Sonntag, 20. Januar 2013

Ungleichheit und wirtschaftliche Erholung


Paul Krugman hält Joseph Stiglitz für „einen wahnsinnig tollen Wirtschaftswissenschaftler“. Alles, was Stiglitz sage, müsse ernst genommen werden, bemerkt Krugman in seinem Blog.

Mit Bezug auf Stiglitz‘ Meinungsartikel („Inequality is holding back the recovery“) in NYTimes am Sonntag, dass die Ungleichheit die Erholung der Wirtschaft breme, hebt Krugman hervor, dass er im Angesicht seiner politischen Ansichten und der allgemeinen Besorgnis Stiglitz gern zustimmen möchte. Aber, ja es kommt ein grosses Aber, er habe viel darüber nachgedacht und es sei nicht gelungen, sich davon zu überzeugen, dass die Moralfabel stimme.

Er wünsche, so Krugman, dass er Stiglitz‘ These annehmen könnte. Es wäre politisch sehr angenehm, wenn er es könnte. Aber er sehe nicht ein, wie es funktionieren soll.

Es ist erwähnenswert, dass 2 der 4 Punkte, die Stiglitz aufzählt, mit der gegenwärtigen Erholung der Wirtschaft wirklich nichts zu tun haben, erklärt Krugman. Das Argument, dass die Ungleichheit eine enorme Verschwendung des menschlichen Talents verursache, und dass die Mittelschicht keinen Zugang zu guter Bildung hätte, stimme. Krugman ist also damit einverstanden, genau wie mit dem Argument, dass die Ungleichheit die Finanzkrise nähre.

Wir reden aber über die Folgen der Krise, nicht über die Krise selbst, so Krugman. Welche Rolle spielt aber die Krise? Stiglitz bringt die Hypothese von „underconsumption“ („zu geringer Verbrauch“) vor, hauptsächlich, dass die Reichen zu wenig von ihrem Einkommen ausgeben. Diese Hypothese hat eine lange Geschichte. Aber sie hat auch längst bekannte theoretische und empirische Probleme, erläutert Krugman:


Die US-Sparquote im Verhältnis zum BIP, Graph: Prof. Paul Krugman

Es stimmt, dass die Reichen zu einem bestimmten Zeitpunkt eine viel höhere Sparquote haben als die Armen. Seit Milton Friedman wissen wir aber, dass es sich dabei zu einem wichtigen Teil um eine statistische Illusion handelt. Die Konsumausgaben reflektieren tendenziell das erwartete Einkommen über einen längeren Zeitraum. Wenn man eine Stichprobe von Menschen mit hohem Einkommen betrachtet, schliesst man unverhältnismässig Menschen ein, die ein besonders gutes Jahr erleben und daher viel sparen. Dementsprechend beinhaltet auch eine Stichprobe von Menschen mit niedrigem Einkommen viele Menschen, die ein besonders schlechtes Jahr erfahren und daher wenig sparen. Die Querschnitt-Hinweise besagen aber nicht, dass eine anhaltend höhere Konzentration von Einkommen an der Spitze zu höheren Einsparungen führen muss. Es besagt im Grunde genommen gar nicht, was geschieht.

Die Daten belegen, dass die persönlichen Ersparnisse gesunken sind, als die Ungleichheit anstieg. Vielleicht haben aber die Unternehmen im Namen der Reichen gespart. Die Abbildung zeigt den Verlauf der gesamten persönlichen Ersparnisse im Verhältnis zum BIP.

Der Trend vor der Krise war fallend, nicht steigend. Und der Anstieg im Einklang mit der Krise wurde laut Krugman sicherlich nicht durch einen Anstieg der Ungleichheit angetrieben.

Was will Krugman damit sagen? Kann man Vollbeschäftigung wiederherstellen, basierend darauf, dass die Reichen sich Yachten, Luxus-Autos kaufen und die Dienste von Personal-Trainers in Anspruch nehmen? Ja. Ob man es mag oder nicht. Die Wirtschaft ist nicht eine Moralfabel. 

Krugman möchte also ein makroökonomisches Argument sehen. Aus diesem Grund hält der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor nicht viel von Stiglitz Argument, dass das Steueraufkommen wegen der Ungleichheit rückgängig sei. Denn das amerikanische Steuersystem ist nicht progressiv genug wie es sein sollte, so Krugman. Aber es ist zumindest mässig progressiv, auch wenn man die Steuern auf der Ebene der Bundesländer und Gemeinden mitberücksichtigt. 

1 Kommentar:

Johann Grabner hat gesagt…

Statistik hin oder her: von den Superreichen kann keiner sein Geld so ausgeben wie der Mittelstand oder gar die Unterschicht und sie tun es auch nicht. Mitt Romney und der Rest der oberen 5-1% geben ihr Geld schon deshalb nie komplett aus, weil sie viel zu viel Angst haben, wieder arm zu sein. Was ua auch die Albrecht-Brüder angetrieben hat, trotz eines Milliardenvermögens weiterhin sparsam zu sein.

Woran die USA leiden, sind die Steuersenkungen ab 1981. Seitdem wurde das Wirtschaftswachstum nur mehr auf die oberen 20% verteilt und davon ging das meisten an die oberen 1-5%. Einige Jahre lang haben die ihre Zuwächse über die Banken an den Mittelstand weiterverliehen aber seit ~2008 ist das aus. Heute müsste man mit guter alter Umverteilung dagegenhalten damit der Mittelstand sein Konsumniveau aufrecht erhalten kann.