Donnerstag, 31. Januar 2013

Deutschsprachige Blogosphäre: Da ist der Wurm drin


In der deutschen Blogosphäre ist plötzlich der Wurm drin. Ich hoffe aber, dass der Eindruck täuscht. Vielleicht handelt es sich dabei nur um eine Kinderkrankheit im technischen Sinne.

Im Blick Log fühlt sich ein Gastautor „unter Neoliberalismus-Verdacht“ und dadurch irgendwie unfair angegriffen. Dennoch bricht er eine Lanze für Neo-Liberalismus.

Wirtschaftswurm schreibt, dass er Keynesianer hasst. Kein schönes Wort.

Stephan Ewald reagiert mit Humor.

Mich interessieren Fakten. Ich habe kein Interesse daran, dass eine zivilisierte Debatte entgleist.

Es gab aber auf alle Fälle einige Ökonomen, die von Anfang an zur Kenntnis nahmen, dass Keynesian Economics in der gegenwärtigen Krise eine spektakuläre Performance an den Tag gelegt hat.

Das Wirtschaftsmodell à la Keynes hat jedenfalls mit Erfolg vorausgesagt, dass (1) das Haushaltsdefizit die Zinsen nicht durch die Decke schiessen lassen würde. Und dass (2) die monetäre Expansion (Anstieg der Notenbankgeldmenge) nicht inflationär wäre, und (3) dass die Austeritätspolitik auf dem Wirtschaftswachstum lasten würde.

Das sind Fakten. Ist es „pervers“ oder „vulgär“?

Unternehmen-Hybridanleihen im Aufwind


In der vergangenen Woche sind in Europa mehr Unternehmen-Hybridsanleihen (hybrids) ausgegeben worden als im gesamten vergangenen Jahr, wie Andrew Sheets und Serena Tang von Morgan Stanley in seiner gestern vorgelegten Forschungsarbeit berichten.

Eine Hybrid-Anleihe ist eine nachrangige Unternehmensanleihe mit sehr langer Laufzeit. Der Emittent behält sich das Recht vor, die Anleihe ab einem vorher bestimmten Termin zu kündigen (callable). Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, dass der Emittent die Kuponzahlungen unter gewissen Bedingungen aussetzen oder neu anpassen kann.

Es handelt sich dabei also um eine umstrittene Anlageklasse. Es wundert sich jedoch, warum die Wiederbelebung gerade zu einem Zeitpunkt stattfindet, wo die Geld- und Kapitalmärkte noch unter Stress stehen. Ein Grund mag sein, wie die Analysten von Morgan Stanley nahelegen, dass die Kupon-Struktur in bestimmten Fällen eine geringere Duration ermöglicht als man sonst erwarten würde.

Was sind aber „bestimmte Fälle“? (1) Duration (wie eine Änderung der Rendite den Preis der Anleihe ändert) und (2) Konvexität (wie eine Änderung  der Rendite die Duration ändert).

Die zwei Eigenschaften von Hybrid-Anleihen können auf die Sensitivität so einwirken, dass die Ergebnisse aus Änderungen der Rendite von Änderungen bei herkömmlichen Anleihen erheblich abweichen.


Unternehmen-Hybridanleihen Kupon-Struktur in Europa, Graph: Andrew Sheets und Serena Tang von Morgan Stanley

Höhere Gebühren für Gold-Konten


Die ZKB hatte zu Anfang des Jahres mitgeteilt, dass sie „sich bei speziellen Marktverhältnissen gezwungen sehen könnte“, Negativzinsen für Anlagesparkonten einführen. Davor hatten die UBS und die Credit Suisse im Dezember erklärt, gegebenenfalls Gebühren für Einlagen in CHF zu verlangen.

Nun wollen die Schweizer Grossbanken offensichtlich in einem weiteren Schritt die Gebühren für Gold-Konten erheblich erhöhen. Die UBS und die CS legen ihren Grosskunden nahe, die Edelmetalle von sog. „unallocated accounts“ in die sog. „allocated accounts“ umzuschichten, wie die britische Wirtschaftszeitung FT aus London meldet.

Die „allocated accounts“ sind geschützt, wenn die Bank bankrott geht, weil die Bank in diesem Fall als Depotstelle agiert. Die Edellmetalle werden im Kundenauftrag verwaltet. Das heisst, dass das Gold im Besitz des Kunden bleibt.

Die „unallocated accounts“ sind hingegen nicht geschützt, wenn die Bank in Konkurs geht. Da die Banken die Edelmetalle in diesem Fall in ihrer Bilanz aufführen müssen, müssen sie dafür Reserven bilden, was aus Sicht der Bank Kosten verursacht.

Mittwoch, 30. Januar 2013

Schwellenländer und „Währungskrieg“


Es war Guido Mantega, der Finanzminister Brasiliens, der im Jahr 2010 zum ersten Mal das Wort „Währungskrieg“ (currency war) geprägt hat, um seine Bedenken über die negativen Folgen der von der US-Notenbank umgesetzten QE-Politik (QE: quantitative easing) gegenüber Währungen der sog. Schwellenländer (EM: emerging markets) zum Ausdruck zu bringen.

