werden damit moderne Gesellschaften, die im Zug des ökonomischen, technischen und wissenschaftlichen Fortschritts zunehmend Risiken produzieren: Umweltverschmutzung, Erderwärmung, industrielle Risiken wie in Tschernobyl.

Die moderne Welt ist dadurch gekennzeichnet, dass als Nebenprodukte des Fortschritts neue Risiken entstehen.

In der Pandemie waren alle Menschen auf den Staat angewiesen. Der Sozialstaat war zwar eine grosse Stütze. Aber der deutsche Staat war für seine Rolle als Risikomanager schlecht gerüstet. 

Samstag, 12. März 2022

Eine inverse Breakeven-Kurve

Das US-Handelsdefizit erreichte im Januar im Vorfeld der Russland-Ukraine-Krise einen neuen Rekord, da die Einfuhren von Fahrzeugen und Energielieferungen zunahmen, während die Ausfuhren zurückgingen.

Die USA importierten im Jahr 2021 Waren im Wert von 29,7 Mrd. USD aus Russland, das damit auf Platz 19 der US-Importpartner rangiert - knapp hinter Brasilien und vor Singapur. 

Auf Erdölprodukte entfielen fast 60% des Wertes dieser Einfuhren, gefolgt von Edelmetallen, Eisen und Stahl, Meeresfrüchten und Düngemitteln.

Die Ausweitung des Defizits im Januar spiegelt im Grunde genommen einen Anstieg der Nachfrage nach im Ausland hergestellten Importen wider.

Es ist daher schwer, die Rufe nach der Stagflation vor diesem Hintergrund angemessen nachzuvollziehen, auch wenn der Ölversorgungsschock in den 1970er Jahren gewisse Assoziationen auslöst.



US-Breakeven Sätze: Die Differenz zwischen den Laufzeiten von 10 und 5-Jahren, Graph: Bloomberg, March 09, 2022 


Dienstag, 8. März 2022

Stärkung des Westens mit Fiskalpolitik

Eine Möglichkeit, die Aussichten für die Zinssätze und das Wirtschaftswachstum zu vermitteln, ist, die Renditespanne (yield spread) zwischen der 2-jährigen und der 10-jährigen US-Staatspapieren zu beobachten.

Wenn die Differenz hoch ist und weiter zunimmt, deutet dies auf ein höheres reales Wachstum und höhere Zinssätze hin.

Eine niedrigere und abnehmende Differenz hingegen deutet auf schwächere Aussichten hin.

Wenn aber sich verkleinernde Renditespanne mit einer geldpolitischen Straffung der Notenbank einhergeht, deutet die schrumpfende Rendite-Differenz darauf hin, dass der Notenbank sehr wahrscheinlich ein geldpolitischer Fehler unterläuft. 



US-Rendite-Kurve, nominal und real, Graph: Morgan Stanley, March 07, 2022

Donnerstag, 3. März 2022

Der fiskalische Spielraum und Staatsausgaben

Die Rendite der deutschen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist am Dienstag zum ersten Mal seit einem Monat wieder unter die Null-Marke gerutscht. 

Was daran bemerkenswert ist, dass die Bundesregierung zwei Tage davor für den Bundeshaushalt 2022 ein mit 100 Mrd. EUR ausgestattetes Sondervermögen für die Bundeswehr angekündigt hat.

Bundeskanzler Olaf Scholz will damit Investitionen in «kritische Infrastruktur und Kommunikationswege» erhöhen, um zugleich «technologisch auf der Höhe der Zeit» zu bleiben.



Die Rendite deutscher Staatsanleihen mit 10-Jahren Laufzeit, Graph: Bloomberg TV, March 02, 2022.