Montag, 28. März 2011

Mehr Beschäftigung durch Lohnkürzung?

Die GOP präsentiert einen recht spektakulären Vorschlag für mehr Beschäftigung: „Eigentlich ein Unkenntniss eingewickelt in einen Trugschluss“, kommentiert Paul Krugman in seinem Blog. Worum geht es? Die Idee ist die folgende: wir entlassen alle Beschäftigte im öffentlichen Sektor und reduzieren Transferzahlungen (Sozialversicherung, SNAP usw.). Das wird die Arbeitslosigkeit erhöhen und einen Abwärtsdruck auf die Löhne ausüben, was dann zu mehr Beschäftigung führen wird.

Damit aber das funktioniert, muss man eine nach unten geneigte Nachfrage nach Arbeitskräften in Abhängigkeit vom Nominallohn haben. Es gibt jedoch keinen Grund zu glauben, dass das der Fall ist. In einer Liquiditätsfalle werden sinkende Löhne wahrscheinlich die Nachfrage nach Arbeit verringern, weil sie die Schuldenlast verschlechtern. „Selbst wenn man diesen Einwand irgendwie umgehen will, ist der Vorschlag ein Unsinn“, hält Krugman fest.

Es heisst, dass „die Verringerung der Nachfrage zu einer Preissenkung führen würde, was wiederum die Nachfrage erhöhen sollte: Am Schluss würde man mehr verkaufen als zuvor“. Nein. Es funktioniert nicht. Es ist kaum der Rede wert, dass das besagte Argument an die gründlich widerlegte Lehre der expansiven Austerity Policy (rigorose fiskalische Sparmassnahmen) appelliert“, fügt Krugman hinzu.

Die Nachfragekurven haben gewöhnlich eine abwärtsgerichtete Neigung. Das liegt daran, dass die Leute, wenn der Preis eines Gutes reduziert wird, das damit im Vergleich zu anderen Gütern günstiger gewordene Gut kaufen. Das heisst, dass sie ihre Ausgaben in Richtung des billigeren Gutes neuverteilen. Wenn man aber den Preis aller Güter gleichzeitig reduziert, das passiert, wenn die Löhne mehr oder weniger auf breiter Front fallen, dann kann kein Gut durch das andere Gut ersetzt (substitutiert) werden.

Die Wirtschaftslehrbücher zeichnen zwar eine abfallende „gesamtwirtschaftliche Nachfrage-Kurve“. Man muss sie aber von der „einzelwirtschaftlichen Nachfrage“ unterscheiden. Es ist ein Prozess, der wie folgt funktioniert, beschreibt Krugman: niedrigere Preise ---à geringere Nachfrage nach Geld ---à niedrigere Zinssätze ---à höhere Ausgaben. Dieser Prozess funktioniert nicht, wenn, wie in der Gegenwart, die Zinsen am kurzen Ende (auf die es ja ankommt, was die Geldnachfrage betrifft) der Ertragskurve nahezu Null sind.

Die Überzeugung, dass niedriegere Löhne die Gesamtbeschäftigung erhöhen, beruht auf einer „fallacy of composition“ (d.h., „nicht alle können das Gleiche tun, was ein Einzelner tut“), erklärt  Krugman (siehe auch hier) weiter. In Wirklichkeit würde eine Lohnkürzung im besten Fall nichts für die Beschäftigung bringen. In der Tat würde ein Absenken der Löhne wahrscheinlich kontraktiv auswirken.

Der Trugschluss funktioniert so: Wenn eine ausgewählte Teilmenge der Arbeitskräfte niedrigere Löhne annimmt, kann sie die Jobs behalten. Wenn die Arbeitskräfte in einer Dings-Industrie Lohnkürzungen akzeptieren, dann führt das zu niedrigeren Preisen von Dings im Vergleich zu anderen Gütern, so dass die Leute mehr Dings kaufen, und auf diese Weise die Beschäftigung erhalten bleibt. Wenn aber jeder eine Lohnkürzung annimmt, gilt die beschriebene Logik nicht mehr. Der einzige Weg einer allgemeinen Lohnkürzung, die Beschäftigung zu erhöhen, ist, wenn es dazu führt, dass Menschen flächendeckend mehr kaufen.

Warum sollen sie es aber tun? Das Lehrbuch argumentiert so: niedrigere Löhne führen zu einem insgesamt niedrigeren Preisniveau. Das erhöht die reale Geldmenge und damit die Liquidität. Da die Menschen versuchen, mehr aus der Überschussliquidität zu machen, gehen die Zinsen nach unten, was zu einer insgesamt steigenden Nachfrage führt. Auch in diesem Fall ist es schwer, zu glauben, dass Lohnsenkung mehr Beschäftigung bedeuten müsste.

Man kann den gleichen Effekt erreichen, vielleicht sogar einfacher, wenn die Fed die Geldmenge anheben würde. Aber was, wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, wenn die kurzfristigen Zinsen also nahe Null liegen? Dann kann die Fed durch die Erhöhung der Geldmenge nichts erreichen. Aus demselben Grund würden Lohnkürzungen die Nachfrage nicht erhöhen. Es käme sogar noch schlimmer. Ein fallendes Preisniveau steigert den realen Wert der Schulden. Die Schuldner würden in so einem Fall die Ausgaben eher kürzen als die Gläubiger, die die Ausgaben erhöhen. Daraus folgt, dass eine Lohnkürzung tatsächlich zu einem Rückgang der Nachfrage führen würde. Und noch etwas: In dem Masse, wenn die Menschen weitere Lohnkürzungen und fallende Preise erwarten, würden die Realzinsen steigen, was ja noch kontraktiver auswirken würde.

Fazit: Die Idee, die Arbeitslosigkeit durch Lohnkürzungen zu lösen, ist vollkommen kontraproduktiv.

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