Mantega lag damit falsch. Es gab damals keinen „Währungskrieg“, schreibt Manoj Pradhan, Morgan Stanley in einer gestern vorgelegten Forschungsarbeit. Der Fokus der Fed hat sich in erster Linie danach gerichtet, auf die Vermögenspreise (asset prices) und Inflationserwartungen im Inland einzuwirken. Der Wechselkurs des US-Dollar stand nicht im Mittelpunkt des Augenmerkes.

Dieselbe Argumentation gilt auch für die SNB. Denn die SNB will mit der Festlegung des Mindestkurses von 1,20 CHF pro Euro einzig eine übermässige Aufwertung des Frankens abwehren. Genau wie die Fed, die lediglich aus innenpolitischen Gründen die QE-Politik eingeführt hat, hat auch die SNB mit dem Mindestkurs aus binnenwirtschaftlichen Gründen gehandelt, nicht einen Abwertungswettlauf anzuzetteln.


Reale Abwertung der Währungen in den sog. Schwellenländern (EM: Emerging Markets), Graph: Manoj Pradhan, Morgan Stanley

Dienstag, 29. Januar 2013

Europa und Nachfrageschwäche


Der Social Europe Report („Towards a European Growth Strategy“), February 2013 befasst sich mit der Frage, wie die europäische Wirtschaft wieder wachsen kann. Im soeben erschienenen eBook gibt es zahlreiche lesenswerte Beiträge zum Thema „European Growth Project“.

Paul De Grauwe erklärt in einem lesenswerten Interview (“Toward A European Growth Agenda”), dass Europas Probleme mit Strukturreformen nicht bekämpft werden können. Wichtig sei, die Wirtschaft zu stabilisieren: „Wir beobachten den Zusammenbruch der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage in einer Reihe von Ländern, was alle betrifft und auch auf Deutschland negativ auswirkt“.

Der an der London School of Economics lehrende Wirtschaftsprofessor kann es nicht fassen, warum die deutsche Bundesregierung noch warte, die Ausgaben zu erhöhen, wo das Geld gratis sei. Die Rendite der Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit beträgt rund 1,5%. „Es ist unglaublich, dass es eine Regierung gibt, die das Geld kostenlos bekommt, aber immer noch aus Angst traumatisiert wirkt“, argumentiert De Grauwe.

Auf kurze Sicht müssen Investitionen angekurbelt werden. Die Europäische Investitionsbank (EIB) könnte z.B. mit Projekten dafür sorgen, legt er nahe. Die Strukturreformen hingegen hätten eine versteckte Tagesordnung, das Sozialsystem zu zerstören.


Bestandteile der Wirtschaftsleistung (BIP), Graph: Carmen de Paz Nieves in: “Defining a strategy for growth in Spain

Entspannung an den globalen Finanzmärkten?


Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Euro-Zone sich aktuell in einer Rezession befindet. Doch die Mitteilung durch die EZB, dass die LTRO-Rückzahlungen der Banken in der Euro-Zone höher ausfällt als erwartet, hat einen optimistischen Schub ausgelöst.

Der Abbau der sog. Überschussliquidität würde sicherlich zu einer Entspannung am Geldmarkt führen.

Die Renditen der Staatsanleihen in den USA, Deutschland und der Schweiz sind vor diesem Hintergrund in den vergangenen Tagen nicht unwesentlich gestiegen.



Renditen der Staatsanleihen (USD, EUR und CHF) mit 10 Jahren, Graph: ZKB in DMO

Montag, 28. Januar 2013

Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen steigt auf 2 Prozent


Die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist heute zum ersten Mal seit einer langen Zeit wieder die 2%-Marke durchbrochen, wenn auch nur kurzzeitig. Aktuell notiert sie auf 1,99 Prozent.

Ist es eine gute oder schlechte Nachricht? Natürlich ist es ein gutes Zeichen, weil damit zum Ausdruck kommt, dass die Wirtschaft sich erholt. Die Höhernotierung der Rendite der US-Treasury Bonds beruht nämlich auf einer optimistischen Einschätzung der konjunkturellen Entwicklung.

Der eine Grund ist, wie FTAlphaville hervorhebt, dass der Auftragseingang langlebiger Güter im Dezember mit 4,6% wesentlich stärker gestiegen ist als erwartet.

Ein weiterer Grund ist die Mitteilung der Rating-Agentur Fitch, dass die Wahrscheinlichkeit zur Senkung des „AAA“-Rating der USA in naher Zukunft abgenommen hat. Bemerkenswert ist, dass die Kosten der Kreditaufnahme der USA aufgrund der sich zurückbildenden Angst vor einer Rating-Herabstufung steigen, nicht sinken. Warum?


Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: Bloomberg

Bank of Israel belässt Zinsen bei 1,75 Prozent unverändert


Die Bank of Israel (BoI) hat heute die Zinsen bei 1,75% unverändert belassen.

Der Konsumentenpreisindex (CPI) ist im Dezember um 0,2% gestiegen. Die Inflationsrate betrug damit für die vergangenen 12 Monaten 1,6%. Die Hauptkomponenten, die zum Anstieg der Inflation führten, sind die Hauspreise (+3,3%) und die Energie-Preise (+ 6,5%). Schliesst man die Preise für Häuser und Energie aus, ergibt sich eine Inflationsrate von 0,6% für 2012.

