Donnerstag, 29. November 2012

Staatsfonds: Geldpolitik und Anlagepolitik


SNB-Präsident Thomas Jordan hat gestern in einem interessanten Referat zum Thema “Geldpolitik und Anlagepolitik der Nationalbank im Zeichen der Frankenstärke erneut erläutert, wie die SNB 2009 und 2010 am Devisenmarkt interveniert hat, um eine übermässige Aufwertung des Frankens zu bekämpfen.

Die SNB hat am 6. September 2011 einen Mindestkurs von 1,20 CHF pro EUR festgelegt, um schweren Schaden von der Schweizer Wirtschaft abzuwenden. Die SNB setzt diesen Mindestkurs seither konsequent um und ist bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen.

Die unkonventionelle Geldpolitik schlägt sich andererseits in einer massiven Bilanzverlängerung nieder, was auch die Bedeutung der Währungsreserven verändert. Daraus entfalten sich Auswirkungen auf die Anlagepolitik der SNB.

Da die Geldpolitik Vorrang hat, hat sich die Anlagepolitik den Erfordernissen der Geldpolitik zu fügen. Derzeit steht die Bewirtschaftung der Währungsreserven im Zeichen der Durchsetzung des Mindestkurses. Die Aufgabe besteht laut Jordan darin, einen grossen Bestand an Devisen liquid, sicher und ertragsbringend zu diversifizieren.

Vor diesem Hintergrund taucht in konservativen Kreisen immer wieder die Idee auf, einen Staatsfonds (sovereign wealth fund, SWF) einzurichten, um die Währungsreserven der SNB besser zu bewirtschaften.

Jordan erhält der Gründung eines SWF aus folgenden Gründen eine Absage:

(1) Der Anlagebedarf der SNB wird von der Geldpolitik vorgegeben und damit durch Geldschöpfung finanziert. Die Situation der Schweiz unterscheidet sich fundamental von derjenigen Ländern mit Staatsfonds, die mit Überschüssen aus Einnahmen von Rohstoffexporten (siehe z.B. Norwegen) gespeist werden.

Grösse und Zusammensetzung der SNB sind heute direkter Ausdruck der Geldpolitik, wie Jordan unterstreicht. Die Schweizer Notenbanker wollen daher die Zusammensetzung der Bilanz flexibel bestimmen und, wenn die Geldpolitik es verlangt, sich jederzeit von Aktiven auch trennen können, was gegen einen sehr langen Anlagehorizont spricht.

Die SNB will m.a.W. die Flexibilität im Hinblick auf die Erreichung ihres Auftrags möglichst gross halten. Denn niemand weiss, welche Massnahmen morgen nötig sind, um den SNB-Auftrag zu erfüllen. Mit einem Staatsfonds würde aber die Handlungsfähigkeit der SNB über Bilanzrestriktionen beschnitten, betont Jordan.

(2) Die Verfechter der Idee von Staatsfonds erwecken unrealistisch hohe Erwartungen. Der Staatsfonds bringt für die Geldpolitik keine Erleichterung. Der Mindestkurs lässt sich damit nicht einfacher durchsetzen. Und das Wechselkursrisiko verschwindet auch nicht auf diese Weise.

(3) Die SNB ist laut Jordan gemessen am Anlagebedarf unter Investoren ein „Elefant“. Wenn die SNB auch nur einen Zwanzigstel ihres Portfolios umschichten wollte, wären es derzeit mehr als 20 Mrd. CHF. Solche Beträge können nur wenige Märkte ausserhalb des bisherigen Anlageuniversums der SNB innert kurzer Frist störungsfrei aufnehmen. Ein Staatsfonds könnte somit nicht von heute auf morgen substanzielle Beträge ausserhalb des SNB-Anlageuniversums diversifizieren, erklärt Jordan.

(4) Die Befürworter der Idee von SWF hegen die Hoffnung, dass die Schweiz sich an grossen ausländischen Unternehmen oder an Infrastrukturprojekten beteiligen und sich eine stärkere Position gegenüber anderen Ländern verschaffen.

Jordan hält strategische Beteiligungen an ausländischen Unternehmen für eine kleine offene Volkswirtschaft wie die Schweiz selbst für problematisch, weil damit die Gefahr einer Verpolitisierung der Geldpolitik einher ginge, spätestens dann, wenn das Unternehmen in Konkurrenz zu Schweizer Unternehmen stünde oder Entlassungen in der Schweiz oder in seinem Heimatland vornähme. Das Stichwort lautet daher: Interessenkonflikte. Die Glaubwürdigkeit der SNB würde tangiert und der geldpolitische Handlungsspielraum würde eingeschränkt.

(5) Ertrag ist zwar auch für die Anlagepolitik der SNB ein wichtiges Kriterium, aber nicht das einzige. Der geldpolitische Auftrag hat Vorrang. Das Nationalbankgesetz trägt der SNB kein Renditeziel auf. Die SNB ist nicht verpflichtet, jährliche Ausschüttungen in einer vorbestimmten Höhe vorzunehmen.

Fazit: Ein Staatsfonds ist für die Aktiven der SNB ist abzulehnen.

1 Kommentar:

Martin Burch hat gesagt…

Die SNB wäre auch nicht die richtige Institution um einen Staatsfond zu leiten. Trotzdem mag ich die Idee, GERADE wegen der Verpolitisierung!