Mittwoch, 24. März 2021

Preisstabilität und maximale Beschäftigung

Das COVID-19 RettungspaketAmerican Rescue Plan») im Umfang von 1‘900 Mrd. USD der Joe Biden Administration entspricht ungefähr 10% der jährlichen US-Wirtschaftsleistung gemessen am BIP.

Während das Hilfspaket der EU mit 750 Mrd. EUR vergleichsweise mickrig ausfällt, ist es nicht verwunderlich, dass angesichts der erwarteten starken Wirkung der Ausgaben auf die Wirtschaft die Angst vor einer rasch steigenden Inflation (*) die Runde macht.

Washington Post hat am Montag berichtet, dass das Weisse Haus weitere Ausgaben von Milliarden USD mit Fokus auf die Infrastruktur und die Beschäftigung plant. 

Das 3‘000 Mrd. USD schwere zweite Paket enthält zudem zahlreiche innenpolitische Prioritäten wie Kinderbetreuung und kostenlose Studiengebühren für das Community College.

Die Infrastruktur-Komponente des Vorschlags umfasst 400 Mrd. USD an Ausgaben zur Bekämpfung des Klimawandels, darunter 60 Mrd. USD für Infrastruktur im Zusammenhang mit grünem Verkehr und 46 Mrd. USD für klimabezogene Forschung und Entwicklung.

Wenn wir uns der einfachen Tatsache vergegenwärtigen, dass Einkommenswachstum und die Beschäftigung von Investitionen in Anlagekapital abhängen, wird es offensichtlich, dass die enormen Anstrengungen der Biden Administration darauf ausgerichtet sind, Arbeitsplätze zu schaffen und Erwerbstätigkeit für alle zu verbessern. 


Weniger Arbeitnehmer bedeutet weniger Investitionen – Das heisst, dass die Investitionen abnehmen, wenn die Arbeitslosigkeit (und Unterbeschäftigung) steigt, Graph: Gerard Minack via John Authers, Bloomberg, 22. März 2021 

Sonntag, 21. März 2021

Das Ende der Austerität

Das Hilfspaket im Umfang von 1,9 Billionen USD, das US-Präsident Joe Biden im Kampf gegen die globale Pandemie für die US-Wirtschaft und damit im Grunde genommen auch für den Rest der Welt bereitstellt, ist zugleich eine klare Absage an die Austeritätspolitik im Allgemeinen.

Die negativen Auswirkungen des harschen Sparkurses auf das Wirtschaftswachstum nach der GFC (Global Financial Crisis) von 2008-2009 im Besonderen sprechen Bände. Niemand mit wachen Sinnen bezweifelt, dass es so etwas wie «expansive Austerität» nicht gibt. 

Der «American Rescue Plan» von Biden markiert definitiv einen grossen Bruch mit der Austeritäts- und Schuldenbesessenheit, die den Aufschwung nach der GFC lähmte, wie Paul Krugman neulich auf Twitter gemerkt hat.

Das ist daher eine sehr grosse Sache.

Was die Menschen jedoch erkennen sollten, ist, dass die wirtschaftspolitischen Massnahmen, die in Reaktion auf die GFC getroffen wurden, nicht die makroökonomische Orthodoxie im Sinne dessen widerspiegelten, was die ökonomischen Standardmodelle sagen.

Gerät die Wirtschaft in eine Liquiditätsfalle, verliert die konventionelle Geldpolitik an Zugkraft. Das steht in jedem Lehrbuch der Volkswirtschaft. Die private Nachfrage wird so schwach, dass die Ausgaben selbst bei Zinsen auf der Null-Grenze (zero lower bound) nicht reichen, um die Vollbeschäftigung wiederherzustellen. 



Die fiskalpolitische Unterstützung ist von Land zu Land unterschiedlich (in Prozent des BIP), Graph: Financial Times, 16 März 2021, @FT 

Samstag, 20. März 2021

Substack: Eine neue online Plattform zur Informationsbeschaffung

Ein neues Mittel zur Informationsbeschaffung macht sich in der Blogosphäre breit. Es fällt seit Jahresbeginn auf, dass immer mehr renommierte Ökonomen und Journalisten zum Substack (gegründet im Jahr 2017) wechseln.

Auch Unternehmer, Kochbuchautoren und Akademiker haben sich dieses Modell zu eigen gemacht.

Es geht um E-Mail-Newsletter.

Autoren können entscheiden, ob das Abonnement ihres Newsletters kostenlos oder kostenpflichtig sein soll und ob bestimmte Beiträge auch für Nicht-Abonnenten öffentlich zugänglich sein sollen.

Wenn Sie abonnieren, bleiben Sie auf dem Laufenden. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, etwas zu verpassen. Jede neue Ausgabe des Newsletters (d.h. Blog-Eintrag) kommt direkt in Ihren Posteingang.

Auf Anhieb habe ich beispielsweise folgende Newsletter (alle mit dem Inhalt Makroökonomie) abonniert:

Ann Pettifor 

Adam Tooze

Paul Krugman

Noah Smith

Dienstag, 16. März 2021

Inflation-Besessenheit und Erholung der Wirtschaft

Die FOMC-Sitzung am Mittwoch wird aktualisierte Projektionen und einen neuen «dot-plot» präsentieren. Vor diesem Hintergrund preisen die Märkte bereits eine volle Zinserhöhung im Jahr 2022, was aber bezweifelt werden kann.