Die Entwicklung der Teuerungsrate im Verlauf des vergangenen Jahres reflektiert v.a. die Verlangsamung der Binnennachfrage sowie Einmaleffekte der Preise für Kindergarten-Dienstleistungen und für die Mobile-Telefon Kommunikation.

Die Entscheidung, die Zinsen bei 1,75% beizubehalten, steht im Einklang mit der Zinspolitik der BoI, die auf die Stabilisierung der Inflation innert Zielkorridor von 1-3% in den kommenden 12 Monaten ausgerichtet ist und dient der Förderung des Wachstums bei gleichzeitiger Wahrung der Finanzstabilität, erklärt die BoI.


Israel Inflation (CPI) Ausblick, Graph: Tevfik Aksoy, Morgan Stanley

Okuns Gesetz gilt


Die Arbeitslosenquote bleibt in vielen fortgeschrittenen Ländern nach wie vor sehr hoch. Es gibt viele Akademiker, die vor diesem Hintergrund nun öfters behaupten, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit sich während der Great Rezession vom Rückgang der Produktion (output) offensichtlich entkoppelt habe.

McKinsey argumentiert beispielsweise in einem Paper („An Economy That Works: Job Creation and America’s Future“), dass das Okuns Gesetz in sich zusammengebrochen sei. Es sei daher mehr als ein gesundes Wachstum des BIP erforderlich, um die Vollbeschäftigung wiederherzustellen. Die Great Recession sei für die hohe Arbeitslosigkeit nicht verantwortlich.

Stimmt es? Natürlich nicht. Das okunsche Gesetz gilt immer noch. Laurence Ball, Daniel Leigh und Prakash Loungani bemerken in voxeu, dass die Ergebnisse ihrer jüngsten Forschungsarbeit („Jobs and growth are still linked. That is, Okun’s Law still holds“) nahelegen, dass das Okuns Gesetz immer noch Gültigkeit hat und dass die Arbeitsplätze wieder zurückkehren würden, sobald die Produktion sich erhole.

Die Abbildung zeigt den Rückgang der Produktion (von der Spitze bis zu der Talsohle) für eine Gruppe von OECD-Ländern während der Great Recession im Zusammenhang mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum. Die Korrelation ist im Wesentlichen gleich null. Die Abbildung deutet auf einen Zusammenbruch des Okun’s Law (die kurzfristige negative Beziehung zwischen der Produktion und der Arbeitslosigkeit) hin.



Okun Gesetz: Output und Arbeitslosigkeit, Graph, Laurence Ball, Daniel Leigh und Prakash Loungani in voxeu („Jobs and growth are still linked. That is, Okun’s Law still holds“)

Metapher im Dienste von Politik


Die Republikanische Partei versucht nun nach der Wahl, das Ansehen der Partei aufzubessern, um weniger extrem zu erscheinen. Die Republikaner haben ein Problem, schreibt Paul Krugman vor diesem Hintergrund in seiner lesenswerten Kolumne („Makers, Takers, Fakers“)  am Montag in NYTimes: Das Bild der GOP als die Partei der spöttischen Plutokraten sitzt fest.

Infolgedessen begannen bekannte Republikaner, anzuerkennen, dass die Partei ihr Image verbessern müsse. Aber es gibt eine Sache: ihre Vorschläge für eine Verjüngungskur betreffen Veränderungen im Hinblick auf das Verkaufsgespräch, nicht das Produkt selbst. Geht es um das Wesentliche, ist die GOP stärker verpflichtet als sonst, von den meisten Amerikanern wegzunehmen und an wenige Wohlhabende zu verteilen.

Warum geschieht dies? Zahlt die GOP einen Preis für ihren volksfeindlichen Stand in der Wahl? Krugman wisse die volle Antwort nicht, aber er denke, dass es wichtig sei, zu verstehen, in wiefern die Republikaner in einer „geistigen Seifenblase“ (intellectual bubble) leben. 

Sie erhalten ihre Nachrichten von Fox und anderen befangenen Medien. Sie bekommen ihre politische Analyse von rechtsstehenden Think Tanks, welche von Milliardären finanziert werden. Und sie sind oft völlig ahnungslos, was gegenteilige Beweise betrifft, und wie ihre Positionen für Aussenstehende klingen, legt Krugman dar.

Als Mitt Romney seine berüchtigte „47 Prozent“ Bemerkung machte, sagte er (seinem Sinn nach) nicht etwas Unerhöhtes oder etwas Umstrittenes. Er hat nur eine Ansicht wiederholt, die in der rechtsnationalen Seifenblase zunehmend dominant wird, nämlich, dass ein grosser und stetig wachsender Anteil der Amerikaner die Verantwortung für ihr eigenes Leben nicht selbst übernehmen und auf Kosten von hart-arbeitenden Menschen schnorren. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit zeigt Faulheit, nicht den Mangel an Arbeitsplätzen. Der Anstieg der Behinderungen zeigt Simulanten, nicht echte gesundheitliche Probleme einer alternden Arbeitskräfte.


