Freitag, 29. März 2019

Renditen unter Null


Auf der Auktion der Aufstockung einer Anleihe des Bundes mit 10 Jahren Laufzeit hat sich am Mittwoch eine Rendite von minus 0,050% ergeben. 

Damit hat die deutsche Finanzagentur zum ersten Mal seit Oktober 2016 wieder eine Bundesanleihe mit einer Negativrendite verkauft. 

Es gingen Gebote in Höhe von 6,3 Mrd. EUR ein, wobei 2,4 Mrd. EUR zugeteilt wurden. 

Die negative Verzinsung bedeutet, dass die Banken der deutschen Finanzagentur eine Art „Servicegebühr“ für das Privileg zahlen, deutsche Bundesanleihen haben zu dürfen.

Zur Erinnerung: Die EZB hält den Zinssatz für Deposit Facility seit Juni 2014 unter null Prozent und sie hat unlängst angekündigt, mit TLTRO III der europäischen Konjunktur unter die Arme zu greifen. 

Es handelt sich dabei um die Vergabe von Krediten mit einer Laufzeit von 2 Jahren, die vierteljährlich ab Sept 2019 bis März 2021. Der Zinssatz ist an den EZB-Leitzins, der derzeit 0% beträgt, gebunden.

Das bedeutet im Klartext, dass die EZB mindestens bis zum Jahresende an ihren Schlüsselsätzen festhalten will. 


German Bunds mit 10 Jahren Laufzeit mit einer Negativ-Rendite, Graph: Bloomberg, March 27, 2019 

Dienstag, 26. März 2019

Die unerträgliche Leichtigkeit der inversen Zinskurve für Banken


Der dovishe Ton, den die Notenbanken angesichts der nachlassenden Aussichten für das Wirtschaftswachstum jüngst angeschlagen haben, veranlassen Investoren, bei Staatsanleihen Sicherheit zu suchen.

Die Preise der Anleihen steigen und die Renditen fallen. Die Zinskurve (yield curve) in den USA ist sogar am vergangenen Freitag zum ersten Mal seit 2007 invers geworden. 

Das bedeutet, dass kurz laufende Anleihen höher rentieren als die langlaufenden Anleihen.

Wenn Fachleute von einer inversen Zins-Strukturkurve sprechen, stehen die Zeichen auf Rezession.

Warum? 

Es geht mehr oder weniger um die sog. Fristentransformation (term transformation). 

Wenn Banken kurzfristiges Geld (billig) aufnehmen und langfristig zu deutlich höheren Zinsen ausleihen können, können sie die Differenz als Gewinn einstreichen.


Die inverse US-Zins-Strukturkurve: Die Rendite-Differenz zwischen den UST mit 10 Jahren Laufzeit und T-Bills mit 3 Monaten Laufzeit ist negativ, Graph: Bloomberg TV, March 25 2019 

Sonntag, 24. März 2019

Inverse Ertragskurve und Geldpolitik


Dunkle Wolken ziehen sich über den Kapitalmärkten. Die gegenwärtige Form der US-Ertragskurve (yield curve) sendet technisch ein Rezessionssignal: Die Rendite der kurzfristigen Staatspapiere notiert höher als die Rendite der langfristigen Staatsanleihen. 

In der Fachsprache heisst es, dass wir eine inverse Zinsstruktur haben, die die potenzielle Gefahr einer bevorstehenden konjunkturellen Abkühlung nahelegt.

Konkret: Die Rendite-Differenz (spread) zwischen den US-Treasury Bonds mit 10 Jahren Laufzeit und den T-Bills mit 3 Monaten Laufzeit hat sich (zum ersten Mal seit 2007) ins Negative gedreht: -0.833%.


10y UST-3m T-Bills: Die Rendite-Differenz Kurve inventiert, Graph: Bloomberg TV March 22, 2019 

Freitag, 22. März 2019

Vergiss den „Fiscal Pact“, wie wäre es mit einem „Job Pact“?


Nachdem die EZB vor rund zwei Wochen angekündigt hat, die Leitzinsen mindestens über das Ende 2019 auf ihrem aktuellen Niveau zu belassen, also keine Zinserhöhung, hat nun auch die Fed am Mittwoch mitgeteilt, die Zinsen in diesem Jahr nicht mehr zu erhöhen. 

Die US-Notenbank will m.a.W. von dem im Dezember 2015 gestarteten Kurs der geldpolitischen Straffung vorerst abrücken. Auch der Abbau der Fed-Bilanz wird gestoppt. Begründung: Die Abkühlung der Wirtschaft.

