Donnerstag, 25. Mai 2017

Euro und die orthodoxe Sichtweise des Geldes

Die Schwierigkeiten der Regierungen in der Eurozone, ihre Wirtschaft zu stabilisieren und das Wachstum zu fördern, ergibt sich unmittelbar aus der orthodoxen Theorie der Wirtschaft, die die Basis der Eurozone bildet.

Die Eurozone wurde so konzipiert, dass die Mitglieder der gemeinsamen Währungsunion daran gehindert werden, hohe Haushaltsdefizite zu fahren und via Zentralbank (lender of last resort) Geld zu drucken.

Ohne die Fähigkeit, nationale Währung auszugeben und Fiscal Transfers von Regionen, die es relativ besser haben, zu geniessen, ist es ungemein schwer, mit der anhaltenden Wachstumsschwäche umzugehen.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Einschränkung des Einsatzes der Fiskalpolitik durch die „Marktdisziplin“ bewusst von Anfang an in die Gestaltung der Eurozone gebaut wurde.

Nach einem schweren Schock holt die „Marktdisziplin“ jedes angeschlagene Land irgendwann ein und zwingt Austerität auf.

Mario Draghis "whatever it takes" Aussage war im Jahr 2012 daher eine richtungsweisende Entscheidung, um die Gemeinschaftswährung zu retten. 

Die Ankündigung der EZB, im Markt aufzutreten und die Staatsanleihen der Mitglieder zu kaufen, war die offensichtliche Wahrnehmung der „buyer of last resort“-Funktion durch Draghi, den EZB-Präsidenten.



Die Kreditvergabe der Banken an den privaten Sektor im Euroraum, Graph: Peter Praet, ECB in Brussels, May 15, 2017.

PS: Es liegt nicht am Angebot, sondern an der Nachfrage, die fehlt.

Es geht aber darum, zu verstehen, dass die Implementierung eines harschen Sparkurses (fiscal austerity) in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft zwangsläufig auf dem Wachstum lastet, v.a. wenn der private Sektor mit dem Schuldenabbau beschäftigt ist. 

Wenn zugleich auch der öffentliche Sektor eine Gürtel-enger-schnallen-Politik verfolgt, ist die Entstehung einer deflationären Neigung (deflationary bias) unvermeidbar.

Die Entscheidung der EZB, mit der Errichtung von OMT (Outright Monetary Transaction) die EU-Regeln zu umgehen und Staatspapiere auf dem offenen Markt zu kaufen, ist im Grunde genommen mit der Ablehnung der orthodoxen Sichtweise des Geldes gleichbedeutend.

Draghis „whatever it takes“ Standpauke (Juli 2012) hat zwar eine Atempause ausgelöst. Aber die europäische Wirtschaft befindet sich immer noch (2017) in einer ernsten Notlage.

Die Arbeitslosigkeit mag inzwischen gesunken sein. Aber die Unterbeschäftigung hält an. Und die Stellen, die seither geschaffen wurden, sind von minderer Qualität.

Wenn langfristige Wachstumsaussichten wiederhergestellt werden sollen, kommen die EU-Behörden nicht umhin, die ordentliche Rolle der Fiskalpolitik zur Ankurbelung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage anzuerkennen.


Die Wachstumsaussichten im Euroraum, Graph: Peter Praet, ECB in Brussels, May 15, 2017.


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