Anteil der behinderten Arbeitnehmer in den USA (als Prozentsatz) an der versicherten gesamten Bevölkerung, Graph: Prof. Paul Krugman

Bemerkung: Die blaue Kurve: brutto Daten, und die rote Kurve: um das Alter und Geschlecht angepasste Daten

Sonntag, 27. Januar 2013

Crude austerity and „currency war“ shenanigans


Japans economy minister denied in Davos that Japan’s new government is actively targeting a weaker yen. The new Japanese government wants to tackle the deflation and achieve a sustainable growth. To give a boost to the economy, the Bank of Japan has then announced to increase its inflation target from 1 per cent to 2 per cent.

Against this background, Bundesbank President Jens Weidmann has immediately warned against “increasing politicization of the exchange rate”. 

Weidmann is expecting a wave of competitive devaluations. By the way: The ECB has a definition of price stability by pursuing an inflation target of 2.0%.

Switzerland is focusing on beating deflation like Japan, too. The annual inflation was minus 0.7% on average last year. For 2013, the SNB expects a negative inflation rate of 0.1%.

Since the outbreak of the euro crisis, the save currency status of the Swiss franc has increased significantly, because the ECB is refusing to act as lender of last resort in government bond markets. The situation on bond markets in peripheral Europe is still highly uncertain, as the credibility of the OMT is not ensured.

Therefore there is capital flight from the euro zone in the direction of Swiss franc. And the Swiss franc is getting stronger excessively against the euro. In other words: The “hot” capital inflows from the euro zone are fueling a sharp appreciation of the Swiss franc. Thus the SNB has to intervene in order to buy euro and to sell Swiss franc.



Balance Sheet of the SNB, Graph: Fritz Zurbrügg, Member of the Governing Board, SNB, Nov 2012

Samstag, 26. Januar 2013

Grossbritannien und „Triple-dip“ Rezession


Grossbritanniens Wirtschaft ist im vierten Quartal stärker geschrumpft als befürchtet. Das BIP ist von Oktober bis Dezember um 0,3% gegenüber dem Vorquartal gesunken. Die Wirtschaftsleistung ist heute um 3% tiefer als vor dem Ausbruch der Finanzkrise von 2008.

Damit ist das harsche Austeritätsprogramm der konservativen Regierung von David Cameron kläglich gescheitert. Es gibt nämlich nicht so was wie „expansionary austerity“. Die Nachrichtenagentur  Reuters bezeichnet die seit fünf Jahren anhaltende Stagnation als „Triple-dip“ Rezession.

Der IWF hatte zuletzt im Juli 2012 (IMF Article IV) vor nachteiligen Auswirkungen „contractionary fiscal policy“ gewarnt.

Es ist unfassbar, dass der geldpolitische Ausschuss der britischen Notenbank (BoE) vergangene Woche eine weitere Lockerung der Geldpolitik abgelehnt hat.


Grossbritanniens Wirtschaftsleistung, Graph: Office for National Statistics (ONS), Jan 25, 2013

Freitag, 25. Januar 2013

Defizit-Falken am Boden


Präsident Obamas zweite Antrittsrede bietet viel, was Progressive gern hören. Aber die wohl ermutigende Sache war, was Präsident nicht gesagt hat: Obama hat nämlich das Haushaltsdefizit kaum angeschnitten, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Deficit Hawks Down“) am Freitag in NYTimes.

Das ist das letzte Zeichen dafür, dass die selbsternannten Defizit-Falken, besser gesagt Defizit-Schimpfer, die Macht über den politischen Diskurs verlieren. Und das ist eine sehr gute Sache.

Warum haben aber die Defizit-Schimpfer den Halt verloren? Es gibt laut Krugman vier zusammenhängende Gründe: (1) Sie haben drei Jahre lang vor einer bevorstehenden Krise gewarnt: „Wenn das Haushaltsdefizit jetzt nicht sofort gesenkt werde, werden wir uns in Griechenland verwandeln“. Aber die Krise findet einfach nicht statt, sodass die Glaubwürdigkeit der Schelte einen wohlverdienten Schlag hat einstecken müssen.

(2) Sowohl das Defizit als auch die Staatsausgaben als Anteil am BIP haben begonnen, zu fallen. Und vernünftige Prognosen legen nahe, dass das Haushaltsdefizit 2015 unter 3% des BIP liegen werde. Es sind also keine beängstigende Daten.

Und es war in der Tat eine gute Sache, dass das Defizit angestiegen ist, da die Wirtschaft schwer angeschlagen war. Die Bereitschaft der öffentlichen Hand, die Ausgaben aufrechtzuerhalten, war, während die privaten Ausgaben eingestürzt sind, einer der Hauptgründe, warum die Great Depression sich nicht wiederholt hat, betont Krugman.

(3) Die Behauptung, dass wir unbedingt Fiscal Austerity ausüben müssen, auch wenn die Wirtschaft schwer angeschlagen ist, ist in der Praxis kläglich gescheitert. Man denke an Grossbritannien, erklärt Krugman. Im Jahr 2010, als die Regierung von David Cameron die Austeritätspolitik als schwere Medizin umsetzte, fiel das Land wieder in eine Rezession.

Donnerstag, 24. Januar 2013

Was passiert, wenn die Schuldengrenze geknackt wird?


Im US-Haushaltsstreit wurde im von den Republikanern dominierte Repräsentantenhaus endlich eine Einigung für eine Verschiebung der gesetzlichen Schuldenobergrenze um drei Monate erzielt. Die Ende Februar drohende Zahlungsunfähigkeit (default) der USA wurde damit vorerst abgewendet. Die Regierung von Präsident Obama kann also bis Mitte Mai Rechnungen weiterhin wie gewöhnlich begleichen.

