Die Laufzeitprämie (term premium) der US-Staatsanleihen (UST: US-Treasury) ist gegenwärtig negativ.
Es kommt selten vor, dass die 10-Jahres-Laufzeitprämie negativ ist, wie jetzt. Tatsächlich war sie laut Morgan Stanley Research von Beginn der Daten-Serie im Jahr 1961 bis Ende 2015 positiv und lag im Durchschnitt bei 1.6%. In den letzten drei Jahren hat sich die Laufzeitprämie jedoch negativ entwickelt.
Eine solche Vernachlässigung bzw. Ausklammerung einer übermässigen Entschädigung für zukünftige Risiken ist sicherlich ein Ausdruck des ausserordentlich wachsenden Appetits für Staatsanleihen, die die meisten Anleger als defensiv betrachten.
Zur Erinnerung: Die langfristigen (nominalen) Zinsen bestehen aus drei Variablen; 1) den erwarteten kurzfristigen Zinsen, 2) den Inflationserwartungen und 3) einer Laufzeitprämie.
Die Laufzeitprämie bedeutet eine Extra-Rendite, die die Anleger fordern, um langfristige Wertpapiere zu halten (oder zu kaufen), anstatt kurzfristige Wertpapiere, um sich gegen Risiken wie z.B. Inflation zu schützen.
Die Laufzeitprämie der 10-jährigen US-Staatsanleihen (UST), Graph: Morgan Stanley, Sept 30, 2019
Viele Anleger gehen nun allem Anschein nach davon aus, dass die US-Notenbank die Zinsen weiter senken und am expansiven Kurs der Geldpolitik festhalten wird.
UST yield spread curve; Händler erwarten eine signifikante Lockerung der Geldpolitik durch di Fed, Graph: BloombergTV, Oct 03, 2019
Gleichzeitig nehmen die sog. Deflation-Trades zu, wo Händler Geld verdienen, wenn die Inflation unter 1% oder sogar unter 0% fällt. Und sie kaufen weiter Staatspapiere, trotz negativer Renditen.
Im Euroraum ist der 5y5y Inflation Swap Satz inzwischen auf 1,18% gesunken. Der tiefste Wert war dabei Anfang Jahres mit 1,13% markiert. Und das liegt weit unterhalb der von der EZB angestrebten Inflationsrate von 2%.
Südkorea gerät zum ersten Mal in Deflation, Graph: BloombergTV, Oct 01, 2019
Auch in den USA sind die Inflationserwartungen gemessen an Break-even-Sätzen auf das tiefste Niveau seit 2016 gerutscht. Citigroup empfiehlt Investoren, die Inflation via Inflation Swaps zu shorten (leer zu verkaufen).
Einer neulich vorgelegten Analyse von Fitch Ratings dürfte das globale Wachstum im nächsten Jahr ein 8-Jahres-Tief verbuchen.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, zu beobachten, wie sich Anzeichen mehren, dass Hedging-Aktivitäten von Niedriginflation in Richtung Deflation umgeschichtet werden.
Der deutsche Herstellungssektor befindet sich bereits in Rezession.
Die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute fordern deshalb die Abkehr von der „schwarzen Null“-Politik, wie die FAZ bereits am Dienstag berichtet hat.
Im traditionellen Herbstgutachten vertreten das Berliner DIW, das Münchener Ifo-Institut, das IWH in Halle, das RWI in Essen und das IfW in Kiel die Ansicht, dass der Abschwung die deutsche Wirtschaft fest im Griff halte.
Deshalb wäre es verkehrt, wenn die Bundesregierung weiter an ihrem Ziel der „schwarzen Null“ (also einem Haushalt ohne Neuverschuldung) festhält, lautet die Botschaft des Gutachtens, das am Mittwoch präsentiert wurde.
Die Politik sollte der Konjunktur in Phasen der Schwäche nicht um der „schwarzen Null“ willen hinterher sparen, sondern die finanzpolitischen Spielräume nutzen, um dem Abschwung entgegenzusteuern.
Fazit: Die Geldschöpfung wird weder durch Ersparnisse noch durch Reserven eingeschränkt, sondern durch die Nachfrage nach Krediten.
Woran es mangelt, sind weder Geld noch Einlagen, sondern Kreditnehmer. Investitionen gehen vor, Sparen kommt später.
Das vorrangige Ziel der Fiskalpolitik sollte darin bestehen, echte Vollbeschäftigung zu gewährleisten und dazu beizutragen, die wachsende Ungleichheit zu verringern, nicht sich an obsoleten Kennzahlen wie „debt-to-GDP“ zu orientieren.
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