Sonntag, 27. Dezember 2020

Warum steigt die Inflation nicht an?

Die SNB berichtet im aktuellen Quartalsheft (4/2020 Dezember), dass die Notenbankgeldmenge per November 2020 728,5 Mrd. CHF betragen hat. Und damit 10,6 Mrd. CHF mehr als im August. 

Zum Vergleich: Im November 2008 belief sich die entsprechende Summe auf 55,6 Mrd. CHF. Die Geldbasis (base money) hat damit in 12 Jahren um das 13-fache zugelegt.

Doch die Inflation in der Schweiz weist einen negativen Wert (per November) auf Jahresbasis auf: CPI: -0,7% (Kernrate: -0,2%) und PPI: -2,7%.

Die Notenbankgeldmenge (monetary base), die aus Noten im Umlauf und Giroguthaben inländischer Banken bei der SNB besteht, hat also nicht zu einem Anstieg der Inflation geführt.

Warum?

Wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt und die nominalen Zinsen auf der Null-Grenze (zero lower bound) liegen, löst der Anstieg der Notenbankgeldmenge keine Inflation aus.

Wenn die Wirtschaft auf der Nullzins-Grenze landet, verliert die (konventionelle) Geldpolitik an Zugkraft. Das ist eine Situation, wo Haushaltsdefizite kein „crowding-out“ auslösen und die fiskalischen Multiplikatoren viel höher sind als sonst.



Notenbankgeldmenge, Graph: SNB, 23 Dezember 2020 

Sonntag, 13. Dezember 2020

Unternehmen, Unternehmensanleihen und keine Investitionen

Der Marktwert des Bloomberg Barclay Global Negative Yielding Debt Index ist am Donnerstag auf $18,04 Billionen gestiegen. 

Das ist der höchste, jemals verzeichnete Stand. Das bedeutet, dass 27% der Anleihen (Rating: IG, investment grade) mit einer Rendite gehandelt werden, die unter null liegen.

Wie das Nordea-Research Team vor einer Woche unterstrichen hat, ist auch die reale Rendite von US-Unternehmensanleihen zum ersten Mal negativ geworden.

Viele festverzinsliche Sektoren haben im Jahr 2020 einen Emissionsrekord verzeichnet: Das Nettoangebot an Staatsanleihen ist um 4 Billionen USD gestiegen, während die Bruttoemissionen von Unternehmensanleihen und MBS dank rekordniedriger Zinssätze bei 2 Billionen US-Dollar bzw. 2,8 Billionen USD liegen. 

Zweifellos hat die Fed mit ihrem massiven QE-Programm eine enorme Nachfrage nach Staats- und Hypothekenanleihen ausgelöst, während die Nachfrage des privaten Sektors die Welle der Unternehmensemissionen problemlos absorbiert hat. 


Die reale Rendite von US-Unternehmensanleihen ist negativ geworden, Graph: Nordea, Dec 07, 2020

Samstag, 5. Dezember 2020

Staatsverschuldung: Viel Lärm um nichts

Im Anschluss des vorangegangenen Blog-Eintrags ist es passend, auf eine sehenswerte Abbildung, die das Nordea Research Team am Freitag zusammengestellt hat, hinzuweisen.

Die Frage, warum die Zinsen so niedrig sind, steht seit der GFC 2008-2009 (Global Financial Crisis) im Mittelpunkt der gegenwärtigen makroökonomischen Debatte. Eine heiss-geführte Debatte, die sicherlich neue Erkenntnisse geliefert und die wirtschaftspolitische Theorie à la Keynes unterstützt hat. 

Die Frage lässt sich auch andersrum stellen: Wann werden die Zinsen steigen? 

Die Antwort ist sehr einfach: wenn die Wirtschaft wieder wächst. Punkt. Das heisst, wenn die gesamtwirtschaftliche Nachfrage wieder zunimmt.

Eine weitere, verblüffende Abbildung in diesem Zusammenhang wurde heute von Paul Krugman auf Twitter präsentiert.

Ein Rückblick auf die Wirtschaft der Trump-Ära zeigt, wie à la Keynes die wirtschaftspolitischen Massnahmen in der Praxis zuletzt waren.

Der Chart zeigt das konjunkturbereinigte Haushaltsdefizit (cyclically adjusted budget deficit), was als ein grobes Mass für fiskalpolitische Anreize (fiscal stimulus) gilt.


Wirtschaftswachstum und die Entwicklung der nominalen Zinsen, Graph: Nordea Market, Dec 04, 2020

Dienstag, 1. Dezember 2020

Wann werden die Zinsen steigen?

Prominente Ökonomen haben in Grossbritannien neulich einen Brief an Tim Davie, dem Generaldirektor der BBC geschrieben und eingewandt, dass einige BBC-Berichte die finanziellen Sachzwänge in Bezug auf Ausgaben, denen die britische Regierung ausgesetzt ist, falsch dargestellt hätten. 

Die Beschwerde betrifft den unangemessenen Gebrauch von Analogien zwischen dem Staat und den privaten Haushalten

Die Kreditaufnahme des öffentlichen Sektors werde mit der Kreditkarte einer Privatperson verglichen, eine Kreditkarte, deren Limit völlig überzogen und ausgepumpt ist. 

Die Autoren des Briefes argumentieren, dass die Situation damit falsch dargestellt werde, und zwar mit einer Reihe von falschen Vorstellungen, die über die Makroökonomie und die öffentlichen Finanzen reproduziert würden.

Die Analogie „Kreditkarte“ ist niemals eine angemessene Metapher für die öffentlichen Finanzen, notieren die unterzeichnenden Wirtschaftsprofessoren, darunter Daniela Gabor, Stephany Griffith-Jones, Jonathan Portes, Robert Skidelsky, David Vines und Simon Wren-Lewis. 

Die Überbelastung einer Kreditkarte würde nämlich bedeuten, dass die Regierung sich einer harten Grenze ihrer Kreditaufnahme nähere. Dies ist aber nicht der Fall. 


Die Renditen der 10-jährigen Staatsanleihen in den USA (0,88%), Grossbritannien (0,31%) , Japan (0,02%) und Deutschland (-0,57%), Graph: FT, Nov 26, 2020