Sonntag, 4. Juni 2023

Arbeitsproduktivität und Einkommen

Labor Productivity

The absence of proper monetary conditions 

Robert J. Gordon hat in seinem im Jahr 2016 vorgelegten Buch die These vertreten, dass die hohen Wirtschaftswachstumsraten in Amerika ein einmaliges Ereignis zwischen etwa 1870 und 1970 gewesen seien. 

Und wir hätten keinen Grund zu erwarten, dass es in absehbarer Zeit zurückkehren würde, wenn überhaupt.

Warum der Pessimismus? 

Prof. Gordon, North Western University, hat auf sechs "Gegenwinde", die seiner Meinung nach das Wachstum bremsen werden, verwiesen: 

Demografie, Bildung, Ungleichheit, Globalisierung, Energie/Umwelt und der Überhang an Verbraucher- und Staatsschulden.

Er hat argumentiert, dass die IT-Revolution weniger wichtig ist als jede der fünf großen Erfindungen, die das Wirtschaftswachstum von 1870 bis 1970 vorangetrieben haben: Elektrizität, städtische Sanitärversorgung, Chemie und Pharmazie, der Verbrennungsmotor und moderne Kommunikation.


Zum ersten Mal seit Beginn der Aufzeichnungen (1948) blieb die Produktivitätsveränderung im Jahresvergleich fünf Quartale in Folge negativ, Graph: Bureau of Labor Statistics, BLS, June 01, 2023

Sonntag, 28. Mai 2023

Free Lunch and Allocation of Resources

The Logic of Opportunity Costs

Ein allgemein bekanntes, neoklassisch geprägtes Sprichwort aus Wirtschaftslehrbüchern ist «There ain’t so such thing as a free lunch». 

Es wurde vor allem in Kreisen von Milton Friedman populär gemacht.

Das Diktum geht auf einen Marketingtrick der Saloons des 19. Jahrhunderts zurück, die ihren Kunden ein „kostenloses“ Mittagessen («free lunch») anboten, in der Annahme, dass sie es mit Bier oder anderen Getränken herunterspülen würden. Selbstverständlich waren die Kosten für das Mittagessen im Getränkepreis enthalten.

Der Kerngedanke lässt sich in einer breiteren Fassung dahingehend umformulieren, dass es bei wirtschaftlichen Entscheidungen auf die Opportunitätskosten und nicht nur auf die monetären Kosten ankommt, wie John Quiggin in seinem ausgezeichneten Buch «Economics in Two Lessons» erklärt.


Da die Stellenangebote zurückgehen, dürfte sich das Gewinnwachstum von Unternehmen verlangsamen, Graph: Morgan Stanley, May 2023.


Dienstag, 23. Mai 2023

Memecoins Mania and Fake Assets

Fiat Money versus Crypto

Viele Memecoins sind als Scherz oder Parodieprojekte entstanden, denen wenig bis gar keine Technologie oder realer Nutzen zugrunde liegt: sie sind hoch spekulativ und neigen zu extremen Preisschwankungen. 

Memecoins sind eine Art von Kryptowährung, die ihren Wert aus Internet-Memes und Online-Communities beziehen. Sie weisen oft einprägsame Namen, Logos und Marketingkampagnen auf, die sich beliebte Trends oder Humor zunutze machen, wie ChatGPT erklärt.

Aufgrund ihrer Beschaffenheit können Memecoins riskante Investitionen sein, und ihr Wert kann je nach Social-Media-Trends und Online-Stimmung dramatisch schwanken.

Das jüngste Beispiel ist Pepe, eine Münze, die von einem anthropomorphisierten Frosch inspiriert wurde, der in Internet-Memes beliebt ist, machte in den 17 Tagen nach ihrer Markteinführung am 16. April einen Sprung von fast 7.000 und erreichte bis zum 5. Mai einen Marktwert von 1,8 Milliarden Dollar, wie der Datenverfolger CoinGecko berichtet.



Memecoins - eine hyper-spekulative, ultra-volatile und etwas eigenartige Klasse von Kryptowährungen - stehen wieder im Rampenlicht, nachdem der neueste digitale Token Pepe mit stratosphärischen Gewinnen auf den Markt kam, Graph: Reuters, May 16, 2023.

Sonntag, 21. Mai 2023

Monetary Austerity

Ein Reservoir an arbeitslosen Arbeitskräften


Die US-Notenbank hat am 3. Mai die sog. Fed Funds Rate um 0,25% erhöht. 

Die Zinserhöhung der Fed war bereits die zehnte in Folge. Damit liegt der Leitzins in einer Spanne von 5,0 bis 5,25%. 

Unabhängig davon, ob demnächst eine «Zinspause» erfolgt oder nicht, hat der restriktive Kurs der US-Notenbank längst eine gewisse Angst vor einer bevorstehenden Rezession ausgelöst.

Denn wenn die Zinsen steigen, wird es teurer, sich Geld zu leihen. 

Wenn die Fed ihren Kreditzins anhebt, werden sich die Kosten für die Kreditaufnahme für Verbraucher und Unternehmen erhöhen, was sich negativ auf die Ausgaben auswirken kann.