Die Probleme der Eurozone scheinen andererseits im Rahmen des bestehenden wirtschaftspolitischen Ansatzes kaum zu lösen. Notwendig sind eine beschäftigungsorientierte Erholung und höhere Löhne, schreibt Jayati Ghosh in einem lesenswerten Beitrag bei The Progressive Post.

Die an der Nehru University in New Delhi lehrende Ökonomin hält die Leistungsbilanz-Ungleichgewichte zwischen den Ländern der Eurozone für die grundlegende Ursache des Problems. 

Die Wahrheit ist, dass die sog. „peripheren“ Volkswirtschaften nicht durch „fiskalische Ungleichgewichte“ in Schwierigkeiten geraten waren, sondern weil die Kapitalzuflüsse (des vergangenen Jahrzehnts) mit dem raschen Aufbau der Leistungsbilanz-Ungleichgewichten im privaten Sektor einhergingen. 


Japans Wirtschaft wächst zwar nicht schnell, aber seine Defizite haben weder Inflation noch eine Flucht von Staatsanleihen ausgelöst. Und die realen Einkommen haben seit 2008 mit amerikanischen mitgehalten und damit die Eurozone abgehängt, Graph: Bloomberg March 2019 

De weisse Kurve: Japans Staatsschulden und die blaue Kurve: der Zins der japanischen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit

Samstag, 16. März 2019

Wachstumsschwäche, Niedrigzinsen und einige Erklärungen


Die Geldpolitik sollte so funktionieren: Die Notenbank senkt die Zinssätze. Und Unternehmen und private Haushalte fühlen sich ermutigt, Kredit aufzunehmen und zu investieren: sie geben Geld aus.

So läuft es aber nicht.

In der Billig-Geld-Ära, die sich in den meisten Industrieländern im zweiten und in Japan im dritten Jahrzehnt befindet, gab es zwar Kreditaufnahme, aber es waren in erster Linie die Staaten, die es taten, nicht der private Sektor, wie Bloomberg in einem lesenswerten Bericht anhand von ein paar eindrucksvollen Abbildungen schildert.

Unternehmen sind sogar inzwischen zum Netto-Sparer geworden. Trotz der sinkenden Steuerlast, sinkender Zinsausgaben und sinkender Lohnquote investieren sie nicht. 

Die effektiven Steuersätze sind niedrig. Die Körperschaftssteuer wurde fast überall gesenkt. Und die Unternehmen nutzen die Steuerschlupflöcher weiter, ohne mit der Wimper zu zucken.

Die Gewinne steigen. Aber sie werden zum grossen Teil im Unternehmen behalten, da das Kapitaleinkommen viel stärker konzentriert ist als das Arbeitseinkommen, wie in einem IMF Working Paper (Nov 2018) von Mai Chi Dao und Chiara Maggi (“The rise in corporate saving and cash holding in advanced economies”) betont wird.


In der Ära des billigen Geldes gab es reichlich Kreditaufnahme. Doch es war in erster Linie der öffentliche Sektor. Unternehmen haben sich nicht anlocken lassen, Graph: Bloomberg, March 15, 2019

Donnerstag, 14. März 2019

Anleihemarkt mit Negativrenditen widerspiegelt Wachstumsschwäche


Das Wachstum in den fortentwickelten Industrieländern verlangsamt sich und der Anleihemarkt reagiert darauf.

Im vergangenen Oktober war der Bestand der Schuldtitel mit negativer Rendite weltweit um mehr als die Hälfte des eigenen Rekordhochs gesunken.

Nun steigt der Wert der Anleihen, die mit negativer Rendite gehandelt werden, wieder an, wie Bloomberg berichtet.

Der Bloomberg Barclays Global Aggregate Negative-Yielding Debt Index hat in den letzten fünf Monaten seit seinem Tiefstand um gut 3‘000 Mrd. USD zugelegt.

Der Index beläuft sich jetzt auf einen Wert von 9‘300 Mrd. (9'3 Billionen) USD

Der Rekordstand war mit 12‘200 Mrd. USD im Juni 2016 erklommen worden.



Der Wert der Anleihen, die mit negativer Rendite gehandelt werden, ist weltweit wieder angestiegen, Graph: Bloomberg, March 14, 2019


Sonntag, 10. März 2019

Der near-term Forward Spread deutet auf Zinssenkung hin


Ein von der US-Notenbank genau beobachteter Indikator für das Wirtschaftswachstum in den USA zeigt dieses Jahr zum zweiten Mal Warnzeichen, wie Bloomberg berichtet.

Der near-term forward Spread (die kurzfristige Termin-Spanne), die die Differenz zwischen dem von UST Bills in sechs Quartalen von heute gerechneten Terminzinssatz und der gegenwärtigen Rendite der UST Bills mit drei Monaten Laufzeit widerspiegelt, ist am Freitag wieder (nach Januar 2019) in den negativen Bereich zurück gerutscht.

