Dienstag, 7. Juli 2020

Eine ungewöhnliche Krise und die Macht des Staates


Es ist ein offenes Geheimnis, dass das keine gewöhnliche Krise ist. 

Die GFC von 2008-2009 war ein Nachfrage-Schock. Die Corona-Virus Krise von 2020 ist ein Angebot-Schock. Eine Krise, die der Realwirtschaft entsprungen ist und dann auf die Finanzmärkte übergegriffen hat.

Es handelt sich dabei um ein abruptes Ausschalten („lockdown“) der Volkswirtschaften, angeordnet durch die Behörden, gefolgt von einem relativ abrupten Wiedereinschalten („reopening“).

Und wir haben zwei Arten von Arbeitsplatzverlusten gesehen, wie Bloomberg berichtet. Zum einen durch das Corona-Virus und zum anderen durch die wirtschaftliche Notlage. 

Die erste Kategorie betrifft Menschen, die wegen der Nähe zum Kunden ihre Stelle vorübergehend haben verlassen müssen: Restaurants, Fitness Center, Friseur-Laden usw. Die zweite Kategorie hingegen erfasst den Verlust von Arbeitsplätzen aufgrund der wirtschaftlichen Schrumpfung. 


Das weltweite reale BIP-Wachstum, Graph: JPMorgan Asset Management, July 01, 2020


Denn in einer schweren Krise bremsen die Banken die Kreditvergabe. Verbraucher schränken die Ausgaben ein. Die Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück. Die Arbeitslosigkeit steigt an. Und die Ungleichheit nimmt zu.

Warum erholen sich Volkswirtschaften aber nicht schnell (V-förmig) von Zusammenbrüchen. 

Keynes nennt dazu zwei Gründe: Der erste ist, dass jeder Produzent auch ein Konsument ist. Eine Senkung der Produktionskosten (sprich: Löhne) senkt gleichzeitig die Kaufkraft der gesamten Gemeinschaft.

Letztendlich flacht der Einbruch ab, da die Ersparnisse der Menschen durch die wachsende Armut verringert werden, wenn nichts passiert, um die Nachfrage anzukurbeln.

Die seltsame Vorstellung, dass der Weg zur Wiederbelebung der Wirtschaft darin besteht, alle dazu zu bringen, die Ausgaben zu kürzen, kommt nur den EU-Behörden in den Sinn, wie wir sie zumindest seit der GFC 2008-2009 erlebt haben (Sparparadoxon;  auf Englisch: „paradox of thrift“).


Die Komponenten des US-BIP, Graph: JPMorgan Asset Management, July 01, 2020


Die Entscheidungsträger in den fortentwickelten Industrieländern versuchen heute mit der Geldpolitik die „Wall Street“ zu retten. Und sie setzen zugleich die Fiskalpolitik ein, um der "Main Street" unter die Arme zu greifen.

Da es sich hier nicht um eine gewöhnliche Rezession handelt (d.h. nicht Nachfrage-getrieben), stellen die Regierungen eine wichtige Form der Katastrophen-Hilfe bereit.

Der größte Vorteil einer Zentralbank in einer solchen Krise ist, dass sie Geld drucken kann. Das ist ein mächtiges Werkzeug, und Zentralbanken sollten bereit sein, dieses Werkzeug einzusetzen. Wir müssen einen sozialen Zusammenbruch vermeiden, wie Maurice Obstfeld, der ehemalige Chef-Volkswirt des IMF gesagt hat.

Die Menschen wünschen sich eine öffentliche Autorität, die sie vor dem systemischen Risiko schützt, das ihnen der Marktfundamentalismus auferlegt.

Wie Eric Lonergan und Mark Blyth in ihrem neuen BuchAngrynomics“ argumentieren, hat die Kombination von ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklungen mit offensichtlichen Ungerechtigkeiten viele Menschen verärgert.

Die Reaktion auf die Coronavirus-Krise hat gezeigt, was die Ideologie lange verneint hat: die Macht des Staates für positive Veränderungen.



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