Emmanuel Macron (39) ist neuer Präsident Frankreichs.
Er wird in den Mainstream-Medien immer wieder als „Zentrist“ genannt. Aber es stimmt nicht.
Macron war zuletzt Wirtschaftsminister im Kabinett des Staatspräsidenten François Hollande, von August 2014 bis August 2016.
In einem seiner jüngsten Wahlkampauftritte hat Macron darauf bestanden, nicht als „Kandidat der Finanzoligarchie“ bezeichnet zu werden.
Doch es ist ein offenes Geheimnis, dass der neue Hausherr im Élysèe-Palast die Regulierung des Finanzsektors lockern und die progressive Kapitalertragsteuer auf Zinsen und Dividenden abschaffen will.
Der neue Präsident Frankreichs möchte eine Politik zu Gunsten der Reichsten verfolgen und dem Rest der Gesellschaft eine schmerzhafte Kürzungspolitik verordnen, schreibt Dominique Plihon, Prof. Emeritus for Wirtschaftswissenschaften an der Uni Paris-XIII in einem Kommentar im Der Standard.
Auch Mark Weisbrot deutet darauf hin, dass Macron allem Anschein nach am bisherigen Kurs festhalten wird:
öffentlich-rechtliche Rentenkürzungen, Arbeitsmarktreform, Schwächung der Verhandlungsmacht der Gewerkschaften und weitere Ausgaben-Kürzungen im öffentlichen Sektor.
Frankreich hält sich an die Regeln im Euroraum. Das ist deutlich zu sehen, z.B. am Verlauf der Lohnstückkosten, Graph: Paul Krugman, Apr 2017 in NYTimes
Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund, dass Frankreich in den Medien zugleich oft etwas Eigentümliches anhaftet: „Der kranke Mann Europas“.
Warum? Die kurze Antwort lautet, dass es die EU und der IWF sind, die zeigen, wo es langgeht, argumentiert Weisbrot.
Das heisst, dass das Wirtschaftsprogramm sozusagen vorgegeben wird. Und wenn ein Politiker oder eine politische Partei nicht als „anti-Europa“ stigmatisiert werden will, hat oft keine andere Wahl als das ökonomische Programm so in die Praxis umzusetzen.
Die aktuellen Dokumente „IMF Article IV consultation“ und das EU-Stabilitätsprogramm, die Frankreich hat beherzigen müssen, legen nahe, dass Paris die realen Ausgaben einfriert und das Haushaltsdefizit bis 2021 auf null senkt.
Die Vereinbarungen implizieren, dass die französische Regierung nichts tun kann, um die Massenarbeitslosigkeit, die im vergangenen Jahr über 10% lag, zu reduzieren.
Frankreich gilt zwar als „kranker Mann Europas“ aus Standardgründen (Stichwort: „Reformstau“). Aber die „harten“ Daten sind nicht so schlimm, wie der Eindruck vermittelt wird, schildert Francesco Saraceno in seinem Blog.
Die verlorene Wettbewerbsfähigkeit ist die Preiswettbewerbsfähigkeit, woran Frankreich nicht schuld ist. Es ist auf Deutschlands Lohnpolitik (wage deflation) zurückzuführen, argumeniert Saraceno.
In der Tat ist der kranke Mann Europas Europa selbst, weil es die Länder in ein Dilemma zwingt:
Steuerwettbewerb (fiscal competition) und interne Abwertung (internal devaluation).
Man darf sich daher keinen Illusionen hingeben, dass das geschehen könnte, ohne das europäische Sozialmodell dabei umzukippen.
Denn nur der Abbau des Sozialstaates lässt die Senkung der Steuersätze und der Arbeitskosten zu, wie Saraceno als Fazit festhält.
Frankreich hat bisher versucht, sein Sozialmodell zu verteidigen. Der Preis war aber der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit und das träge Wirtschaftswachstum.
Das Land als Sorgenkind im Euroraum zu bezeichnen, ist deswegen irreführend.
Emanuel Macron sagt von sich selbst, dass er die Mitte repräsentiere. Er sei weder rechts noch links. Ob es diese ominöse Mitte wirklich gibt, ist eine offene Frage, wie Heiner Flassbeck in einem Blog-Eintrag neulich gemerkt hat.
Macron scheint, anzustreben, übers Wasser zu laufen, legt Arthur Goldhammer in seinem Blog dar, um die Herausforderungen, die dem neuen französischen Präsidenten bevorstehen, zu beschreiben.
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