Donnerstag, 14. Juli 2011

Bilanz-Rezession: Eine Unterklasse des keynesianischen Arguments

Der wunderliche Artikel von William Galston hat viel Aufsehen erregt. In einem in The New Republic veröffentlichten Aufsatz schreibt Galston, „was ist, wenn Rechte und Linke falsch liegen, warum die wirtschaftliche Erholung so langsam verläuft? Eine neue Theorie“.

„Konservative Bewegung argumentiert, dass das Gewicht eines Staates, welcher zu viel ausgibt und zu viel Kredit aufnimmt, den Privatsektor erstickt. Keynesianer hingegen erwidern, dass das Problem der Zusammenbruch der Nachfrage ist. Was ist, wenn sich beide irren?“, bemerkt der Senior Fellow bei Brookings Institution.

„Das ist der Anspruch, den Amir Sufi erhebt. Sufi behauptet, dass der wichtigste Faktor sowohl für die schwere Rezession als auch für die anschliessende Schwäche der konjunkturellen Erholung die Bilanz-Rezession der amerikanischen Privathaushalte ist, welche in einem schlechteren Zustand sind als jemals in der Geschichte seit der Grossen Depression“, so Galston.

„Die Bilanz-Rezession (balance sheet recession) ist eine Unterklasse des keynesianischen Arguments ("a sub-class of the Keynesian liberal argument"), nicht eine Alternative dazu“, wendet Brad DeLong in seinem Blog ein.

Und das richtige Zitat ist nicht „Amir Sufi“, sondern „Atif Mian und Amir Sufi (2010)“: “Household Leverage and the Recession of 2007 to 2009“ in IMF Economic Review, fügt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor hinzu.

Und die Theorie ist nicht neu. Unter den Vorgängern sind, wie Atif Mian und Amir Sufi ausdrücklich erwähnen: Barry Eichengreen und Kris Mitchener (2003), Irving Fisher (1933), Mervyn King (1994), Ric Mishkin (1978) und Marty Olney (1999), erläutert DeLong.

Wie kann ein Editor einen Artikel veröffentlichen, indem die Behauptung aufgestellt wird, dass es sich bei der Bilanz-Rezession (balance sheet recession) um eine neue Theorie handelt?

Es gibt im Google 4,6 Millionen Ergebnisse, unterstreicht DeLong. Wie kann eine neue Theorie so schnell verbreitet sein? Galston behauptet, dass Bilanz-Rezession eine Alternative zum keynesianischen Ansatz ist. Alle Keynesianer reden aber über die Bilanz-Rezession. Wie kommt das? Und warum kommt der Name Richard Koo nicht in diesem Artikel von Galston nicht vor?, fragt der ehemalige Staatssekretär im US-Finanzministerum verärgert zurück.

Auch Paul Krugman war besonders gereizt: „Die neue Theorie betreffe Bilanz-Rezession. Warum habe ich nicht daran gedacht?“, bemerkt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises in seinem Blog. „Wenn Sie einen ganzen Artikel darüber verfassen, was diese törichten liberalen Ökonomen (liberal im amerikanischen Sinne, meine Bemerkung) nicht berücksichtigt haben, sollten Sie vielleicht überprüfen, um zu sehen, was sie tatsächlich geschrieben haben“, so Krugman mit der Adresse in Richtung Galston.

Krugman war schon mal wegen eines anderen Artikels von Galston verdrossen, als dieser schrieb, dass „wir operativ davon ausgehen müssen, dass eine übermässige Anhäufung von Schulden letztendlich das Wirtschaftswachstum verringert, bis jemand Reinhardt und Rogoff widerlegt“.

Krugman hatte die Theorie von Reinhardt und Rogoff tatsächlich angefochten. Deswegen weist der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor den Vorwurf zurück, dass er keine Antwort darauf gegeben habe. Wenn man ihn zitiere, so Krugman, dann soll man bitte schön überprüfen, was er darüber geschrieben habe.

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