Eine negative Bewertung deutet darauf hin, dass die Händler eine Lockerung der Geldpolitik in den nächsten 12 bis 18 Monaten erwarten.

Es ist augenfällig, dass der negative Wert der Metrik der Ankündigung des Fed-Präsidenten Jerome Powell, die Fed habe es nicht eilig, die Zinssätze weiter anzuheben, vorausgegangen ist.


Der near-term Forward Spread ist wieder negativ, Graph: Bloomberg, March 8, 2019

Kidnap


Buchbesprechung:

Anja Shortland: Kidnap – Inside the Ransom Business, Oxford University Press, London, 2018


Die Hauptaussage des kürzlich vorgelegten Buches über pekuniär motivierte Entführungen ist, dass der „Markt für Geiselnahme“ funktioniert, und zwar dank privater Steuerung (private governance). 

Die Autorin, eine Dozentin in Political Economy am King’s College London, schildert in einzelnen Abschnitten detailliert, warum Menschen überhaupt entführt werden, und weshalb Kidnapping versicherbar ist, wie der Preis für das Lösegeld (von Vermittlern, Beschützern und Responders) gehandelt wird und wann die Verschleppung fehlschlägt und wieso die Entführten in manchen Fällen ums Leben kommen, und was zu tun ist, wie die Gefahr im Allgemeinen entschärft werden kann.

Praxisbeispiele beziehen sich im Wesentlichen auf die Region Somali.

Anja Shortland betont mit allem Nachdruck, dass der Markt für Geiselnahme und Entführungen funktioniert, weil es eine Marktkonzentration gibt und wichtige Marktteilnehmer über alle relevanten Informationen verfügen.

Samstag, 9. März 2019

EZB und Europas „new normal“?


Aller guten Dinge sind drei.

Weil es mit den ersten beiden TLTROs nicht geklappt hat, versucht Mario Draghi nun mit TLTRO Number III, die Wogen der europäischen Konjunktur zu glätten.

Bei den neuen Geldspritzen (kurz: TLTRO * genannt) für Banken handelt es sich um Kredite mit einer Laufzeit von 2 Jahren, die vierteljährlich ab September 2019 bis März 2021 ausgegeben werden. Der Zinssatz ist an den EZB-Leitzins, der derzeit 0% (Hauptrefinanzierungssatz) beträgt, gekoppelt.

Apropos Leitzins: EZB-Präsident Draghi hat zugleich angekündigt, dass die EZB-Leitzinsen mindestens über das Ende 2019 auf ihrem aktuellen Niveau bleiben werden. Das heisst m.a.W., dass die EZB die Zinsen bis mindestens zum Jahresende nicht erhöhen will.

Im Übrigen wird Draghi allem Anschein nach der bislang erste EZB-Präsident werden, der in seiner 8-jährigen Amtszeit kein einziges Mal die Zinsen erhöht hat.

Zuletzt hatte Jean-Claude Trichet im Jahre 2011 voreilig die EZB-Zinsen erhöht und damit in der Eurozone eine selbst verschuldete Rezession ausgelöst.

Mittlerweile werden anhaltend niedrige Zinsen und ausgeweitete Bilanzsummen der Zentralbanken in den Mainstream-Median als „new normal“ genannt.


Die Rendite der deutschen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit: 0,05%, Graph: John Authers, Bloomberg Opinion, March 8, 2019 

Sonntag, 3. März 2019

Warten auf Godot: Fed sucht geduldig Inflation


Das neue Schlagwort im FOMC-Statement (Januar 2019) lautet „geduldig“ (patient). 

Jerome Powell hat zuletzt auf konjunkturelle Risiken und das schwächere Wachstum der chinesischen Wirtschaft hingewiesen und eine Kursänderung angedeutet:

Die Fed werde künftig, was Zinserhöhungen betrifft, „geduldig“ vorgehen. 

Während die US-Notenbank den (im Herbst 2017 gestarteten) Abbau der Bilanzsumme beenden will, will sich Powell von Inflation-Daten informieren lassen, ob der geldpolitische Zinssatz zu hoch oder zu niedrig ist.

Ein typischer Witz auf den Finanzmärkten ist, dass die Fed die Straffung der Zinsen so lange weiterzieht, bis etwas kaputt geht. 

Offensichtlich sind aber einige Dinge in Sachen „risk assets“ auseinander gebrochen, sodass die Fed nun Geduld ausüben will und das globale Geschehen („trade wars“, „Brexit“ und China) näher beobachtet.


US-Inflationserwartungen (Uni Michigan Umfrage), Graph: BloombergTV, Febr 28, 2019