Doch die Amerikaner haben begonnen, bei Google wie verrückt nach dem Stichwort Inflation zu suchen, wie Nordea in einem am Wochenende veröffentlichten Analyse-Papier meldet.

Der Zinsanstieg in den USA ist zwar augenfällig. Aber das Niveau der Zinsen ist im historischen Vergleich immer noch tief. Dass die Renditen der Staatsanleihen steigen, hat damit zu tun, dass die Weltwirtschaft sich allmählich erholt.

Die Zentralbanken fühlen sich nicht unter Druck gesetzt, zu einer restriktiven Geldpolitik überzugehen, da hinter dem Zinsanstieg keine galoppierende Inflationsentwicklung steckt.

Denn es gibt genau zwei fehlende Ursachen für die Inflation: hohe Nachfrage und stark steigende Kosten; ohne Lohnwachstum (*) ist es nämlich kaum möglich, Inflation anzuheizen.



Fed Funds Rate Futures, weiss: FF Futures Zinssatz Dez 2021, blau: FF Futures Zinssatz Dez 2022 und gelb: FF Futures Zinssatz Dez 2023, Graph: Bloomberg TV 15 März 2021 


Dienstag, 9. März 2021

Warum fallen die Tech-Aktien?

Die Konjunkturaussichten haben sich in den letzten Monaten deutlich aufgehellt. Siehe den Anstieg der Rendite der US-Staatsanleihen. Aber die Tech-Aktien befinden sich im Sink-Flug

Nasdaq und Dow Jones divergieren so stark wie seit 1993 nicht mehr. Haben die Technologie Aktien schlagartig in der Gunst der Investoren verloren?

Was ist los? Der Auslöser ist das von Joe Biden vorangebrachte Corona-Hilfspaket (genannt «American Rescue Plan»). Das Programm in Höhe von 1,9 Billionen USD entspricht etwa 8% des US-BIP.

Vor diesem Hintergrund findet gegenwärtig eine Rotation statt: von ehemals hochfliegenden Wachstumsaktien (growth) hin zu Wert (value) -Aktien, was sich an der Divergenz von Nasdaq 100 und Dow-Jones-Index ablesen lässt.

Es ist das erste Mal seit 1993, dass der Dow stieg und innerhalb von 1% eines Rekord-Hochs schloss, während der technologie-geprägte Indikator 11% von seinem Hoch entfernt lag.

Die zu beobachtende Split-Market-Aktivität ist eine weitere Manifestation der laufenden Rotation, bei der Anleger in Aktien von Unternehmen wechseln, deren Schicksal eng mit dem Konjunkturzyklus verbunden ist. 

Das war schmerzhaft für wachstumsstarke, hoch bewertete Tech-Aktien, die inmitten der Turbulenzen am Anleihemarkt, die die Renditen 10-jähriger US-Treasuries auf 1,61 % ansteigen ließen, an Attraktivität verloren haben, wie Bloomberg das Geschehen zusammenfasst.


Nasdaq und Dow Jones divergieren so stark wie seit 1993 nicht mehr,  Graph: Bloomberg, 09. März 2021


Sonntag, 7. März 2021

Renditeanstieg am Anleihemarkt: Sind Inflationsängste berechtigt?

Anleger sehen Licht am Ende des Tunnels und reagieren mit Aktien- und Anleihe-Verkäufen. Der Auslöser ist das von Joe Biden vorgestellte und vom Senat am Samstag verabschiedete Corona-Hilfspaket (American Rescue Plan) im Umfang von 1,9 Billionen USD.

Der Rückgang der Aktienpreise in der dritten Woche in Folge belastet auch die Kursentwicklung auf den Anleihemärkten.

Die Rendite der US-Treasury Bonds mit 10 Jahren Laufzeit ist mittlerweile auf mehr als 1,60% gestiegen. Der Anstieg der Renditen von Staatsanleihen sorgt aber für Aufregung. Es geht um Inflationsangst.

Der Fed-Vorsitzende Jay Powell hat gesagt, dass er zwar einen Anstieg der Inflation erwarte, wenn die Wirtschaft wieder anspringt. Aber er hat zugleich betont, dass die Fed nicht die Absicht hätte, ihren Kurs zu ändern, da niedrige Zinsen und Anleihekäufe weiterhin notwendig sein werden, um die laufende Erholung der Wirtschaft zu unterstützen.

Auch die Finanzministerin Janet Yellen spielte jegliche Bedenken herunter, dass der jüngste Anstieg der Renditen der Staatsanleihen die Erwartungen für einen übermäßigen Ausbruch der Inflation widerspiegelt.

"Ich sehe nicht, dass die Märkte erwarten, dass die Inflation über das 2%-Ziel der Federal Reserve steigen wird", sagte Yellen am Freitag in einem Interview mit PBS NewsHour. "Die langfristigen Zinssätze sind etwas gestiegen - aber hauptsächlich, denke ich, weil die Marktteilnehmer eine stärkere Erholung sehen." 


Die Rendite 10-jähriger amerikanischer Staatsanleihen, Graph: Bloomberg, 06 März 2021