Vor diesem Hintergrund erläutert Simon Johnson in einem lesenswerten Artikel (“The Debt Ceiling and Playing With Fire“) in NYTimes, was es mit der Schuldengrenze auf sich hat.

Die Entscheidungen im Hinblick auf die Ausgaben und Einnahmen erfolgen in den meisten Ländern mit einem stillschweigenden, automatischen Entscheid im Einklang damit, wie viele Schuldtitel ausgegeben werden sollen. Ausgaben abzüglich Einnahmen in einem Jahr ergeben das jährliche Defizit (flow), während die Schulden der öffentlichen Hand einen Bestand (stock) an ausstehenden Schuldtiteln darstellt.

Das Defizit ist also ein Fluss, und die Verschuldung ist ein Bestand. Man denke an eine Badewanne. Die Ausgaben sind wie das Wasser, das aus dem Wasserhahn kommt und die Einnahmen sind das Wasser, das die Wanne verlässt. Wenn es mehr Ausgaben gibt als Einnahmen, dann bleibt mehr Wasser in der Wanne. Und die Menge an Wasser ist die Verschuldung. In den USA trifft der Kongress aus historischen Gründen zwei separate Entscheidungen: die eine in Bezug auf den Fluss (Ausgaben und Einnahmen) und die andere in Bezug auf den Bestand (die sog. debt-ceiling, Schuldenobergrenze).

Aber sobald man eine Entscheidung trifft, was den Fluss in und aus der Badewanne betrifft, ist der Bestand zu einem bestimmten Zeitpunkt gegeben. Was passiert, wenn der Kongress plötzlich entscheidet, dass das Wasser in der Badewanne gedeckelt werden soll, ohne den Fluss in und out zu ändern?


Index of Economic Policy Uncertainty, Graph: Scott Baker & Nicholas Bloom, in: Economic Policy Uncertainty 

Mittwoch, 23. Januar 2013

Anstieg der Staatsausgaben? Von wegen!


Amerikas Fiskalpolitik ist nicht in der Krise, schreibt Martin Wolf in einem lesenswerten Artikel („America’s fiscal policy is not in crisis“) in FT. Die Regierung ist nicht am Rande des Bankrotts. Wenn überhaupt ging die Haushaltskonsolidierung zu viel und zu schnell vor sich.

Die Haushaltslage stellt nicht die dringendste wirtschaftliche Herausforderung dar. Es ist viel wichtiger, die Erholung der Wirtschaft voranzubringen. Die langfristigen Herausforderungen betreffen Staatseinnahmen, während die Kosten im Gesundheitswesen unter Kontrolle gebracht werden müssen.


US-Staatsausgaben  (federal + state +local) pro Kopf, Graph: Kevin Drum in Mother Jones (via Mark Thoma)

Gibt es einen „Fair Value“ für Schweizer Franken?


Das „Fair-Value“-Währungsmodell, gemessen an Kaufkraftparität mit Produzentenpreisen (PPI) zeigt, dass der Euro gegenüber dem Schweizer Franken (CHF) bei 1,24 mehr oder weniger fair bewertet ist, meldet die ZKB heute in Daily Market Opinion (DMO).

Caveat: Eine Abweichung von diesem fairen Wert sind durchaus möglich. Mittelfristig tendiert der Wechselkurs aber zum fairen Wert hin, bemerken die Verfasser zu Informationszwecken.

Werden aber anstelle der Produzentenpreise (PPI) die Konsumentenpreise (CPI) herangezogen, ergibt sich ein fairer Wert von rund 1,30 EUR/CHF.


„Fair Value“ für Schweizer Franken, Graph: ZKB, in DMO, Jan 23, 2013

Kein Anstieg der Staatsausgaben


Die Haushaltsdebatte steht in den USA im Schatten von Aspekten, die, wie jeder weiss, nicht zufällig falsch sind. Die eine Vorstellung, dass wir eine Fiskal-Krise haben, wird durch die Fakten widerlegt, dass (a) die öffentliche Hand sich aufgrund der niedrigen Zinsen günstig Mittel beschaffen kann und (b) die mittelfristigen Projektionen im Hinblick auf das Haushaltsdefizit nicht alarmierend sind. Eine zweite Vorstellung ist, dass das Haushaltsdefizit durch einen Anstieg der Staatsausgaben angetrieben wird.

Paul Krugman hat über den zweiten Punkt viel geschrieben. Da die Wirtschaft sich entlang des Konjunkturzykluses weiter entwickelt hat, nimmt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor heute in seinem Blog noch einmal dazu Stellung.

Entscheidend ist, zu verstehen, dass der Zustand des Konjunkturzykluses mitberücksichtigt werden muss. Was heisst das? Es heisst, dass es nicht ausreicht, nur den Anteil der Staatsausgaben am BIP zu betrachten. Die Beobachtung kann in der Folge einer schweren Rezession, gefolgt von einer langsamen Erholung tief irreführend sein.

Warum ist dies wichtig? (1) Wenn die Wirtschaft schwer angeschlagen ist, wenn das BIP im Verhältnis zum Potenzialwachstum niedrig ist, sieht der Anteil der Staatsausgaben am gesamten BIP dementsprechend hoch aus.