Und wenn die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen sinkt, fallen die Erträge von Unternehmen zurück. 

Wenn die Unternehmen ihre Ausgaben einschränken, leiden Investitionen. Und dies kann zu einer Verlangsamung der Geschäftstätigkeit und möglicherweise zu weniger Beschäftigungsmöglichkeiten führen.

Es ist wichtig zu wissen, dass die Beziehung zwischen Zinssätzen und Beschäftigung komplex ist und die tatsächlichen Auswirkungen von verschiedenen Faktoren wie der allgemeinen Wirtschaftslage, dem Ausmaß von Zinsänderungen und anderen politischen Maßnahmen der Regierung abhängen können.



Mehr als 230 amerikanische Unternehmen haben bis April Insolvenz angemeldet. Laut S&P Global der höchste Stand in den ersten vier Monaten eines Jahres seit 2010, Graph: New York Times, May 19, 2023

Samstag, 13. Mai 2023

Inflationsvorgabe und viel Lärm um Verankerung

Kiss «Soft Landing» Goodbye

Die Marktbeobachter gehen nach wie vor davon aus, dass die Fed durch die Steuerung der Inflationserwartungen eine sanfte Landungsoft landing»), d. h. eine niedrigere Inflation ohne Beeinträchtigung des Wirtschaftswachstums, erreichen kann.

Doch es ist ein offenes Geheimnis, dass ein Anstieg der Arbeitslosigkeit dabei geflissentlich in Kauf genommen wird.

Die aktuelle Umfrage* (SLOOS) der US-Notenbank (seit der jüngsten Serie von Bankzusammenbrüchen) zeigt, dass 46,0 % der Banken die Kreditbedingungen für eine Schlüsselkategorie von Unternehmenskrediten für mittlere und große Unternehmen verschärften, verglichen mit 44,8 % in der vorherigen Umfrage im Januar.

Die Ergebnisse scheinen aber eher die kumulativen Auswirkungen der geldpolitischen Straffung der Fed zu markieren als den drastischen Rückgang der Kreditvergabe, den einige Experten nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank im März befürchtet hatten.

US-Inflationszahlen im April 2023: Die ermutigende Geschichte im Detail ist, dass der Dienstleistungssektor ohne Energie und ohne Wohnungsbau («super core» inflation) abzuschwächen scheint, Graph: ING Economics, May 10, 2023.

Sonntag, 7. Mai 2023

Bucking the Buck

 Buchbesprechung

Daniel McDowell: Bucking the Buck – US Financial Sanctions and the International Backlash against the Dollar, Oxford University Press, March 2023.


Die USA haben am Jahrestag (im Februar 2023) des russischen Einmarsches in die Ukraine ein neues Massnahmenpaket angekündigt. 

Es geht um Sanktionen gegen mehr als 200 Personen aus Russland, aber auch aus Staaten in Europa, Asien und Nahost, die Russlands Krieg unterstützen sollen.

Die Grundlage der US-Sanktionsmöglichkeiten ist die globale Abhängigkeit vom Dollar.

Was heute auffällt, ist, dass gegen kein Land in der Geschichte so viele Sanktionen verhängt worden sind wie gegen Russland.

Was sind aber die Folgen für die Wirtschaft? 

Experten gehen davon aus, dass die Straffmassnahmen durchaus greifen. 

Zur Erinnerung: Die Währungshoheit ist die Quelle der amerikanischen Finanzmacht. US Dollars Funktion als internationales Tauschmittel und als Wertaufbewahrungsmittel sind zwei Bereiche, in denen die «Königswürde» des Dollars unbestritten ist.

Samstag, 22. April 2023

Making Money Work for Us

Book Review - Buchbesprechung

L. Randall Wray: Making Money Work for Us – How MMT can save America, Polity Press, 2022, Cambridge, UK.



Geld ist in der Natur ein Schuldschein: IOU, I owe you («Ich schulde dir etwas»).

Banken schaffen Geld, wenn sie Kredite vergeben. 

Allerdings sind die Banken durch das Angebot an potenziellen Kreditnehmern, die kreditwürdig und kreditwillig sind, eingeschränkt. 

Darüber hinaus können eine ordnungsgemäße Aufsicht und Regulierung durch die Behörden die Banken in Schach halten.

Die britische Zentralbank (BoE: Bank of England) hat im «Quarterly Bulletin 2014 Q1» erklärt, wie die Geldschöpfung in einer modernen Volkswirtschaft durch die Banken stattfindet:

Wann immer eine Bank einen Kredit gibt, schafft sie gleichzeitig Sichteinlagen zugunsten des Kreditnehmers und schöpft damit neues Geld.

Drei Jahre später hat auch die deutsche Bundesbank (BuBa) im «Monatsbericht April 2017» bekräftigt, dass die Banken «aus dem Nichts» (out of thin air) Kredit erzeugen können.

Die Bundesbank hat ferner hervorgehoben, dass die „Fähigkeit der Banken, Kredit zu vergeben und Geld zu schaffen, nicht davon abhängt, ob sie bereits über freie Zentralbankguthaben oder Einlagen verfügen“.