Sonntag, 24. Juli 2011

Steuern und Ausgaben im Einklang

„Der Streit um die Schuldenobergrenze (debt ceiling) hat die Aufmerksamkeit von den schwerwiegenden Problemen im Hinblick auf die Befestigung der Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen für 14 Millionen Arbeitslose abgelenkt“, schreibt Robert Shiller in einem lesenswerten Essay („Taxing and Spending, in Balance“) in der Sonntagsausgabe von NYT.

Viel schlimmer hat der Streit starke negative Gefühle über die Fiskalpolitik entstehen lassen, gerade dann, wenn andere Massnahmen nicht im Stande sind, die Erholung der Wirtschaft wiederherzustellen, bemerkt der an der Yale University lehrende Wirtschaftsprofessor.

„Der Begriff „fiscal stimulus“ (Konjunkturpakete) ist beschmutzt worden. John Boehner, der Sprecher des Repräsentantenhauses bezieht sich auf ein „irreführende stimulus-Ausgabengelage“. Es ist eine Umgangsform, die zeigt, wie viele Leute über die Staatsausgaben zur Ankurbelung der Wirtschaft als ein bewusstes Rauschtrinken, vielleicht als eine Überdosis an Amphetamine nachdenken. Für Amphetamine sind die Nachwirkungen mentale Müdigkeit und Depression. Für Konjunkturprogramme (stimulus) sind es die Kopfschmerzen der Staatsverschuldung“, beschreibt Shiller.

Ein Konjunkturprogramm ist in der derzeitigen Situation eigentlich sehr nützlich und angemessen. Anstatt Verzweiflung sollten wir laut Shiller zumindest prüfen, was zu tun ist, um das Problem der Arbeitslosigkeit anzugehen: sinnvolle Politik soll niemals aufgegeben werden, betont der Autor des Buches animal spirits.

„Über die lange Zeit sollten wir uns für eine ausgewogene Unterstützung der Wirtschaft einsetzen, lohnende Arbeitsplätze für Arbeitslose finden und stimulus nicht um ihrer selbst willen spritzen“, legt Shiller dar. Das heisst, dass wir Steuererhöhungen, die auf höhere Ausgaben für öffentliche Güter abgestimmt werden, brauchen. Natürlich sind beide Ideen im Moment nicht populär, aber sie sollten es sein. Sie werden zugegebenerweise den Haushalt nicht sofort ausgleichen. Es zu versuchen, würde der Wirtschaft schaden. Stattdessen sollten wir planen, das Haushaltssaldo mit passenden Ergänzungen auf beiden Seiten der Bilanz ins Gleichgewicht zu bringen, unterstreicht Shiller.

Im Dezember 2010 hatte Prof. Shiller auf das Konzept des „balanced-budget multiplier“ und auf die Erhöhung der Steuern und der Staatsausgaben um den gleichen Betrag hingewiesen, Dollar für Dollar. Diese Idee wurde erstmals von Paul Samuelson im Jahre 1943 vertreten. Samuelson argumentierte, dass eine solche Politik eins-zu-eins expansiv wäre: jeder ausgegebene Dollar bedeutet ein Dollar neues nationales Einkommen. Solange die Zinsen nahe Null liegen, wie sie damals waren und heute sind, sollte es kein „crowding out“ (Verdrängung der privaten Investitionen durch eine zunehmende Staatsverschuldung) geben.

„Wir können einige lohnende Projekte, welche bereits deutlich gekürzt worden sind, wieder ausbessern, einschliesslich der Programme für das Gesundheitswesen, Bildung und andere soziale Dienste, Infrastruktur, Umwelt und die Künste und Wissenschaften. Darüber hinaus sollten wir wichtige neue Programme auf die Beine stellen, die durch zusätzliche Steuern finanziert werden“, erläutert Shiller. Dies ist eine expansive Änderung der Fiskalpolitik, die nicht zusätzliche Erhöhung der Staatsverschuldung erfordert.

Aus einfachen mathematischen Gründen würde eine ausgewogene Erhöhung der Steuern und Ausgaben die Staatsverschuldung (im Verhältnis zum BIP) senken, weil der Zähler (Schulden) unverändert bleibt, während der Nenner (BIP) zunimmt. Als Ergebnis würde die Politik tendenziell die Kreditwürdigkeit des US-Schatzamtes stärken und das Vertrauen in den Staat wiederherstellen.

Eine solche Politik würde den Staat nicht wesentlich grösser machen. Stattdessen würde der Staat als eine Art Investment Banker agieren, der für öffentliche Güter spezialisiert ist. Es wären nicht viele Mitarbeiter nötig. Gesucht wären Vorschläge aus dem privaten Sektor, um Infrastruktur und andere nützliche Projekte aufzubauen. Das wäre vergleichbar mit der bereits existierenden Rolle des Staates für die Wissenschaft mit der National Science Foundation, hält Shiller fest.

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