Man denke an die Verpflichtungen (Ausgaben) wie z.B. für die Verteidigung, Sozialversicherung, Medicare usw., die i.d.R. im Einklang mit dem Wirtschaftswachstum wachsen. Wenn die Wirtschaft einstürzt, und es eine lange Zeit in Anspruch nimmt, sich davon zu erholen, machen die erwähnten Ausgaben-Programme vorübergehend einen grösseren Anteil am BIP aus, auch wenn es inzwischen keine Beschleunigung ihres Wachstums stattgefunden hat, erklärt Krugman.


US Staatsausgaben im Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial, Graph: Prof. Paul Krugman

Dienstag, 22. Januar 2013

Schweizer Franken und Geldmarktauktionen


Bei den ersten Versteigerungen von Geldmarktpapieren in der Schweiz haben sich auch im neuen Jahr negative Renditen ergeben. Bei sehr hoher Nachfrage nimmt die Schweiz nach Belieben Geld auf.

Die erste Auktion fand am 15. Januar statt und es gingen Gebote in Höhe von 4‘485 Mio. CHF ein. Zugeteilt wurden 997 Mio. CHF zu einer negativen Rendite von -0,099%. Die zweite Auktion hat heute stattgefunden. Die Gebote beliefen sich auf 5‘281 Mio. CHF. Die öffentliche Hand zu einer negativen Rendite von -0,103% 978 Mio. CHF zugeteilt.

Die Anleihe mit einem Jahr Laufzeit, die am 8. Januar versteigert wurde, wurde zu einer negativen Rendite von -0,150% zugeteilt. Der Staat hat sich damit bei Geboten in Höhe von 4‘458 Mio. CHF rund 1‘118 Mio. CHF beschaffen können.

Es handelt sich bei der heutigen Versteigerung um die 75. Auktion in Folge mit einer negativen Rendite. Von insgesamt 75 Auktionen seit dem August 2011 entfallen 63 auf Papiere mit 3 Monaten Laufzeit und 12 auf Papiere mit 6 bzw. 12 Monaten Laufzeit.

Die Schweiz hat aufgrund der Zinsstrukturkurve weitweit das niedrigste Zinsniveau. Die Investoren haben noch bis Dezember negative Rendite für Staatspapiere mit 5 Jahren Laufzeit in Kauf genommen. Aktuell beträgt die Rendite des entsprechenden Papiers 0,244%.


Schweiz Geldmarktpapiere Zinsstrukturkurve, Graph: SIX Swiss Exchange

Montag, 21. Januar 2013

Griechenland und preisliche Wettbewerbsfähigkeit


Griechenlands Leistungsbilanzdefizit ist von rund 18% im Jahr 2007 inzwischen auf weniger als 1% des BIP gesunken. Es hat nicht in erster Linie mit dem Export-Geschäft zu tun, sondern damit, dass die Nachfrage im Inland und die Importe nach wie vor schrumpfen.

Daniele Antonucci von Morgan Stanley schreibt in einer heute vorgelegten Forschungsarbeit, dass die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands sich im Wesentlichen verbessert hat. Als Massstab legt der Analyst die HCI der EZB (harmonised comptetitiveness indicators), die wiederum auf Lohnstückkosten basieren, zugrunde.

Die HCI, die auf Verbraucherpreise basieren, taugen hierbei nicht viel, weil es v.a. wegen der indirekten Steuererhöhungen in Griechenland erhebliche Verzerrungen gibt, die einen direkten Vergleich nicht zulassen.


Griechenland und Indikatoren für Wettbewerbsfähigkeit (bereinigt um Lohnstückkosten*), Graph: Daniele Antonucci, Morgan Stanley
Eine positive Veränderung bedeutet eine Abnahme der preislichen Wettbewerbsfähigkeit

(*) ULC-deflated; ULC=Unit Labor Cost = Lohnstückkosten

Gibt es Inflation in Griechenland?


Die Inflation beträgt in Griechenland zwischen 0,8% und 2%, schreibt Tyler Cowen in seinem Blog mit Nachdruck.

„Es ist lustig, wie viele Menschen so tun, als ob sie verstehen würden, worum es hier geht“, bemerkt der an der George Mason University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Wenn Griechenland einen stärkeren Anfall von Deflation erleben würde, wäre die Situation heute viel klarer, argumentiert Cowen weiter.

Hat er Recht? Gibt es also Inflation in Griechenland?

Dies scheint Tim Duy ein Fall zu sein, wo man versucht, ein Problem zu finden, wo es keins vorhanden ist. Der Verlauf der Verbraucherpreise (ohne Energie) sieht in Griechenland nämlich wie folgt aus:


Griechenland Verbraucherpreise (ohne Energie), Graph: Prof. Tim Duy via FRED Fed St. Louis

Welcher Teil von Deflation ist nicht klar, fragt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor in seinem Blog zurück.

Goldschatz der Bundesbank: Ein sozial peinliches Lagerkonzept


Das Gold der deutschen Bundesbank lagert derzeit nach eigenen Angaben in New York, London, Paris und Frankfurt in Tresorräumen. Die Notenbank will aber die Goldreserven einem neuen Lagerkonzept zufolge nach Deutschland zurückbringen. Grund dafür sind wilde Verschwörungstheorien, wonach die deutschen Goldreserven im Sog der Euro-Krise enteignet werden könnten.

Tim Harford hingegen schildert in einem lesenswerten Artikel („The Bundesbank takes back its doughnuts“) in FT, dass im Grunde genommen keine Überlegung dahinter steckt. Denn wir betreten damit das Irrenhaus, erklärt der britische Ökonom und Journalist.

Das Gold war eine ziemlich gute Investitionen in den letzten 10 Jahren. Aber es gibt keine Logik für die Gold-Bubble.

Mit „Bubble“ meint Harford nicht, dass der Preis zusammenbrechen würde. Er denkt eher in technischen Kategorien. Gold ist eine Blase, weil sein Wert nicht mit dem Strom von Einkommen, das es herstellt, im Zusammenhang steht. Anleihen zahlen Zinsen. Aktien schütten Dividenden aus. Gold hingegen produziert keine Einnahmequelle. Und sein Wert ist als Schmuck oder für industrielle Anwendungen nicht relevant. Denn das Gold bietet lediglich die Aussicht auf den Weiterverkauf an jemanden, der bereit ist, es zu kaufen. Es ist also doch eine Blase.

Es gibt jedoch viele Gründe, zu erwarten, dass der Goldpreis weiter steigt, weil z.B. die Zentralbanken Geld drucken und die Inflation damit zunehmen würde. Das ist aber eine Ablenkung. Denn der Punkt ist nicht, dass Deutschland Gold kauft, sondern das Gold, das es bereits hat, physisch wegbewegt. Was ist also los?

Sonntag, 20. Januar 2013

Ungleichheit und wirtschaftliche Erholung


Paul Krugman hält Joseph Stiglitz für „einen wahnsinnig tollen Wirtschaftswissenschaftler“. Alles, was Stiglitz sage, müsse ernst genommen werden, bemerkt Krugman in seinem Blog.

Mit Bezug auf Stiglitz‘ Meinungsartikel („Inequality is holding back the recovery“) in NYTimes am Sonntag, dass die Ungleichheit die Erholung der Wirtschaft breme, hebt Krugman hervor, dass er im Angesicht seiner politischen Ansichten und der allgemeinen Besorgnis Stiglitz gern zustimmen möchte. Aber, ja es kommt ein grosses Aber, er habe viel darüber nachgedacht und es sei nicht gelungen, sich davon zu überzeugen, dass die Moralfabel stimme.

Er wünsche, so Krugman, dass er Stiglitz‘ These annehmen könnte. Es wäre politisch sehr angenehm, wenn er es könnte. Aber er sehe nicht ein, wie es funktionieren soll.

Es ist erwähnenswert, dass 2 der 4 Punkte, die Stiglitz aufzählt, mit der gegenwärtigen Erholung der Wirtschaft wirklich nichts zu tun haben, erklärt Krugman. Das Argument, dass die Ungleichheit eine enorme Verschwendung des menschlichen Talents verursache, und dass die Mittelschicht keinen Zugang zu guter Bildung hätte, stimme. Krugman ist also damit einverstanden, genau wie mit dem Argument, dass die Ungleichheit die Finanzkrise nähre.

Wir reden aber über die Folgen der Krise, nicht über die Krise selbst, so Krugman. Welche Rolle spielt aber die Krise? Stiglitz bringt die Hypothese von „underconsumption“ („zu geringer Verbrauch“) vor, hauptsächlich, dass die Reichen zu wenig von ihrem Einkommen ausgeben. Diese Hypothese hat eine lange Geschichte. Aber sie hat auch längst bekannte theoretische und empirische Probleme, erläutert Krugman:


Die US-Sparquote im Verhältnis zum BIP, Graph: Prof. Paul Krugman

10 Schritte zur Bewältigung von Finanzkrisen


Alan Blinder (h/t to Mark Thoma) fasst in einem lesenswerten Artikel („Financial Collapse: A 10-Step Recovery Plan“) in NYTimes zusammen, was wir im Hinblick auf die Finanzkrise erinnern müssen:

Denk‘ daran, dass die Menschen vergessen,
Verlass dich nicht auf Selbstregulierung,
Würdige deine Aktionäre,
Verbessere dein Risikomanagement,
Verwende weniger Hebelwirkung (leverage),
Warum kompliziert, wenn’s auch einfach geht?
Standardisiere Derivate und handle mit ihnen an festen
Börsenplätzen,
Halte die Dinge auf der Bilanz,
Behebe perverse Vergütung,
Achte auf die Verbraucher.

Mark Twain hat angeblich damit gewitzelt, dass die Geschichte, während sie sich nicht wiederholt, aber reimt. Es werden auch in Zukunft Finanzkrisen geben, hält der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor fest. Die nächste Krise wird aber nicht eine genaue Kopie (Kohlepapierdurchschlag) der letzten sein.

Wie lernt die Fed aus der Geschichte?


Christina Romer ersucht die Fed in einem lesenswerten Artikel („The Fed drives best at highest speeds“) in NYTimes dringend, von der Geschichte zu lernen.

Mit dem Drama über die Fiskalpolitik ist es leicht, die ruhige Entwicklung der Geldpolitik, die bei der US-Notenbank stattfindet, zu verpassen, bemerkt die an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessorin.

Die Notenbank hat eine aggressivere Geldpolitik an den Tag gelegt, die sehr hilfreich sein könnte, die Erholung der Wirtschaft zu unterstützen. Aber das Engagement der Fed im Hinblick auf die neue Politik erscheint wackelig, unterstreicht die ehemalige Wirtschaftsberaterin von Präsident Obama.

Unmittelbar nach der FOMC-Sitzung im Dezember haben sich nämlich einige Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses der Fed gegen die Massnahmen geäussert. Warum drohen aber manche Entscheidungsträger, die jüngsten Massnahmen der Fed rückgängig zu machen?

Prof. David Romer (Christina Romers Ehemann) und Frau Romer haben kürzlich in einer Forschungsarbeit („The Most Dangerous Idea in Federal Reserve History: Monetary Policy Doesn’t Matter“) festgehalten, dass die pessimistischen Ansichten über die expansiven geldpolitischen Massnahmen eine wichtige Rolle gespielt haben, den Spielraum der Fed einzuschränken.

Entscheidungsträger sorgen sich, dass solche Massnahmen wenig Gutes tun würden, und dass sie zu Inflation, zu Verzerrungen auf den Finanzmärkten und zu Verlusten im Portfolio der Fed führen würden. „Diese Auffassungen sind aber sicherlich falsch. Wir haben einfach nicht genug Erfahrung mit Situationen wie der gegenwärtigen“, argumentiert Romer weiter.

Ungleichheit bremst die Erholung der Wirtschaft


Die Wiederwahl von Präsident Obama war wie ein Rorschach-Test, offen für viele Interpretationen, schreibt Joseph Stiglitz in einem lesenswerten Artikel („Inequality is holding back the recovery“) in NYTimes.

Der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor betont, dass beide Seiten in dieser Wahl über Themen diskutiert hätten, die ihn nach eigenen Angaben tief beunruhigen: die lange Malaise, wo die Wirtschaft sich festfährt, und die wachsende Kluft zwischen dem 1% und dem Rest, eine Ungleichheit, nicht nur mit Bezug auf die Ergebnisse, sondern auch auf die Gelegenheiten.

Diese Probleme sind zwei Seiten derselben Medaille: mit der Ungleichheit auf dem höchsten Stand seit vor der Depression wird es schwer, eine robuste Erholung der Wirtschaft  auf kurze Sicht zu erreichen. Und der amerikanische Traum , ein gutes Leben im Austausch für harte Arbeit, schmilzt auch langsam dahin.

Politiker sprechen i.d.R. über steigende Ungleichheit und die schleppende Erholung der Wirtschaft als getrennte Phänomene, wenn sie tatsächlich miteinander verflochten sind. Ungleichheit erstickt, beschränkt und hält das Wachstum zurück, hält der Träger des Wirtschaftsnobelpreises fest.

Auch wenn the Economist, die free-market-orientierte Zeitschrift argumentiert, wie in einem speziellen Artikel im Oktober, dass  das Ausmass und die Art der Ungleichheit eine ernsthafte Bedrohung für Amerika darstelle, sollten wir wissen, dass etwas Schreckliches schief gelaufen ist. Und doch, nach vier Jahrzehnten der Ausweitung der Ungleichheit und dem schwersten Abschwung seit der Depression, wurde dagegen nichts unternommen.

Es gibt laut Stiglitz vier Hauptgründe, warum die Ungleichheit die Erholung der Wirtschaft zermalmt.

Samstag, 19. Januar 2013

Japan und Helicopter Money


(Nur für Streber)

Japans Premierminister Shinzo Abe, der im Dezember mit grosser Mehrheit neu gewählt worden ist, will mit erhöhten Staatsausgaben die zerstörte Infrastruktur erneuern und neue Arbeitsplätze schaffen.

Abe erteilt damit an die derzeit in der Eurozone umgesetzte und viel Schaden anrichtende Austeritätspolitik eine klare Absage und drängt auch die japanische Notenbank (BoJ) mit einer expansiver Geldpolitik die Wirtschaft mit anzukurbeln.

Die japanische Börse hat auf das von Abe wiederbelebte Deficit Spending mit einem Kursfeuerwerk reagiert. Paul Krugman hat in seinem Blog dazu mit Anerkennung geschrieben, dass Japan der Welt den Ausweg aus der Liquiditätsfalle zeige.

Abes expansive Wirtschaftspolitik hat jedoch gerade dort, wo man Unterstützung erwartet hätte, die Gemüter erhitzt: Adam Posen ist beispielsweise gegen die fiskalpolitischen Impulse (fiscal stimulus) und befürwortet nur einen Fokus auf die expansive Geldpolitik und die Deflation. Richard Koo gefällt zwar Stimulus, aber er möchte alles über die ganze Problematik in Sachen Deflation praktisch einfach vergessen.

Krugman ist deswegen etwas verwirrt. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hat sicherlich kein wirtschaftliches Interesse an Abes politischem Erfolg oder daran, ob Abe überhaupt weiss, was er macht. Da es aber um die koordinierte Fiskal- und Geldpolitik geht, die im heutigen Umfeld der Wirtschaft das angemessene Mittel ist, die Krise zu bewältigen, will Krugman seine Begeisterung nicht verstecken.